Martin Schanche

norwegischer Autorennfahrer und Politiker

Martin Schanche (sprich: Skanke) (* 1. Januar 1945 in Trondheim als Horst Manfred Wunderle) ist ein ehemaliger norwegischer Autorennfahrer. Seine größten sportlichen Erfolge waren die sechs Rallycross-Europameistertitel, die er zwischen 1978 und 1995 erringen konnte. Sein Spitzname ist „Mister Rallycross“, den Anfang der 1980er-Jahre ein deutscher Rallycross-Journalist prägte und der sich danach weltweit etablierte.

1998: Martin Schanche und sein langjähriger Erzrivale Kenneth Hansen
1992: „Mister Rallycross“ und sein 650 PS starker Ford RS 200 E2
1981: Die erste veröffentlichte Erwähnung des Spitznamens „Mister Rallycross“ in der Motorsport aktuell

Karriere Bearbeiten

Der bei seinen Adoptiveltern Rolf und Alfhild Schanche in dem Dörfchen Leirpollskogen (Austertana) in der Finnmark aufgewachsene Martin Schanche, leiblicher Sohn des am 3. April 1945 bei Trondheim abgestürzten deutschen Feldwebels und Luftwaffen-Piloten Martin Wunderlich aus Öflingen und einer Norwegerin, zählte während seiner relativ spät begonnenen Motorsportkarriere (sein erstes Rennen fuhr er erst mit 27 Jahren) laut der norwegischen Tageszeitung VG (Verdens Gang) in seinem eigenen Land zu den zehn bekanntesten Norwegern. Seine Popularität war dort über Jahre hinweg in etwa der von Michael Schumacher in Deutschland vergleichbar, nach Beendigung seiner Rennsport-Karriere wurde er von seinem Freund Petter Solberg als Norwegens wichtigster Motorsportler abgelöst.

Schanche bestritt zwischen Italien 1977 und Deutschland 2001 als Rennsport-Profi insgesamt 232 Läufe zur Rallycross-Europameisterschaft, von denen er 74 (noch immer Rekord) gewinnen konnte. Dabei sicherte er sich sechs FIA-Europameistertitel für Rallycross-Fahrer (1978, 1979, 1981, 1984, 1991 und 1995). Darüber hinaus wurde er achtmal Vize-Europameister und zweimal EM-Dritter. Er gilt auch viele Jahre nach seinem Rückzug vom Motorsport noch immer als das Aushängeschild dieser Disziplin, was auch sein Spitzname „Mister Rallycross“ verdeutlicht. Neben seinen Rallycross-Aktivitäten bestritt er vier Jahre lang, davon drei Jahre mit eigenem Gruppe-C2-Fahrzeug und Team, Rennen der Sportwagen-Weltmeisterschaft. Außerdem trat er mit einem eigenen Ford Escort RS der Gruppe 4 bei einigen Rallyes an, wie bei der Rallye Schweden des Jahres 1980 und Rallye Großbritannien des Jahres 1982. 1984 unternahm er mit seinem 560 PS starken Ford Escort Mk3 Xtrac/Zakspeed einen Versuch, den Streckenrekord des Pikes Peak International Hill Climbs (PPIHC) in den USA zu verbessern, der jedoch nach etwa einem Drittel der Distanz durch einen Reifenschaden vorne rechts unmöglich gemacht wurde. Bis dahin waren die Zwischenzeiten des Norwegers schneller als die Zeiten der späteren Siegerin Michèle Mouton (Audi Sport quattro) gemessen worden.

Schanche, der zuvor viele Jahre in Stavanger wohnte, lebt seit Beginn der 1980er-Jahre mit seiner deutschstämmigen Frau Birgit und der gemeinsamen Tochter Melissa in Drøbak (Provinz Akershus) am Oslofjord. Melissa ist als Gewichtheberin erfolgreich aktiv und wurde zwischen 2017 und 2021 fünf Mal in Serie Norwegische Meisterin in ihren verschiedenen Körpergewichtsklassen. Aus seiner ersten Ehe hat Schanche einen Sohn und eine weitere Tochter. Nach dem Rückzug vom Motorsport war er in seiner Kommune Frogn auch einige Jahre als Kommunalpolitiker der Frp aktiv.

