Nordfriedhof (München)

Friedhof in München

Der Nordfriedhof ist mit rund 32.700 Grabplätzen einer der Großfriedhöfe der Stadt München. Er liegt an der Ungererstraße im Stadtteil Schwabing-Freimann. Der Friedhof wurde 1884 von der damaligen Gemeinde Schwabing errichtet. Nicht zu verwechseln ist der Friedhof mit dem Alten Nordfriedhof in München, der nur kurze Zeit davor auf dem damaligen Münchner Stadtgebiet entstand. Es gibt auch eine Station der U-Bahn München mit dem Namen Nordfriedhof, weshalb auch das umliegende Gebiet von der Bevölkerung Nordfriedhof genannt wird.

Der Nordfriedhof von Süden aus der Luft gesehen
Aussegnungshalle (Mitte), Leichenhalle (links, 2012)
Gesamtansicht des Friedhofsgebäudes (Leichenhauses) gegen das Gräberfeld (1901)[1]

Der Friedhof hat eine Aussegnungshalle, eine Leichenhalle und eine Mauereinfriedung, die zwischen 1896 und 1899 vom Stadtbaurat Hans Grässel entworfen wurden. 1962 kam noch eine Urnenhalle hinzu, die von dem 1963 gestorbenen Leiter des Münchener Grabmalamts und Architekten Eugen Jacoby geplant wurde.

Die Aussegnungshalle ist in Thomas Manns Novelle Der Tod in Venedig beschrieben, wenn auch leicht verändert. Der Anblick löst beim Protagonisten Todesahnung aus. Als er in dieser Stimmung einen „Fremden“ in Reisekleidung vor dem Portal der Halle sieht, stellt sich bei ihm „Reiselust“ ein, „wahrhaft als Anfall auftretend und ins Leidenschaftliche, ja bis zur Sinnestäuschung gesteigert“.

Rekonstruktion der Sphingen und der Westfassade Bearbeiten

Vor dem Eingang der Aussegnungshalle befanden sich bis Ende der 1950er Jahre zwei Sphingen, die Thomas Mann zu Beginn seiner Novelle Der Tod in Venedig als „apokalyptische Tiere“ beschrieb. Im November 2018 beschloss der Stadtrat auf Antrag des CSU-Stadtratsmitglieds[2] Ulrike Grimm,[3] die beiden Skulpturen zu rekonstruieren und anlässlich des 200-jährigen Jubiläums der Friedhofsverwaltung im Jahr 2019 wiederaufzustellen. Die Nachbildung der ersten Sphinx erfolgte durch den Landesinnungsverband der Steinmetze in Zusammenarbeit mit der Meisterschule für Steinmetze München.[4]

Ein Massengrab für 2099 Opfer (159 Unbekannte) des Bombenkriegs wurde 1950 zum Ehrenhain für Luftkriegsopfer umgestaltet. Der Ehrenhain umfasst 1940 Einzelgräber und ein Sammelgrab.[5] Das Mahnmal stammt von Hans Wimmer.

Im Dezember 2018 forderten die Freien Wähler, darüber hinaus auch die Reliefs und Inschriften an der Fassade sowie die Malereien in der Kuppel wiederherzustellen. Der Literaturwissenschaftler Dirk Heißerer bezeichnete das Rekonstruktionsvorhaben als „ein religions- und kulturgeschichtliches Projekt von kaum zu überschätzender Bedeutung“.[6][7] Im Juni 2019 stellte die Stadtverwaltung die Rekonstruktion der Westfassade in Aussicht.[8]

Am 11. Juli 2019 wurde die erste der beiden rekonstruierten Sphingen der Öffentlichkeit übergeben. Der originalgroße Rekonstruktionsentwurf stammt von der Münchner Steinbildhauerin Barbara Oppenrieder, die Ausführung verantwortete der Steinbildhauer und Steinrestaurator Wolfgang Gottschalk. Die Ausführung der Arbeiten oblag neben Oppenrieder und Gottschalk vor allem den Meisterschülern der Fachschule für Steintechnik/Meisterschule für das Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk.[9]

Die zweite Sphinx ist 2020 für 43.000 Euro (laut Stadtverwaltung) rekonstruiert worden.[10]

Gräber Bearbeiten

Auswahl von auf dem Münchner Nordfriedhof bestatteter Persönlichkeiten (Sortierung Nachname alphabetisch)

