Ein Zwickel ist ein meist keil- oder rautenförmiges Stoffstück, das zum Zwecke des Erweiterns oder Einhaltens eines Schnittteils, manchmal auch zur Verzierung, in eine Naht eingesetzt wird.[1] Auch der dreieckige Einsatz am Knöchel von gestrickten Strümpfen wird Zwickel genannt.[2] Zwickel werden u. a. im Schulter- und Unterarmbereich bei Kleidern und Hemden eingesetzt[3][4] sowie im Rückenteil von Jacken, bei Unterwäsche und Strumpfhosen.

Oberhemd mit eingenähtem Zwickel unter den Armen, 14. Jahrhundert.

Kleidung Bearbeiten

Unterwäsche und Beinkleidung Bearbeiten

In der Innenseite von Unterwäsche, insbesondere Damenunterhosen, sind Zwickel in Form einer zusätzlichen, teils ungefärbten Stofflage oder Plattierung üblich. Sie werden als „Hygienezwickel“, „Schrittfutter“, „Beleg“ oder „Wäschezwickel“ bezeichnet. Zum Einsatz kommen Baumwolle, seltener Seide, Satin oder Microfaser. Teilweise sind diese noch mit antibakterieller Wirkung versehen.

Generell verringert eine solche Stofflage die Reibung des Stoffes an der Haut.[5] Indem sie Ausscheidungen aufnimmt, erhöht sie den Tragekomfort im Intimbereich und soll Hautreizungen, Pilz- und Harnwegs-Infektionen reduzieren.[6] Gewebestärken reichen von zwei Stofflagen bis Netzstruktur.

 
Stoffwindel mit herausnehmbarem Zwickel zum Waschen

Auch bei Laufhosen für Männer und Frauen werden Zwickel für mehr Tragekomfort eingearbeitet, außerdem sind sie Teil von Stoffwindeln.

 
Synthetischer Netzzwickel eines Stringleotards

Badebekleidung Bearbeiten

 
Umgedrehte Herren-Badehose mit weißem Zwickel

In Deutschland schrieb der sogenannte Zwickelerlass von 1932 vor, dass Badeanzüge für Damen wie Herren mit einem Zwickel versehen sein mussten, um weniger nackte Haut zu enthüllen. Hierbei handelt es sich um eine zusätzliche Stofflage auf der Innenseite, welche die Genitalien komplett bedeckt. Schnell trocknende feuchtigkeitsabweisende Synthetik ist hier gegenüber Baumwolle bevorzugt.

Strumpfhosen Bearbeiten

Bei Strumpfhosen werden Zwickel als Dehnungsausgleich und zur Verbesserung der Passform zwischen den Beinteilen benutzt und bestehen meist aus dem gleichen Material wie das Höschenteil. Folgende Schnittformen sind zu finden:

  • Spitzzwickel sind durch ihre Form mit sehr geringem Materialverschnitt zu fertigen.
  • Als Oval oder Kreis.
  • Drachen- oder Sattelzwickel, der im Po-Bereich größer ist.
  • Komfortzwickel für große Größen. Hierbei verläuft der Zwickel in V-Form, ausgehend vom Schritt bis hinauf zum hinteren Taillenbündchen, auch Keil- oder Körperformzwickel genannt.
  • Bei Männerstrumpfhosen wie ein nach vorne gearbeiteter Komfort- oder Drachenzwickel, um mehr Platz für die Genitalien zu bieten. Zusätzlich kann ein Eingriff eingearbeitet sein.
  • Doppel-Komfortzwickel für große Größen (hierbei verläuft der Zwickel durchgehend, zwischen der Mittelnaht bis zum Taillenbündchen)

Zum reinen Dehnungsausgleich können am Schritt zusätzliche Zwickel an der Oberschenkelinnenseite eingenäht sein.

