Schwenningen (Heuberg)

Gemeinde im Landkreis Sigmaringen, Baden-Württemberg, Deutschland

Die Gemeinde Schwenningen liegt im Landkreis Sigmaringen in Baden-Württemberg.

Wappen Deutschlandkarte
Schwenningen (Heuberg)
Deutschlandkarte, Position der Gemeinde Schwenningen hervorgehoben
Basisdaten
Koordinaten: 48° 6′ N, 9° 0′ OKoordinaten: 48° 6′ N, 9° 0′ O
Bundesland: Baden-Württemberg
Regierungsbezirk: Tübingen
Landkreis: Sigmaringen
Höhe: 870 m ü. NHN
Fläche: 19,34 km2
Einwohner: 1681 (31. Dez. 2022)[1]
Bevölkerungsdichte: 87 Einwohner je km2
Postleitzahl: 72477
Vorwahl: 07579
Kfz-Kennzeichen: SIG, SLG, STO, ÜB
Gemeindeschlüssel: 08 4 37 102
Adresse der
Gemeindeverwaltung:
Alte Pfarrstraße 9
72477 Schwenningen
Website: www.schwenningen.de
Bürgermeisterin: Roswitha Beck
Lage der Gemeinde Schwenningen im Landkreis Sigmaringen
KarteAlb-Donau-KreisBodenseekreisLandkreis BiberachLandkreis KonstanzLandkreis RavensburgLandkreis ReutlingenLandkreis TuttlingenZollernalbkreisBad SaulgauBeuronBingen (Landkreis Sigmaringen)GammertingenHerbertingenHerdwangen-SchönachHettingenHohentengen (Oberschwaben)IllmenseeInzigkofenKrauchenwiesLeibertingenMengenMengenMeßkirchNeufraOstrachPfullendorfSauldorfScheerSchwenningen (Heuberg)SigmaringenSigmaringendorfSigmaringendorfStetten am kalten MarktVeringenstadtWald (Hohenzollern)
Karte
Schwenningen (Blick von Süden)

Geographie Bearbeiten

Geographische Lage Bearbeiten

Schwenningen liegt auf 870 m Höhe im Naturpark Obere Donau auf dem Heuberg, der südwestlichen Hochfläche der Schwäbischen Alb.

Die höchste Erhebung des Landkreises Sigmaringen ist der Schnaitkapf mit 921 Metern über Normalnull und liegt im Westen von Schwenningen.

Gemeindegliederung Bearbeiten

Die Gemeinde Schwenningen behielt 1973 bei der Gemeinde- und Kreisreform ihre Selbständigkeit.

Schutzgebiete Bearbeiten

In Schwenningen liegt das FFH-Gebiet Wiesen bei Schwenningen, das zum Schutz der artenreichen mageren Flachlandmähwiesen um den Ort ausgewiesen wurde. Im äußersten Westen hat die Gemeinde zudem einen kleinen Anteil am Vogelschutzgebiet Südwestalb und Oberes Donautal.

Schwenningen liegt außerdem im Naturpark Obere Donau.[2]

Geschichte Bearbeiten

Ortsgeschichte Bearbeiten

Schwenningen gehörte zur Herrschaft Werenwag, kam nach deren Auflösung 1805 kurzzeitig an Württemberg und ging 1810 an Baden über. 2005 konnte der Ort sein 1000-jähriges Jubiläum feiern.

  • Traverne

Die Traverne, heute Gasthaus Adler besteht seit 1486. Es gab damals nur zwei Gastwirtschaften in Werenwag.[3] Mitbetrieben wurden vom Erblehenshaus:

  • Salzhandel

Der Salzhandel war lange Zeit ein Handelsbereich von höchster wirtschaftlicher Bedeutung. Salz diente einerseits zum Konservieren und Würzen von Lebensmitteln

  • Badhaus

Solche Bäder waren öffentliche Einrichtungen. In der Badstube bot der Bader in der Regel nach Geschlechtern getrennt Dampf-, Schwitz- und Wasserbäder an.[4] Wenn die Öfen für die Schwitz- und Wasserbäder erwärmt waren, wurden die Wedel, Kräuterbüschel am Nasenschild der Traverne (heute Adler) in Schwenningen eingehängt. Bader boten im Mittelalter nicht nur Reinigung an, sondern auch Linderung bei Leiden aller Art, etwa mit Schwefel- und Kräuterbädern. Man konnte sich zudem massieren, entlausen lassen. Zu Beginn schor der Bader Kopfhaar und Bart. Neben dem Aderlass gesellte sich auch die Wundbehandlung mit Schwefelsalben zu den Dienstleistungen. So konnte man in Badstuben auch kleinere operative Eingriffe wie Zähneziehen vornehmen lassen.[5][6] Der Transport von Badewasser erfolgte in Fässen.

