Urfehde

Mittel des mittelalterlichen Rechts

Die Urfehde (auch Urphed, Urphede, Urpfedt, Unfehde) war ein Mittel des vormodernen Rechts und bedeutete den beeideten Fehdeverzicht. Der Bruch der Urfehde wurde deshalb als Meineid verfolgt und bestraft.

Urfehden-Formel, handschriftlicher Eintrag in einer mecklenburgischen Kanzleiordnung des 17. Jahrhunderts

War ein Rechtsbrecher durch eine Fehde zu einer Sühnevereinbarung gegenüber dem Geschädigten, später auch kirchlichen und staatlichen Stellen, gezwungen worden, so versprach der Geschädigte bzw. Fehdeführer mittels der Urfehde die Einstellung der Gewaltmaßnahmen und die zukünftige Wahrung des Friedens. Diese Form der Urfehde wurde als Streiturfehde bezeichnet.

Urfehde, die selbst verschiedene Stadien ihrer Entwicklung durchlief und Teil der Entstehung des öffentlichen Strafrechts war, lässt sich erstmals in fränkischer Zeit in der Fredegar-Chronik oder in den Schriften Gregor von Tours nachweisen.[1] Sie beruht auf den Blutrachevorstellungen der Germanen, bei denen der Streit durch eine eidliche Vertragsform beigelegt wurde.[2]

Mit dem Aufkommen staatlicher Gerichte im Spätmittelalter wurde die Urfehde zur eidlichen Versicherung, der sogenannten Hafturfehde. Mit ihr verpflichtet sich der Unterzeichnende, sich wegen einer geführten Untersuchung, Anklage oder zu vollstreckenden Strafe nicht an den Strafverfolgern zu rächen. Insbesondere umfasste die Urfehde das Versprechen eines entlassenen und des Landes verwiesenen Verhafteten, das Land, aus welchem er verwiesen wurde, nicht wieder zu betreten und sich nicht an dessen Bewohnern zu rächen. Auf der einen Seite ergänzte die Urfehde als zusätzliches Instrument die Strafverfolgung, auf der anderen Seite wurde diese aber auch als Strafe an sich ausgesprochen und übernahm als Gnadeninstrument des mittelalterlichen Rechts eine ähnliche Funktion wie die Bewährungsstrafen der modernen Rechtsprechung.

Im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit waren Urfehden sehr häufig. Fast alle inhaftierten Personen wurden nur mit einer schriftlich beurkundeten Urfehde bestraft und entlassen. Dies hatte aber auch eine verfassungsrechtliche Bedeutung für das Heilige Römische Reich, da durch die Urfehde oft verboten wurde, dass der Eidleistende die Gerichte des Reiches anrufen durfte. Deshalb wurde in der Gerichtsordnung für das Reichskammergericht aus dem Jahre 1555 nur die alte Urfehde als gültiges Rechtsinstrument anerkannt.

Literatur Bearbeiten

  • Friedrich Utsch: Peinliche Urfehde. E. Th. Jacob, Erlangen 1903 (Erlangen, Universität, Dissertation, 1903).
  • Walter Asmus: Das Urfehdewesen zu Freiburg i/B. von 1275–1520. Freiburg (Breisgau) 1923 (Freiburg (Breisgau), Universität, Dissertation, 1923).
  • Andrea Boockmann: Urfehde und ewige Gefangenschaft im mittelalterlichen Göttingen (= Studien zur Geschichte der Stadt Göttingen. Bd. 13). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1980, ISBN 3-525-85413-7.
  • Raimund J. Weber: Urfehde. In: Lexikon des Mittelalters. Band 8: Stadt (Byzantinisches Reich) bis Werl. Lexma Verlag, München 1997, ISBN 3-89659-908-9, Sp. 1294.
  • Andreas Blauert: Das Urfehdewesen im deutschen Südwesten im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit (= Frühneuzeit-Forschungen. Bd. 7). Bibliotheca-Academica-Verlag, Tübingen 2000, ISBN 3-928471-25-2 (Zugleich: Konstanz, Universität, Habilitations-Schrift, 1997).
  • Sigrid Rachoinig: Wir tun kund und lassen dich wissen: Briefe, Urkunden und Akten als spätmittelalterliche Grundformen schriftlicher Kommunikation, Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-631-58468-2. Darin: Abschnitt 2.3.20 Urfehdebrief, S. 170 f.
  • Stefan Frey: Friedenssicherung und soziale Disziplinierung. Urfehdeurkunden aus dem Raum Liechtenstein (15. und 16. Jahrhundert), in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein 115 (2016), ISBN 978-3-906393-82-7, S. 77–89.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Stefan Christian Saar: Urfehde. In: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. 5. Band, Berlin 1998, Sp. 563
  2. Friedrich Utsch: Peinliche Urfehde, S. 35