Thiersee

Gemeinde im Bezirk Kufstein, Tirol

Thiersee (mundartlich [ˈtɪɜʃa] ‚Tíascha‘) ist eine Gemeinde mit 3162 Einwohnern (Stand 1. Jänner 2023) im Bundesland Tirol, Bezirk Kufstein, Österreich. Die Gemeinde liegt im Gerichtsbezirk Kufstein.

Thiersee
Wappen Österreichkarte
Wappen von Thiersee
Thiersee (Österreich)
Thiersee (Österreich)
Basisdaten
Staat: Österreich
Bundesland: Tirol
Politischer Bezirk: Kufstein
Kfz-Kennzeichen: KU
Hauptort: Vorderthiersee
Fläche: 108,60 km²
Koordinaten: 47° 34′ N, 12° 5′ OKoordinaten: 47° 34′ 0″ N, 12° 5′ 0″ O
Höhe: 678 m ü. A.
Einwohner: 3.162 (1. Jän. 2023)
Bevölkerungsdichte: 29 Einw. pro km²
Postleitzahl: 6335
Vorwahl: 05376
Gemeindekennziffer: 7 05 27
Adresse der
Gemeinde­verwaltung:
Vorderthiersee 44
6335 Thiersee
Website: www.thiersee.tirol.gv.at
Politik
Bürgermeister: Rainer Fankhauser (Bürgermeisterliste Thiersee - BLT (ÖVP))
Gemeinderat: (Wahljahr: 2022)
(15 Mitglieder)
       
Insgesamt 15 Sitze
  • LL: 2
  • BLT: 5
  • TTM: 2
  • HL: 2
  • FÜRTIR: 1
  • NEOS: 2
  • MFG: 1
Lage von Thiersee im Bezirk Kufstein
Lage der Gemeinde Thiersee im Bezirk Kufstein (anklickbare Karte)AlpbachAngathAngerbergBad HäringBrandenbergBreitenbach am InnBrixleggEbbsEllmauErlKirchbichlKramsachKufsteinKundlLangkampfenMariasteinMünsterNiederndorfNiederndorferbergRadfeldRattenbergReith im AlpbachtalRettenschössScheffau am Wilden KaiserSchwoichSöllThierseeWalchseeWildschönauWörglTirol (Bundesland)
Lage der Gemeinde Thiersee im Bezirk Kufstein (anklickbare Karte)
Vorlage:Infobox Gemeinde in Österreich/Wartung/Lageplan Imagemap
Quelle: Gemeindedaten bei Statistik Austria
Vorderthiersee
Kirche und Schulhaus in Hinterthiersee

Geografie Bearbeiten

Das Gemeindegebiet südöstlich des Ursprungpasses am gleichnamigen Thiersee erstreckt sich im Thierseetal und grenzt unmittelbar an den Freistaat Bayern.

Flächenmäßig ist Thiersee die zweitgrößte Gemeinde im Bezirk Kufstein und damit sogar größer als das Stadtgebiet von Innsbruck. Der höchste Punkt im Gemeindegebiet ist der Gipfel des Hinteren Sonnwendjochs mit 1986 m ü. A., der niedrigste Punkt liegt 530 m ü. A. hoch. 10,36 km² der Gemeindefläche werden landwirtschaftlich genutzt, 15,42 km² sind Almen und 76,16 km² Wälder.

Gemeindegliederung Bearbeiten

Die Gemeinde besteht aus der einzigen Katastralgemeinde Thiersee und gliedert sich in sechs Ortschaften (in Klammern Einwohnerzahl Stand 1. Jänner 2023[1]):

  • Almen (0)
  • Hinterthiersee (523)
  • Landl (494)
  • Mitterland (573)
  • Schmiedtal (201)
  • Vorderthiersee (1371)

Nachbargemeinden Bearbeiten

Schliersee   Bayrischzell   Kiefersfelden  
Rottach-Egern  

Brandenberg

  Kufstein
Breitenbach am Inn Angerberg Langkampfen

Geschichte Bearbeiten

Thiersee wurde erstmals im Jahr 1224 als Tyrsse schriftlich erwähnt und geht womöglich auf althochdeutsch *Teores-seo ‚See des Teor‘ zurück.[2]

Das Gebiet gehörte bis 1504 zu Bayern. Im Spanischen Erbfolgekrieg wurde der Ort zwischen 1702 und 1704 mehrmals durch Plünderung und Brandschatzung schwer in Mitleidenschaft gezogen.

Am Anfang des 20. Jahrhunderts war Thiersee eine bäuerliche und verkehrstechnisch nicht erschlossene Gemeinde. Eine Fahrstraße von Kufstein nach Thiersee wurde erst während des Ersten Weltkrieges gebaut. In den folgenden Jahrzehnten setzte dann auch in Thiersee eine erhebliche Bautätigkeit mit der Tendenz zur Zersiedelung ein.

