Mikroklin

Mineral aus der Gruppe der Feldspate

Mikroklin ist ein sehr häufig vorkommendes Mineral aus der Gruppe der Feldspate innerhalb der Mineralklasse der Silikate mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung K[AlSi3O8][2] und ist damit chemisch gesehen ein Kalium-Aluminium-Silikat. Strukturell gehört Mikroklin zu den Gerüstsilikaten (Tektosilikaten).

Mikroklin
Mikroklin mit Albitüberkrustung aus Papachacra, Departamento Belén, Catamarca, Argentinien (Größe: 9,9 cm × 9,0 cm × 5,3 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Mcc[1]

Chemische Formel K[AlSi3O8][2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Gerüstsilikate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/F.03a
VIII/J.06-030

9.FA.30
76.01.01.05
Kristallographische Daten
Kristallsystem triklin
Kristallklasse; Symbol triklin-pinakoidal; 1
Raumgruppe C1 (Nr. 2, Stellung 3)[3]Vorlage:Raumgruppe/2.3[2]
Gitterparameter a = 8,59 Å; b = 12,97 Å; c = 7,22 Å
α = 90,6°; β = 116,0°; γ = 87,6°[2]
Formeleinheiten Z = 4[2]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 6 bis 6,5[4]
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,54 bis 2,57; berechnet: 2,56[4]
Spaltbarkeit vollkommen nach {001} und {010}[4]
Bruch; Tenazität uneben; spröde
Farbe farblos, weiß, grau, rosa, gelb, rot, grün
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz, Perlglanz auf den Spaltflächen
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,514 bis 1,529[5]
nβ = 1,518 bis 1,533[5]
nγ = 1,521 bis 1,539[5]
Doppelbrechung δ = 0,007 bis 0,010[5]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = gemessen: 66° bis 103°; berechnet: 80°[5]

Mikroklin entwickelt meist prismatische bis tafelige Kristalle, kommt aber auch in Form körniger bis massiger Mineral-Aggregate vor. Die unverletzten Oberflächen der durchsichtigen bis durchscheinenden Kristalle weisen einen glasähnlichen Glanz auf, während Spaltflächen eher perlmuttartig schimmern.

Aufgrund seiner Mischkristallbildung mit seinem Natrium-Analogon Albit ist beim Mikroklin oft ein Anteil des Kaliums durch Natrium ersetzt (substituiert). Zudem sorgen verschiedene Fremdbeimengungen dafür, dass Mikroklin nur selten farblos bzw. durch Zwillingsbildung oder Gitterbaufehlern weiß ist, sondern oft eine hellgelbe, rosa bis rote, blaue bis grüne oder graue bis braune Farbe annimmt. Bekannt ist dabei vor allem die grüne bis blaugrüne Varietät Amazonit, die aufgrund seines Farbenspiels gerne als Schmuckstein verwendet wird.

Etymologie und Geschichte Bearbeiten

Erstmals gefunden wurde Mikroklin 1830 bei Stavern in Norwegen und beschrieben durch August Breithaupt, der das Mineral nach den griechischen Worten μικρός mikrós für „klein“ und κλίνειν klin für geneigt benannte, aufgrund der Eigenschaft, dass die Spaltebenen kleine Abweichungen von 90° zeigen.

Klassifikation Bearbeiten

Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Mikroklin zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Gerüstsilikate (Tektosilikate)“, wo er zusammen mit Anorthoklas, Orthoklas und Sanidin die Untergruppe der „Kalifeldspate“ mit der System-Nr. VIII/F.03a innerhalb der Feldspat-Familie bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser klassischen Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/J.06-30. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung der „Gerüstsilikate“, wo Mikroklin zusammen mit Buddingtonit, Celsian, Hexacelsian, Hyalophan, Kokchetavit, Orthoklas, Paracelsian, Rubiklin, Sanidin und Slawsonit eine eigenständige, aber unbenannte Untergruppe innerhalb der von J.06 bis J.07 reichenden „Feldspat-Gruppe“ bildet.[6]

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[7] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Mikroklin in die etwas abweichend definierte Abteilung der „Gerüstsilikate (Tektosilikate) ohne zeolithisches H2O“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit zusätzlicher Anionen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Gerüstsilikate (Tektosilikate) ohne zusätzliche Anionen“ zu finden ist, wo es zusammen mit den Zwischengliedern Adular, Anorthoklas und Hyalophan sowie mit Buddingtonit, Celsian, Monalbit, Orthoklas, Rubiklin und Sanidin ebenfalls die Gruppe „Alkalifeldspate“ mit der System-Nr. 9.FA.30 innerhalb der Feldspatfamilie bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Mikroklin in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Gerüstsilikate mit Al-Si-Gitter“ ein. Hier ist er in der Gruppe „K (Na,Ba)-Feldspate“ mit der System-Nr. 76.01.01 innerhalb der Unterabteilung „Mit Al-Si-Gitter“ zu finden.

