Tunnel Denkendorf

Eisenbahntunnel in Deutschland

Der Tunnel Denkendorf ist ein Eisenbahntunnel der im Rahmen des Projekts Stuttgart 21 als Teil der Schnellfahrstrecke Stuttgart–Wendlingen entsteht. Das Bauwerk wird auf dem Gebiet der baden-württembergischen Gemeinde Denkendorf errichtet und trägt ihren Namen.

Tunnel Denkendorf
Tunnel Denkendorf
Tunnel Denkendorf
Verkehrsverbindung Neubaustrecke Stuttgart–Wendlingen
Ort Denkendorf
Länge 768 m
Anzahl der Röhren 1
Querschnitt 81,9 m²
Bau
Bauherr Deutsche Bahn
Fertigstellung 2019[1]
Betrieb
Freigabe Dezember 2025 (geplant)
Lage
Tunnel Denkendorf (Baden-Württemberg)
Tunnel Denkendorf (Baden-Württemberg)
Koordinaten
Ostportal 48° 41′ 30,5″ N, 9° 18′ 19,2″ O
Westportal 48° 41′ 37,6″ N, 9° 17′ 57,6″ O

Der Tunnel wurde im Dezember 2019 fertiggestellt.[1]

Lage und Verlauf Bearbeiten

Das Bauwerk liegt zwischen den Baukilometern 19,329 und 20,097. In dem Bauwerk unterquert die Neubaustrecke im Bereich der Tank- und Rastanlage Denkendorf die Bundesautobahn 8 in südöstlicher Richtung.[2]

Das Bauwerk soll zwei Gleise mit einem Gleismittenabstand von 4,50 m aufnehmen, die mit 250 km/h befahrbar sein sollen.[2]

Dem Ostportal soll ein Voreinschnitt vorgelagert werden. Ab km 20,4 geht die Strecke in einen bis zu 9 m hohen Damm über.[2]

Höhenverlauf Bearbeiten

Das Längsprofil (Gradiente) ist wannenförmig ausgebildet. Der Tiefpunkt des Tunnels liegt in km 20,014, 83 m vom Ostportal entfernt. Aufgrund des geringen Portalabstands beantragte die Deutsche Bahn, das Wannenprofil ohne zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen realisieren zu dürfen.[2]

Querschnitt Bearbeiten

Der Querschnitt soll eine lichte Weite von 11,70 m und eine lichte Höhe von 7,00 m aufweisen.[2]

Geschichte Bearbeiten

Planung Bearbeiten

In der am 6. Dezember 1996 in das Raumordnungsverfahren eingebrachten Trasse war südlich von Denkendorf ein 785 m langer Tunnel zur Unterquerung der Autobahn in südöstlicher Richtung vorgesehen.[3]

Im Zuge der Planung wurde die Lage des Tunnels um etwa 300 m nach Westen verschoben, um ein Wasserschutzgebiet (Zone II) zu umgehen.[2]

Ausschreibung und Vergabe Bearbeiten

Die Errichtung des Bauwerks wurde Mitte September 2013 europaweit ausgeschrieben. Der zu vergebende Bauvertrag sollte vom 1. März 2014 bis zum 31. Dezember 2016 laufen. Vorbereitende Maßnahmen sollten im Januar 2014, die Hauptarbeiten im September 2014 beginnen (Stand: Oktober 2013).[4] Das Vergabeverfahren wurde bis Juni 2014 verlängert.[5] Laut Bahnangaben wurde der Bauauftrag Ende Juni 2014 für knapp 40 Millionen Euro vergeben. Beauftragt die Arbeitsgemeinschaft Tunnel Denkendorf,[6] die aus den Unternehmen Johann Bunte (Bad Bentheim) und Heitkamp Ingenieur- und Kraftwerksbau (Herne) gebildet wird. Im Vergabeverfahren hätten sechs Bieter Angebote abgegeben.[7] Die Mitteilung über die Vergabe des mit 38,830 Millionen Euro bezifferten Auftrags an die ARGE Tunnel Denkendorf wurde am 23. Juli 2014 formal bekanntgemacht.[8]

Bau Bearbeiten

 
Baufeldfreimachung für den Tunnel Denkendorf parallel zur Bundesautobahn 8 im Juni 2015.

