Ein Young-Tableau oder Young-Diagramm (auch Ferrers Diagram wenn Punkte verwendet werden), benannt nach Alfred Young, ist ein grafisches Objekt, das in der Darstellungstheorie der symmetrischen Gruppe verwendet wird. Ein Young-Tableau ist eine Sammlung einer endlichen Anzahl von Zellen (meist symbolisiert durch Quadrate), die von oben nach unten und linksbündig so angeordnet sind, dass deren Anzahl in jeder neuen Zeile nicht zunimmt.

Young Tableau vom Typ (5,4,1) mit Verteilung der Zahlen von 1 bis 10 auf die Zellen

Beispiele für Young-Tableaux:


a) [ ][ ][ ][ ]     b) [ ]      c) [ ]        d) [ ][ ][ ][ ]
   [ ][ ]                          [ ]
   [ ][ ]                          [ ]
   [ ]                             [ ]

Folgende grafische Objekte sind keine Young-Tableaux:

   [ ][ ][ ][ ]        [ ]
   [ ][ ]              [ ][ ]
   [ ][ ][ ]
   [ ]

Die Partition eines Young-Tableau ist die Aufzählung der Zahl der Zellen jeder Zeile und dient der kompakten Beschreibung seiner Struktur. In den gezeigten Beispielen ergeben sich folgenden Partitionen: a) b) c) und d) , wobei die Klammer in diesem Beispiel nicht die weiter unten verwendete Zyklusschreibweise meint. Die Ordnung des Tableaux bezeichnet die Zahl aller Zellen. Die Anzahl gültiger Tableaux mit der Ordnung kann durch die Partitionsfunktion angegeben werden.

Eigenschaften Bearbeiten

Die wichtigsten Zusammenhänge zwischen den irreduziblen Darstellungen der   und den Young-Tableaux der Ordnung   seien hier skizziert.

Young-Schema und die Projektoren der irreduziblen Darstellungen Bearbeiten

Ein Young-Schema ist ein Young-Tableau, dessen   Zellen mit den Zahlen von   bis   zunächst willkürlich besetzt sind. Beispiele für Young-Schemata:

a) [3][7][6][5]     b) [1]     c) [1]     d) [3][4][2][1]
   [9][2]                         [2]
   [1][8]                         [3]
   [4]                            [4]

Nun werden Operatoren aus diesen Schemata gebildet. Dabei bilden die Zeilen im Schema die Grundlage zur Bildung eines Operators  . Pro Zeile werden aus allen Kombinationen der Zellenindizes Permutationen gebildet und summiert. Die so entstehenden Summen von Permutationen werden multipliziert. Ganz analog bilden die Spalten im Schema die Grundlage zur Bildung eines Operators  . Pro Spalte werden aus allen Kombinationen der Spaltenindizes Permutationen gebildet und summiert. Bei der Summation wird aber ein negatives Vorzeichen verwendet, wenn die Permutation ungerade ist. Die so entstehenden Summen von Permutationen werden multipliziert.

Beispiel:

   [3][1][6]
   [5][4]
   [2]

Hier gilt (in der Zyklennotation)

P = P1 P2 P3 = (1 + (3,1) + (3,6) + (1,6) + (3,1,6) + (1,3,6)) (1 + (5,4)) 1

und

Q = Q1 Q2 Q3 = (1 - (3,5) - (3,2) - (5,2) + (3,5,2) + (3,2,5)) (1 - (1,4)) 1

Standardschema Bearbeiten

Ein Standardschema ist ein Young-Schema, bei dem die Nummerierung der Zellen derart durchgeführt wird, dass in jeder Spalte von oben nach unten und in jeder Zeile von links nach rechts die Zahlen größer werden.

Beispiele für Standardschemata:

  [1][3][6]     [1][3][5]     [1][2]     [1]
  [2][4]        [2][6]        [3]        [2]
  [5]           [4]                      [3]

Wichtige Sätze Bearbeiten

Für die Schemata lässt sich Folgendes zeigen

  • Der Operator   ist ein skalares Vielfaches eines Projektors. Das heißt:  , wobei   eine von   verschiedene Konstante ist, die gleichzeitig die Normierung für   vorgibt (  ist normierter Projektor). Im Folgenden sollen immer die normierten Projektoren gemeint sein.
  • Die Projektoren zu den Schemata unterschiedlicher Tableaux sind orthogonal:  .
  • Die Projektoren zu allen Schemata gleicher Tableaux sind nicht linear unabhängig - jedoch solche zu allen möglichen Standardschemata eines gegebenen Tableau. Aus diesen lässt sich dann ein System orthogonaler Projektoren   konstruieren.
  • Das System aller Projektoren   zu allen   Tableaux mit allen möglichen   Standardschemata ist vollständig, das heißt: Die Summe aller (normierter)  ist  .
  • Die Zahl der orthogonalen Projektoren   (zu Standardschemata), die sich so aus Tableaux der Ordnung   konstruieren lassen, und die Summe der Dimensionen der irreduziblen Darstellungen der   ist gleich.