Liste auf dem Münchner Nordfriedhof bestatteter Persönlichkeiten

A

  • Peter Paul Althaus, (1892–1965), deutscher Schriftsteller und Kabarettist, Grabnr. 025-4-2
  • Herb Andress, (1935–2004), Schauspieler
  • Karl-Ernst Apfelbacher, (1940–2015), Fundamentaltheologe, Pfarrer
  • Annette von Aretin, (1920–2006), erste Fernsehansagerin des Bayerischen Rundfunks, Grabnr. 057-U3-5
  • August Arnold, (1898–1983), Filmregisseur, Filmproduzent, Filmtechnologie-Entwickler, Grabnr. 26-4-5
  • Karl Arnold, (1883–1953), Künstler, Karikaturist, Grabnr. Mauer links, 164-166
  • Philip Arp, (1929–1987), Schauspieler, Kabarettist, Autor und Theater-Regisseur

B

C D

E

F

G

H

  • Erika Hanfstaengl, (1912–2003), Kunsthistorikerin
  • Robert Hartig, (1839–1901), Forstwissenschaftler, Grabnr. 052-6-2
  • Klaus Havenstein, (1922–1998), Schauspieler, Kabarettist, Hörspiel- und Synchronsprecher, Grabnr. 119-1-30
  • Johannes Heesters, (1903–2011), Schauspieler, Sänger, Grabnr. 56-1-1
  • Robert Heger, (1886–1978), Dirigent, Komponist und Hochschullehrer, Grabnr. Mauer links, 277
  • Trude Hesterberg, (1892–1967), Bühnen- und Filmschauspielerin, Kabarettistin, Chansonsängerin, Grabnr. 97-U-197
  • Lorenz Hiltner, (1862–1923), Agrarwissenschaftler, Grabnr. Mauer rechts, 361
  • Heinrich Hoffmann, (1885–1957), Fotograf
  • Jürgen von Hollander, (1923–1985), Schriftsteller und Journalist, Grabnr. 095-5-14
  • Fritz Hommel, (1854–1936), Orientalist, Grabnr. 057-2-8/9
  • Kurt Horwitz, (1897–1974), Schauspieler, Regisseur, Intendant am Bayerischen Staatsschauspiel, Grabnr. 094-2-15

I

  • Peter Igelhoff, (1904–1978), Schlager- und Jazzkomponist und Musiker, Grabnr. 60-U-15

J K

  • Alexander Kaempfe, (1930–1988), Übersetzer, Journalist und Schriftsteller, Grabnr. Grabstätte aufgelöst
  • Gustav von Kahr, (1862–1934), Jurist, Politiker, bayerischer Ministerpräsident, Grabnr. Mauer links, 306-307
  • Joachim Kaiser, (1928–2017), Journalist, Hochschullehrer
  • Günther Kaufmann, (1947–2012), Schauspieler, Grabnr. Urnengrab A
  • Max Kemmerich, (1876–1932), Schriftsteller, Grabnr. 76-12-21
  • Eduard von Keyserling, (1855–1918), Schriftsteller, Grabnr. 024-4-1
  • Karl Knappe, (1884–1970), Bildhauer, Grabnr. 057-1-11
  • Kathi Kobus, (1854–1929), Münchner Gastronomin, Grabnr. 079-5-7
  • Wolfgang Koeppen, (1906–1996), Schriftsteller, Grabnr. 118-2-1
  • Oskar Körner, (1875–1923), Kaufmann, Politiker
  • Irene Koss, (1928–1996), Schauspielerin, erste Fernsehansagerin Deutschlands
  • Otto Kurth, (1912–1996), Schauspieler und Regisseur

L

  • Inge Latz, (1929–1994), Komponistin und Musikheilerin
  • Hermann Lenz, (1913–1998), Schriftsteller, Grabnr. Mauer links, 101
  • Theodor Lipps, (1851–1914), Philosoph und Psychologe, Grabnr. Mauer rechts, 169
  • Max Littmann, (1862–1931), Architekt, Grabnr. Mauer links, 317-320
  • Franz von Löher, (1818–1892), Rechtshistoriker und Politiker, Grabnr. Mauer rechts, 90/91
  • Georg Lohmeier, (1926–2015), Schriftsteller, Dramatiker, Regisseur und Schauspieler, Grabnr. 095-11-37a/b
  • Eugen von Lommel, (1837–1899), Physiker, Grabnr. Mauer rechts, 172
  • Elena Luber, (1914–1982), Schauspielerin