Die Bauarbeiten begannen im August 2015,[9] die Fertigstellung war für Ende März 2018 geplant.[10] Auch Anfang 2016 war für die Fertigstellung für 2018 geplant.[11]

Das Bauwerk wurde in offener Bauweise erstellt.[12] Westlich soll sich ein 144 Meter langes[13] Trogbauwerk an den Tunnel anschließen.[12] Es soll auf einer Sandsteinschicht flach gegründet werden und durchgehend über dem Grundwasser liegen.[2] Für den Bau des Tunnels sollten 46.000 Kubikmeter Beton verbaut werden.[10] Letztlich waren es 35.000 m³ Beton und 4.600 t Stahl.[14] Von 250.000 Kubikmetern Aushub sollten 130.000 mit Lastwagen entsorgt werden. Davon sollten 60 Prozent über die Tank- und Rastanlage und die Autobahn abtransportiert werden, 40 Prozent über die L 1204.[10]

 
Westportal des Tunnel Denkendorf im Bauzustand im Mai 2018.

Die A 8 wurde in sieben Phasen abschnittsweise verlegt.[15][14] Zunächst nutzten alle sechs Fahrstreifen die Fahrbahn Richtung München, anschließend sollte der gesamte Verkehr auf die Nordseite der Autobahn verlegt werden, wobei auch ein Teil der Tank- und Rastanlage in Anspruch genommen werden sollte.[16] Ende August 2015 begann die Verlegung der Richtung Stuttgart führenden Richtungsfahrbahn der A8. Die Gegenfahrbahn soll später folgen. Die Rückverlegung war für das Frühjahr 2018 vorgesehen.[17] Im Dezember 2017 wurden die Fahrstreifen auf einen bereits fertiggestellten Teil des Tunnels verlegt, um Platz für den weiteren Tunnelbau zu schaffen.[18] Diese zweite Bauphase des Tunnels lief von Anfang 2018 bis Ende 2019.[14]

Im Januar 2016 war rund die Hälfte des Trogs ausgehoben.[11] Im Februar 2016 wurden Aushub und Verbau der knapp 200 Meter langen Stützwand West fertig gestellt.[9] Am 13. September 2016 begannen die Betonarbeiten an der Trogwand zur Autobahn.[19]

Im November 2019 wurde die Autobahn-Fahrbahn Richtung Stuttgart in die ursprüngliche Lage verlegt.[14] In der Nacht vom 16. auf 17. Dezember 2019 wurde auch die Autobahn-Fahrbahn Richtung München[14] in die ursprüngliche Lage zurückverlegt.[20]

Etwa 100 bis 150 Menschen waren während der Bauzeit auf der Baustelle beschäftigt.[14]

Der Gleisbau soll ab September 2021 erfolgen.[14] Er war im Juli 2022 im Gang.

Die Kosten des Bauwerks wurden Ende 2019 mit „etwa 40 Millionen Euro“ beziffert.[14] Das Bauwerk sei laut Angaben der Deutschen Bahn damit im Kostenrahmen erstellt worden.[1]

Zwischenfälle Bearbeiten

Am 3. Januar 2018 stürzte ein in Richtung München fahrender Lastwagen in die Baugrube des Tunnels. Der Fahrer wurde schwer verletzt, es entstand Sachschaden in Höhe von 110.000 Euro.[21] Als Unfallursache wird überhöhte Geschwindigkeit angenommen. Zum Zeitpunkt des Unfalls waren keine Bauarbeiter auf der Baustelle beschäftigt.[14]

Während der Bauphase wurden keine Mitarbeiter verletzt.[14]

Ausrüstung Bearbeiten

Am 2. Juni 2021 wurde der erste Oberleitungsmast von Stuttgart 21 vor dem Tunnel aufgestellt.[22]

Sicherheitskonzept Bearbeiten

Die Röhre soll eine Tunnelsicherheitsbeleuchtung erhalten. Seitlich ist ein Rettungsweg von mindestens 1,20 Meter Breite vorgesehen. Am Ostportal soll ein etwa 1500 Quadratmeter großer Rettungsplatz mit Anschluss an die Landesstraße 1204 entstehen. Auch eine Trockenleitung mit Löschwasserbehälter soll eingerichtet werden.[2]

Aufgrund der Länge ist kein Notausgang vorgesehen.[14]