Sagen Bearbeiten

Schimmelreiter Bearbeiten

Eine alte Sage beichtet von einem zu gewissen Zeiten sichtbar werdenden Schimmelreiter ohne Kopf. Dabei soll es sich um den Doctor Schroff handeln. Diese ist laut der Sage ein mit Meineiden arbeitender Vogt der Herrschaft Werenwag. Zur Strafe wurde er nach seinem Tod in einen Felsen im Finsteren Tal verwandelt. Eine Urkunde von 1808 bestätigt die Prüfung eines Louis Schroff zum Mediziner in Stuttgart. Wer aber fast 200 Jahre namentlich als Schreckgespenst umher geht, hatte entweder tatsächlich ein sehr verwirktes Leben für die bäuerlichen Einwohner der Umgebung oder er stand als Synonym für Machtmissbrauch, so der nebenberufliche Historiker Roland Steidle.[7]

Glocken aus Meßstetten Bearbeiten

Die Glocken der Stiftskirche St. Lamprecht im Meßstetten wurden abgenommen und nach Schwenningen transportiert. Generationen von Geschichtslehrern hielten diese alte Sage für sehr unglaubwürdig. Vor dem Ersten Weltkrieg wurden Wanderer aus Meßstetten stets mit den Worten „Hört ihr eure Glocken“ begrüßt. Erst im Jahre 2023 wurde an der Universität Tübingen in der Vorlesung Württemberg im Aufstand mit einer zuverlässigen Quelle aus Schaffhausen in der Schweiz der historische Kern der Sage belegt:[8] Hans Stokar erlebte die Entwicklung der Reformation und wurde zu einem Augenzeugen der revolutionären Szenen, die für die innere Entwicklung in der Stadt Schaffhausen kennzeichnend sind. Er berichtet auch über den Bauernkrieg in Württemberg und auch von der Abnahme von Glocken.[9] Zum Jahre 1523 spricht er von seiner ersten Begegnung mit der Kirchenreform, welche er stark kritisierte. Als Kaufmann, Pferde-, Salz-, Wein- und Stoffhändler war er auf den Handelswegen unterwegs. Recht gut belegt ist der Bauernkrieg im Bereich der Stadt Meßstetten: Am 11. Mai 1525 segnete der Pfarrer von Digisheim das Heer der Bauern.[10] Kaplan German(us) Kopp in Meßstetten schloss sich den aufrührerischen Bauern an, die mit Herzog Ulrich gegen Balingen marschierten.[11]

Einwohnerentwicklung Bearbeiten

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Einwohnerentwicklung von Schwenningen

Die Einwohnerzahlen von Schwenningen waren mehrere Jahre rückläufig, wurden aber im Zuge des Zensus 2011 um 147 Einwohner (10 %) nach oben korrigiert[12] und bewegen sich seitdem auf relativ gleichbleibendem Niveau:

Jahr Einwohner[13]
1961 1132
1970 1502
1991 1672
1995 1668
2000 1681
2005 1564
2010 1489
2015 1579
2020 1677

Politik Bearbeiten

Gemeinderat Bearbeiten

Die Kommunalwahl am 25. Mai 2014 führte zu folgendem amtlichen Endergebnis[14]. Die Wahlbeteiligung betrug 63,0 % (2009: 71,7 %). Der Gemeinderat besteht aus den gewählten ehrenamtlichen Gemeinderäten und dem Bürgermeister als Vorsitzendem. Der Bürgermeister ist im Gemeinderat stimmberechtigt.

