Quantengatter

elementare Operationen, die ein Quantencomputer auf seinen Qubits durchführen kann

Quantengatter sind die elementaren Operationen, die ein Quantencomputer auf seinen Qubits durchführen kann. Sie sind vergleichbar mit elektronischen Gattern, welche die elementaren Operationen eines klassischen Computers durchführen. Ein Quantengatter arbeitet jedoch mit quantenmechanischen Systemen wie dem Spin. Auch wenn ihr Name es suggeriert, stellen Quantengatter in der Regel keine physikalischen Bauelemente wie Transistoren dar. Ein Quantengatter ist vielmehr eine zeitlich steuerbare Wechselwirkung der Qubits untereinander oder mit der Umgebung.

Aus mathematischer Sicht ist ein Quantengatter eine unitäre Transformation , welche auf den Zustand der Qubits angewendet wird und den Zustand erzeugt. Die Unitarität dieser Transformation folgt aus der Forderung, dass ein Quantengatter die Normierung der Wellenfunktion erhalten muss: .

Darstellung Bearbeiten

Um   als Matrix schreiben zu können, wählt man als Basiszustände üblicherweise die Rechenbasis, also gerade die Qubit-Zustände, die klassischen Zahlen entsprechen. Für beispielsweise zwei Qubits besteht die Rechenbasis aus

 

Ein Quantengatter, das einfach die beiden Qubits miteinander vertauscht, hätte dann die Matrixdarstellung

 

Für konkrete Berechnungen ist eine solche Matrixdarstellung nützlich. Um aber bei mehreren nacheinander auf das System angewendeten Quantengatter nicht die Übersicht zu verlieren, führt man analog zu den klassischen Logikgattern Schaltsymbole ein, die zu einem Quantenschaltkreis verbunden werden. Jedes Schaltsymbol entspricht darin einer unitären Operation.

 

Die gezeigten Graphen sollen die Bloch-Kugel für verschiedene Anfangs- und Endzustände darstellen, welche jeweils in einer anderen Farbe dargestellt sind. Dadurch kann man sich die Drehungen besser vorstellen. Die Wahrscheinlichkeiten der einzelnen überlagerten Zustände können in dieser Darstellungsform allerdings nicht berücksichtigt werden.

Universelle Gatter Bearbeiten

Aus Gründen der einfacheren Realisierung ist es wünschenswert, sich bei einem Quantencomputer ähnlich wie beim klassischen Computer auf eine Handvoll elementarer, einfach zu realisierender Gatter zu beschränken. Dort ist beispielsweise das NAND-Gatter alleine ausreichend, um jeden denkbaren Schaltkreis zu bauen.

Eine Menge von Quantengattern wird universell genannt, wenn sich jede unitäre Transformation   als Produkt von Gattern aus der betrachteten Menge darstellen lässt oder sich durch ein solches Produkt beliebig genau approximieren lässt.[1]

Es konnte gezeigt werden, dass das CNOT-Gatter zusammen mit allen 1-Qubit-Gattern eine solche universelle Menge ist[2] und das fast jedes Zwei- oder Mehr-Qubit-Gatter für sich allein eine universelle Menge bildet.[3] Wie im klassischen Fall wird hier jeweils angenommen, dass die Elemente der universellen Menge auf jede beliebige Kombination von Qubits angewandt werden können, d. h., das Gatter CNOT steht für alle CNOT mit Kontroll-Qubit   und Zielqubit  .

Die in der Quanteninformatik meistverwendete universelle Menge ist aber ein diskrete Menge aus Ein- und Zwei-Qubit-Gattern, nämlich neben dem Controlled-NOT (CNOT) Gatter die Ein-Qubit-Gatter Hadamard-Gatter   und  -Gatter  .   bildet die Rechenbasiszustände   und   auf gleichgewichtete Superpositionen am:   und   und   erzeugt eine relative Phase von   zwischen   und  :   und  . Ein Vorteil dieser universellen Gattermenge ist, dass die Gatter sich für eine fehlertolerante Implementierung im Rahmen der Quantenfehlerkorrektur eignen.[4] Es lässt sich zwar jeder  -Qubit Quantenoperation durch ein Produkt, d. h., eine Hintereinanderausführung von Elementen dieser universellen Mengen beliebig genau approximieren, allerdings ist diese Approximation im Allgemeinen nicht effizient (die Zahl der dazu nötigen Gatter wächst exponentiell mit  ).[5]

Beispiele Bearbeiten

Zwei häufig benutzte Quantengatter
Name Matrix Symbol Beschreibung
Hadamard-Gatter     Überführt   und   in überlagerte Zustände.
Controlled-NOT (CNOT)     Das erste Qubit wird als Kontroll-Qubit bezeichnet, das zweite als Ziel-Qubit. Das Ziel-Qubit wird invertiert genau dann, wenn das Kontroll-Bit auf   ist.

