U-Bahnhof Französische Straße

ehemaliger U-Bahnhof in Berlin

Der U-Bahnhof Französische Straße ist eine ehemalige Station der Berliner U-Bahn-Linie U6 im Ortsteil Mitte. Er befindet sich unterhalb der Kreuzung Friedrichstraße/Französische Straße, wurde am 30. Januar 1923 als einer der ersten Großprofilbahnhöfe eröffnet und am 4. Dezember 2020 mit Eröffnung des direkt danebenliegenden U-Bahnhofs Unter den Linden stillgelegt. Bei der BVG wurde er unter dem Kürzel Fr geführt.

Zugang mit Eingangsportal zum U-Bahnhof Französische Straße, 2007

Geschichte Bearbeiten

Vorgeschichte Bearbeiten

Bereits vor dem Ersten Weltkrieg wollte die Reichshauptstadt eine städtische U-Bahn unabhängig vom bestehenden Netz der Hochbahngesellschaft bauen. Als erste Strecke war eine Nord-Süd-Verbindung unter der Friedrichstraße vorgesehen, die sich im Süden verzweigen sollte. Um die Kapazität gegenüber den Hochbahnwagen zu steigern, sollten bis zu 2,65 Meter breite Fahrzeuge – gegenüber 2,35 Meter bei der Hochbahngesellschaft – zum Einsatz kommen. Noch heute werden die Fahrzeugabmaße der Berliner U-Bahn deshalb in Groß- und Kleinprofil unterteilt.

Ende 1912 konnten bereits die ersten Arbeiten beginnen. Von Norden her ging es etappenweise voran, die ersten Abschnitte um den Leopoldplatz konnten so bereits 1914 fertiggestellt werden. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs im gleichen Jahr verzögerte dann jedoch zunehmend den Weiterbau, bis dieser 1917 gänzlich zum Erliegen kam. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Strecke bis zum Oranienburger Tor komplett und bis zum Halleschen Tor teilweise im Rohbau fertiggestellt.

Zwischenkriegszeit Bearbeiten

 
Zugangsportal mit dem 1926 eingeführten ‚U‘ anstelle des Schriftzugs NORD-SÜD (1929)
 
Bahnsteig des U-Bahnhofs (2007)

Drei Jahre nach dem Baustopp kam die Frage auf, wie mit der Bauruine weiter zu verfahren sei. Die Folgen des Ersten Weltkriegs und die aufkommende Inflation machten einen Weiterbau nahezu unmöglich, sodass sogar die Überlegung aufkam, die bereits fertigen Abschnitte wieder zuzuschütten. Da diese Lösung jedoch noch teurer geworden wäre als ein zumindest provisorischer Betrieb, wurde der Weiterbau verfolgt – allerdings unter enormen Sparmaßnahmen.

Für den Betrieb wurde 1921 schließlich die Nord-Süd-Bahn AG gegründet, die sich zu 100 Prozent im Besitz der Stadt Berlin befand. Die Gesellschaft geriet jedoch schnell in eine finanzielle Krise, da trotz Einsparmaßnahmen, beispielsweise bei der Ausschmückung der Bahnhöfe, kaum mehr Mittel für einen Wagenpark vorhanden waren. Nach zahlreichen Verhandlungen kam man schließlich mit der Hochbahngesellschaft überein; diese stellte 50 Wagen für die neue Strecke zur Verfügung, die für den Großprofilbetrieb umgebaut werden mussten.

Die Ausführungsplanung nach den Plänen von Heinrich Jennen, der im Jahr 1920 verstorben war, übernahmen die Architekten Alfred Grenander und Alfred Fehse. Grenander war zuvor bereits mit dem Bau mehrerer Bahnhöfe der Hochbahngesellschaft betraut gewesen. Die Bahnhöfe unterhalb der Friedrichstraße wurden dabei fast alle nach demselben Schema errichtet.

