Die Tarski-Grothendieck-Mengenlehre (TG) ist ein Axiomensystem zur mengentheoretischen Grundlegung der Mathematik. Sie besteht aus der Erweiterung der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre mit Auswahlaxiom, welche die verbreitetsten Grundlagen darstellen, um das Axiom, dass jede Menge Element eines Grothendieck-Universums ist, das sogenannte Axiom der unerreichbaren Mengen (im Französischen axiom des univers, im Englischen axiom of universes). Ebenso wie die Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre basiert sie auf der Prädikatenlogik erster Stufe. Neben ihrer Bedeutung als Untersuchungsgegenstand der Mengenlehre findet sie als Grundlagen heute in Teilen der Mathematik, etwa der Kategorientheorie und der algebraischen Geometrie, weite Verwendung. Sie ist nach Alfred Tarski und Alexander Grothendieck benannt.

Geschichte Bearbeiten

1938 führte Tarski das Axiom der unerreichbaren Mengen ein und untersuchte den Zusammenhang mit stark unerreichbaren Kardinalzahlen.[1] In den Notizen des vierten Teils des auf die algebraische Geometrie einflussreichen, von Grothendieck angestoßenen Séminaire de géométrie algébrique du Bois Marie von 1963–1964 wurden das axiom des univers im Namen des Kollektivs Nicolas Bourbaki und seine Anwendbarkeit auf Kategorientheorie und algebraische Geometrie vorgestellt.[2] Die Mizar Mathematical Library verwendet die Tarski-Grothendieck-Mengenlehre als Axiomensystem.

Axiom der unerreichbaren Mengen Bearbeiten

Das Axiom der unerreichbaren Mengen lässt sich auf eine der folgenden im Rahmen von ZFC äquivalenten Möglichkeiten formulieren:

  • Für jede Menge   existiert ein Grothendieck-Universum  , sodass  .
  • Es existieren beliebig große stark unerreichbare Kardinalzahlen (das heißt für jede Ordinalzahl existiert eine mindestens ebenso große stark unerreichbare Kardinalzahl, die stark unerreichbaren Kardinalzahlen liegen konfinal in der Klasse der Ordinalzahlen, axiom of inaccessibles[3])

Axiomatisierung ohne Rückgriff auf ZFC Bearbeiten

Bei einer direkten Definition der Tarski-Grothendieck-Mengenlehre ohne Rückgriff auf ZFC ist es möglich, einige Axiome einzusparen, eine Axiomatisierung ist etwa wie folgt möglich, wobei Prädikatenlogik erster Stufe mit Gleichheit benutzt werde:

 
  • Fundierungsaxiom: Eine Menge, die ein Element enthält, enthält eine zu ihr disjunkte Menge.
 
  • Ersetzungsaxiom: Für jedes zweistellige Prädikat  , welches rechtseindeutig ist, und für jede Menge, kann man eine weitere Menge konstruieren, die die Elemente enthält, für die in der Menge ein Element ist, für das das Prädikat mit ihnen wahr ist. Es handelt sich um ein Axiomenschema, das heißt für jedes zweistellige Prädikat   ist das folgende Axiom in der Tarski-Grothendieck-Mengenlehre enthalten:
 
  • Axiom der unerreichbaren Mengen: Für jede Menge existiert eine andere Menge, in der die erste Menge enthalten ist, die eine transitive Menge ist, in der die Potenzmenge jedes ihrer Elemente enthalten ist, und in welcher jede nicht-gleichmächtige Teilmenge enthalten ist.
 
Dabei ist   eine Kurzschreibweise für die Gleichmächtigkeit von   und   und   eine Kurzschreibweise dafür, dass eine Menge   Element von   ist, die genau die Teilmengen von   als Elemente enthält.

Das Ersetzungsaxiom beinhaltet das Aussonderungsaxiom. Paarmengenaxiom, Vereinigungsaxiom und Potenzmengenaxiom ergeben sich daraus, dass durch das Axiom der unerreichbaren Mengen jede Menge Element einer Stufe ist (siehe auch Scottsches Axiomensystem). Das Auswahlaxiom ergibt sich daraus, dass jede Menge Element einer Menge ist, die jede ihrer nicht-gleichmächtigen Teilmengen enthält.[4]

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Tarski, Alfred: Über unerreichbare Kardinalzahlen. Hrsg.: Fundamenta Mathematicae. Nr. 30, 1938, S. 68–89 (eudml.org).
  2. M. Artin, A. Grothendieck, J.L. Verdier (Hrsg.): Séminaire de Géométrie Algébrique 4, Théorie des Topos et cohomologie étale des schémas, Tome 1 (Théorie des topos). S. 194 (msri.org).
  3. Frank R. Drake: Set Theory. An Introduction to Large Cardinals. North Holland, Amsterdam 1974, ISBN 0-7204-2200-0, S. 68.
  4. Tarski, 1938, S. 85–86.