Besonderheiten Bearbeiten

Quantengatter weisen neben den zu Beginn genannten Eigenschaften noch weitere Besonderheiten auf, die sie von den klassischen Gattern unterscheiden und daher noch einmal betont werden sollen.

Umkehrbarkeit Bearbeiten

Die vom Quantengatter realisierte Operation ist eine unitäre Transformation und damit insbesondere auch eine umkehrbare oder reversible Transformation. Das bedeutet: Die Wirkung von jedem Quantengatter kann mit einem anderen Quantengatter rückgängig gemacht werden. Eine Folge davon ist, dass ein Quantengatter nicht mehr Eingänge als Ausgänge haben kann, denn dann würde ja eines der Eingangsqubits verloren gehen.

Nicht-Kopierbarkeit Bearbeiten

Da ein Quantengatter eine auf den Qubits durchgeführte Operation ist, kann ein Quantengatter nicht mehr Qubits erzeugen, als von Anfang an vorhanden sind. Insbesondere lässt sich der Zustand eines Qubits nicht kopieren, ohne den Ausgangszustand zu zerstören. Dies besagt das wichtige No-Cloning-Theorem. Während also in einem klassischen Schaltplan die Leitung von einem Bit in zwei Leitungen verzweigen kann, ist dies beim Quantencomputer nicht möglich.

Daher gibt es in einem Quantenschaltkreis genau eine Leitung pro Qubit. Diese wird durchgehend von links nach rechts im Schaltplan gezeichnet und beinhaltet die 1-Qubit-Gatter sowie die Anschlüsse der Mehr-Qubit-Gatter.

Realisierung Bearbeiten

Die physikalische Realisierung eines Quantengatters hängt selbstverständlich davon ab, wie das Qubit selbst physikalisch realisiert wird. In einer Ionenfalle festgehaltene Teilchen werden beispielsweise mit Hilfe von Photonen mit einem vorgegebenen Quantisierungszustand manipuliert, beispielsweise durch Laserpulse, welche den Spinzustand des jeweils äußeren Elektrons von zwei wechselwirkenden Ionen oder Atomen kohärent, d. h. mit kontrollierter Phase, manipulieren.[6]

Für ein Gatter braucht man eine starke und kontrollierte Wechselwirkung. Die Art der Wechselwirkung hängt von den Informationsträgern ab. Es gibt viele verschiedene Arten von Quantengattern, die bereits realisiert wurden. Teilweise sind das elektronische Gatter mit supraleitenden Metallen, die dann aber auch sehr kalt sein müssen. Es gibt atomare Gatter, wo meist ionisierte Atome miteinander verrechnet werden und Gatter zwischen zwei Lichtteilchen.[7]

Am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching wurde 2016 ein solches Photon-Photon-Logikgatter[8], bei dem die Lichtteilchen während der Verarbeitung nicht vernichtet werden, entwickelt. Dabei lässt sich Licht sehr leicht transportieren, weshalb man prinzipiell auch beliebig viele Gatter damit verbinden kann.[7]

Arbeitsweise eines als Ionenfalle realisierten Quantengatters
Schritt 1 Schritt 2 Schritt 3
     
Ein Ion (gelb) wird in einer Ionenfalle durch ein elektromagnetisches Feld (blau) festgehalten und durch einen Laser gekühlt. Auf dieses Ion wird ein polarisiertes Photon (grün) „geschossen“. Sobald das Photon auf das Ion trifft, entsteht eine Wechselwirkung zwischen den beiden Teilchen. Dies ist die eigentliche Rechenoperation an dem Quantensystem. Wenn das Photon die Ionenfalle verlässt, hat das Ion einen Zustand eingenommen, der sich aus der Überlagerung des Quantenzustandes des Ions und des Photons ergibt.

1-Qubit Gatter Bearbeiten

Ein einzelnes Qubit mit den Zuständen   kann rein formal stets als Spin-Zustand eines Spin-½-Teilchens geschrieben werden. Die Zustände können daher stets als Elemente auf der so genannten Bloch-Kugel dargestellt werden. Ein Gatter, welches auf einem einzelnen Qubit arbeitet, kann dann formal als Rotation auf der Bloch-Kugel um einen bestimmten Winkel beschrieben werden.