Rallycross-Ergebnisse Bearbeiten

FIA European Rallycross Cup Bearbeiten

Jahr Team Fahrzeug 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Platzierung Punkte
1977 Martin Schanche Racing Ford Escort RS1800 AUT1
DNS
NED1
DNS
ITA
DSQ
SWE1
DNS
FIN
NC
BEL1
NC
SWE2
DNS
NED2
DNS
BEL2
DNS
GER
3
AUT2
DNS
18. 12
1978 Martin Schanche Racing Ford Escort RS1800 AUT
6
ITA
2
SWE
2
FIN
NC
BEL
1
NED
1
FRA
1
GBR
1
GER
2
1. 131

FIA European Rallycross Championship Bearbeiten

TouringCars Bearbeiten

Jahr Team Fahrzeug 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Platzierung Punkte
1979 Martin Schanche Racing Ford Escort RS1800 AUT
2
ITA
3
FIN
4
SWE
5
FRA
1
BEL
1
NED
4
GBR
1
GER
2
1. 130
1980 Martin Schanche Racing Ford Escort RS1800 AUT
16
ITA
1
SWE
1
FIN
3
DEN
5
BEL
3
NED
1
NOR
5
GBR
3
FRA
6
GER
1
2. 138
1981 Martin Schanche Racing Ford Escort RS1800 Turbo AUT
NC
SWE
2
FIN
1
DEN
2
BEL
11
NED
1
FRA
1
NOR
4
GBR
1
GER
10
1. 121

Division 2 Bearbeiten

Jahr Team Fahrzeug 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Platzierung Punkte
1982 Martin Schanche Racing Ford Escort RS1800 Turbo AUT
7
SWE
6
FIN
3
FRA
9
BEL
6
NED
1
NOR
1
GBR
1
GER
3
1. 121
1983 Martin Schanche Racing Ford Escort RS1800 Turbo AUT
10
SWE
1
FIN
NC
FRA
5
BEL
3
NED
1
NOR
5
GBR
NC
4. 69
1984 Martin Schanche Racing Ford Escort XR3 T16 4x4 AUT
5
SWE
2
FIN
1
FRA
1
BEL
1
NED
1
GBR
NC
GER
1
NOR
1
1. 149
1985 Martin Schanche Racing Ford Escort XR3 T16 4x4 AUT
6
FIN
6
SWE
6
FRA
2
BEL
2
NOR
1
GBR
1
GER
1
NED
6
2. 138
1986 Martin Schanche Racing Ford Escort XR3 T16 4x4 AUT
7
FIN
1
FRA
1
BEL
4
NED
1
NOR
1
GBR
NC
GER
DNS
SWE
6
2. 114
1987 Martin Schanche Racing Ford RS200 E2 AUT
NC
SWE
DNS
FIN
NC
SPA
NC
FRA
12
IRE
DNS
BEL
1
NED
1
NOR
22
GBR
1
GER
4
6. 78
1988 Martin Schanche Racing Ford RS200 E2 SPA
5
AUT
2
SWE
(DSQ)
FIN
(7)
IRE
2
FRA
6
BEL
1
NED
(10)
NOR
(6)
GBR
1
GER
5
2. 109
1989 Martin Schanche Racing Ford RS200 E2 SPA
(3)
AUT
1
SWE
(6)
FiN
2
IRE
2
FRA
1
BEL
2
NED
2
NOR
(6)
GBR
(9)
GER
2
2. 125
1990 Martin Schanche Racing Ford RS200 E2 AUT
(6)
SWE
4
FIN
2
IRE
3
FRA
(6)
BEL
1
NED
1
NOR
(11)
GER
1
GBR
1
2. 125
1991 Martin Schanche Racing Ford RS200 E2 POR
1
AUT
1
FIN
1
FRA
(2)
IRE
(DSQ)
SWE
(6)
BEL
(6)
NED
1
NOR
1
GBR
1
GER
1
1. 140
1992 Martin Schanche Racing Ford RS200 E2 GBR
1
AUT
DNS
POR
1
FIN
DSQ
SWE
SUS
FRA
SUS
IRE
SUS
BEL
NC
NED
5
NOR
1
GER
1
4. 92
1993 Martin Schanche Racing Ford Escort RS2000 T16 4x4 AUT
3
POR
6
FRA
(NC)
IRE
5
SWE
(NC)
FIN
DNS
BEL
1
NED
6
NOR
4
GER
3
5. 90
1994 Martin Schanche Racing Ford Escort RS2000 T16 4x4 AUT
(16)
POR
2
FRA
2
IRE
3
GBR
1
SWE
(5)
FIN
1
BEL
4
NED
1
NOR
(6)
GER
(5)
2. 122
1995 Martin Schanche Racing Ford Escort RS2000 T16 4x4 AUT
(DSQ)
POR
(6)
FRA
1
SWE
2
GBR
2
IRE
(3)
BEL
1
NED
1
NOR
1
FIN
1
CZE
1
GER
(6)
1. 154
1996 Martin Schanche Racing Ford Escort RS2000 T16 4x4 AUT
7
POR
7
FRA
15
SWE
DNS
IRE
DNS
GBR
(NC)
BEL
9
NED
(NC)
NOR
4
CZE
1
GER
4
9. 76

