Porsche 911 GT1

Rennwagen von Porsche

Der Porsche 911 GT1 ist ein Rennwagen, der zur Teilnahme in der GT1-Klasse beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans konstruiert und zu Homologationszwecken auch als Straßenwagen verkauft wurde. Im Gegensatz zu seinen Schwestermodellen 911 GT2 und 911 GT3 wurde der GT1 aber nicht auf Basis eines Serienfahrzeuges zum straßentauglichen Rennwagen weiterentwickelt, sondern lediglich in limitierter Auflage als Homologationsmodell für den Straßeneinsatz gebaut.

Porsche
Porsche 911 GT1 ’98
Porsche 911 GT1 ’98
Porsche 911 GT1 ’98
911 GT1
Produktionszeitraum: 1996–1998
Klasse: Rennwagen
Karosserieversionen: Coupé
Motoren: Boxermotoren:
3,16–3,22 Liter
(400–440 kW)
Länge: 4890 mm
Breite: 1990 mm
Höhe: 1140 mm
Radstand: 2500 mm
Leergewicht: 950–1250 kg

Er wird trotz der Bezeichnung von manchen nicht als echter Porsche 911 angesehen, da er von einem wassergekühlten Mittelmotor und nicht vom traditionellen luftgekühlten Heckmotor angetrieben wird. Zudem hat er eine komplett eigenständige, deutlich flachere Karosserie, die aus CFK gefertigt ist. Ihr Design orientierte sich zwar maßgeblich an den 911ern der Typen 993 und 996, die Karosserie des „Elfers“ besteht allerdings aus feuerverzinktem Stahlblech.

Modellgeschichte und Fahrzeugausführungen Bearbeiten

Der Porsche 911 GT1 wurde ab 1996 primär für den Renneinsatz konstruiert und zwecks Homologation in geringer Stückzahl als straßenzugelassener Supersportwagen gebaut, um für den Einsatz in den USA, in Le Mans sowie der europäischen BPR Global GT Series bzw. ab 1997 der FIA-GT-Meisterschaft zugelassen werden zu können. Erforderlich waren dafür 25 Exemplare, die FIA zeigte sich jedoch kulant. Der Motor, wie üblich ein Sechszylinder-Boxer, jedoch ein wassergekühlter Biturbomotor mit 440 kW (600 PS), basierte auf dem Triebwerk der erfolgreichen Gruppe-C-Rennwagen Porsche 956 C bzw. Porsche 962 und war, wie bei Rennwagen dieser Kategorie üblich, vor der Hinterachse eingebaut. Ein feststehender Heckflügel sorgte für den zur Fahrstabilität notwendigen Anpressdruck bei Geschwindigkeiten von teilweise weit über 300 km/h. Der Porsche 911 GT1 wurde von 1996 bis 1998 in verschiedenen Ausführungen produziert:

Fahrzeugklasse Zeitleiste der Porsche-911-GT-Rennwagen
1990er 2000er 2010er
5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9
FIA GT1 993 GT2 Evo 993 GT1 996 GT1 Evo 996 GT1 ’98
FIA GT2 / GT (bis 2004)
ACO GTS (bis 2004)
993 GT2
FIA N-GT (bis 2004)
ACO GT (bis 2004)
FIA GT2 (ab 2005)
ACO GTE (ab 2011)
996 GT3 R 996 GT3 RS 996 GT3 RSR 997 GT3 RSR 991 RSR 991 RSR
FIA GT3 997 GT3 Cup 997 GT3 Cup S 997 GT3 R 991 GT3 R 991 GT3 R
Porsche Carrera Cup 993 Cup 3.8 996 GT3 Cup 996 GT3 Cup 996 GT3 Cup 996 GT3 Cup 997 GT3 Cup 997 GT3 Cup 997 GT3 Cup 991 GT3 Cup 991 GT3 Cup

Porsche 911 GT1 (1996) Bearbeiten

 
Die Rennversion des 1996er Porsche 911 GT1 im EFA-Museum für Deutsche Automobilgeschichte

Die erste Variante von 1996 wurde noch auf Basis des Porsche 993 aufgebaut. Von der Front bis zur B-Säule wurde – aufgrund der Crashvorschriften für die straßenzulassungsfähige Homologationsserie – die Rohkarosserie des Porsche 993 übernommen. Ab der B-Säule wurde ein Gitterrohrrahmen angebaut. Zudem wurde das Aussehen durch Übernahme der Scheinwerfer und Rückleuchten dem des Porsche Typ 993 angeglichen. Von diesem Fahrzeug wurden nur 2 Wagen als Straßenversion aufgebaut. Ab 1997 – bedingt durch den Modellwechsel zum 996 – wurden Scheinwerfer, Heckleuchten und andere äußere Merkmale an den damals aktuellen Typ angepasst.[1]

