Tiwaz (, auch Tyr-Rune) ist die siebzehnte der 24 Runen des älteren germanischen Runenalphabets Futhark und die zwölfte der 16 des jüngeren Futhark. Ihr Lautwert ist T.

Tiwaz

Erläuterung Bearbeiten

Die Rune ist dem Himmels- und Kriegsgott Tyr (ahd. Ziu, Zio) zugeordnet.

Im altnorwegischen Runengedicht wird der Name im alliterativen Merkvers genannt und anspielend auf die nordische Mythe gedeutet: Týr er æinendr ásaTyr ist der einhändige Gott. Nach dem Lied Sigrdrífumál aus der älteren Edda, der sogenannten Lieder-Edda, sollen Siegrunen in das Schwert geritzt und Tyr zweimal angerufen werden, um den Sieg zu erlangen.

Sigrúnar þú scalt kunna, ef þú vilt sigr hafa,
oc rísta á hialti hiors,
sumar á véttrimom, sumar á valbǫstom,
oc nefna tysvar Tý.

Siegrunen schneide, wenn du Sieg willst haben;
Grabe sie auf des Schwertes Griff;
Auf die Seiten einige, andere auf das Stichblatt
Und nenne zweimal Tyr.

In der Salzburg-Wiener Handschrift wird die Rune in einem auf Alcuin als Niederschreiber zurückgeführten gotischen Runenalphabet neben einem altenglischen Futhorc als Tys = Ziu bezeichnet.[1]

Im altenglischen Runengedicht aus dem 10/11. Jahrhundert wird die Rune, altenglisch Tīw, durch nordischen Einfluss mit Tīr transliteriert. Infolge der poetischen Überschreibung durch den gelehrten Dichter – in der Annahme, dass mit Tīr das Sternbild des Stiers (taurus) gemeint sei – wird der Rune eine Bedeutung als Zeichen (altenglisch tacna ‚Wunderzeichen‘) beigelegt, im übertragenen Sinn für einen Stern.

Tir biþ tacna sum, healdeð trywa wel
wiþ æþelingas; a biþ on færylde
ofer nihta genipu, næfre swiceþ.

Tiw ist ein Leitstern, gut hält er seine Treue
den Fürsten; er ist immer auf seiner Bahn
über den Nebeln der Nacht, und versagt niemals.

Im Brakteat Seeland-II-C wurde die Tiwaz-Rune dreifach geprägt, um die kultische Bedeutung zu verstärken.

Zeichenkodierung Bearbeiten

Unicode Codepoint U+16CF
Unicode-Name RUNIC LETTER TIWAZ TIR TYR T
HTML &#5839
Zeichen

Literatur Bearbeiten

  • Klaus Düwel: Runenkunde. 3. erweiterte Auflage. Metzler, Stuttgart 2001, ISBN 3-476-13072-X.

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Norbert Wagner: Zu den Gotica der Salzburg-Wiener Alcuin-Handschrift. In: Historische Sprachforschung 107 (1994), S. 262–283.