Partei / Liste Stimmenanteil Sitze Ergebnis 2009
CDU 90,9 % 9 70,8 %, 7 Sitze
Einzelkandidat 9,1 % 1 0 %, 0 Sitze
Freie Wähler 0 % 0 29,2 %, 3 Sitze

Bürgermeister Bearbeiten

Am 31. Januar 2016 wurde Roswitha Beck mit 62,2 Prozent der Stimmen, bei einer Wahlbeteiligung von 77,1 Prozent, im ersten Wahlgang zur Bürgermeisterin gewählt. Bei der Bürgermeisterwahl 2024 trat sie nicht erneut an. Am 4. Februar 2024 wurde Ewald Hoffmann mit 51,4 Prozent der Stimmen zum Bürgermeister gewählt. Er tritt das Amt am 1. Mai 2024 an.[15]

  • 1972–1988: Peter Allgaier[16]
  • 1992–2016: Herbert Bucher[17] (FWV)
  • seit 2016: Roswitha Beck[18]

Wappen Bearbeiten

 
Wappen der Gemeinde Schwenningen
Blasonierung: „In Gold (Gelb) ein schwarzer Zickzackbalken mit drei nach unten weisenden Zacken.“[19]
Wappenbegründung: Das Dorf Schwenningen gehörte seit dem Spätmittelalter lange Zeit zur Herrschaft Werenwag. Deshalb setzte die Gemeinde im Jahre 1896 auf Rat des Generallandesarchivs Karlsruhe das Wappen der im frühen 16. Jahrhundert ausgestorbenen Ritter von Werenwag in ihren Schild.

Kultur und Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Schwenningen liegt an der Hohenzollernstraße. Die Kommune ist dem Tourismusverband „Donaubergland“ angeschlossen.

Bauwerke Bearbeiten

 
Kirche St. Kolumban, Innenraum
  • Die 1819 erbaute katholische Pfarrkirche St. Kolumban hat ein modernes Stuckschnittrelief des einheimischen Bildhauers Oskar Steidle an der Chorrückwand. Die Pfarrgemeinde gab im Mai 2010 bekannt, dass eine komplette Dachsanierung nötig ist, sich aber auf die Sanierung von Kirchturm, Glockenstuhl, Turmuhr und Aufgang zum Glockenstuhl konzentrieren zu wollen.[20][21]
  • Antoniuskapelle
  • Wendelinuskapelle
  • Lourdeskapelle
  • Kunsthandwerk im Alten Schulhaus

Sport Bearbeiten

Schwenningen verfügt über präparierte Loipen, die sich zwischen 810 und 950 Meter über Normalnull bewegen.[22] Die „Heubergloipe“ ist eine insgesamt 16 Kilometer lange Rundwander- und Doppelspurloipe. Die Gemeinden Bärenthal, Irndorf, Nusplingen und Schwenningen schufen im Jahr 2011 ein gemeinsames Loipennetz für Wintersportler. Nachdem der Anschluss der neu geschaffenen Loipe auf Gnadenweiler an das Indorfer Loipennetz geschaffen werden konnte, entstand nunmehr durch den Zusammenschluss mit dem bestehenden Nusplinger und Schwenninger Loipen durch das Irndorfer Hardt ein großflächiges Loipengebiet für den Skilanglauf.[23]

Strohpark Bearbeiten

 
Strohhaus im Strohpark
 
Burg im Strohpark

Seit 1996 bauen jedes Jahr im Spätsommer Schwenninger Vereine, Gruppen, Kinder und Unternehmen den Strohpark auf. Von September bis Mitte Oktober werden etwa 30, teilweise überlebensgroße Figuren, Bauwerke und Ensembles auf der Wiese an der Heuberghalle gezeigt. Alle Arbeiten sind von Hand gefertigt. Die Ausstellung wird von verschiedenen Aktionen, wie Benefizkonzerte, Konzert der Rentnerkombo, traditionelles Hähnchenessen und mehr abgerundet. Auch überregional findet die Freiluftveranstaltung große Beachtung, wovon Tausende Besucher zeugen. An allen Ortseingängen stehen zu dieser Zeit Stroh-Kunstwerke des letztjährigen Spektakels.

Wirtschaft und Infrastruktur Bearbeiten

Verkehr Bearbeiten

Der Öffentliche Nahverkehr wird durch den Verkehrsverbund Neckar-Alb-Donau (NALDO) gewährleistet. Die Gemeinde befindet sich in der Wabe 440.