Sonstige Kleidung Bearbeiten

In der Mode des Mittelalters fanden Zwickel neben der Oberbekleidung auch bei der Kopfbekleidung Verwendung.[7] Bis in das 19. Jahrhundert war der Einsatz von Zwickeln in der Mode verbreitet, um die wenig elastischen Textilien der Form des Körpers anzupassen. In dem satirischen Lied The Song of the Shirt von 1843 singt die namenlose Näherin: „Näh! Näh! Näh! / ... Saum, und Zwickel, und Band, / Band, und Zwickel, und Saum.“[8]

Gestrickte Strümpfe haben Zwickel über den Knöcheln eingestrickt, früher zum Teil farbig abgesetzt oder verziert.[2][9]

Im Sportbereich können Handschuhe, speziell Torwarthandschuhe, einen Zwickel enthalten.[10] Im Rückenteil von meist dicken und schweren Jacken werden Zwickel verwendet, damit die Ärmel nicht nach oben rutschen. Kimonos[11] und Oberteile mit Raglanärmeln können Zwickel unter den Armen beinhalten.[12]

Weitere Textilien Bearbeiten

Zwickel werden auch genutzt, um Taschen herzustellen,[13] zum Beispiel als Verbindungsstück zwischen der Vorder- und Rückseite einer Tragetasche.[14]

Weblinks Bearbeiten

Commons: Zwickel – Sammlung von Bildern
Wiktionary: Zwickel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Ingrid Loschek, Gundula Wolter: Reclams Mode- und Kostümlexikon. 6. Auflage. Reclam, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-15-010818-5, S. 516.
  2. a b Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Zwickel, m. In: Wörterbuchnetz - Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Abgerufen am 12. Dezember 2020.
  3. Gottlieb Siegmund Corvinus: Zwickel im Hemde oder Bruestgen. In: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig 1715 (Deutsches Textarchiv).
  4. Patent EP1441054B1: Verfahren zur Herstellung eines Zwickels sowie Strickware mit entsprechendem Zwickel. Angemeldet am 30. September 2002, veröffentlicht am 16. Dezember 2009, Anmelder: Shima Seiki Mfg, Erfinder: Kouichi Urano, Hiroko Ochiai.
  5. Unterwäsche: Darum haben alle Damen-Slips ein Täschchen im Schritt. In: t-online.de. 13. Januar 2020, abgerufen am 13. Januar 2020.
  6. East Carolina University: Yeast Infections. (PDF; 7 kB) Archiviert vom Original am 13. Oktober 2014; abgerufen am 27. November 2015.
  7. Mode für den Hessendiener - ein spätmittelalterliches Hofgewand. Hessisches Hauptstaatsarchiv, 1. April 2016, abgerufen am 12. Dezember 2020.
  8. Charlotte Boyce: Representing the "Hungry Forties" in Image and Verse: the Politics of Hunger in Early-Victorian Illustrated Periodicals. In: Victorian Literature and Culture. Band 40, Nr. 2, 2012, ISSN 1060-1503, S. 421–449, JSTOR:41819951 (englisch: Stitch! Stitch! Stitch! / ... Seam, and gusset, and band, / Band, and gusset, and seam.).
  9. Socken Knit-Along Teil 3: Zwickel & Fuß. In: Simply Kreativ. 30. Mai 2016, abgerufen am 12. Dezember 2020 (deutsch).
  10. Gebrauchsmuster DE20020398U1: Torwarthandschuh mit Zwickel. Angemeldet am 8. Dezember 2000, veröffentlicht am 18. April 2002, Anmelder: Peter Hochmuth.
  11. Teresa Gilewska: Schnittkonstruktion in der Mode: Schnittabwandlungen. Stiebner, 2011, ISBN 978-3-8307-0871-1 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  12. Mary Mark Sturm: Guide to modern clothing. 3. Auflage. 1973, ISBN 0-07-062293-0, S. 405 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. Patent EP2822867B2: Seitenfaltebeutel aus einem Kunststoffgewebeverbund sowie Verfahren zu seiner Herstellung. Angemeldet am 13. Februar 2013, veröffentlicht am 22. Januar 2020, Anmelder: Mondi Halle GmbH, Erfinder: Detlef Stöppelmann et al.
  14. Canvas Tasche mit verstärkten Griffen und Zwickel (38 x 43 + 10 cm Zwickel). supreme creations, abgerufen am 12. Dezember 2020 (deutsch).