Liebenau (Graz)

7. Grazer Stadtbezirk

Liebenau ist der 7. Grazer Stadtbezirk.

Liebenau
7. Stadtbezirk von Graz
Stadion mit Stadionturm im Vordergrund
Stadion mit Stadionturm im Vordergrund
Stadion mit Stadionturm im Vordergrund
Lage in Graz
Anklickbare Karte, Liebenau (Graz) ist hervorgehobenInnere StadtSt. LeonhardGeidorfLendGriesJakominiLiebenauSt. PeterWaltendorfRiesMariatrostAndritzGöstingEggenbergWetzelsdorfStraßgangPuntigam
Anklickbare Karte, Liebenau (Graz) ist hervorgehoben
Koordinaten: 47° 2′ N, 15° 27′ OKoordinaten: 47° 2′ N, 15° 27′ O
Basisdaten[1]
Fläche: 7,99 km²
Einwohner: 16.223 (1. Jänner 2024)
Bevölkerungsdichte: 2.030 Einwohner je km²
Postleitzahlen: 8010, 8041, 8042, 8074[2]
Bezirksamt: Conrad-von-Hötzendorf-Straße 104
8010 Graz
Politik
Bezirksvorsteher: Karl Christian Kvas (ÖVP)[3]
1. Bezirksvorsteher-Stv.: Sebastian Wisiak (KPÖ)[3]
2. Bezirksvorsteher-Stv.: Thomas Fras (FPÖ)[3]
Bezirksrat:[4]
(Wahljahr: 2021)
2
1
1
4
1
Insgesamt 9 Sitze

Er besteht aus den Katastralgemeinden Engelsdorf, Graz Stadt-Thondorf, Liebenau, Murfeld und Neudorf.

Lage Bearbeiten

Er grenzt im Norden an den 6. Bezirk Jakomini und im Osten an den 8. Bezirk St. Peter. Die Westgrenze zum 17. Bezirk Puntigam bildet die Mur.

Geschichte Bearbeiten

Der Name leitet sich von lieb(lich)e Au ab. Eine Verbindung mit der Grafschaft L(i)ebenau ist unbewiesen.

 
Schloß Liebenau (Ende 17. Jhd.), später Kadettenschule

Über das Jahr 1531 wird berichtet, dass Sultan Suleiman mit seinem türkischen Heer beim Einfall in die Steiermark in der Nacht vom 11. zum 12. September sein Lager in Liebenau aufschlug, das er danach abbrennen ließ. Im Schutz des Morgennebels überquerte er dann die Mur und griff die Murvorstadt an.[5]

Der Bezirk Liebenau entstand 1946 aus mehreren Gemeinden, die erst im Jahre 1938 in das Grazer Stadtgebiet integriert worden sind.[6] Das heutige Liebenau setzte sich damals aus den Gemeinde(teile)n zusammen, die heute noch die Katastralgemeinden bilden. Namensgebend war das alte Liebenau, das bis 1648 Vatersdorf hieß und 1164 erstmals erwähnt wurde. Weiters kam ein Teil der ehemaligen Gemeinde Thondorf, in den Bezirk, deren Ortschaft heute in der Nachbargemeinde Gössendorf liegt.

In Liebenau befand sich ein Barackenlager, das in der Zeit des Nationalsozialismus als eines der größten Grazer Internierungslager verwendet wurde. Es war als „Lager V“ bezeichnet und wurde als Zwischenstation der Todesmärsche von ungarischen Juden verwendet. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese Anlage als Flüchtlingslager „Am Grünanger“ verwendet. Auf seinem Gelände wurden 60 Leichen gefunden, die Zahl der tatsächlich Verstorbenen wird höher eingeschätzt.[7] Es wird nicht ausgeschlossen, dass in diesem Gebiet noch weitere Gräber liegen. So wurden z. B. beim Bau des gesetzlich vorgeschriebenen Schutzkellers für einen Kindergarten im Jahr 1992 Knochen gefunden, woraufhin dieses Vorhaben abgebrochen wurde und der Kindergarten ohne Keller fertiggestellt wurde.[8] Im Juli 1947 kaufte die Stadt Graz das Lagergelände von der Steyr Daimler Puch AG.[9][10][11][12]