Passionsspiele Bearbeiten

1799 gelobten die Thierseer, um von ihrem Tal die Kriegsnot abzuhalten, dreimal jährlich in der Fastenzeit das Leiden und Sterben des Heilands vor der Margarethen-Kirche aufzuführen. Noch im selben Jahr wurde das erste Spielhaus errichtet. Immer wieder verboten Behörden das Spiel, dennoch hielten die Thierseer treu am Gelübde fest.

1926 wurde ein neues Spielhaus errichtet, das 1000 Besuchern Platz bietet. Heute finden die Passionsspiele im 6-Jahres-Rhythmus statt. Die Thierseer fassen ihr Spiel nicht als Brauchtumspflege auf, sondern als lebendiges Bekenntnis zum christlichen Glauben.

1999 konnte das 200-Jahr-Jubiläum der Passionsspiele gefeiert werden. Dazu wurden beim Passionsspielhaus zwei Nebengebäude dazugebaut und der Vorplatz neu gestaltet.

Thierseer Filmgeschichte Bearbeiten

Thiersee war von 1946 bis 1952 das Zentrum der österreichischen Filmproduktion. Insgesamt 18 Spielfilme wurden im genannten Zeitraum im Filmatelier produziert. Die zweite österreichische Nachkriegsproduktion „Wintermelodie“ von Produzent und Regisseur Eduard Wieser feierte am 14. August 1947 Premiere in Wien. Zu den in Thiersee gedrehten Filme gehören auch „Das doppelte Lottchen“, „Eroica“, „Blaubart“, „Der Weibsteufel“ und „Maria Chapdelaine“. Französische, englische, deutsche, österreichische und schweizerische Produktionsfirmen waren an den verschiedenen Filmen beteiligt. Stars wie Oskar Werner, Curd Jürgens, Attila Hörbiger, Paula Wessely, Hilde Krahl, Brigitte Horney oder Hans Albers standen in Thiersee vor der Kamera. Mitte 1952 wurde das Filmatelier in Thiersee von der ÖFA (Wienfilm) zugunsten ihrer Wiener Studios aufgegeben. Das Thierseer Atelier ist bis heute das einzige standortgebundene Filmatelier Tirols.

Bevölkerungsentwicklung Bearbeiten

Kultur und Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

 
Pfarrkirche Thiersee-Landl
 
Pfarrkirche Vorderthiersee
 
Pfarrkirche Hinterthiersee
 
Passionsspielhaus

Veranstaltungen Bearbeiten

In Thiersee finden insbesondere im Sommer regelmäßig Feste und Veranstaltungen der Ortsvereine statt. Die letzten Thierseer Passionsspiele fanden im Jahre 2022 statt.

Im September 2012 fand die Veranstaltungsreihe „SiXPACK & Friends goes Musical 2012“ im Festspielhaus Thiersee statt. Das Besondere an der erfolgreichen Produktion war unter anderem auch die Tatsache, dass alle Mitwirkenden, 22 Darsteller, 18 Musiker und 20 Techniker aus der Gemeinde Thiersee stammen.

Der Thierseer Leonhardiritt findet jedes Jahr am 6. November statt. Die Erstveranstaltung war 1704.[3]

Vereine Bearbeiten

  • Bergwacht Thiersee
  • Bundesmusikkapelle Vorderthiersee
  • Jakob-Sieberer-Schützenkompanie Landl, seit 1959
  • Schützenkompanie Hinterthiersee
  • Bundesmusikkapelle Landl
  • Jungbauernschaft/Landjugend Thiersee
  • Musikkapelle Hinterthiersee
  • Norikerpferdezuchtverein Thiersee
  • Obst- und Gartenbauverein
  • Passionsspielverein Thiersee
  • Trachten- und Brauchtumsverein
  • Volksbühne Alpenland Thiersee
  • Volkstanzgruppe Thiersee

Sportvereine Bearbeiten

  • SV Thiersee (Ski- und Fußballverein)
  • SC Hinterthiersee
  • SK Landl
  • EV Thiersee
  • Tennisclub Thiersee
  • Wuzzl Tenne (größter Tischfußballverein Tirols)[4]
  • Tri & Run Thiersee

Wirtschaft und Infrastruktur Bearbeiten

Thiersee ist vor allem durch die Land- und Forstwirtschaft sowie den Tourismus geprägt. Touristisch stehen dabei der Badesee und das umliegende Naherholungs- und Ausflugsgebiet sowie die Passionsspiele im Vordergrund. Viele Thierseer pendeln nach Kufstein und generell ins Inntal aus. Einer der ältesten Betriebe in Thiersee ist die Aduis GmbH[5], die 1962 als Tischlerei gegründet wurde und heute als Versandunternehmen im Bereich Bastelbedarf tätig ist.