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Simone Weiß: Deutsche Bahn ist pünktlich. In: teckbote.de. 13. Dezember 2019, abgerufen am 8. Januar 2020.
  2. a b c d e f g h DBProjektBau GmbH (Hrsg.): Umgestaltung des Bahnknotens Stuttgart. Ausbau- und Neubaustrecke Stuttgart - Augsburg. Bereich Stuttgart – Wendlingen mit Flughafenanbindung. Planfeststellungsabschnitt 1.4 Filderbereich bis Wendlingen. Bau-km 15.3+11.0 bis 25.2+00
    Anlage 1: Erläuterungsbericht. Teil III: Beschreibung des Planfeststellungsabschnitts.
    Dokument mit Stand vom 31. Mai 2006, planfestgestellt durch das Eisenbahn-Bundesamt, Außenstelle Karlsruhe/Stuttgart mit Beschluss vom 30. April 2008 (Aktenzeichen 59160 PAP-PS21-PFA 1.4), S. 21 f., 26, 32 f, 45, 54, 83.
  3. DBProjekt GmbH Stuttgart 21 (Hrsg.): Projekt »Stuttgart 21«: Das Raumordnungsverfahren. Achtseitige Broschüre, Stuttgart, ca. 1997, S. 4 f.
  4. Bauleistungen Zeitplan 2013 – Stand Oktober 2013. (Memento vom 2. November 2013 im Internet Archive)
  5. 11. Sitzung des Lenkungskreises Stuttgart 21, 9. Mai 2014, Seite 11. Abgerufen am 2. Juni 2014.
  6. Baubeginn an der zweiten ICE-Brücke. In: Esslinger Zeitung. 1. April 2015, ZDB-ID 125919-2, S. 16.
  7. Bahnprojekt Stuttgart–Ulm e. V. (Hrsg.): Bahnprojekt Stuttgart–Ulm: Bauarbeiten in großem Umfang im Gang. Presseinformation 032/2014 vom 2. Juli 2014.
  8. Deutschland-Stuttgart: Tunnelbauarbeiten. Dokument 2014/S 139-250282 vom 23. Juli 2014 im Supplement zum Elektronischen Amtsblatt der Europäischen Union.
  9. a b Baustelle Tunnel Denkendorf. Bahnprojekt Stuttgart-Ulm, abgerufen am 18. August 2016.
  10. a b c Klaus Harter: Gewaltige Erdbegungen für neuen ICE-Tunnel. In: Esslinger Zeitung. 3. Januar 2015, ZDB-ID 125919-2, S. 12 (online).
  11. a b Roland Kurz: Die Bahn kommt unter die Autobahn. In: Esslinger Zeitung. 15. Januar 2016, ZDB-ID 125919-2, S. 11 (online).
  12. a b Deutschland-Stuttgart: Tunnelbauarbeiten. Dokument 2013/S 178-307797 vom 13. September 2013 im Supplement zum Elektronischen Amtsblatt der Europäischen Union.
  13. Planfeststellungsbeschluss nach § 18 ff Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) für das Projekt Stuttgart 21 Planfeststellungsabschnitt 1.4 Filderbereich bis Wendlingen von Bau-km 15.3+11,0 bis 25.2+00.0 der Strecke 4813 von Stuttgart nach Augsburg. (Memento vom 5. März 2016 im Internet Archive) Eisenbahn-Bundesamt, 30. April 2008, S. 4.
  14. a b c d e f g h i j k Deutsche Bahn ist pünktlich. In: Esslinger Zeitung. 13. Dezember 2019, ZDB-ID 125919-2, S. 15.
  15. Roland Kurz: Im Takt übers Tal. In: Esslinger Zeitung. 20. November 2013, ZDB-ID 125919-2 (online).
  16. Jörg Nauke: Nadelöhr auf der A 8 wegen Stuttgart 21. In: Stuttgarter Zeitung. Nr. 22, 28. Januar 2015, S. 17.
  17. Josef Schunder: A 8 wird zu Hindernisparcours. In: Stuttgarter Nachrichten. Nr. 195, 25. August 2015, S. 18 (online).
  18. Autobahn A8 bei Denkendorf wird verschwenkt. In: bahnprojekt-stuttgart-ulm.de. Deutsche Bahn, 14. Dezember 2017, abgerufen am 23. Dezember 2017.
  19. Der Tunnel Denkendorf Baufortschritt auf den Fildern. bahnprojekt-stuttgart-ulm.de, 14. September 2016.
  20. Baufortschritt am Tunnel Denkendorf. (PDF) Bahn verlegt Autobahn bei Denkendorf in ihre Ausgangslage. In: bahnprojekt-stuttgart-ulm.de. Deutsche Bahn, 12. Dezember 2019, abgerufen am 13. Dezember 2019.
  21. Sattelzug kracht in Tunnelbaustelle. In: stuttgarter-zeitung.de. 3. Januar 2018, abgerufen am 28. Februar 2018.
  22. Bahn stellt ersten Oberleitungsmast für Stuttgart 21. In: bahnprojekt-stuttgart-ulm.de. Deutsche Bahn, 2. Juni 2021, abgerufen am 4. Juni 2021.