Ab 1941 wurde auf 300.000 m² enteigneten landwirtschaftlichen Grundstücken das Werk Thondorf der Steyr Daimler Puch AG im Rahmen der Hermann-Göring-Werke errichtet. Als Rüstungsbetrieb, der vor allem Flugzeugmotoren und Panzerwagen produzierte, war das Werk ein wichtiges Ziel alliierter Bomber. Davon zeugt noch heute der gewaltige Bunker für 3.000 Personen, welcher mitten im Werksgelände errichtet worden war. Bei einem Bombenangriff am 26. Juli 1944 kamen im Barackenlager Liebenau 88 Personen, meist Fremdarbeiter, ums Leben. Bei Kriegsende war das Werk weitgehend zerstört und konnte erst 1952 wieder die Produktion aufnehmen.[6]

1982 wurde im Rahmen der Unterschutzstellung der Zone IV (historische Vororte) des Altstadterhaltungsgesetzes 1980 der Teil von Alt-Liebenau um die ehemalige Kadettenschule unter Schutz gestellt.[6]

Kultur und Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Bauwerke Bearbeiten

Wirtschaft und Infrastruktur Bearbeiten

 
Eines der Wahrzeichen von Liebenau: Das Puch-Hochhaus vor dem ehem. Puchwerk-Haupteingang

In Liebenau gibt es neben alteingesessenen Handwerks- und Landwirtschaftsbetrieben, Industriebetriebe (MAGNA) und Gewerbezonen mit neuen Einkaufszentren (Einkaufszentrum Murpark mit rund 36.000 m²,[15] Einkaufszentrum Ost). Im Süden des Bezirkes befindet sich auf dem Areal der ehemaligen Puch-Werke einer der wichtigsten Produktionsstandorte der Magna Steyr Fahrzeugtechnik.

Verkehr Bearbeiten

1925 erreichte die Straßenbahn die Bezirksgrenze. Von 1952 bis 1964 wurde eine O-Bus-Linie von der Straßenbahn-Endstation Liebenau bis Thondorf geführt, die dann auf Autobus umgestellt wurde.

Öffentliche Verkehrsmittel: Der Bezirk bietet Anschlüsse an folgende Linien der GVB (Graz AG Verkehrsbetriebe): Straßenbahnlinie 4 (ab 19:00 sowie an Sonn- und Feiertagen: Straßenbahnlinie 13), Autobuslinien 34, 64 und 74 sowie an die Nacht-Autobuslinie (Nightline) N4. Der wichtigste Knotenpunkt des öffentlichen Nahverkehrs liegt seit April 2007 beim Einkaufszentrum Murpark.

Park & Ride: Erreichbar entweder über den Autobahnzubringer Graz Ost bei der Ausfahrt Einkaufszentrum Murpark direkt neben dem Murpark-Einkaufszentrum. Die Anbindung an das öffentliche Nahverkehrsnetz erfolgt über die Straßenbahnlinien 4 und 13 in Richtung Stadtzentrum sowie über die Buslinien 64 und 74. An der südlichen Stadtausfahrt, unmittelbar vor dem Magna Werk, befindet sich das Parkhaus Thondorf der Stadt Graz mit Anbindung an die Buslinie.

Autobahn: Die Süd Autobahn A 2 bildet quasi die südliche Grenze des Bezirks. Liebenau ist von ihr aus binnen weniger Minuten über die Ausfahrt Graz Ost erreichbar, welche den Bezirk durchschneidet.