Porsche 911 GT1 Evo (1997) Bearbeiten

 
Straßenversion des 911 GT1 Evo

Der im Jahr 1997 erschienene Porsche 911 GT1 Evo präsentierte sich mit einer weitreichend überarbeiteten Karosserie sowie einem neuen Fahrzeugboden unter der Wagenfront, welcher einen verbesserten Abtrieb gewährleistete. Die Vorderachse ist neu, weist jedoch mit 1502 mm die gleiche Spurbreite auf wie im Vorgänger. Zahlreiche Details wurden von den Porsche-Ingenieuren vor allem mit Blick auf eine verbesserte Service-Freundlichkeit überarbeitet. Am 7. März des Jahres 1997[2] rollte der von zwei KKK Ladern vom Typ K 27 aufgeladene, aber wiederum von einem im Durchmesser 35,7 mm großen Air-Restriktor[3] auf 400 kW (544 PS) bei 7200/min eingebremste und 600 Nm starke 911 GT1 Evo, pilotiert von Bob Wollek, erstmals aus der Werkstatt auf die Porsche Versuchsstrecke in Weissach-Flacht.[2] Von 1997 bis 1998 fertigte Porsche von diesem Fahrzeugtyp insgesamt 21 Fahrzeuge, von denen einige auch für den Straßenbetrieb zugelassen waren und Porschekunden zum Stückpreis von 1.550.000 DM angeboten wurden.[4]

Porsche 911 GT1 ’98 (1998) Bearbeiten

 
Straßenversion des 911 GT1 ’98

Nachdem der Mercedes-Benz CLK GTR 1997 in der FIA-GT-Meisterschaft auftauchte und sich als schneller erwies, wurde im Jahre 1998 die weiterentwickelte Version GT1 ’98 eingesetzt. Diese war nochmals flacher als die bisherige Version. Trotzdem verlor der GT1 ’98 alle Rennen der 1998er FIA-GT-Meisterschaft gegen Mercedes, gewann jedoch aufgrund seiner Zuverlässigkeit im dritten Anlauf glücklich in Le Mans gegen die zwar schnelleren, aber weniger zuverlässigen Gegner. Zu denen gehörte auch Toyota mit dem GT-One, der dort aber nie über einen zweiten Platz hinauskam. 1999 wurden keine Rennen mehr bestritten, da man den Nachfolger für 2000 entwickelte, der jedoch nie zum Renneinsatz kam, aber später als Porsche Carrera GT in Serie ging. Dank einer Änderung im Regelwerk der FIA musste von diesem Typ nur ein straßenzugelassener Wagen (Straßenversion) aufgebaut werden.

Technische Daten Bearbeiten

Porsche 911 GT1: 911 GT1 (1996) 911 GT1 Evo (1997) 911 GT1 ’98 (1998)
Motor: 6-Zylinder-Boxermotor mit Bi-Turboaufladung (Viertakt)
Hubraum: 3200 cm³ 3163 cm³ 3220 cm³
Bohrung × Hub: 74,4 × 95,5 mm
Leistung bei 1/min: 440 kW (600 PS) bei 7200 400 kW (544 PS) bei 7200 404 kW (550 PS) bei 7200
Max. Drehmoment bei 1/min: 600 Nm bei 4250 600 Nm bei 4250 630 Nm bei 5000
Verdichtung: 9,0:1 9,0:1
Ventilsteuerung: DOHC über Doppelkette, 4 Ventile pro Zylinder DOHC über Doppelkette, 4 Ventile pro Zylinder
Kühlung: Wasserkühlung
Getriebe: 6-Gang-Getriebe, Sperrdifferential, Hinterradantrieb
Bremsen: Scheibenbremsen (innenbelüftet), ABS Carbon-Keramik-Bremsscheiben vorne und hinten 380 mm (innenbelüftet), ABS
Radaufhängung vorn: Doppelquerlenker
Radaufhängung hinten: Doppelquerlenker
Federung vorn: einstellbare Schraubenfedern
Federung hinten: einstellbare Schraubenfedern
Karosserie: Leichtbauweise (Karosserieform ähnlich Porsche 993) Leichtbauweise (Karosserieform ähnlich Porsche 996)
Spurweite vorn/hinten: 1502 mm/1588 mm 1502 mm/1588 mm 1640 mm/1615 mm
Radstand: 2500 mm
Reifen/Felgen: 270/35-19 (vorne)/310/35-19 (hinten)
Maße L × B: 4683 × 1946 mm 4710 × 1980 mm 4890 × 1990 mm
Leergewicht: ca. 1000 kg 1250 kg 950 kg
Höchstgeschwindigkeit: ca. 320 km/h ca. 310 km/h ca. 325 km/h

