Palladianismus

durch den Architekten Andrea Palladio geprägter klassizistischer Baustil

Palladianismus bezeichnet einen klassizistisch geprägten Baustil, der sich am Werk des Architekten Andrea Palladio und seiner Nachfolger wie Vincenzo Scamozzi orientiert. Palladio entwarf und baute um die Mitte des 16. Jahrhunderts Paläste und Villen in Venetien sowie Kirchen in der Stadt Venedig selbst. Großen Einfluss auf die Nachwelt übte er zudem mit dem architekturtheoretischen Werk I quattro libri dell’architettura aus, das im Jahr 1570 in Venedig erschien.

Die von Andrea Palladio entworfene Villa La Rotonda bei Vicenza

Stilmerkmale Bearbeiten

 
Inigo Jones entwarf Queen’s House in Greenwich.

Aufgrund ihrer vergleichsweise klaren Formgebung, einfacher Kompositionsprinzipien und gut fassbarer Regeln fand eine Architektur nach dem Vorbild Palladios seit dem 17. Jahrhundert weite Verbreitung. Dazu trugen besonders die Quattro libri bei, die 1715 durch den in England arbeitenden Giacomo Leoni ins Englische übersetzt wurden. Selbst Laien und Liebhaberarchitekten konnten sich mit Erfolg an Entwürfen in Palladio-Art versuchen. Vor allem in den protestantischen Ländern Nord- und Westeuropas prägte der Palladianismus das Architekturgeschehen. Er grenzt sich durch strengere, klassizistischere Formen vom als „katholisch“ empfundenen römischen Barock ab. Im Gegensatz zum Barock kennt der Palladianismus kein konkav-konvexes Fassadenrelief, keine triumphale Aufgipfelung und keine bewegten Umrisse. Charakteristisch ist für den Palladianismus eine klare, betont antikisierende Verwendung der klassischen Bauformen, etwa durch Tempelfronten und Kolossalordnungen. Oft wird bei Wandöffnungen das Palladio-Motiv verwendet, bei dem eine höhere mittlere Bogenstellung von zwei schmalen, gerade abschließenden Öffnungen flankiert wird.

Verbreitung Bearbeiten

 
Das als palladianische Villa errichtete Herrenhaus von Monticello, dem Landsitz Thomas Jeffersons

Ausgehend von Italien beeinflusste der palladianische Stil ab dem 17. Jahrhundert auch die Baukunst in den protestantischen Ländern Nordwesteuropas und Amerikas. Jacob van Campen gilt als Begründer des Palladianismus in den Niederlanden. Im England des frühen 17. Jahrhunderts wurde er vor allem durch die Bauten von Inigo Jones bekannt. Dazu gehören unter anderem das Banqueting House in London und Queen’s House in Greenwich. Im frühen 18. Jahrhundert griffen liberale Landbesitzer auf palladianische Villen-Modelle zurück, so Richard Boyle, 3. Earl of Burlington mit Chiswick House. Erneut von Bedeutung wurden palladianische Motive im Klassizismus in der Zeit um 1800 und in der sogenannten Revolutionsarchitektur.

In den jungen USA, deren Gründergeneration die Römische Republik als Vorbild ihres neuen Staates sah, fielen palladianische Ideen auf fruchtbaren Boden. Beispiele dafür sind die von Thomas Jefferson entworfenen Bauten für seinen Landsitz Monticello und die University of Virginia. In der Folge beeinflusste der Palladianismus die Entwicklung der amerikanischen Kolonialform des georgianischen Stils, auch Greek Revival oder Antebellum-Architektur genannt. In der Gegenwart hat der Brite Quinlan Terry viel beachtete palladianische Villen und Landhäuser entworfen.

In München errichtete Karl von Fischer in den Jahren 1804–1806 das Prinz-Carl-Palais im Stil des Frühklassizismus, angelehnt an den von ihm bewunderten Palladio.[1]

Vertreter Bearbeiten

 
Grundriss von Chiswick House des Earl of Burlington

Zu den Architekten, die dem Palladianismus zugerechnet werden, zählen:

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Palladianismus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Crescenzio, Daniela: Italienische Spaziergänge in München, 2012, Band 1, Seite 87