M

  • Ernst Mach, (1838–1916), Physiker, Sinnesphysiologe, Philosoph und Wissenschaftstheoretiker, Grabnr. 94 (Gedenkstele)
  • Georg Marischka, (1922–1999), Regisseur, Grabnr. 115-Urnengrab 2-18
  • Walter Meckauer, (1889–1966), Schriftsteller, Grabnr. 183-1-1
  • Alois Mitterwieser, (1876–1943), Historiker, Grabnr. 134-1-100

N

O

P

Q R

S

T

U V

  • Frederic Vester, (1925–2003), Biochemiker, Systemforscher, Umweltexperte, Autor, Grabnr. Mauer links, 101
  • Udo Vioff, (1932–2018), Schauspieler
  • Werner Vordtriede, (1915–1985), Literaturwissenschaftler, Übersetzer und Schriftsteller, Grabnr. Grabstätte inzwischen aufgelöst
  • Robert Vorhoelzer, (1884–1954), Architekt, Grabnr. 169-A-29

W

X Y Z

Siehe auch Bearbeiten

Liste von Begräbnisstätten bekannter Persönlichkeiten

Galerie Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Lioba Betten – Thomas Multhaup: Die Münchner Friedhöfe – Wegweiser zu Orten der Erinnerung, MünchenVerlag, München 2019, ISBN 978-3-7630-4056-8, S. 38–45
  • Matthias Gretzschel: Historische Friedhöfe in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das Reiselexikon. Callwey, München 1996, ISBN 3-7667-1233-0.
  • Erich Scheibmayr: Letzte Heimat. Persönlichkeiten in Münchner Friedhöfen 1784–1984. Erstauflage. Edition Scheibmayr, München 1985. [11]
    Fortgesetzt mit:
    Wer? Wann? Wo? Persönlichkeiten in Münchner Friedhöfen. (Teil 1/3, Ergänzung zum Grundwerk und Fortschreibung bis 1989). Edition Scheibmayr, München 1989, ISBN 3-9802211-1-3,
    Wer? Wann? Wo? Persönlichkeiten in Münchner Friedhöfen. (Teil 2/3, Ergänzung zum Grundwerk und Fortschreibung bis 1996). Edition Scheibmayr, München 1997, ISBN 3-9802211-3-X,
    Wer? Wann? Wo? Persönlichkeiten in Münchner Friedhöfen. (Teil 3/3, Ergänzung zum Grundwerk und Fortschreibung bis 2002). Edition Scheibmayr, München 2002, ISBN 3-9802211-4-8.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Nordfriedhof (München) – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. G(ustav) A(dolf) Horst: Die neuen Friedhof-Anlagen Münchens. In: Allgemeine Bauzeitung, Jahrgang 1901, (LXVI. Jahrgang), S. 34–37. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/abz
  2. Landtag Bayern: Art. 31 und 30 Bayerische Gemeindeordnung. Hrsg.: Freistaat Bayern.
  3. Archivierte Kopie (Memento vom 1. April 2016 im Internet Archive) Ulrike Grimm
  4. Thomas Manns «apokalyptische Tiere» sind wieder da - WELT. 7. Juli 2019, abgerufen am 30. Mai 2023.
  5. Nordfriedhof – München Wiki. Abgerufen am 7. Juni 2021.
  6. Süddeutsche Zeitung: "Pfusch und Liederlichkeit". 5. November 2018, abgerufen am 30. Mai 2023.
  7. Süddeutsche Zeitung: Nun geht es um die ganze Fassade. 2. Dezember 2018, abgerufen am 30. Mai 2023.
  8. Süddeutsche Zeitung: Nordfriedhof in München - Fassaden-Rekonstruktion. 18. Juni 2019, abgerufen am 30. Mai 2023.
  9. Herzlich Willkommen. Abgerufen am 30. Mai 2023 (deutsch).
  10. Süddeutsche Zeitung: Noch ein fabelhaftes Wesen. Abgerufen am 27. Oktober 2019.
  11. Permalink Deutsche Nationalbibliothek.

Koordinaten: 48° 10′ 30″ N, 11° 36′ 10″ O