Damit sind die   die Projektoren der irreduziblen Darstellungen der  .

Hakenlängenformel Bearbeiten

Die von J. Sutherland Frame, Gilbert de Beauregard Robinson und Robert M. Thrall 1954 hergeleitete Hakenlängenformel[1] gibt die Anzahl   der Young-Diagramme des Typs   an (mit   Reihen der Längen   mit  ). Sei   die Zelle der  -ten Reihe und  -ten Spalte im Young-Diagramm. Dieser wird ein sogenannter Haken   zugeordnet, der gleich der Menge der Zellen   ist mit   und   oder mit   und  . Die Hakenlänge   ist die Anzahl der Zellen in  . Dann ist die Hakenlängenformel:

 

wobei das Produkt im Nenner über alle Zellen   geht.

Da ein Young-Diagramm einer irreduziblen Darstellung der symmetrischen Gruppe entspricht gibt die Hakenformel die jeweilige Dimension der irreduziblen Darstellungen an, die durch das Young-Diagramm repräsentiert werden. Deshalb hat die Formel auch viele Anwendungen in der Physik.

Ältere kompliziertere Formeln von Ferdinand Georg Frobenius (1900) und Alfred Young (1902) verwendeten Determinanten und ein Beweis von Percy Alexander MacMahon von 1916 Differenzenmethoden.[2] Der Beweis von Frame, de Robinson und Thrall wurde vielfach als noch zu komplex empfunden und einfachere Beweise entwickelt (unter anderem Albert Nijenhuis und Herbert Wilf[3], Doron Zeilberger und D. S. Franzblau 1982,[4] es gibt auch ein heuristisches Argument von Donald Knuth).[5]

Das äußere Tensorprodukt von Darstellungen symmetrischer Gruppen: Littlewood-Richardson-Koeffizienten Bearbeiten

Das äußere Tensorprodukt Bearbeiten

Zwei Darstellungen von zwei (im Allgemeinen verschiedenen) symmetrischen Gruppen   und   kann man zu einer Darstellung der symmetrischen Gruppe   "verknüpfen", dem sogenannten äußeren Tensorprodukt dieser beiden Darstellungen. Die genaue Definition dieser Darstellung verläuft folgendermaßen:

Für je zwei Permutationen   und   definieren wir das "äußere Produkt"   als die Permutation der Menge  , welche jedes   auf   abbildet und jedes   auf   abbildet. Anschaulich gesprochen ist also   die Permutation, die auf den ersten   Zahlen wie   wirkt und auf den letzten   Zahlen wie (eine um   verschobene Permutation)   wirkt.

Wir können die Gruppe   als Untergruppe von   ansehen (vermöge der Einbettung  ).

Für jede Darstellung   von   und jede Darstellung   von   definieren wir nun das äußere Tensorprodukt von   und   als die Darstellung   (hierbei ist   auf kanonische Weise eine Darstellung der Gruppe  : die Gruppe   wirkt auf dem ersten Tensoranden, während die Gruppe   auf dem zweiten Tensoranden wirkt).

Das äußere Produkt der   verknüpft Permutationen der  , die auf die Indizes   bis   wirken, mit Permutationen der  , die auf Indizes   bis   wirken und zusammen Permutationen der   beschreiben. Dabei stellt sich die Frage, in welche irreduziblen Darstellungen der   das äußere Produkt einer irreduziblen Darstellung von   und   zerfällt. Im Folgenden wird das äußere Produkt mit dem Symbol   dargestellt.

Beispiel Bearbeiten

Als Beispiel wählen wir  . Sei   die triviale Darstellung von   (also der eindimensionale Vektorraum, auf dem jedes Element von   als Identität wirkt) und sei   die alternierende Darstellung (auch Signum-Darstellung oder Signatur-Darstellung genannt) von   (also der eindimensionale Vektorraum, auf dem jede gerade Permutation als Identität und jede ungerade Permutation als Punktspiegelung am Ursprung wirkt). Dann ist   eine eindimensionale Darstellung der Gruppe  , und das äußere Produkt von   und   ist eine sechsdimensionale Darstellung   von  .