Eisenbahnverkehr Bearbeiten

Im Naturpark Obere Donau wird an Wochenenden ein verdichtetes, vertaktetes Angebot im Schienenverkehr auf allen Strecken gefahren. Triebwagen wie der Naturpark-Express, welche von der Hohenzollerischen Landesbahn betrieben werden, verkehren hier sonn- und feiertags auf der Bahnstrecke Tuttlingen–Inzigkofen, um über den sechs Kilometer entfernten Bahnhof Hausen im Tal das Naherholungsgebiet für den Tourismus attraktiver zu machen. Radfahrer wählen meist die geschotterte Werenwager Steige (48° 4′ 40″ N, 9° 1′ 11,95″ O) über Schloss Werenwag. Die Bahnstrecke Tübingen–Sigmaringen wird in Storzingen mit Zubringerbussen erreicht.

Bildung Bearbeiten

  • Grundschule
  • Katholisches Bildungswerk
  • Workshops und Kurse im Alten Schulhaus
  • Unterricht der Jugendmusikschule Zollernalb e. V.

Telekommunikation Bearbeiten

70 Meter hoher Richtfunkturm auf dem Schnaitkopf.

Literatur Bearbeiten

  • Herbert Bucher: Schwenningen auf dem Heuberg (hrsg. von der Gemeinde Schwenningen). Sigmaringen: M. Liehners Hofbuchdruckerei – Verlagsanstalt, 1991.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Schwenningen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg – Bevölkerung nach Nationalität und Geschlecht am 31. Dezember 2022 (CSV-Datei) (Hilfe dazu).
  2. Daten- und Kartendienst der LUBW
  3. Feier 555Jahre
  4. Sigrid Hirbodian, Andreas Schmauder und Manfred Waßner (Hrsg.): Gemeinde im Wandel. Band 19 Eine Stadt im Wandel Die Geschichte von Meßstetten. Nr. 19. Tübingen 2019, S. 88.
  5. Baderzunft
  6. Museum, abgerufen am 14. Dezember 2021
  7. Winfried Koch: Wer war Dr. Louis Schroff von Werenwag. Hrsg.: Zollern-Alb-Kurier, 18. April 2023.
  8. Vorlesung Zeit 33.51
  9. Württemberg im Aufstand. Studium Generale Tübingen 2023, Vorlesung Nr. 6.
  10. Karl Dietrich: Bauernkrieg im Jahr 1525. Ernst Nübling Ofizin. Hrsg.: Württembergischer Volksschriftenverein. 2. umgearbeitete Auflage. 1844, S. 128.
  11. Walter Stettner: Ebingen – Die Geschichte einer württembergischen Stadt. Jan Thorbecke, Sigmaringen 1986, S. 265.
  12. Statistische Berichte Baden-Württemberg: Bevölkerung in Baden-Württemberg am 9. Mai 2011; Endgültige Ergebnisse des Zensus 2011 (PDF; 1,6 MB); abgerufen am 4. Oktober 2017
  13. Wilfried Koch (wk): Flächennutzungsplan: Streit um fehlerhafte Einwohnerzahl. In: Südkurier vom 20. Juni 2011 und Zahlen des Statistischen Landesamtes
  14. Südkurier, Wahlportal 2014, abgerufen am 8. Juli 2015 (Memento des Originals vom 8. Juli 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/wahl.suedkurier.de
  15. Benno Haile: Bürgermeisterwahl in Schwenningen: Ewald Hoffmann schafft knapp die absolute Mehrheit. In: zak.de. 4. Februar 2024, abgerufen am 5. Februar 2024.
  16. Manfred Dieterle-Jöchle (dim): Start als Zimmermann. In: Südkurier vom 26. März 2004
  17. Ursula Mallkowsky (sky): Herbert Bucher. In: Südkurier vom 30. September 2005
  18. Schwenningen.de: Bürgermeisterwahl vom 31. Januar 2016 (Memento des Originals vom 16. Mai 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.schwenningen.de
  19. Wappenbeschreibung bei leo bw – landeskunde entdecken online; abgerufen am 18. September 2023
  20. Wilfried Koch (wk): Kirchturmsanierung in Schwenningen. Gemeinde wartet mit dem Zuschuss. In: Schwäbische Zeitung vom 26. Mai 2010.
  21. Hermann-Peter Steinmüller (hps): Gemeinde beim Zahlen dabei. In: Südkurier vom 26. Mai 2010.
  22. Karlheinz Fahlbusch (kf): Winterspaß im Landkreis. Loipen sind gespurt. In: Südkurier vom 9. Januar 2009
  23. Gemeinsame Loipe geschaffen. In: Südkurier vom 5. Januar 2011