Lunz am See

Marktgemeinde im Bezirk Scheibbs, Niederösterreich

Lunz am See ist eine Marktgemeinde mit 1758 Einwohnern (Stand 1. Jänner 2023) im Bezirk Scheibbs in Niederösterreich.

Marktgemeinde
Lunz am See
Wappen Österreichkarte
Wappen von Lunz am See
Lunz am See (Österreich)
Lunz am See (Österreich)
Basisdaten
Staat: Österreich
Bundesland: Niederösterreich
Politischer Bezirk: Scheibbs
Kfz-Kennzeichen: SB
Fläche: 101,43 km²
Koordinaten: 47° 52′ N, 15° 2′ OKoordinaten: 47° 51′ 38″ N, 15° 1′ 37″ O
Höhe: 601 m ü. A.
Einwohner: 1.758 (1. Jän. 2023)
Bevölkerungsdichte: 17 Einw. pro km²
Postleitzahl: 3293
Vorwahl: 07486
Gemeindekennziffer: 3 20 05
Adresse der
Gemeinde­verwaltung:
Amonstraße 16
3293 Lunz am See
Website: www.lunz.at
Politik
Bürgermeister: Josef Schachner (ÖVP)
Gemeinderat: (Wahljahr: 2020)
(19 Mitglieder)
11
7
1
11 
Insgesamt 19 Sitze
Lage von Lunz am See im Bezirk Scheibbs
Lage der Gemeinde Lunz am See im Bezirk Scheibbs (anklickbare Karte)GamingGöstling an der YbbsGrestenGresten-LandLunz am SeeOberndorf an der MelkPuchenstubenPurgstall an der ErlaufRandeggReinsberg (Niederösterreich)ScheibbsSt. Anton an der JeßnitzSt. Georgen an der LeysSteinakirchen am ForstWangWieselburgWieselburg-LandWolfpassingNiederösterreich
Lage der Gemeinde Lunz am See im Bezirk Scheibbs (anklickbare Karte)
Vorlage:Infobox Gemeinde in Österreich/Wartung/Lageplan Imagemap
Blick Richtung Südwesten mit dem Ortskern von Lunz am See
Blick Richtung Südwesten mit dem Ortskern von Lunz am See
Quelle: Gemeindedaten bei Statistik Austria

Geografie Bearbeiten

Lunz am See liegt im Mostviertel im Ybbstal in der niederösterreichischen Eisenwurzen. Die Fläche der Marktgemeinde umfasst 101,41 Quadratkilometer. 82,44 Prozent der Fläche sind bewaldet. Im Gemeindegebiet liegt der Lunzer See. Lunz liegt an der Ybbs, die vor Lunz Ois genannt wird.

Gemeindegliederung Bearbeiten

Katastralgemeinden sind Ahorn, Bodingbach, Hohenberg, Lunzamt, Lunzdorf, Seekopf und Weißenbach.

Nachbargemeinden Bearbeiten

Ybbsitz (Bezirk Amstetten) Gresten-Land
St. Georgen am Reith (Bezirk Amstetten)   Gaming
Göstling an der Ybbs

Geschichte Bearbeiten

Funde aus der jüngeren Steinzeit, wie zum Beispiel ein etwa 4000 Jahre altes Serpentin-Steinbeil, belegen eine frühe Besiedelung. Später wechselten dann Kelten ins obere Ybbstal, gefolgt von den Römern. Das Gebiet von Lunz am See war Teil der Provinz Noricum. Die Kelten und später die Römer bauten das „norische Eisen“ am steirischen Erzberg ab und transportierten es über den Mendlingpass nach Lunz und weiter über den Bodingsattel zu den Schmiedewerkstätten von Cetium (St. Pölten) und Arelape (Pöchlarn).[1]

Während der Völkerwanderung durchsetzte sich die Bevölkerung vereinzelt mit Awaren und vermehrt mit Slawen. Viele Menschen flüchteten in dieser Zeit aus dem von kriegerischen Stämmen durchzogenen Donautal ins Gebirge.[1]

