Veiovis (auch Vediovis oder Vedius[1]) war ein Gott der altrömischen Religion, der im republikanischen Rom bis etwa ins 1. Jahrhundert v. Chr. verehrt wurde.

Überlebensgroße Marmorstatue des Veiovis mit langen Locken, gefunden in der Cella des Veiovistempels auf dem Kapitol

Über Veiovis ist nur wenig Genaues bekannt. Schon die antiken Römer zur Zeit der späten Republik hatten große Schwierigkeiten, den Namen und die Funktion des Gottes zu deuten. Im 1. Jahrhundert v. Chr. machte sich Cicero über die Deutungsversuche zu einigen römischen Götternamen lustig und bemerkte, dass noch niemand eine einleuchtende Erklärung für Veiovis gefunden habe.[2] Relativ sicher ist nur ein Zusammenhang mit Jupiter, da die Formen Vediovis, Veiovis, Vedius offenbar mit Diovis, Iovis, Dius (Namensversionen des Jupiter) verwandt sind.[3] Schwierigkeiten macht(e) jedoch das Element ve-. Ovid und Festus machten aus Veiovis einen kleinen bzw. jungen Jupiter,[4] Aulus Gellius dagegen betrachtete ihn als eine Art Anti-Jupiter,[5] womit ein Jupiter der Unterwelt gemeint sein könnte (chthonische Gottheit).

Die Verehrung des Veiovis beschränkte sich auf Latium bzw. wahrscheinlich fast nur auf Rom selbst.[6] In Rom wurden Anfang des 2. Jahrhunderts v. Chr. zwei Tempel für ihn errichtet. Der erste ging wohl auf ein Versprechen des Lucius Furius Purpureo aus dem Krieg gegen die Gallier zurück,[7] wurde auf der Tiberinsel errichtet und am 1. Juni 194 v. Chr. eingeweiht. An den Nonen des März (7. März) 192 v. Chr. wurde ihm dann ein zweiter Tempel zwischen den beiden Gipfeln (inter Arcem et Capitolium) des Kapitolshügels in Rom geweiht.[8] Ovid beschreibt eine dort stehende Kultstatue, die neben der einer kleinen Ziege stand und auf der Veiovis ein bartloses Gesicht und ein Bündel Pfeile in der Hand hatte.[9] Dieser zweite Tempel wurde 1939 entdeckt und ausgegraben. Heute sind die Überreste Teil der Kapitolinischen Museen.[10] Es wird angenommen, dass er der Gott der Sühne und der entlaufenen Verbrecher oder der Heilung war.

Seine Feste wurden am 1. Januar, am 7. März und am 21. Mai gefeiert, während der Feste wurden ihm Ziegen als Opfer dargebracht.

Eine Inschrift auf einem dem Veiovis geweihten Altar in Bovillae etwa aus dem Jahr 100 v. Chr. zeigt, dass das Geschlecht der Julier (gens Iulia) Veiovis als seine Gentilgottheit betrachtete.[11] Es scheint, dass der Gott dann im Laufe des 1. Jahrhunderts v. Chr. immer mehr mit dem griechischen Gott Apollon identifiziert wurde, was sich auch auf die Hausgottheit der Julier übertrug. Augustus, der seit seiner Adoption durch Gaius Iulius Caesar dem Geschlecht der Julier anhörte, ließ deshalb einen prunkvollen Tempel für Apollon auf dem Palatin errichten.[12] Allerdings wurde Veiovis offenbar noch nicht sofort ganz verdrängt, denn der Veiovistempel auf dem Kapitol wurde noch unter Kaiser Domitian.

Zuweilen ihm zugeordnete Münzbilder stellen wohl nicht Veiovis dar, sondern eher Jupiter oder Apollon.[13]

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Veiovis – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Zu den Namensformen vgl. Mauriz Schuster: Veiovis. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band VIII A,1, Stuttgart 1955, Sp. 600–610, hier Sp. 600f.
  2. Cicero, de natura deorum 3,62.
  3. Carl Koch: Der römische Iuppiter. Klostermann, Frankfurt am Main 1937, S. 67.
  4. Ovid, fasti 3,445–449; Festus 519,22.
  5. Gellius, Noctes Atticae 5,12,8–12.
  6. Siehe die Rekonstruktion bei Mauriz Schuster: Veiovis. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band VIII A,1, Stuttgart 1955, Sp. 600–610, hier Sp. 605f.
  7. Zu den Unstimmigkeiten in der überlieferten Geschichte des Furius siehe Friedrich Münzer: Furius 86. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band VII,1, Stuttgart 1910, Sp. 362–364.
  8. Ovid, fasti 3,430; Vitruv, De architectura libri decem 4,8,4; Livius 35,41,8; Gellius, Noctes Atticae 5,12,2.
  9. Ovid, fasti 3,429ff.
  10. Zu Tempel und archäologischem Befund siehe Antonio Maria Colini: Aedes Veiovis inter Arcem et Capitolium. In: Bulletino della Commissione Archeologica Communale di Roma. Band 70, 1942, S. 5–56; derselbe: Il tempio di Veiove. Aedes Veiovis inter Arcem et Capitolium. Governatorato di Roma, Rom 1943; Margherita Albertoni, Donatella Degrassi: Veiovis, aedes. In: Eva Margareta Steinby (Hrsg.): Lexicon Topographicum Urbis Romae. Band 2. Quasar, Rom 2000, S. 99–101 (Digitalisat); Alexander G. Thein: Veiovis, Aedes (Capitolium) bei Digital Augustan Rome der University of Arizona.
  11. CIL 1, 1439
  12. Dazu Mauriz Schuster: Veiovis. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band VIII A,1, Stuttgart 1955, Sp. 600–610, hier Sp. 606f.
  13. Dazu Mauriz Schuster: Veiovis. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band VIII A,1, Stuttgart 1955, Sp. 600–610, hier Sp. 609f.