Nationale Volksversammlung (Algerien)

Unterhaus des Parlamentes von Algerien

Die Nationale Volksversammlung (arabisch المجلس الشعبي الوطني, DMG al-Maǧlis aš-Šaʿbī al-Waṭanī; französisch Assemblé populaire nationale) ist das Unterhaus des Parlamentes von Algerien. Die Nationalversammlung besteht aus 462 Abgeordneten, die für fünf Jahre direkt von der Bevölkerung gewählt werden. Hiervon sind 8 Sitze für im Ausland lebende algerische Staatsbürger reserviert.

Nationale Volksversammlung (Algerien)
Logo
Basisdaten
Sitz: Algier
Legislaturperiode: fünf Jahre[1]
Erste Sitzung: 20. September 1962[1]
Abgeordnete: 462[1]
Aktuelle Legislaturperiode
Letzte Wahl: 4. Mai 2017
Vorsitz: Präsident Slimane Chenine
Sitzverteilung:
Website
www.apn.dz
Parlamentsgebäude
Parlamentsgebäude

Geschichte Bearbeiten

Die ersten Parlamentswahlen des unabhängigen Algeriens fanden am 20. September 1962 statt. Das damalige Einkammerparlament wurde für eine Dauer von einem Jahr gewählt und diente als verfassungsgebende Versammlung. Im Oktober 1963 entmachtete Präsident Ahmed Ben Bella diese. Infolge der Revolution 1965 wurde die Legislativgewalt nach Artikel 126 der neuen Verfassung dem Revolutionsrat übertragen. Erst mit der Verabschiedung der neuen Verfassung 1976 wurde die Nationale Volksversammlung wiederhergestellt. Bis 1991 dominierte die Nationale Befreiungsfront (FLN) das Parlament, da die algerische Verfassung von 1976 die FLN als bevorzugte algerische politische Partei definierte.

Als 1991 die ersten Wahlen mit Mehrparteiensystem stattfinden sollten, deutete sich ein Sieg der Islamisten an, woraufhin die Nationalen Streitkräfte des algerischen Volkes die Wahlen stornierten. Der Nationale Beratende Rat wurde von April 1992 bis Mai 1994 als Ersatzgeber eingerichtet. Anschließend übernahm der Nationale Übergangsrat die Legislativgewalt.

Im Jahr 1996 wurde durch eine neue Verfassung die Einführung eines Zweikammersystems zur gegenseitigen Machtkontrolle eingeführt. Dieses besteht aus der Nationalen Volksversammlung mit damals 389 Mitgliedern und dem Nationalrat mit 144 Mitgliedern. Am 5. Juni 1997 fanden schließlich die ersten Wahlen des neuen Parlaments statt.[1]

Wahlsystem Bearbeiten

Die Nationale Volksversammlung besteht aus 462 Abgeordneten, die in 48 Mehrpersonenwahlkreisen gewählt werden, die den Wilayas (Präfekturen) des Landes entsprechen. Jedem Wahlkreis wird je nach Einwohnerzahl eine Anzahl von Sitzen zugewiesen: ein Sitz pro 80.000 Einwohner plus ein Sitz für jedes verbleibende Segment von 40.000 Einwohnern mit mindestens vier Sitzen pro Wahlkreis.

Wahlen Bearbeiten

 
Plenarsaal der Nationalen Volksversammlung

Freie Parlamentswahlen fanden jeweils im Mai 1997, 2002, 2007, 2012 sowie 2017 statt. Wahlberechtigt ist jeder algerische Staatsbürger, der das 18. Lebensjahr erreicht hat.

Bei den letzten Wahlen 2017 traten insgesamt 11.315 Kandidaten (7.679 Männer und 3.636 Frauen) zur Wahl an.[2]

Die Partei Nationale Befreiungsfront (FLN) wurde mit 161 Sitzen stärkste Kraft und bildete eine sozial-liberale Koalition mit der Nationalen Demokratischen Sammlung (RND), die 100 Sitze erreichen konnte. Der Frauenanteil beträgt 25,8 %.[2]

Am 19. Februar 2021 kündigte Präsident Abdelmadjid Tebboune die Auflösung der Nationalversammlung und deren vorgezogene Neuwahl an.[3] Ursprünglich waren die nächsten Wahlen für Mai 2022 vorgesehen. Die Wahl findet am 12. Juni 2021 statt.[4]

Zusammensetzungen Bearbeiten

Zusammensetzung nach Legislaturperioden
Legislatur Wahl Zusammensetzung Parlamentspräsident Regierungsparteien
Verfassungsgebende Versammlung 1962   September 1962 bis August 1963: Ferhat Abbas


August 1963 bis Juni 1965:

Hadj Mohamed Benalla

FLN (196) 100 %
I 1964   FLN (136) 100 %
1965–1976 lag die Legislativgewalt beim Revolutionsrat
II 1977   März 1977 bis Oktober 1990:

Rabah Bitat


Oktober 1990 bis Januar 1992: Abdelaziz Belkhadem

FLN (272) 100 %
III 1982   FLN (282) 100 %
III 1987   FLN (295) 100 %
Neue Verfassung 1996 mit Mehrparteiensystem
IV 1997
 
5. Juni 1997 bis 10. Juni 2002: Abdelkader Bensalah (RND) RND (156) MSP (69) FLN (62) 62,1 % der Sitze
V 2002
 
10. Juni 2002 bis 3. Juni 2004: Karim Younès (FLN)


23. Juni 2004 bis 30. Mai 2007: Amar Saidani (FLN)

FLN (199) MRN (43) RND (49) 74,8 % der Sitze
VI 2007
 
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30. Mai 2007 bis 26. Mai 2012: Abdelaziz Ziari (FLN) FLN (136) RND (62) MSP (52) 64,3 % der Sitze
VII 2012
 
26. Mai 2012 bis 23. Mai 2017: Mohamed Larbi Ould Khelifa (FLN) RND (70) FLN (221) 63 % der Sitze
VIII 2017
 
26. Mai 2012 bis 23. Mai 2017: Mohamed Larbi Ould Khelifa (FLN)


23. Mai 2017 bis 24. Oktober 2018: Said Bouhadja (FLN)


24. Oktober 2018 bis 2. Juli 2019: Mouad Bouchareb (FLN)


2. Juli 2019 bis 10. Juli 2019: Abderrazak Terbeche (FLN), kommissarisch

RND (100) FLN (161) 56,5 % der Stimmen
VIII 2017
 
seit dem 10. Juli 2019: Slimane Chenine (El Bina) RND (97) FLN (164) FM (14) TAJ (19) Mouvement populaire algérien (13) ANR (8) 68,2 % der Sitze

Nationale Konsultativversammlung (Conseil consultatif national)

Nationale Übergangsversammlung (Conseil national de transition)

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d Beschreibung des Parlaments (Memento des Originals vom 11. April 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.algeriaemb.ir, Website der algerischen Botschaft im Iran, abgerufen Mai 2015.
  2. a b IPU PARLINE database: ALGERIA (Al-Majlis Al-Chaabi Al-Watani), Last elections. Abgerufen am 19. Februar 2021.
  3. dpa, Sarah Lena Grahn: Algerien: Algeriens Präsident löst Parlament auf und kündigt Neuwahl an. In: zeit.de. 19. Februar 2021, abgerufen am 27. Januar 2024.
  4. https://www.radioalgerie.dz/news/fr/article/20210311/208422.html