Das spärlich besiedelte Land wurde zur Zeit der karolingischen Ostmark von Westen, vor allem von den Bayern, wiederbesiedelt. Als „Liunze in Montanis“ – Lichtung in den Bergen – wurde der Ort erstmals 1203 urkundlich erwähnt. 1340 erwarb Herzog Albrecht XI. das Gebiet um Lunz und schenkte es dem Kloster Gaming.[1]

1392 folgte die erste Erwähnung der „Frauenkirche ze Lunz“, in der „Maria im goldenen Sessel“ verehrt wird. Der Bau dieser Kirche wurde durch die zunehmende wirtschaftliche Stärke ermöglicht, es entstanden in dieser Zeit die ersten Hammerwerke, da die einfachen Schmieden den steigenden Bedarf an Wirtschaftsgütern nicht decken konnten. Lunz am See erreichte mit der gesamten Eisenstraße eine lokale wirtschaftliche Bedeutung, insgesamt eine erste Blütezeit. Vom Wohlstand an der Eisenstraße zeugt noch heute das Amonhaus, das Meister Ofner 1551 im Renaissancestil erbauen ließ.[1]

Türkeneinfälle, die Pest sowie Reformation und Gegenreformation, die Kriege gegen die Franzosen und Churbaiern und die napoleonischen Invasionen erschütterten immer wieder die Gemeinde. Sowohl Dialekt als auch Ortsnamen (Franzosenreith) sind bis heute davon beeinflusst.

Im 19. Jahrhundert wurde wiederum ein Aufschwung möglich, die zweite Blüte. Der Scheibbser Unternehmer Andreas Töpper arbeitete intensiv an der Vermarktung der Metallerzeugnisse. 1832 wurde ein Eisenwalzwerk errichtet, der Energiebedarf wurde beinahe vollständig aus der Wasserkraft der Ybbs gedeckt. Eine Steinbrücke, die Töpperbrücke, die mit in Gußwerk bei Mariazell gegossenen Heiligenfiguren geschmückt wurde, zeugt vom Reichtum der Zeit der zweiten Blüte.

Ab 1869 gab es Planungen für eine Normalspurbahn von Pöchlarn über Gaming, Lunz, Göstling, Lassing und Palfau nach Großreifling ins Ennstal. Gebaut wurde schließlich aber nur der Abschnitt Pöchlarn – Kienberg (Erlauftalbahn). Ab 1880 folgten zahlreiche Initiativen aus dem oberen Ybbstal, eine Bahn von Waidhofen über Großhollenstein und Göstling nach Lunz sowie weiter nach Kienberg zu realisieren. Das Anfang 1882 gegründete „Ybbsthalbahn-Comité“ forderte wegen des einfacheren Gütertransports (keine Umladung erforderlich) einstimmig eine Normalspurbahn. Aus Lunz war der Unternehmer Andreas Töpper besonders aktiv bei diesen Bestrebungen zum Bahnbau. Das kk Handelsministerium stellte klar, dass entweder eine Schmalspurbahn oder gar keine Bahn gebaut würde. Realisiert wurde daher eine Schmalspurbahn, die Ybbstalbahn, die zwischen Gaming und Lunz über den Pfafffenschlager Sattel mit großen Steigungen den Anschluss zur normalspurigen Erlauftalbahn herstellt. Anschluss an das Ennstal und Richtung Westen besteht über Waidhofen an der Ybbs und die Strecke Amstetten–Kleinreifling der ehemaligen Kronprinz Rudolf-Bahn (später kkStB, heute ÖBB). In den folgenden Jahrzehnten stellte die Ybbstalbahn die wichtigste Verkehrsverbindung in und aus dem Ybbstal dar. Am 28. Mai 1988 wurde der Abschnitt Kienberg-Gaming–Lunz stillgelegt und in der Folge ein Museumsbetrieb der Österreichischen Gesellschaft für Lokalbahnen eingerichtet. Der verbleibende Abschnitt Waidhofen–Lunz wurde ab 1991 modernisiert. Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom 22. November 2010, erfolgte aber die dauernde Einstellung des Abschnitts von Gstadt bis Lunz am See.[2]

