Satz über rationale Nullstellen

mathematischer Satz

Der Satz über rationale Nullstellen (auch rationaler Nullstellentest oder Lemma von Gauß) ist eine Aussage über die rationalen Nullstellen ganzzahliger Polynome. Sie beinhaltet ein notwendiges Kriterium für die Existenz einer rationalen Nullstelle und liefert dabei eine endliche Menge rationaler Zahlen, in der alle rationalen Nullstellen enthalten sein müssen.

Aussage Bearbeiten

Für jede rationale Nullstelle eines ganzzahligen Polynoms gilt, dass der Zähler ihrer gekürzten Darstellung das Absolutglied und der Nenner den Leitkoeffizienten des Polynoms teilt.

Seien also   mit   ein Polynom vom Grad   und   (wobei   teilerfremd sind) eine rationale Nullstelle von  , dann ist   durch   teilbar und   durch   teilbar.

Verallgemeinerung und Beweis Bearbeiten

Der Satz über rationale Nullstellen ergibt sich auch als Korollar zu einer auf Gauß zurückgehenden allgemeineren Aussage über Polynome über dem Quotientenkörper eines faktoriellen Ringes (siehe Lemma von Gauß).[1] Dieses Korollar lässt sich folgendermaßen formulieren: Sei   ein faktorieller Ring und   der Quotientenkörper von  . Sei   ein Polynom vom Grad   und einer Nullstelle   mit maximal gekürzten  . Dann teilt   den ersten und   den letzten Koeffizienten, also gilt:

  und  .

Beweis Bearbeiten

Es gilt:

 

Multiplikation mit   ergibt:

 

 

Nun teilt    , da   und   teilerfremd und somit auch   und  . Damit existiert ein   mit  . Somit:

 
 
 

Da   und   teilerfremd ist, folgt nun also auch  .

Alternativer Beweis mit dem Satz von Gauß Bearbeiten

Nach Division mit dem größten gemeinsamen Teiler der Koeffizienten des Polynoms erhalten wir ein primitives Polynom  , welches die gleichen Nullstellen wie   besitzt. Da  , teilt also     in  , somit aber auch  . Da aber nun   primitiv teilt   auch   in   nach dem Lemma von Gauß, also existiert ein Polynom  , sodass:

 

Damit folgt die Aussage, da  .

Anmerkungen Bearbeiten

Wenn der Leitkoeffizient   des Polynoms den Betrag 1 besitzt, dann ist jede rationale Nullstelle eine ganze Zahl, die das Absolutglied   teilt.[Note 1]

Der Satz lässt sich auch verwenden, um die rationalen Nullstellen rationaler Polynome zu berechnen. Denn wenn man ein rationales Polynom mit einem gemeinsamen Vielfachen der Nenner seiner Koeffizienten multipliziert, so erhält man ein ganzzahliges Polynom mit den gleichen Nullstellen, zu deren Bestimmung man nun den rationalen Nullstellentest anwenden kann.

Beispiele Bearbeiten

  1. Aus dem rationalen Polynom   erhält man durch Multiplikation mit 30 das ganzzahlige Polynom  . Dessen rationale Nullstellen müssen dann in der Menge   enthalten sein. Überprüft man nun alle diese Kandidaten durch Einsetzen in   oder  , so erhält man als Nullstellen  , 1 und  . Da   als Polynom vom Grad 3 maximal drei paarweise verschiedene Nullstellen besitzen kann, existieren in diesem Fall auch keine weiteren irrationalen Nullstellen.
  2. Das Polynom   besitzt keine rationale Nullstelle, da 1 und −1 die einzigen Teiler des Absolutglieds und des Leitkoeffizienten sind und   und   ist.
  3. Das Polynom   besitzt ganzzahlige Koeffizienten.
    Die Überprüfung für die Teiler   des konstanten Gliedes ergibt sich die Nullstelle  .
    Weil jede ganze Zahl   auch eine gaußsche Zahl   ist, lassen sich die Koeffizienten als gaußsche Zahlen interpretieren.
    Wegen   erhalten wir für die Teiler   des konstanten Gliedes die komplexen Nullstellen   und  

Literatur Bearbeiten

  • Kurt Meyberg, Peter Vachenauer: Höhere Mathematik 1. Springer, 6. Auflage 2006, ISBN 3-540-41850-4, S. 64 (Auszug in der Google-Buchsuche)
  • Rolf Walter: Einführung in die Analysis 1. Walter de Gruyter 2007, ISBN 978-3-11-019539-2, S. 110–111, 362 (Auszug in der Google-Buchsuche)
  • Charles D. Miller, Margaret L. Lial, David I. Schneider: Fundamentals of College Algebra. Scott & Foresman/Little & Brown Higher Education, 3. überarbeitete Auflage 1990, ISBN 0-673-38638-4, S. 216–221
  • Phillip S. Jones, Jack D. Bedient: The historical roots of elementary mathematics. Dover Courier Publications, 1998, ISBN 0-486-25563-8, S. 116–117 (Auszug in der Google-Buchsuche)

Weblinks Bearbeiten

Fußnote(n) Bearbeiten

  1. Ist aber   dann hat das Polynom nach der Normierung (Division durch den Leitkoeffizienten) rationale Koeffizienten. Die nicht verschwindenden unter ihnen lassen sich in eindeutiger Weise in ein Produkt       von Primfaktoren mit ganzzahligen (auch negativen) Exponenten    zerlegen. Nun lässt sich ein     so finden, dass nach einer linearen Transformation       im transformierten und normierten Polynom
     
    alle Koeffizienten       ganzzahlig sind. Man nehme nur       mit   als der endlichen Menge der in den nicht-verschwindenden Koeffizienten   vorkommenden Primfaktoren und
              (Gaußklammer  ).
    Im genannten Beispiel       normiert:       erhält man auf diese Weise       und das ganzzahlige Polynom       (welches   als Nullstellen hat).
  1. Marco Hien: Algebra. Springer-Verlag, Berlin 2021, ISBN 978-3-662-63777-7, doi:10.1007/978-3-662-63778-4.