Sliwen [ˈslivɛn] (auch Sliven geschrieben, bulgarisch Сливен) ist eine Stadt in Bulgarien mit 79.362 Einwohnern am Fuße der südöstlichen Ausläufer des Balkangebirges gelegen. Die Stadt ist das administrative Zentrum einer gleichnamigen Gemeinde und der gleichnamigen Provinz Sliwen. Der Name Sliwen stammt aus dem Bulgarischen: Sliwam se (bulgarisch сливам се) bedeutet so viel wie münden – vermutlich verdankt die Stadt ihren Namen dem Zusammenlaufen vom Balkangebirge aus dem Norden, der Sliwenebene aus dem Süden und dass in der Stadt drei Flüsse ineinander münden. Sliwen hat sich nicht nur durch ihre Bedeutung während der bulgarischen Wiedergeburt einen Namen gemacht, sondern wurde auch als „Stadt der Pfirsiche“ bekannt. Sliwen ist nach Sofia und Gabrowo drittgrößtes Textilzentrum des Landes; Industrie- und Garnisonsstadt sowie kultureller Mittelpunkt der Provinz.

Sliwen (Сливен)
Wappen von Sliwen Karte von Bulgarien, Position von Sliwen hervorgehoben
Basisdaten
Staat: Bulgarien Bulgarien
Oblast: Sliwen
Einwohner: 79.362 (31. Dezember 2022[1])
Koordinaten: 42° 41′ N, 26° 19′ OKoordinaten: 42° 40′ 54″ N, 26° 19′ 6″ O
Höhe: 243 m
Postleitzahl: 8800
Telefonvorwahl: (+359) 044
Kfz-Kennzeichen: CH
Verwaltung
Bürgermeister: Stefan Radev[2]
Regierende Partei: GERB
Website: www.sliven.bg

Geographie und Lage Bearbeiten

 
Sliwen und Umgebung
 
Panorama und Ansichten von Sliven

Nördlich von Sliwen befinden sich die südöstlichen Ausläufer des Balkangebirges, die hier mit der gewaltigen Wand der Sinite kamâni (Blaue Steine) aus Quarzporphyr, ein Kennzeichen der Stadt, enden. Dieses Areal mit dem Berggipfel Balgarka wurde 1980 zum Naturpark Sinite Kamani erklärt, der heute eine Fläche von 11.380 km² umfasst.

Südlich der Stadt erstreckt sich die Sliwenebene (auch Sliwensko pole). Der Beckencharakter ist schwach ausgeprägt und wird von der Tundscha und in seinem Ostteil von der Motschuriza durchflossen. Im Norden wird die Stadt vor allem von Grebenez und Terzijski bair, Massiven des Balkangebirges, und im Süden von den östlichen Ausläufern der Sredna Gora und der Hügelkette der Bakadschizi begrenzt.[3]

Orte in der Umgebung sind: Jambol, Nowa Sagora, Stara Sagora, Elchowo, Tschirpan, Dimitrowgrad, Charmanli, Kotel, Weliko Tarnowo, Targowischte, Preslaw, Schumen.

Gewässer Bearbeiten

Durch Sliwen fließen 3 Flüsse: Asenowska (Асеновска), Manastirska (Манастирска) und Nowoselska (Новоселска). Manastirska und Nowoselska münden in den Fluss Asenowska, welcher Sliven südwärts verlässt und in den Fluss Tundzha (Тунджа) mündet.[4] Die Flüsse Slivens werden von verschiedenen Bächen des nahen Gebirges Sinite Kamani (Сините Камъни) gespeist. Eine wichtige Quelle der Nowoselska ist der Bach Siniyat Wir (wörtlich übersetzt: der blaue Bach; синят вир), der nahe der Gegend Mochurite entspringt und über ein Dutzend Wasserfälle und Gumpen in den Fluss mündet.[5]

13 km südlich von Sliven befinden sich zwei Thermalquellen. Hier entspringt 48 Grad Celsius heißes Wasser dem Boden. Dem Wasser werden heilende Kräfte zugesprochen: Magen-Darm-Erkrankungen, Lebererkrankungen und Bewegungsapparateserkrankungen. Die Thermalquellen existieren nicht mehr in ursprünglichen Form, sondern sind in ein Erholungszentrum integriert, das derzeit nicht in Betrieb ist.[6]

