Simulant

Vortäuschen einer Krankheit für finanzielle oder ähnliche persönliche Vorteile

Ein Simulant (lateinisch simulāre „ähnlich machen, zum Schein vorgeben, sich stellen als ob“) ist jemand, der Krankheitszustände vortäuscht. Ein solches Vortäuschen oder Verstellen wird als Simulieren[1] bezeichnet und „kann eine gänzlich unbewusste, nicht somatisch begründbare Symptomatik beschreiben oder auch das betrügerisch motivierte Vorgaukeln von körperlichen Symptomen bezeichnen“ (Platzek, 2015[2]).

Medizinischer Fachbegriff Bearbeiten

Als psychopathologischer Fachbegriff ist Simulation das Vortäuschen von nicht vorhandenen Symptomen eines Krankheitsbildes. Mit der Simulation verbunden ist ein Krankheitsgewinn, zum Beispiel finanzielle Begünstigungen oder vermehrte Aufmerksamkeit von Seiten der Umgebung.

Der Begriff Simulation kann sowohl bewusstes als auch unbewusstes Simulieren bezeichnen. So äußerte Freud 1920: „Alle Neurotiker sind Simulanten, sie simulieren, ohne es zu wissen und das ist ihre Krankheit“.[3]

Auch das Simulieren von Simulation ist möglich. Letzteres kann auch selbst als krankhaft angesehen werden.[4] So schrieb der Psychoanalytiker Eissler 1972: „Simulation ist eine Krankheit, bei der der Erkrankte überzeugt ist, eine Körper- oder Seelenstörung (willentlich) vorzugeben, die aber in Wirklichkeit das Ergebnis einer schwer geschädigten und permanent defektiven Persönlichkeit ist“.[5]

Davon zu unterscheiden sind die Aggravation, als das übertriebene Betonen von vorhandenen Symptomen, und die Dissimulation, als das Verschleiern von vorhandenen Symptomen. Im Gegensatz zur Simulation bestehen bei Aggravation und Dissimulation echte Krankheitssymptome.

In diesem Zusammenhang ist auch die Hypochondrie von Bedeutung. Hypochonder interpretieren jegliche Signale ihres Körpers als ein Anzeichen von Krankheit. Der Begriff Hypochonder ist bei vielen negativ konnotiert, viele beschreiben sich selbst scherzhaft als Hypochonder.

Im klinischen Jargon spricht man auch – um den abwertenden Begriff von Simulant zu vermeiden – von psychogener Überlagerung oder einfach nur von ›Überlagerung‹.[6]

Forensik Bearbeiten

Im Bereich der Forensischen Psychiatrie hat der Begriff Simulant eine große praktische Bedeutung, da – abgesehen von eindeutig zu beurteilenden Fällen – die ernsthafte Verfolgung von finanziellen Vorteilen oder etwa der Wunsch nach Verschleppung des Verfahrens aus vorgetäuschten echten oder nur unterstellten Gründen nur schwer objektiviert werden kann. Das Feststellen einer „Simulation“ vor Gericht, zum Beispiel im Falle eines Rentenwunsches, erscheint daher etwas zu simplifizierend. Diese Fragen sind nicht wissenschaftlicher, sondern rein pragmatischer Art.[7]

Umgangssprache Bearbeiten

Beeinflusst vom Kliniksjargon (und z. T. der Forensik) ist der Begriff Simulant auch in der Umgangssprache üblich geworden. So verstanden wird Simulant als Krankheitsheuchler interpretiert.[8][9]

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Pschyrembel Klinisches Wörterbuch. Begründet von Willibald Pschyrembel. Bearbeitet von der Wörterbuchredaktion des Verlags. 255. Auflage. De Gruyter, Berlin 1986, S. 1551.
  2. Reinhard Platzek: Die psychiatrische Behandlung nach Kaufmann – in Wahrheit ärztliche Folter? Eine Überlegung zur modernen Wahrnehmung der Elektrosuggestivtherapie. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 34, 2015 (2016), S. 169–193, hier: S. 173.
  3. Sigmund Freud: Gutachten über die elektrische Behandlung der Kriegsneurotiker. Auszug aus dem Verhandlungsprotokoll vom 14. 10. 1920. Hrsg. von Renée Gicklhorn. In: Psyche. Band 26, 1972, S. 942–951, hier: S. 947.
  4. Vgl. auch Paul Julius Möbius: Bemerkungen über Simulation bei Unfall-Nervenkranken. In: Münchener Medizinische Wochenschrift. Band 37, 1890, S. 887 f.
  5. Kurt Robert Eissler: Freud und Wagner-Jauregg vor der Kommission zur Erhebung militärischer Pflichtverletzungen. Wien 1979, S. 192 f., 202, 213 und 216.
  6. Uwe Henrik Peters: Wörterbuch der Psychiatrie und medizinischen Psychologie. 3. Auflage. Urban & Schwarzenberg, München 1984, S. 11.
  7. Albrecht Langelüddeke, Paul H. Bresser: Gerichtliche Psychiatrie. 4. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 1976, ISBN 3-11-006777-3, S. 321, 398 und 401.
  8. Duden: Rechtschreibung und Fremdwörterbuch. Band 1, Bibliographisches Institut, Mannheim 1973, ISBN 3-411-00911-X, S. 631.
  9. Brockhaus Enzyklopädie: Das große Fremdwörterbuch. F.A. Brockhaus, Leipzig 2001, ISBN 3-7653-1270-3, S. 1231.