Grenander wollte hier, wie bereits bei den Bahnhöfen der heutigen Linie U2, jeden Bahnhof mit einer eigenen Farbe zur Identifizierung versehen. Entlang der Strecke wurde die Farbfolge Grün–Weiß–Rot–Gelb–Blau gewählt, der Bahnhof Französische Straße bekam Grün als Kennfarbe zugeteilt. Die finanzielle Notlage ließ jedoch keine Ausschmückung des Bahnhofs zu, so sind beispielsweise noch heute die Wände nur verputzt und nicht gefliest. Um dennoch etwas Farbe ins Spiel zu bringen, wurden die Rahmen der Werbeflächen und Bahnhofsschilder sowie die Pfeiler in den jeweiligen Bahnhofsfarben lackiert.

Der Bahnhof wurde am 30. Januar 1923 an der Nord-Süd-Bahn (1928–1966 Linie C, heute: U6) eröffnet. Er befand sich als Unterpflasterbahnhof mit einem Mittelbahnsteig in einfacher Tiefenlage und verfügt über insgesamt vier Ausgänge auf den Mittelstreifen der Friedrichstraße. Der Bahnsteig war bis zu seiner Verlängerung in den 1990er Jahren 80 Meter lang.[1]

Im Jahr 1939 gab es anfängliche Planungen, den Bahnhof zum Turmbahnhof als Kreuzungsbahnhof mit der Linie E (heute: Linie U5) zu erweitern. Die von den Nationalsozialisten im Zuge der Planungen für die Welthauptstadt Germania verfolgte Erweiterung des U-Bahn-Netzes sah eine Erweiterung der Linie E entlang der König- und Französischen Straße bis nach Moabit vor. Es gab allerdings auch alternative Trassierungs­varianten dieser Linie entlang der Straße Unter den Linden oder dem Stadtbahnviadukt.

Nachkriegszeit Bearbeiten

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs befand sich der U-Bahnhof im sowjetischen Sektor Berlins, dem späteren Ost-Berlin. Da sich allerdings sowohl der nördliche als auch der südliche Endpunkt der dort verkehrenden Linie in West-Berlin befanden, führte dies nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 dazu, dass der Bahnhof von den West-Berliner U-Bahn-Zügen ohne Halt durchfahren wurde. Die Station gehörte so bis 1990 zu den „Geisterbahnhöfen“ der West-Berliner S- und U-Bahn im Ost-Berliner Untergrund.

 
Geschlossener Eingang mit denkmalgeschütztem Portal, Namensschild abgebaut (Zustand 2022)

In den 1970er und 1980er Jahren kam die Idee eines Turmbahnhofs wieder auf. Zum einen sollte die Linie E wiederum entlang der Französischen Straße bis zur Friedrichstraße verlängert werden. Zum anderen gab es in den 1980er Jahren die Überlegung, den unter Ost-Berlin verlaufenden Abschnitt der Linie U6 für das Ost-Berliner U-Bahn-Netz zu nutzen. Diese sollte dann alternativ entweder auf die Abschnitte in West-Berlin reduziert oder aber durch einen zweiten, tiefer liegenden Express-Tunnel geleitet werden. Als erste Maßnahme wurde dazu am U-Bahnhof Stadtmitte ein Verbindungstunnel von der Linie A (heute: Linie U2) zum Tunnel der U6 gegraben. Bevor dieser jedoch fertiggestellt werden konnte, wurden die Pläne durch die deutsche Wiedervereinigung hinfällig. Der Tunnel wurde später wieder zugeschüttet.