Das Trinkwasser Slivens wird aus dem Stausee Asenowez (Асеновец) gewonnen. Dieser befindet sich 9 km nördlich von Sliven und fasst 28 000 000 m3. Der Stausee Zhrebchevo (Жребчево), 37 km westlich von Sliven, fasst 400 000 m3. Das Wasser wird für die Bewässerung der Stadt genutzt.[7]

Geschichte Bearbeiten

Die Stadt wurde erstmals um die Mitte des 12. Jahrhunderts vom arabischen Reisenden al-Idrisi unter dem Namen Istilīfunūs erwähnt,[8] aber die Ruinen in ihrer Umgebung zeugen davon, dass diese Gegend schon während der Zeit des Römischen Reiches besiedelt war.

Evliya Çelebi beschrieb im 17. Jahrhundert in seinem Reisebuch Seyahatnâme die Stadt unter dem Namen Islimiye.[9] Unter diesem Namen war sie Hauptort eines Sandschaks im osmanischen Reich.[10]

Sliwen war Ende des 18. Jahrhunderts und im 19. Jahrhundert ein Zentrum des Handwerks und Handels sowie der bulgarischen Wiedergeburt. 1834 wurde hier die erste Textilfabrik des Landes gegründet. Sie wurde „die Stadt der 100 Wojwoden“ genannt, da viele Freiheitskämpfer und Heerführer von hier stammten, so die Woiwoden Chadschi Dimitar (1837–1868) und Panajot Chitow (1830–1918) sowie die Kämpfer für nationale Bildung Sawa Dobroplodni (1820–1894) und Dobri Tschintulow (1823–1886).

1860 wurde das Tschitalischte „Sora“ gegründet, das den Antrieb zur Schaffung eines Theaters gab. Sehenswert sind die alten Häuser mit Holzschnitzereien und die Memorialmuseen.

Sliwen ist in Bulgarien unter der Bezeichnung „Stadt der Winde und Zigeuner“ bekannt. Auf Grund der geographischen Lage treffen hier nördliche Winde von mehreren Balkanpässen zusammen. „Zigeuner“ ist ein Hinweis auf den hohen Anteil von Roma an der Bevölkerung der Stadt.

Die alte Ulme von Sliwen war 2014 der Gewinner des Wettbewerbs "Europäischer Baum des Jahres" .[11] Die Stadt ist seit 2002 Namensgeber für den Sliven Peak, einen Berg auf der Livingston-Insel in der Antarktis.

Bevölkerung Bearbeiten

Sliwen hatte Ende 1994 noch 107'267 Einwohner und heute nur noch 86'275. Im Vergleich zu anderen bulgarischen Städten hat die Stadt einen besonders großen Anteil von etwa 20'000 Einwohnern an Roma, welche im Ghetto Nadhezda leben[12].

Einwohnerentwicklung

Die wechselnden Einwohnerzahlen resultieren teilweise auch aus dem jeweiligen Gebietsstand.

Jahr Einwohner
1934[13] 31.522
1946[13] 35.343
1956[13] 47.331
1965[13] 69.865
1975[13] 90.187
Jahr Einwohner
1985[13] 102.105
1992[13] 106.212
1996[14] 106.153
2001[13] 100.366
2004[14] 96.010
Jahr Einwohner
2007[14] 94.717
2009[14] 93.781
2011[13] 91.620
2012[14] 94'377[15]
2018[14] 86.275

Die Zahlen stammen von Volkszählungen oder amtlichen Fortschreibungen der Statistischen Ämter.

Wirtschaft und Infrastruktur Bearbeiten

Hauptsektoren sind Landwirtschaft und Maschinenbau sowie Lebensmittelwirtschaft. Größere Unternehmen sind die Weinkellereien Domaine Boyar und Vini AD; die Textilunternehmen Mirolio und Dokotex Karpet AD sowie die Molkerei Tirbul.

Sport Bearbeiten

Der OFK Sliwen 2000 spielt in der Saison 2012/13 in der Zweiten bulgarischen Liga. Er trägt seine Spiele im Chadschi-Dimitar-Stadion aus.

Sliwen ist einer der Austragungsorte der 2015 in Bulgarien stattfindenden U-17-Fußball-Europameisterschaft.

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Hadzhi Dimitar Denkmal Bearbeiten

Das Denkmal von Hadzhi Dimitar befindet sich auf dem gleichnamigen Platz im Zentrum von Sliwen. Die imposante, 15 Meter hohe Statue zeigt die Figur des legendären Sliwener Woiwoden Hadzhi Dimitar. Das Denkmal steht neben dem Naturpark Sinite Kamani (bulgarisch: die Blauen Steine).