Schulen Bearbeiten

Persönlichkeiten Bearbeiten

Söhne und Töchter des Bezirks
  • Franz Buxbaum (* 25. Februar 1900 in Liebenau; † 7. Februar 1979 in Fürstenfeld), österreichischer Botaniker
  • Ignaz Reiterer, Goldmedaillengewinner als Mitglied der steirischen Eisschützenmannschaft im Vorführbewerb der Olympischen Winterspiele 1936 in Garmisch-Partenkirchen[6]
  • Karl Schneider-Manns Au (* 10. September 1897 in Liebenau; † 29. Oktober 1977 in Salzburg), Politiker und Bürgermeister-Stellvertreter der Stadt Salzburg.
  • Hans von Zois, eigentlich Johann Gustav Adolf von Zois-Edelstein (14. November 1861–5. Jänner 1924), Musiker und Komponist[6]
  • Christoph Leitgeb, (* 14. April 1985), österreichischer Fußballspieler
Mit Liebenau verbundene Personen
  • Svetozar Boroević von Bojna (13. Dezember 1856–23. Mai 1920), Feldmarschall im Ersten Weltkrieg war Zögling der Kadettenschule.
  • Rudolf Stöger-Steiner von Steinstätten (* 26. April 1861 in Pernegg an der Mur; † 12. Mai 1921 in Graz), war k.u.k Generaloberst und letzter Kriegsminister von Österreich-Ungarn und Zögling der Kadettenschule.[18]
  • Viktor Weber von Webenau (13. November 1861–6. Mai 1932), General der österreich-ungarischen Armee im Ersten Weltkrieg und Vorsitzender der Waffenstillstandskommission (Österreich-Ungarn : Entente/Italien) war Zögling der Kadettenschule.
  • Walter Koschatzky (17. August 1921–9. Mai 2003), war Absolvent des Realgymnasiums Bundeserziehungsanstalt Liebenau
  • Walter Wolf (Unternehmer) (* 5. Oktober 1939 in Graz Liebenau) ist ein austro-kanadischer Unternehmer und ehemaliger Rennstallbesitzer
  • Gert Steinbäcker (* 27. November 1952 in Graz), Sänger, war Schüler der BEA Liebenau.

Trivia Bearbeiten

Siehe auch Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Liebenau, Graz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Zahlen + Fakten: Bevölkerung, Bezirke, Wirtschaft, Geografie auf graz.at.
  2. Statistik Austria: Ortschaften (ohne Wien) sortiert nach Gemeindekennziffer mit Postleitzahlen, (CSV ca. 900 KB)
  3. a b c Bezirksvertretung Liebenau. Abgerufen am 25. Januar 2022.
  4. Bezirksratswahl 2021
  5. Werner Strahalm: Graz eine Stadtgeschichte; Edition Strahalm, Graz 1994 (2. Aufl.), S. 127, ISBN 3-900526-27-3
  6. a b c d e f g h Walter Brunner im Auftrag der Stadt Graz, Kulturamt (Hrsg.): Geschichte der Stadt Graz, Band 1 (von 4), Eigenverlag der Stadt Graz 2003, ISBN 3-902234-02-4.
  7. Neue Details eines Grazer Tabuthemas. derstandard.at, abgerufen am 2. Mai 2014.
  8. Walter Müller: Graz baut Wohnungen auf historisch belastetem Areal eines NS-Lagers. In: derstandard. 4. April 2019 (derstandard.at).
  9. Das Lager Liebenau (Gedenkveranstaltung). (Memento vom 17. August 2013 im Internet Archive) am 16. April 2012.
  10. Eleonore Lappin-Eppel: Die Todesmärsche ungarischer Juden durch die Steiermark. (Memento vom 2. Mai 2014 im Internet Archive).
  11. Barbara Stelzl-Marx: Das Lager Graz-Liebenau in der NS-Zeit: Zwangsarbeiter-Todesmärsche-Nachkriegsjustiz. Verlag Leykam, Graz 2012. Veröffentlichungen des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgen-Forschung, Graz-Wien-Klagenfurt; Band 20, ISBN 978-3-7011-0254-9, ZDB-ID 2015831-2.
  12. Sozialmedizinisches Zentrum Liebenau (Hrsg.): Aktuelles zum „Lager Liebenau“. SMZ Info April 2013, ZDB-ID 2627069-9, ZDB-ID 2470380-1, S. 14–21.
  13. Stadionturm Graz-Liebenau. In: architektur im netz, nextroom.at.
  14. Geschichte des BG / BRG Graz Liebenau. Abgerufen am 24. Juni 2019.
  15. Innovationstreiber MURPARK Graz feiert 10. Geburtstag mit Start zur Flächenerweiterung (Memento des Originals vom 23. Juni 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.murpark.at – Presseinformation vom 20. März 2007, abgerufen am 24. Juni 2019
  16. Die PreisträgerInnen 2000 (Memento des Originals vom 8. August 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.elternbrief.at, elternbrief.at
  17. My boarding school: BEA Liebenau, today HIB Liebenau Graz, Austria (Geschichte der BEA, engl.)
  18. Karin Derler/Ingrid Urbanek: Planung für die Unendlichkeit – Der Grazer Zentralfriedhof; Steirische Verlagsgesellschaft m.b.H. 2002, ISBN 3-85489-086-9