Die Gemeinde ist Mitglied des Tourismusverbandes Kufsteinerland.

Feuerwehren Bearbeiten

  • Vorderthiersee
  • Mitterland
  • Landl
  • Hinterthiersee

Politik Bearbeiten

Gemeinderat Bearbeiten

Der Gemeinderat besteht aus 15 Mitgliedern.

Partei 2022[6] 2016[7] 2010[8][9]
% Mandate % Mandate % Mandate
Bürgermeister-Liste Thiersee 28,95 5 23,08 3 23,20 4
Team Thiersee-Mitterland 15,76 2 17,34 3 12,23 2
Liste Landl 13,19 2 23,43 4 22,51 3
Hinterthierseer Liste 2) 12,91 2 16,70 2 12,80 2
Neos Thiersee 11,35 2
Menschen Freiheit Grundrechte 11,63 1
Bürgerliste für Thiersee 6,20 1
Projekt Impuls Thiersee 12,24 2 8,40 1
Freiheitliche Thierseer Liste-FPÖ 1) 7,21 1 2,00 0
Wir Thierseer 18,86 3

1) Die Partei trat 2010 unter dem Namen „FPÖ Thiersee“ an.

2) Die Partei trat 2016 und 2010 unter dem Namen „Gemeinsame Hinterthierseer Liste“ an.

Bürgermeister Bearbeiten

Bürgermeister ist seit 2022 Rainer Fankhauser. Sein Vorgänger war Hannes Juffinger, Vizebürgermeisterin war Silvia Schellhorn.[10]

Bürgermeister seit 1900:[11]

  • 1900–1913 Georg Marksteiner, Bauer zu Hansen
  • 1913–1914 Andreas Mairhofer, Bauer zu Gschwendt
  • 1914–1919 Georg Marksteiner, Bauer zu Hansen
  • 1919–1936 Johann Mairhofer, Bauer zu Ried
  • 1936–1938 Johann Juffinger, Bauer zu Birchmoos
  • 1938–1945 Michael Ellinger, Bauer und Bäcker
  • 1945–1947 Anton Mairhofer, Wagner
  • 1947–1965 Georg Marksteiner, Bauer zu Hansen
  • 1965–1974 Johann Hornbacher, Bauer am Langhof
  • 1974–1998 Johann Paukner, Betonfacharbeiter
  • 1998–2004 Johann Pirchmoser, Sägewerker
  • 2004–2022 Hannes Juffinger, Angestellter
  • seit 2022 Rainer Fankhauser, Medizintechniker

Wappen Bearbeiten

 

Auf dem 1973 der Gemeinde verliehenen Wappen weisen zwei Lanzen auf das Passionsspiel hin:

Von Rot und Gold gespaltener Schild mit zwei schwarzen gekreuzten Lanzenspitzen, nach oben und links weisend.[12]

Persönlichkeiten Bearbeiten

Ehrenbürger Bearbeiten

Weitere Persönlichkeiten Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Thiersee – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Statistik Austria: Bevölkerung am 1.1.2023 nach Ortschaften (Gebietsstand 1.1.2023), (ODS, 500 KB)
  2. Peter Anreiter, Christian Chapman, Gerhard Rampl: Die Gemeindenamen Tirols: Herkunft und Bedeutung (= Veröffentlichungen des Tiroler Landesarchives). Wagner, Innsbruck 2009, ISBN 3-7030-0449-5, S. 322 ff.
  3. https://www.kufstein.com/de/veranstaltungen-tirol-kultur/leonhardiritt-thiersee.html
  4. Wuzzl Tenne Tischfußballverein aus Thiersee im Unter-Inntal in Tirol
  5. Aduis
  6. Gemeinderatswahlergebnis 2022. Land Tirol, abgerufen am 28. Juni 2022.
  7. Gemeinderatswahlergebnis 2016. Land Tirol, abgerufen am 27. Dezember 2021.
  8. Gemeinderatswahlergebnis 2010. Land Tirol, abgerufen am 27. Dezember 2021.
  9. Wahlergebnisse 2010. Gemeinde Thiersee, abgerufen am 27. Dezember 2021.
  10. Gemeindevorstand. Gemeinde Thiersee, abgerufen am 27. Dezember 2021 (österreichisches Deutsch).
  11. Bürgermeister ab 1900. Gemeinde Thiersee, abgerufen am 27. Dezember 2021 (österreichisches Deutsch).
  12. Tiroler Wappen: Thiersee. In: Fischnaler Wappenkartei. Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, abgerufen am 27. Dezember 2021.
  13. Kleine Zeitung (Kärnten) (22. 6. 2012), S. 12.
  14. Jakob Sieberer, Themenportal 1809, abgerufen am 23. Februar 2020. Jakob-Sieberer-Schützenkompanie Landl, Bund der Tiroler Schützenkompanien, abgerufen am 23. Februar 2020.