1932 wurde hier in der Doline Grünloch mit −52,6 °C die tiefste Temperatur Mitteleuropas gemessen. Lunz am See ist auch in heutiger Zeit als einer der Kältepole Österreichs bekannt.[3]

Am Gelände des jetzigen Wasserclusters befand sich während der Zeit des Nationalsozialismus ein HJ-Wehrertüchtigungslager.[4]

Einwohnerentwicklung Bearbeiten

Nach dem Ergebnis der Volkszählung 2001 gab es 2.045 Einwohner. 1991 hatte die Marktgemeinde 2.154 Einwohner, 1981 2.218 und im Jahr 1971 2.301 Einwohner.

Kultur und Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

 
Die Pfarrkirche Hl. Drei Könige
  • Seit 2008 ist Lunz am See in Niederösterreich Teil der internationalen Alpenvereinsinitiative Bergsteigerdörfer.[5]
  • Die Pfarrkirche Hl. Drei Könige ist eine spätgotische, zweischiffige Hallenkirche mit durchlaufendem Doppelchor sowie einem vorgestellten Westturm und einem Sakristeianbau im Süden.
  • Der Ludwigfall ist ein Wasserfall oberhalb der Gemeinde und verbindet den Obersee mit dem Mittersee.
  • Mai 2021 ist die Fertigstellung geplangt, Stand Mitte März 2021: Haus der Wildnis, 700 m² mit Geländemodell des kaum betretbaren Wildnisgebiet Dürrenstein, das 2002 im Rothwald gegründet, von 25 auf 35 km² in NÖ erweitert, 2017 Teil des Weltnaturerbes wurde und einen Urwald enthält.[6]

Wirtschaft und Infrastruktur Bearbeiten

 
Bahnhof Lunz am See mit Museumsbahnzug

Nichtlandwirtschaftliche Arbeitsstätten gab es im Jahr 2001 105, land- und forstwirtschaftliche Betriebe nach der Erhebung 1999 117. Die Zahl der Erwerbstätigen am Wohnort betrug nach der Volkszählung 2001 881. Die Erwerbsquote lag 2001 bei 43,86 Prozent.

  • 1948 wurde das Institut für Bienenkunde, anfangs noch in den Räumlichkeiten der Biologischen Station eingemietet, gegründet. Ab 1970 in einem eigenen Gebäude untergebracht, ist es heute ein Teil der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES).

Verkehr Bearbeiten

  • Eisenbahn: Die Bahnlinie von Kienberg-Gaming nach Lunz am See, ein Reststück der Ybbstalbahn, wird seit 1989 als Museumsbahn „Ötscherland-Express“ geführt.[8]
  • Die wichtigste Straßenverbindung ist die Erlauftal Straße B25 von Ybbs an der Donau im Norden ins Ennstal nach Südwesten. Von dieser zweigt nördlich von Lunz die Zellerrain Straße B71 ab, die das Gemeindegebiet entlang nach Osten bis Mariazell verläuft.

Öffentliche Einrichtungen Bearbeiten

In der Gemeinde gibt es einen Kindergarten,[9] eine Volksschule und eine Mittelschule.[10]

Politik Bearbeiten

 
Das Amonhaus beherbergt das Gemeindeamt, ein Hammerherren- und ein Handarbeitsmuseum

Gemeinderat Bearbeiten

Der Gemeinderat hat 19 Mitglieder.