Die Idee für die Errichtung des Denkmals wurde in den ersten Jahren nach der Befreiung Bulgariens geboren (um 1890). Der Initiator Iliya Gudew setzte sich noch für viele weitere Projekte für das öffentliche Leben ein.

Das Denkmal wurde vom Architekten Jurdan Jurdanow entworfen. Der Bildhauer Stefan Peychew hat es verwirklicht. Auf einem 11 m hohen Granitsockel steht der bronzene Freiheitskämpfer in stolzer Pose.

Im unteren Teil des Denkmals befinden sich die Büsten berühmter Persönlichkeiten aus der Epoche der bulgarischen Wiedergeburt wie: Panayot Hitow – Freiheitskämpfer und Woiwode, der Aufklärer Dr. Georgi Mirkowich, Iwan Dobrovski, Sawa Dobroplodni, Anton Iwanow, Iwan Seliminski, Georgi Ikonomow und Dobri Chintulow – Dichter und Autor von Liedern.[16]

Städtepartnerschaften Bearbeiten

Partnerstädte Sliwens sind[17]

Söhne und Töchter der Stadt Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Peter Soustal: Thrakien (Thrake, Rhodope und Haimimontos). (= Tabula Imperii Byzantini Band 6) Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1991, ISBN 3-7001-1898-8, S. 462–464 s.v. Stilbnos.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Sliwen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Sliwen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Population (Demography, Migration and Projections). Republic of Bulgaria National Statistical Institute, abgerufen am 14. Juni 2023.
  2. Website Sliwen – Mayor, abgerufen am 22. April 2017
  3. Peter Soustal: Thrakien (Thrake, Rhodope und Haimimontos). Tabula Imperii Byzantini Band 6, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1991, ISBN 3-7001-1898-8, S. 53–55.
  4. Touristenzentrum Sliwen (Hrsg.): Karte der Region Sliwen – Schnittstelle von Traditionen, Kulturen und Epochen. Übersetzt mit Google Translate. GLOBAL- kartografska ocnowa na ik global EOOD, Sofia Februar 2011 (bulgarisch, Originaltitel: KARTA REGION SLIWEN- krastopat na tradizii, kulturi i epochi.).
  5. Verwaltung des Naturparks Sinite Kamani (Hrsg.): Naturpark Sinite Kamani- touristische Karte. Übersetzt mit Google Translate. Geosoft EOOD, Sofia (bulgarisch, Originaltitel: Pripoden park cinite kamani- turisticheska karta.).
  6. Zhiwa woda. In: Profilaktika rechabilitaziya i otdich EAD. Abgerufen am 27. Mai 2021 (bulgarisch).
  7. Yasowir Asenovez spadna na dwe treti ot obema ci. In: Sliveninfo. April 2019, abgerufen am 26. Mai 2021 (bulgarisch).
  8. Boris Nedkow: Bulgarija i susednite i zemi prez XII vek spored “Geografijata” na Idrisi. La Bulgarie et les terres avoisinantes au XIIe siecle selon la « Geographie » d’al-Idrissi. Nauka i izkustwo, Sofia 1960, S. 86–87, 104–105, 144.
  9. Hans Joachim Kißling: Beiträge zur Kenntnis Thrakiens im 17. Jahrhundert. Steiner, Wiesbaden 1956, S. 46–47.
  10. Andreas Birken: Die Provinzen des Osmanischen Reiches. In: Beihefte zum Tübinger Atlas des Vorderen Orients, Reihe B Nr. 13, Wiesbaden 1976, S. 99.
  11. The winner of ETOY contest 2014
  12. Traurig ist das Zigeunerleben. (Memento vom 2. Januar 2017 im Internet Archive) NZZam Sonntag
  13. a b c d e f g h i Volkszählung
  14. a b c d e f Statikamt
  15. Einwohnerzahlen zum 15. Juni 2012 bei der Meldebehörde (bulgarisch)
  16. Denkmal Hadzhi Dimitar. Pametik Hadzhi Dimitar. In: Tourismus Info Sliwen. Abgerufen am 11. Juli 2021 (bulgarisch).
  17. Website Sliwen – Partner Cities (englisch), abgerufen am 22. April 2017