Die Frage nach der Zerlegung Bearbeiten

Nun stellt sich die Frage, wie das äußere Tensorprodukt zweier irreduzibler Darstellungen in irreduzible Darstellungen zerlegt werden kann (dieses Tensorprodukt ist selber nur selten irreduzibel, aber nach dem Satz von Maschke zerfällt es in eine direkte Summe irreduzibler Darstellungen). Da die irreduziblen Darstellungen von   (bis auf Isomorphie) eindeutig den Young-Tableaux der Ordnung   entsprechen, können wir also folgende Frage stellen:

Seien   und   zwei Young-Tableaux der Ordnungen   bzw.  . Seien   und   die irreduziblen Darstellungen von   bzw.  , die zu diesen Young-Tableaux gehören. Das äußere Produkt   von   und   ist dann eine Darstellung von  , und somit eine direkte Summe irreduzibler Darstellungen von  . Diese irreduziblen Darstellungen entsprechen wiederum Young-Tableaux der Ordnung  . Welche Young-Tableaux sind diese? Wir schreiben kurz

 

um zu sagen, dass   die Young-Tableaux zu den irreduziblen Darstellungen von   sind, in welche das äußere Produkt von   und   zerfällt. Dabei kann unter den Young-Tableaux   auch ein und das gleiche Tableau mehrfach vorkommen - nämlich dann, wenn in der Zerlegung des äußeren Produktes von   und   eine irreduzible Darstellung mehrfach vorkommt. Manchmal fasst man in diesem Fall diese gleichen Tableaux zusammen (statt   schreibt man also  , falls   ist). Dadurch wird aus der Summe   eine Summe paarweise verschiedener Young-Tableaux mit Koeffizienten - diese Koeffizienten nennt man Littlewood-Richardson-Koeffizienten.

Die Frage ist nun, wie man anhand von   und   die Young-Tableaux   bestimmt. Es gibt unterschiedliche Antworten auf diese Frage; sie werden allgemein als Littlewood-Richardson-Regeln (nach Dudley Littlewood und A. R. Richardson) bezeichnet. Wir geben im Folgenden eine solche Regel, die rekursiv ist (es gibt auch explizite Regeln, die allerdings eine langwierige kombinatorische Formulierung haben).

Beispiel Bearbeiten

Zuerst ein Beispiel: Seien   und   die Young-Tableaux

 T = [ ][ ]     und     S = [ ]
                            [ ] .

Die zu   bzw.   gehörenden irreduziblen Darstellungen   und   sind dann die triviale Darstellung von   (als  ) und die alternierende Darstellung von   (als  ). Wir sind also in dem Beispiel weiter oben, wo wir festgestellt haben, dass das äußere Produkt von   und   eine  -dimensionale Darstellung von   ist. Man kann feststellen (z. B. mit Charaktertheorie), dass diese Darstellung sich als direkte Summe   schreiben lässt, wobei   die irreduzible Darstellung von   zum Young-Tableau

[ ][ ][ ]
[ ]

ist, und   die irreduzible Darstellung von   zum Young-Tableau

[ ][ ]
[ ]
[ ]

ist. Wir können also schreiben:

T (X) S = [ ][ ] (X) [ ] = [ ][ ][ ] (+) [ ][ ]
                     [ ]   [ ]           [ ]
                                         [ ]   ,

wobei wir P (X) Q für   schreiben.

Ein Berechnungsverfahren für TS Bearbeiten

Seien nun die Young-Tableaux   und   gegeben. Wir wollen die Summanden   in der Zerlegung   bestimmen (im obigen Beispiel konnte man dies noch recht leicht per Hand erledigen, vor allem mit Charaktertheorie, aber für größere Tableaux wird dies schnell sehr mühsam).

Die sogenannte Pieri-Regel erledigt dies im Sonderfall, wenn das Tableau   nur aus einer Zeile besteht: In diesem Fall ist   die Summe aller Young-Tableaux, die aus dem Young-Tableau   durch Anfügen von insgesamt   neuer Zellen entstehen (wobei   die Ordnung von   ist), und zwar höchstens einer neuen Zelle pro Spalte.

Beispiel (der Stern dient nur als Orientierung bei der Zuordnung der Zellen):

[ ][ ] (x) [*][*] = [ ][ ][*][*] + [ ][ ][*] + [ ][ ][*] + [ ][ ]
[ ]                 [ ]            [ ][*]      [ ]         [ ][*]
                                               [*]         [*]

Eine Kombination wie

[ ][ ]
[ ]
[*]
[*]

kommt in der Entwicklung nicht vor, weil in ihr die erste Spalte zwei hinzugefügte Zellen [*] enthält.