Bürgermeister Bearbeiten

  • 2000–2019 Martin Ploderer (ÖVP)[17][18]
  • seit 2019 Josef Schachner (ÖVP)[19]

Persönlichkeiten Bearbeiten

Söhne und Töchter der Gemeinde Bearbeiten

Mit der Gemeinde verbundene Persönlichkeiten Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Regina Stampfl/Roland Kals/Birgit Hager: Lunz am See – Wo die Ois zu Ybbs mutiert, Österreichischer Alpenverein, Innsbruck 2013, (online)
  • Günter Kettler, Wolfgang Siegl: Die Ybbstalbahn – eine Fotozeitreise. bahnmedien.at, Wien, 2020, ISBN 978-3-903177-24-6.

Weblinks Bearbeiten

Wikivoyage: Lunz am See – Reiseführer
Commons: Lunz am See – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d Die Geschichte von Lunz am See. Gemeinde Lunz am See, abgerufen am 18. November 2022.
  2. Günter Kettler, Wolfgang Siegl: Die Ybbstalbahn – eine Fotozeitreise. bahnmedien.at, Wien, 2020, ISBN 978-3-903177-24-6.
  3. Roland Dreger: MeteorologInnen auf der Spur des Grünloch-Phänomens. In: dieuniversitaet-online. Universität Wien, 3. Februar 2005, abgerufen am 6. Dezember 2010.
  4. Eine Gedenkstätte am Lunzer See. In: meinbezirk.at (Homepage der Bezirksblätter Ausgabe Bezirk Scheibbs). Abgerufen am 19. Dezember 2016.
  5. Ideen – Taten – Fakten, Nr. 1: Startkonferenz Bergsteigerdörfer im Bergsteigerdorf Ginzling, vom 10-11. Juli 2008, Österreichischer Alpenverein im Rahmen des Projekts „Alpenkonvention konkret: Via Alpina und Bergsteigerdörfer“, Fachabteilung Raumplanung-Naturschutz, Innsbruck 2008, S. 4. PDF-Download (Memento vom 8. November 2018 im Internet Archive), abgerufen am 7. November 2018.
  6. Umwelt : Dürrenstein: Fläche soll sich verdoppeln orf.at, 14. März 2021, abgerufen am 14. März 2021.
  7. WasserCluster Lunz eröffnet, Forschungsstelle WasserCluster Lunz
  8. Mit dem Ötscherlandexpress unterwegs - Bahnerlebnis Mostviertel. Mostviertel Tourismus GmbH, abgerufen am 18. November 2022.
  9. Kindergärten in NÖ. NÖ Landesregierung, abgerufen am 29. Oktober 2020.
  10. Schulensuche. In: Schulen online. Abgerufen am 28. September 2020.
  11. Wahlergebnis Gemeinderatswahl 1995 in Lunz am See. Amt der NÖ Landesregierung, 30. März 2000, abgerufen am 12. Oktober 2019.
  12. Wahlergebnis Gemeinderatswahl 2000 in Lunz am See. Amt der NÖ Landesregierung, 4. Februar 2005, abgerufen am 12. Oktober 2019.
  13. Wahlergebnis Gemeinderatswahl 2005 in Lunz am See. Amt der NÖ Landesregierung, 4. März 2005, abgerufen am 12. Oktober 2019.
  14. Wahlergebnis Gemeinderatswahl 2010 in Lunz am See. Amt der NÖ Landesregierung, 8. Oktober 2010, abgerufen am 12. Oktober 2019.
  15. Wahlergebnis Gemeinderatswahl 2015 in Lunz am See. Amt der NÖ Landesregierung, 1. Dezember 2015, abgerufen am 12. Oktober 2019.
  16. Wahlergebnis Gemeinderatswahl 2020 in Lunz am See. Amt der NÖ Landesregierung, 26. Januar 2020, abgerufen am 29. Februar 2020.
  17. Rücktritt In Lunz: Martin Ploderer legt Amt zurück. 18. Juni 2019, abgerufen am 9. Juli 2019.
  18. Ploderer: „Ich habe es bis zum Schluss gern gemacht“. 4. Juli 2019, abgerufen am 9. Juli 2019.
  19. Bürgermeisterwahl: Unser Bürgermeister. Für Lunz am See. 6. Juli 2019, abgerufen am 9. Juli 2019.