Nach 1990 Bearbeiten

Die Wiedereröffnung des U-Bahnhofs fand pünktlich zur Währungsunion am 1. Juli 1990 statt. In den Folgejahren ließ die BVG, finanziert durch das Land Berlin, den Bund und die EU, den Ursprungszustand wiederherstellen und gleichzeitig die Bahnsteige von 80 auf 110 Meter verlängern, sodass auch 6-Wagen-Züge am Bahnsteig halten konnten.[2] Der Bahnhof erhielt seine zehneckigen Zugangstransparente über den Eingängen zurück, wie sie Grenander 1923 für die Strecke entworfen hatte. Im Unterschied zu den anderen Stationen der U6 erhielt die Station allerdings keinen Aufzug; Hintergrund war die damals bereits in Planung befindliche Verlängerung der U-Bahn-Linie U5 entlang des Boulevards Unter den Linden.

 
Geschlossener Eingang mit denkmalgeschütztem Portal, Namensschild NORD-SÜD (Zustand Februar 2024)

Schließung Dezember 2020 Bearbeiten

Grund für die Schließung des U-Bahnhofs am 4. Dezember 2020 war sein geringer Abstand von weniger als 150 Metern[3] zum an diesem Tag eröffneten U-Bahnhof Unter den Linden im Zuge der Verlängerung der U-Bahn-Linie U5 vom Alexanderplatz zum Brandenburger Tor. Dieser Bahnhof ist Kreuzungsbahnhof mit der Linie U6. Der U-Bahnhof Französische Straße besteht seit der Schließung als Bauwerk weiter, wird aber ohne Halt durchfahren.[4] Trotz zahlreicher Vorstellungen zur Nachnutzung der Anlage[5] bleibt der Bahnhof ungenutzt und wird in Zukunft zurückgebaut.[6]

Da die Portale an den Zugängen unter Denkmalschutz stehen, blieben sie erhalten. Im Oktober 2023 wurden sie mit vier originalgetreuen Emailleschildern versehen, die jenen der ersten drei Jahre des Betriebs entsprechen. Die von Grenander und Fehse entworfenen, geschwungenen zehneckigen Schilder tragen anstelle der Namensschilder wie einst die weiße Aufschrift NORD-SÜD auf blauem Grund.[7]

Verlauf der Linie U6 Bearbeiten

Linie Verlauf
  Alt-Tegel – Borsigwerke – Holzhauser Straße – Otisstraße – Scharnweberstraße – Kurt-Schumacher-Platz – Afrikanische Straße – Rehberge – Seestraße – Leopoldplatz – Wedding – Reinickendorfer Straße – Schwartzkopffstraße – Naturkundemuseum – Oranienburger Tor – Friedrichstraße – Unter den Linden – Stadtmitte – Kochstraße – Hallesches Tor – Mehringdamm – Platz der Luftbrücke – Paradestraße – Tempelhof – Alt-Tempelhof – Kaiserin-Augusta-Straße – Ullsteinstraße – Westphalweg – Alt-Mariendorf

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Berlins U-Bahnhöfe. Französische Straße. In: berliner-untergrundbahn.de. Abgerufen am 5. Dezember 2020.
  2. Peter Neumann: Auf der U-Bahn-Linie 6 wurden Bahnsteige verlängert und neue Ausgänge gebaut: Ende des Pendelverkehrs in Sicht. In: Berliner Zeitung, 6. Juli 1996
  3. Nicolas Šustr: U-Bahn: Eröffnung mit Distanz. In: neues-deutschland.de. 5. Dezember 2020, abgerufen am 12. Dezember 2020.
  4. Lückenschluss – Newsletter Juni 2011. (PDF) Berliner Verkehrsbetriebe, archiviert vom Original am 29. November 2014; abgerufen am 17. November 2014.
  5. Was wird aus dem U-Bahnhof Französische Straße? In: www.morgenpost.de. 13. März 2020, abgerufen am 14. September 2023.
  6. U-Bahnhof Französische Straße bleibt langfristig ungenutzt. In: www.morgenpost.de. 20. Oktober 2021, abgerufen am 14. September 2023.
  7. Alexander Schulz, Axel Mauruszat: Fledermausportale in: Berliner Verkehrsblätter Dezember 2023, S. 259 f.

Koordinaten: 52° 30′ 53″ N, 13° 23′ 21″ O