Testwerte der Straßenversion Bearbeiten

Die Straßenversion wurde 1997 von auto, motor und sport getestet:[1]

  • Hubraum 3163 cm³, 6 Zylinder, 400 kW (544 PS)
  • L×B×H 4710 × 1950 × 1170 mm
  • Leergewicht 1150 kg
  • 0–50 km/h 2,1 s
  • 0–100 km/h 3,9 s
  • 0–130 km/h 5,4 s
  • 0–160 km/h 7,1 s
  • 0–180 km/h 8,8 s
  • 0–200 km/h 10,5 s
  • 0–250 km/h 17,4 s
  • 400 m mit stehendem Start 11,6 s
  • 1 km mit stehendem Start 20,7 s
  • Höchstgeschwindigkeit 308 km/h
  • Bremsweg aus 100 km/h 36,0 m (Verzögerung 10,7 m/s²)
  • Bremsweg aus 200 km/h 130,8 m (Verzögerung 11,8 m/s²)

Statistik Bearbeiten

Daytona-Ergebnisse Bearbeiten

Jahr Nr. Team Fahrer Fahrer Fahrer Fahrer Fahrer Runden Rang
(Gesamt)
Rang
(Klasse)
1998 00 Frankreich  Larbre Competition Frankreich  Christophe Bouchut Frankreich  Patrice Goueslard Schweden  Carl Rosenblad Deutschland  André Ahrlé 667 3 2
1998 01 Vereinigte Staaten  Rohr Motorsport Vereinigtes Konigreich  Allan McNish Vereinigte Staaten  Danny Sullivan Deutschland  Jörg Müller Deutschland  Uwe Alzen Deutschland  Dirk Müller 703 2 1
1998 38 Vereinigte Staaten  Champion Motors Belgien  Thierry Boutsen Vereinigte Staaten  Andy Pilgrim Deutschland  Ralf Kelleners 614 19 (DNF) 4 (DNF)
2001 0 Kanada  Bytzek Motorsports Kanada  Scott Maxwell Kanada  David Empringham Kanada  Richard Spenard Kanada  Klaus Bytzek 479 41 9
2001 01 Kanada  Bytzek Motorsports Vereinigte Staaten  Larry Schumacher Kanada  Harry Bytzek Kanada  John Brenner Kanada  James Holtom 632 6 3
2001 76 Vereinigte Staaten  Gunnar Racing Vereinigte Staaten  Gunnar Jeannette Vereinigte Staaten  Wayne Jackson Vereinigte Staaten  Paul Newman Vereinigte Staaten  Mike Brockman 37 78 (DNF) 14 (DNF)
2002 00 Kanada  Bytzek Motorsports Kanada  David Empringham Kanada  Klaus Bytzek Kanada  Richard Spenard Kanada  James Holtom 499 32 (DNF) 5 (DNF)
2003 6 Vereinigte Staaten  Gunnar Racing Vereinigte Staaten  Gunnar Jeannette Vereinigte Staaten  Duncan Dayton Vereinigte Staaten  Peter Kitchak Vereinigte Staaten  Ron Zitza 9 43 (DNF) 13 (DNF)

[5][6][7][8]

