In der Mathematik heißt ein Polynom in mehreren Unbestimmten symmetrisch, wenn man die Unbestimmten untereinander vertauschen kann, ohne das Polynom zu verändern.

Formale Definition Bearbeiten

Es sei   eine natürliche Zahl,   ein Ring mit Eins und   der Polynomring in   Unbestimmten über  . Dann heißt ein Polynom[Anm 1]   symmetrisch in  , wenn

        (1)

für alle Permutationen   aus der symmetrischen Gruppe   gilt.

Fall  : Die Gruppe   ist leer, also ist (1) für alle   und damit auch für alle „Polynome“ aus   erfüllt.

Fall  : Die Gruppe   besteht ausschließlich aus der identischen Abbildung, die jedes Polynom auf sich selbst abbildet. Damit ist (1) für jedes Polynom   erfüllt.

Für   sind zu (1) äquivalente Beschreibungen:

  • Für alle   ist
 
das heißt, man kann zwei beliebige Unbestimmte gegeneinander austauschen.
  • Es sei
 
Dann ist   genau dann symmetrisch, wenn
  für alle  
gilt. Anschaulich bedeutet das, dass der Koeffizient eines Monoms von   nur davon abhängt, welche Exponenten wie oft vorkommen, und nicht, bei welchen Unbestimmten.
  • Die symmetrische Gruppe   operiert durch
 
auf dem Polynomring  . Ein Polynom ist genau dann symmetrisch, wenn es invariant unter dieser Operation ist, d. h., wenn
  für alle  
gilt. Eine mögliche Schreibweise für den Ring der symmetrischen Polynome ist deshalb
 

Eigenschaften Bearbeiten

Offensichtlich ist sowohl die Summe als auch das Produkt zweier symmetrischer Polynome wieder ein symmetrisches Polynom. Somit ist der Ring der symmetrischen Polynome   wiederum ein Ring mit Eins.

Die konstanten Polynome   mit   sind trivialerweise symmetrisch.

Körper der symmetrischen Polynome Bearbeiten

Wir ersetzen nun den Grundring   durch einen Grundkörper  . Der Körper der symmetrischen Funktionen   ist analog zu obiger Definition der Fixkörper unter  , also:  .
Die Körpererweiterung   ist galoissch mit Galoisgruppe   und hat damit Grad  

Beispiele Bearbeiten

  • Das Polynom   ist symmetrisch in   und  , jedoch nicht symmetrisch in  .
  • Aus jedem beliebigen Polynom   in den Variablen   lässt sich ein symmetrisches Polynom bilden, indem man die Bilder unter den Permutationen addiert, also:
 
(s. a. unten § Monomisch erzeugte symmetrische Polynome).

Spezielle symmetrische Polynome Bearbeiten

Elementarsymmetrische Polynome Bearbeiten

Eine besonders wichtige Sorte symmetrischer Polynome sind die sog. elementarsymmetrischen Polynome. Sie sind Grundbausteine der symmetrischen Polynome in dem Sinn, dass sich letztere stets als Polynom in ersteren ausdrücken lassen und dies auf nur eine Weise.

Zu jeder Anzahl (Symmetriegrad)   von Unbestimmten und jedem (Polynom-)Grad   gibt es genau ein elementarsymmetrisches Polynom  .

Beispiele
  • Die zwei elementarsymmetrischen Polynome in den Variablen  ,   sind
  sowie  
  • In drei Variablen  ,  ,   hat man die drei elementarsymmetrischen Polynome
 

Potenzsummen Bearbeiten

Mit den Potenzsummen

 ,  

für   hat man eine weitere Sorte symmetrischer Polynome. Sie sind über die Newton-Identitäten mit den elementarsymmetrischen Polynomen   verbunden. Für   hat man beispielsweise:

  •  
  •  
  •  

Und umgekehrt:

  •  
  •  
  •  

Enthält der Ring   die rationalen Zahlen  , so gilt ein ähnlicher Satz wie bei den elementarsymmetrischen Polynomen:

  • Jedes symmetrische Polynom lässt sich als Polynom in Potenzsummen schreiben.
  • Diese Darstellung ist eindeutig.

Monomial-symmetrische Polynome Bearbeiten

Die monomial-symmetrischen Polynome (englisch monomial symmetric polynomials) sind für eine Folge  , bestehend aus nichtnegativen ganzzahligen Gliedern  , definiert als[1]

 

wobei   bedeutet, dass   eine Permutation der Folgenglieder   von   ist. Da es beim Ergebnis der durch die Formel   definierten Menge ganz wesentlich auf die Vielfachheit   eines Gliedes (Exponenten)   innerhalb der Folge   ankommt, wird die Menge   besonders deutlich charakterisiert, wenn man die Folge

 

mit sortierten Gliedern notiert (hier absteigend, oder noch deutlicher streng absteigend: bspw. als   mit hochgestellten Vielfachheiten  . Durch die Sortierung erhält die Folge eine Struktur, die die Permutierbarkeit der Potenzen mit gleichen Exponenten und damit eine „Partitionierung“ der Ganzzahl   in gleichartige Abschnitte deutlicher herausbringt. Näheres zur Partitionierung von Ganzzahlen findet sich bspw. im Artikel Young-Tableau). Die Gesamtzahl der verschiedenen Monome des symmetrischen Polynoms   lässt sich dann wie folgt berechnen: Sei   die Vielfachheit des Gliedes   innerhalb der Folge  , dann hat wegen  [2] nach der abzählenden Kombinatorik das Polynom   genau

 

Monome.

