Rudolf Wille (Mathematiker)

deutscher Mathematiker und Hochschullehrer

Rudolf Wille (* 2. November 1937 in Bremen; † 22. Januar 2017 in Bickenbach (Bergstraße))[1][2] war ein deutscher Mathematiker und Professor am Fachbereich Mathematik der TU Darmstadt.

Rudolf Wille (2012)

Wissenschaftliche Laufbahn Bearbeiten

Wille studierte Mathematik, Musikwissenschaft und Philosophie an der Philipps-Universität Marburg und der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main. 1961 legte er sein Staatsexamen in Mathematik und 1963 in Schulmusik ab und 1966 wurde er in Frankfurt in Mathematik promoviert bei Ernst-August Behrens (Halbkomplementäre Verbände).[3] 1970 trat er die Professur in Darmstadt an; ab 1976 war er auch für viele Jahre Direktoriumsmitglied des Instituts für Philosophie der TU Darmstadt. 2003 wurde er emeritiert.

Wirken Bearbeiten

Das besondere Forschungsinteresse Rudolf Willes galt der Formalen Begriffsanalyse und auf deren Grundlage der Begrifflichen Wissensverarbeitung. Weitere Forschungsinteressen waren Allgemeine Algebra, Ordnungs- und Verbandstheorie, Grundlagen der Geometrie, Diskrete Mathematik, Messtheorie, mathematische Musiktheorie, Wissenschaftsphilosophie und Kontextuelle Logik.

Rudolf Wille verfasste den Aufsatz Restructuring lattice theory: An approach based on hierarchies of concepts. Dieser Aufsatz ist 1981 erstmals veröffentlicht worden[4] und wurde wegen seiner grundlegenden Bedeutung mehrfach nachgedruckt, unter anderem in einem Tagungsband aus dem Jahre 2009.[5]

1983 rief er die Forschungsgruppe Formale Begriffsanalyse ins Leben, der unter anderen auch Bernhard Ganter, Peter Burmeister und Karl Erich Wolff angehörten. Die Bezeichnung „Formale Begriffsanalyse“ wurde von ihm geprägt. Aus den Vorarbeiten von Garrett Birkhoff und einigen französischen Mathematikern und Philosophen wurde sie unter seiner Leitung und Moderation von der Forschungsgruppe im Wesentlichen zu ihrem heutigen Stand weiter entwickelt.

Auf Rudolf Wille geht insbesondere der Hauptsatz über Begriffsverbände zurück.[6]

Neben der mathematischen Fundierung war es Rudolf Wille immer wichtig, nicht nur einen mathematischen Kalkül zu entwickeln, sondern ein Instrument, das Menschen neue Möglichkeiten eröffnet, mit großen Datenmengen umzugehen und sie zu verstehen. Aus diesem Anliegen entwickelte sich auch eine enge Zusammenarbeit mit dem Psychologie-Professor Thomas Bernhard Seiler.[7]

1993 gründete er das „Ernst-Schröder-Zentrum für Begriffliche Wissensverarbeitung e. V.“, das sich demselben Forschungsziel widmet. (Siehe auch: Ernst Schröder).

Rudolf Wille betreute mehr als 100 Diplom- und Staatsexamenarbeiten in Mathematik, 52 Dissertationen und 8 Habilitationen. Etliche seiner Schüler wurden mittlerweile selbst auf Lehrstühle berufen, darunter Bernhard Ganter, Thomas Ihringer, Katja Lengnink, Susanne Prediger und Gerd Stumme.[3]

Im Jahr 1970 rief Wille die Arbeitstagung Allgemeine Algebra ins Leben.

Privates Bearbeiten

Wille war der jüngere Bruder von Friedrich Wille.[8] Er war mit Renate Wille-Henning verheiratet. Aus der Ehe ging eine Tochter, Uta Wille, hervor.[8][9]

Wille war auch ein erfolgreicher Schachspieler: 1955 wurde er niedersächsischer Jugendmeister. Anschließend belegte er bei der deutschen Jugendmeisterschaft in Remscheid eine mittlere Platzierung.[10]

Schriften Bearbeiten

Rudolf Wille ist Autor von mehr als 200 wissenschaftlichen Publikationen und Co-Autor des ersten Lehrbuchs zur Formalen Begriffsanalyse. Dazu

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Rudolf Wille: Traueranzeige. FAZ, 25. Januar 2017, abgerufen am 29. Januar 2017.
  2. Trauerportal: Rudolf Wille. Echo Medien, 25. Januar 2017, abgerufen am 29. Januar 2017.
  3. a b Rudolf Wille. Mathematics Genealogy Project, abgerufen am 25. Januar 2017 (englisch).
  4. Rudolf Wille: Restructuring lattice theory: An approach based on hierarchies of concepts. Hrsg.: Fachbereich Mathematik, TH-Darmstadt. Darmstadt 1981 (Online-Nachweis [abgerufen am 13. Juni 2014]).
  5. Rudolf Wille: Restructuring lattice theory: An approach based on hierarchies of concepts. In: Nachdruck: ICFCA ’09: Proceedings of the 7th International Conference on Formal Concept Analysis. Springer, Berlin, Heidelberg 2009, ISBN 978-3-642-01814-5 (Leseprobe [abgerufen am 13. Juni 2014]).
  6. Bernhard Ganter: Diskrete Mathematik: Geordnete Mengen. Springer Spektrum, Berlin und Heidelberg 2013, S. 66, S. 167–168.
  7. Bisherige Kolloquien und Seminare des Ernst-Schröder-Zentrums. Ernst-Schröder-Zentrum für Begriffliche Wissensverarbeitung, abgerufen am 17. April 2018.
  8. a b Mündlich bestätigt von Bernhard Ganter und Peter Burmeister
  9. Sie ist ebenfalls Mathematikerin: Uta Wille. Mathematics Genealogy Project, abgerufen am 22. März 2017.
  10. Niedersächsisches Institut für Sportgeschichte Hoya e. V. N I S H; Redaktion: Christian Becker & Bernd Wedemeyer-Kolwe (Hrsg.): Jahrbuch 2019/20. 22./23. Jahrgang. Hannover 2020, S. 196 (nish.de [PDF; abgerufen am 23. Mai 2022]).