Zur Bildung des äußeren Produkts   zwischen beliebigen Tableaux zerlegt man zunächst eines der beiden Tableaux in eine alternierende Summe von äußeren Produkten von einzeiligen Tableaux nach folgender Vorschrift: Haben wir ein Tableau der Form   vor uns, dann berechnen wir das äußere Produkt  . Wir bekommen eine Summe von Tableaux, darunter unser Ausgangs-Tableau  , aber auch einige weitere Tableaux. Diese weiteren Tableaux werden nun abgezogen:

 .

Auf die so entstandene Summe wird die Prozedur rekursiv angewandt. Diese Rekursion kommt immer zu einem Ende, weil mit jedem Schritt Tableaux entstehen, die in der letzten Zeile mindestens eine Zelle weniger haben.

Beispiel (der Stern dient nur als Orientierung bei der Zuordnung der Zellen):

[ ][ ] = [ ][ ] (X) [*][*] - [ ][ ][*][*] - [ ][ ][*]
[ ][ ]                                      [*]
       = [ ][ ] (X) [*][*] - [ ][ ][*][*] - ( [ ][ ][ ] (X) [*] - [ ][ ][ ][*] )

Nach dieser Zerlegung kann man unter Ausnutzung der Assoziativität des äußeren Produktes und mithilfe der Pieri-Regel die eigentliche Multiplikation durchführen. Eine Anwendung des äußeren Produkts findet man bei der Zerlegung der Tensordarstellung eines Vielteilchensystems.

Warnung Bearbeiten

Das äußere Tensorprodukt zweier Darstellungen   und   zweier symmetrischer Gruppen   und   ist nicht zu verwechseln mit dem inneren Tensorprodukt zweier Darstellungen   und   einer und der gleichen symmetrischen Gruppe  . Letzteres ist (wie gesagt) nur für zwei Darstellungen der gleichen symmetrischen Gruppe definiert, und auch dann unterscheidet es sich vom äußeren Tensorprodukt (es ist eine Darstellung von  , während das äußere Tensorprodukt eine Darstellung von   ist). Die Zerlegung dieses inneren Tensorproduktes in irreduzible Darstellungen ist noch um einiges schwieriger als die des äußeren Tensorproduktes. Statt der Littlewood-Richardson-Koeffizienten kommen hier sogenannte Kronecker-Koeffizienten ins Spiel.

Bedeutung Bearbeiten

Der Einsatz von Young-Tableaux ist vielfältig. Sie dienen unter anderem

  • zur Ermittlung der Dimensionalitäten der irreduziblen Darstellungen der symmetrischen Gruppe
  • zur Konstruktion von Projektoren auf die Teilräume der irreduziblen Darstellungen der symmetrischen Gruppe
  • als Hilfe beim Beweis von Sätzen im Zusammenhang mit der symmetrischen Gruppe
  • zur Dekomposition des äußeren Produkts in seine irreduziblen Bestandteile

Darüber hinaus wird zum Beispiel in der Elementarteilchenphysik mit der Technik der Young-Tableaux eine Dekomposition der Tensordarstellung von Mehrteilchensystemen ermöglicht. Unter anderem wurden sie benutzt, um die Quark-Struktur von Hadronen aufzuklären. Quarks wurden anfangs nicht durch Hochenergiestreuexperimente direkt beobachtet, sondern mussten zunächst aus der Systematik der als Darstellungen der zugrundeliegenden Gruppe realisierten zusammengesetzten Teilchen erschlossen werden.

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • William Fulton Young-Tableaux. With applications to representation theory and geometry (= London Mathematical Society Student Texts. Nr. 35). Cambridge University Press, Cambridge u. a. 1997, ISBN 0-521-56144-2.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. J. S. Frame, G. de B. Robinson, R. M. Thrall: The Hook Graphs of the Symmetric Group. In: Canadian Journal of Mathematics. Band 6, 1954, S. 316–324, doi:10.4153/CJM-1954-030-1.
  2. P. A. MacMahon: Combinatory Analysis. Cambridge University Press, 1916.
  3. C. Greene, A. Nijenhuis, H.S. Wilf: A probabilistic proof of a formula for the number of Young tableaux of a given shape. In: Advances in Mathematics. Band 31, 1979, S. 104–109, doi:10.4153/CJM-1954-030-1.
  4. D. S. Franzblau, D. Zeilberger: A bijective proof of the hook-length formula. In: J. Algorithms. Band 3, 1982, S. 317–343, doi:10.1016/0196-6774(82)90029-3.
  5. D. E. Knuth: The Art of Computer Programming. Band 3. Addison-Wesley, 1973, S. 63.