Le-Mans-Ergebnisse Bearbeiten

Jahr Nr. Team Fahrer Fahrer Fahrer Runden Rang
(Gesamt)
Rang
(Klasse)
1996 25 Deutschland  Porsche AG Deutschland  Hans-Joachim Stuck Belgien  Thierry Boutsen Frankreich  Bob Wollek 353 2 1
1996 26 Deutschland  Porsche AG Osterreich  Karl Wendlinger Frankreich  Yannick Dalmas Kanada  Scott Goodyear 341 3 2
1997 25 Deutschland  Porsche AG Deutschland  Hans-Joachim Stuck Belgien  Thierry Boutsen Frankreich  Bob Wollek 238 DNF DNF
1997 26 Deutschland  Porsche AG Frankreich  Emmanuel Collard Deutschland  Ralf Kelleners Frankreich  Yannick Dalmas 327 DNF DNF
1997 27 Italien  BMS Scuderia Italia Italien  Pierluigi Martini Italien  Christian Pescatori Brasilien  Antônio de Azevedo Hermann 317 8 4
1997 28 Deutschland  Konrad Motorsport Deutschland  Franz Konrad Italien  Mauro Baldi Vereinigtes Konigreich  Robert Nearn 138 DNF DNF
1997 29 Frankreich  JB Racing Deutschland  Jürgen von Gartzen Frankreich  Olivier Thévenin Frankreich  Alain Ferté 236 DNF DNF
1997 30 Deutschland  Kremer Racing Frankreich  Christophe Bouchut Vereinigte Staaten  Andy Evans Belgien  Bertrand Gachot 207 DNF DNF
1997 32 Deutschland  Roock Racing Monaco  Stéphane Ortelli Vereinigtes Konigreich  Allan McNish Osterreich  Karl Wendlinger 8 DNF DNF
1997 33 Deutschland  Schübel Engineering Portugal  Pedro Lamy Deutschland  Armin Hahne Frankreich  Patrice Goueslard 331 5 3
1998 25 Deutschland  Porsche AG Deutschland  Jörg Müller Deutschland  Uwe Alzen Frankreich  Bob Wollek 350 2 2
1998 26 Deutschland  Porsche AG Frankreich  Laurent Aïello Vereinigtes Konigreich  Allan McNish Monaco  Stéphane Ortelli 351 1 1

[9][10][11]Autos, die sich lediglich in der Meldeliste befanden, ohne an den Start gegangen zu sein, werden nicht aufgeführt.

Sebring-Ergebnisse Bearbeiten

Jahr Nr. Team Fahrer Fahrer Fahrer Runden Rang
(Gesamt)
Rang
(Klasse)
1999 4 Vereinigte Staaten  Champion Racing Belgien  Thierry Boutsen Frankreich  Bob Wollek Deutschland  Dirk Müller 310 4 4

[12]

Literatur Bearbeiten

  • Thomas Agethen; Walter, Sigmund: Typenkompass Porsche. Personenwagen seit 1948. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-613-02157-9
  • Tobias Aichele: Porsche 911 – Forever young. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-613-01546-3
  • Jörg Austen: Porsche 911 Rallye- und Rennsportwagen. Die technische Dokumentation. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-613-02492-6
  • Marc Bongers: Porsche. Serienfahrzeuge und Sportwagen seit 1948. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-613-02388-1
  • Paul Frère: Die Porsche 911 Story. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2002, ISBN 3-613-02225-7
  • Achim Kubiak: Faszination 911. Die Typologie des Porsche 911. Delius Klasing Verlag, Bielefeld 2004, ISBN 3-7688-1581-1
  • Randy Leffingwell: Porsche 911 – Perfektion und Design. HEEL Verlag, Königswinter 2007, ISBN 3-89880-641-3
  • Peter Schneider: Typenkompass Porsche. Renn- und Rennsportwagen seit 1948. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-613-02300-8

Weblinks Bearbeiten

Commons: Porsche 911 GT1 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Jürgens, Malte: Moby Quick – TEST des Porsche 911 GT1. In: „auto motor und sport“, Heft 10, 2. Mai 1997, S. 18–24.
  2. a b Dr. Ing. h. c. F. Porsche AG: 1997 Porsche 911 GT1 Evo auf: www.porsche.de. 24. Oktober 2006 13:35 Uhr
  3. Hack/Langkabel: Turbo- und Kompressormotoren. Entwicklung und Technik. Motorbuch Verlag, Stuttgart. 1. Auflage 1999, S. 330, ISBN 3-613-01950-7
  4. Bongers, Marc: Porsche. Serienfahrzeuge und Sportwagen seit 1948. Motorbuch Verlag, Stuttgart. 1. Auflage 2004, S. 159–160 und 181, ISBN 3-613-02388-1
  5. Daytona 24 Hours 1998 (Race Results). In: racingsportscars.com. Abgerufen am 10. März 2019.
  6. Daytona 24 Hours 2001 (Race Results). In: racingsportscars.com. Abgerufen am 10. März 2019.
  7. Daytona 24 Hours 2002 (Race Results). In: racingsportscars.com. Abgerufen am 10. März 2019.
  8. Daytona 24 Hours 2003 (Race Results). In: racingsportscars.com. Abgerufen am 10. März 2019.
  9. Le Mans 24 Hours 1996 (Race Results). In: racingsportscars.com. Abgerufen am 10. März 2019.
  10. Le Mans 24 Hours 1997 (Race Results). In: racingsportscars.com. Abgerufen am 10. März 2019.
  11. Le Mans 24 Hours 1998 (Race Results). In: racingsportscars.com. Abgerufen am 10. März 2019.
  12. Sebring 12 Hours 1999 (Race Results). In: racingsportscars.com. Abgerufen am 10. März 2019.