2-Qubit Gatter Bearbeiten

Für Quantengatter, die auf zwei Qubits arbeiten, ist eine Wechselwirkung zwischen den fraglichen Qubits erforderlich. Bei Spin-Qubits kann dies unter anderem über die Austauschwechselwirkung geschehen. Atome in einer Ionenfalle könnten Photonen austauschen.

Da Gatter mit mehr als zwei Eingängen zwar theoretisch denkbar sind, aber auf Grund der dafür nötigen Mehrteilcheneffekte wesentlich komplexer umzusetzen sind, beschränkt man sich bei Vorschlägen für Quantencomputer in der Regel auf die 1- und 2-Qubit-Gatter. Es genügt ja, mit diesen Gattern eine universelle Menge von Gattern zu haben.

Das wichtigste Quantengatter ist das controlled-not gate CNOT, welches das Ziel Qubit in Abhängigkeit des Control Qubit negiert[9]

siehe auch: Liste der Quantengatter, Optimal Quantum Circuits for General Two-Qubit Gates[10]

3-Qubit Gatter Bearbeiten

Zu den 3-Qubit Gattern zählen:[11]

  • ToffoliGate
  • CSwapGate (Controlled-SWAP gate auch Fredkin gate)
  • CCZGate (Three-qubit controlled-controlled Z gate)
  • PeresGate
  • RCCXGate
  • MargolusGate
  • CiSwapGate

Wirkung Bearbeiten

Quantengatter mit einem einzigen Eingang sind in der Lage ein einzelnes Qubit zu verändern. Dieses Qubit kann lediglich entweder logisch 1 oder logisch 0 darstellen. Das allein ist also kein Vorteil im Vergleich zu den bisherigen elektronischen Gattern. Die Phasenlage ist jedoch ein Indikator dafür, wie wahrscheinlich die jeweiligen Zustände sind. Man spricht hierbei davon, dass sich die beiden Zustände   und   überlagern und sich das Qubit in Superposition befindet. Beispielsweise sind bei einer Phasenverschiebung von 90° die Messwerte zu 50 % logisch 1 und die anderen 50 % der Messwerte logisch 0. Eine Rechenoperation auf ein solches Qubit wird daher auf den Zustand   und den Zustand   gleichzeitig angewendet.

Der Nachteil ist, dass bei einer Messung aufgrund des Kollaps der Wellenfunktion nur ein einzelnes mögliches Ergebnis zurückgeliefert wird. Ein brauchbares Ergebnis ist daher meistens nur durch mehrfaches Wiederholen der Rechenoperation und eine anschließende statistische Auswertung der Messergebnisse möglich. Wenn jedoch mit mehreren Qubits gleichzeitig gerechnet wird, kann man manchmal mit einem Trick, zum Beispiel der Quanten-Fouriertransformation, schon mit nur einer Berechnung an brauchbare Ergebnisse kommen.

Siehe auch Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. M. A. Nielsen, I. L. Chuang: Quantum Computation and Quantum Information. Cambridge University Press, Cambridge MA 2010, ISBN 978-1-107-00217-3, S. 188–198 (wordpress.com [PDF]).
  2. M. A. Nielsen, I. L. Chuang: Quantum Computation and Quantum Information. Cambridge University Press, Cambridge MA 2010, ISBN 978-1-107-00217-3, S. 191/92 (wordpress.com [PDF]).
  3. Seth Lloyd: Almost Any Quantum Logic Gate is Universal. In: Phys. Rev. Lett. Band 75, 1995, S. 346–349, doi:10.1103/PhysRevLett.75.346.
  4. M. A. Nielsen, I. L. Chuang: Quantum Computation and Quantum Information. Cambridge University Press, Cambridge MA 2010, ISBN 978-1-107-00217-3, S. 194f (wordpress.com [PDF]).
  5. M. A. Nielsen, I. L. Chuang: Quantum Computation and Quantum Information. Cambridge University Press, Cambridge MA 2010, ISBN 978-1-107-00217-3, S. 198/199 (wordpress.com [PDF]).
  6. Quantengatter In: Lexikon der Physik
  7. a b Franziska Konitzer: „Das erste seiner Art“ In Welt der Physik 6. Juli 2016
  8. Quantenschaltkreis mit Photonen.Photon-Photon-Logikgatter nutzt ein stark gekoppeltes Atom-Resonator-System. In: pro-Physik 6. Juli 2016
  9. Henning Schomerus: Quantum information representation and manipulation Quantum information processing—Lecture Notes Lancaster University
  10. Farrokh Vatan, Colin Williams: Optimal Quantum Circuits for General Two-Qubit Gates. (PDF) arxiv.org, 1. Februar 2008, abgerufen am 24. September 2019 (englisch).
  11. GitHub Quantum Circuits Library: Three-qubit gates