Bemerkung

Jedes symmetrische Polynom lässt sich als (endliche) Summe von monomial-symmetrischen schreiben. Denn mit jedem Monom   enthält es genau wie   gemäß →dieser Charakterisierung auch alle Permutationen   von dessen Exponenten.

Beispiele
monomial-
symmetrisch
andere Form ausgeschrieben Anzahl
Monome
Parti-
tionen
         
         
         
         
       
       

Die Reihenfolge der Partitionen entspricht der der Exponenten (erste Spalte). In den ersten 5 Zeilen partitionieren sie die Zahl  .

Macdonald-Polynome Bearbeiten

Die Macdonald-Polynome sind eine Familie symmetrischer orthogonaler Polynome mit zugehörigen Gewichten   eines Wurzelsystems und  -Deformationen der Schur-Funktionen.[1]

Schur-Polynome und stabile Grothendieck-Polynome Bearbeiten

Schubert-Polynome sind Polynom-Darstellungen der Schubert-Klassen im Kohomologie-Ring der Fahnenmannigfaltigkeit.[3]

Sei   ein  -dimensionaler  -Vektorraum und bezeichne seine Fahnenmannigfaltigkeit als  . Sei   und sei   die Schubert-Varietät und   die Schubert-Klasse (die Poincaré-dual zu der Fundamentalklasse von   in   ist).[4]

Sei   die Permutation   und   der Identitätsoperator, definiere den Symmetrisierungs-Operator

 

auf dem Polynomring  .

Sei   und   seine reduzierte Darstellung, dann ist der Operator   wohldefiniert und wenn   nicht reduziert ist, dann ist  

Sei   und  . Für jede Permutation   ist das   repräsentierende Schubert-Polynom   definiert als

 

Im Falle der Grassmannischen Subvarietät der vollständigen Fahnenmannigfaltigkeit, werden sie symmetrisch und Schur-Polynome genannt.

Schur-Polynome Bearbeiten

Sei   ein monomial-symmetrisches Polynom mit zugehöriger Partition  . Dann sind die Schur-Polynome definiert als

 

wobei   die Kostka-Nummern sind, d. h. die Anzahl semistandard Young-Tableau (SSYT) der Form   mit Gewicht  .[5] Die Schur-Polynome besitzen eine natürliche determinantale Struktur durch die Weylsche Charakterformel.

Eine weitere Definition ist die sogenannte Kostka-Definition der Schur-Polynome. Sei   ein SSYT vom Typ  , dann lautet die Kostka-Definition[5]

 

Stabile Grothendieck-Polynome Bearbeiten

Grothendieck-Polynome sind inhomogenen Polynome, welche die Schubert-Polynome verallgemeinern. Sei   die Struktur-Garbe der Schubert-Varietät  . Sei  , die Grothendieck-Polynome   repräsentieren die Schubert-Klassen   und sind definiert als[4]

 

Die symmetrischen stabilen Grothendieck-Polynome erhält man durch

 

Ring der symmetrischen Funktionen Bearbeiten

Sei   der Raum der symmetrischen Polynome und definiere die Abbildung  , welche den Turm von graduierten Algebren erzeugt

 

Der Ring der symmetrischen Funktionen ist der projektive Limes[1]

 

Spezialisierung Bearbeiten

Sei   der Ring der symmetrischen Funktionen und   sei eine kommutative Algebra mit Einselement. Dann nennt man einen (Algebra)-Homomorphismus   eine Spezialisierung.[5]

Beispiel:

  • Sei   und  . Sei   eine symmetrische Funktion, dann ist die Substitution   und   eine Spezialisierung.
  • Sei   eine symmetrische Funktion. Dann nennt man   Hauptspezialisierung (englisch principal specialization) und notiert diese häufig als   oder  . Analog definiert man auch  .

Siehe auch Bearbeiten

Anmerkungen Bearbeiten

  1. In älterer Literatur ist mit gleicher Bedeutung auch von „symmetrischen Funktionen“ die Rede, z. B: im Lehrbuch Algebra I von Bartel Leendert van der Waerden. Hintergrund dieser heute nicht mehr üblichen Terminologie ist, dass seinerzeit die Unterscheidung zwischen „formalen“ Polynomen  , die Elemente des Polynomrings  , einer Polynomalgebra  oder eines Polynommoduls  sind, und den durch Einsetzen entstehenden Polynomfunktionen (Abbildungen)   (mit   und   bzw.  ) in der Terminologie nicht getroffen wurde. Stattdessen wurde dann häufig die Unbestimmtheit der Variablen („Unbestimmte“  ) betont, wenn anstelle von Funktionen von Polynomen die Rede sein sollte.

Literatur Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Macdonald, I.G.: Symmetric functions and Hall polynomials. Hrsg.: Oxford University Press. 2. Auflage. New York, ISBN 978-0-19-873912-8.
  2. Die Folge   wird oft als Partition der Ganzzahl   bezeichnet.
  3. Nantel Bergeron: A combinatorial construction of the Schubert polynomials. In: Journal of Combinatorial Theory, Series A. Band 60, Nr. 2, 1992, S. 168–182, doi:10.1016/0097-3165(92)90002-C.
  4. a b Cristian Lenart, Shawn Robinson und Frank Sottile: Grothendieck Polynomials via Permutation Patterns and Chains in the Bruhat Order. In: American Journal of Mathematics. Band 128, Nr. 4, 2006, S. 805-48, JSTOR:40068007.
  5. a b c Richard P. Stanley und Sergey P. Fomin: Enumerative Combinatorics. Hrsg.: Cambridge University Press. Band 2.