Division 1* Bearbeiten

Jahr Team Fahrzeug 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Platzierung Punkte
1997 Martin Schanche Racing Ford Escort RS2000 T16 4x4 AUT
1
FRA
1
POR
5
GBR
DSQ
SWE
(6)
FIN
1
BEL
(NC)
NOR
1
CZE
(6)
GER
3
3. 107
1998 Martin Schanche Racing Ford Escort RS2000 T16 4x4 AUT
4
POR
(6)
FRA
3
SWE
3
GBR
DNS
FIN
1
BEL
2
NOR
(5)
GER
1
CZE
4
3. 113
1999 Martin Schanche Racing Opel Astra G T16 4x4 CZE
DNS
FRA
(NC)
POR
7
SWE
15
FIN
11
BEL
12
NED
10
NOR
9
GER
NC
11. 38
2000 Martin Schanche Racing Opel Astra G T16 4x4 POR
5
FRA
5
CZE
(NC)
SWE
7
BEL
(NC)
NED
6
NOR
1
POL
4
GER
5
5. 90
2001 Martin Schanche Racing Opel Astra G T16 4x4 FRA
(5)
POR
2
AUT
(6)
CZE
1
SWE
4
BEL
2
NED
5
NOR
3
POL
(7)
GER
(10)
4. 94

* Die Division 2 wurde 1997 in Division 1 umbenannt.

Le-Mans-Ergebnisse Bearbeiten

Für das Jahr 1985 war Martin Schanche zusammen mit seinem Landsmann Torgjer Kleppe und dem Schweden Stanley Dickens auf einem TOJ-Porsche 934 Flat-6 des schwedischen Teams Strandell Porsche eingeschrieben. Doch kam es nicht zu einem Start, weil das Team nach einem Motorschaden bereits im Training aufgeben musste.

Jahr Team Fahrzeug Teamkollege Teamkollege Platzierung Ausfallgrund
1986 Norwegen  Lucky Strike Schanche Racing Argo JM19 C2 Irland  Martin Birrane Norwegen  Torgjer Kleppe Ausfall 1. Runde (Birrane) Motorschaden
1987 Norwegen  Team Lucky Strike Schanche Argo JM19 C2 Vereinigtes Konigreich  Will Hoy Vereinigtes Konigreich  Robin Smith Ausfall Unfall
1988 Norwegen  Team Lucky Strike Schanche Argo JM19 C2 Vereinigtes Konigreich  Robin Donovan Vereinigtes Konigreich  Robin Smith Rang 25

Einzelergebnisse in der Sportwagen-Weltmeisterschaft Bearbeiten

Saison Team Rennwagen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
1985 Strandell Motors Strandell 85 Italien  MUG Italien  MON Vereinigtes Konigreich  SIL Frankreich  LEM Deutschland  HOK Kanada  MOS Belgien  SPA Vereinigtes Konigreich  BRH Japan  FUJ Malaysia  SEL
DNF 13
1986 Schanche Racing Argo JM19 Italien  MON Vereinigtes Konigreich  SIL Frankreich  LEM Deutschland  NÜN Vereinigtes Konigreich  BRH Spanien  JER Deutschland  NÜR Belgien  SPA Japan  FUJ
15 DNF 18 DNF DNF DNF DNF 26
1987 Schanche Racing Argo JM19 Spanien  JAR Spanien  JER Italien  MON Vereinigtes Konigreich  SIL Frankreich  LEM Deutschland  NÜN Vereinigtes Konigreich  BRH Deutschland  NÜR Belgien  SPA Japan  FUJ
DNF DNF 11 DNF 12 11 DNF 14
1988 Schanche Racing Argo JM19 Spanien  JER Spanien  JAR Italien  MON Vereinigtes Konigreich  SIL Frankreich  LEM Tschechien  BRÜ Vereinigtes Konigreich  BRH Deutschland  NÜR Belgien  SPA Japan  FUJ Australien  SAN
11 17 DNF DNF 25 10 10

Siehe auch Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Martin Schanche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Publikationen Bearbeiten

  • Sverre Amundsen: Martin Schanche. Racing Revyen, 1979, ISBN 82-990531-0-2.
  • Rolf Nordberg: Martin Schanche – i fyr og flamme. Cappelens Forlag, 1981, ISBN 82-02-09490-9.
  • Sverre Inge Apenes: Martin Schanche – så glad, så sint, så fort… Godbok, 1986, ISBN 82-7398-000-6.
  • Asle T. Johansen: Martin – Historien han aldri har fortalt. Fri Flyt AS, 2016, ISBN 978-82-93090-46-5.

Dokumentation Bearbeiten

  • TV Media Produksjon AS: 25 år med Mr. Rallycross, DVD mit 90 Minuten Laufzeit die Martin Schanches Rallycross-Karriere von 1978 bis 2001 dokumentiert (einzig norw. Kommentar)