Kristallstruktur Bearbeiten

Mikroklin kristallisiert triklin in der Raumgruppe C1 (Raumgruppen-Nr. 2, Stellung 3)[3]Vorlage:Raumgruppe/2.3 mit den Gitterparametern a = 8,59 Å; b = 12,97 Å; c = 7,22 Å; α = 90,6°; β = 116,0° und γ = 87,6° sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]

Varietäten und Modifikationen Bearbeiten

 
Amazonit aus dem Yucca Hill, Lake George, Colorado, USA

Die Verbindung K[AlSi3O8] ist dimorph und kommt neben der triklin kristallisierenden Tieftemperatur-Modifikation Mikroklin noch als monoklin kristallisierende Hochtemperatur-Modifikation Orthoklas vor.

Die einzige bisher bekannte Varietät ist der hell- bis dunkelgrüne Amazonit.

Bildung und Fundorte Bearbeiten

 
Mikroklin (weiß) mit Rauchquarz aus Conway, Carroll County, New Hampshire, USA (Größe: 5,9 cm × 5,9 cm × 3,9 cm)

Mikroklin bildet sich magmatisch in Granit, Pegmatit und Syenit oder metamorph in verschiedenen Gesteinen. Außerdem bildet es Pseudomorphosen nach Sanidin.

Als Begleitminerale des Mikroklins finden sich unter anderem Albit, Biotit, Fluorit, Muskovit, Quarz, verschiedene Amphibole und verschiedene Turmaline sowie Erzminerale wie Spodumen, Amblygonit, Kassiterit und Tantalit-(Mn).

Als häufige Mineralbildung ist Mikroklin an vielen Fundorten anzutreffen, wobei bisher (Stand: 2015) fast 5000 Fundorte[8] als bekannt gelten.

Bekannt aufgrund außergewöhnlicher Mikroklinfunde sind unter anderem die Black Hills im US-Bundesstaat South Dakota, wo riesige Kristalle mit einem Durchmesser von bis zu 12 Metern zutage traten.[9] Der bisher größte bekannte Mikroklinkristall und vermutlich größte Kristall weltweit stammt aus der Devils Hole Beryl Mine im Fremont County von Colorado, wo er 1981 entdeckt wurde. Der Kristall ist 49,38 Meter lang, hat einen Querschnitt von 35,97 Meter × 13,72 Meter und ein Gewicht von 15.908,89 Tonnen.[10]

In Deutschland konnte Mikroklin bisher vor allem im Fichtelgebirge und in Niederbayern entdeckt werden. Daneben sind aber auch einige Fundpunkte im Schwarzwald in Baden-Württemberg, bei Bad Harzburg in Niedersachsen, bei Hochstädten (Bensheim) in Hessen, im sächsischen Erzgebirge und der Oberlausitz sowie in der Uranlagerstätte Ronneburg in Thüringen bekannt.

In Österreich fand sich das Mineral an vielen Orten in Kärnten, Niederösterreich, an einigen Stellen in Salzburg, der Steiermark und Oberösterreich sowie am Mörchnerkar im Zemmgrund in Tirol und an der Fresch Alp in der Vorarlberger Gemeinde Silbertal.

Größere Fundgebiete liegen unter anderem Afghanistan, Argentinien, Brasilien, China, Kanada, Myanmar (Burma), Tschechien, Finnland, Frankreich, Grönland, Indien, Italien, Japan, Madagaskar, Namibia, Norwegen, im Vereinigten Königreich (UK) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[11]

Verwendung Bearbeiten

Mikroklin dient als Rohstoff in der Keramik-, Glas- und Emailindustrie.[12] Seine Varietät Amazonit findet als Schmuckstein Verwendung.[13]

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Mikroklin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 694.
  3. a b Die Nummerierung dieser Achsenstellung entspricht nicht der Reihenfolge der International Tables for Crystallography, da diese dort nicht aufgeführt wird.
  4. a b c Microcline. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 78 kB; abgerufen am 23. September 2019]).
  5. a b c d e Microcline. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 23. September 2019 (englisch).
  6. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  7. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF 1703 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 23. September 2019 (englisch).
  8. Localities for Microcline. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 23. September 2019 (englisch).
  9. Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 264.
  10. Mineralienatlas: Mineralrekorde
  11. Fundortliste für Mikroklin beim Mineralienatlas und bei Mindat
  12. Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 603.
  13. Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. 16., überarbeitete Auflage. BLV Verlag, München 2014, ISBN 978-3-8354-1171-5, S. 180.