Leindotteröl

Öl aus dem Samen von Camelina sativa

Leindotteröl wird durch das Pressen aus den Samen des Leindotters gewonnen. Die Samen enthalten 28 bis 42 Prozent Öl mit einem sehr hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren.

Leindotteröl
Andere Namen
  • Saatdotteröl
  • Dotteröl
  • Rüllöl
  • Deutsches Sesamöl
Rohstoffpflanze(n) Leindotter (Camelina sativa)
Herkunft Samen
Farbe

sattgelb bis rotgelb

Fettsäuren in den Fetten
Ölsäure 11,6 %–24 %[1][2]
Linolsäure 14,3–21,5 %[1][2]
Linolensäure 33–39 %
Palmitinsäure 5–7 %
Stearinsäure 2–3[1]
Weitere Fettsäuren

11,5–16 % Gondosäure,[3]
2,2–3 % Erucasäure,
1,4 % Arachinsäure[1][2]

Σ gesättigte Fettsäuren 8,4–11,4
Σ einfach ungesättigte Fettsäuren 25,3–43
Σ mehrfach ungesättigte Fettsäuren 47,3–60,5
Sonstige Inhaltsstoffe
Weitere Inhaltsstoffe

Sterole (Cholesterol), flüchtige Verbindungen[1]

Eigenschaften
Dichte 0,919–0,926 kg/l bei 15 °C[1]
Viskosität = 31 mm2/s (bei 40 °C)[4]
Schmelzpunkt −11 bis −18 °C[1]
Iodzahl 124–153[1]
Verseifungszahl 185–194[1]
Brennwert 39,6 MJ/kg[5]
Herstellung und Verbrauch
Wichtigste Produktionsländer USA, Kanada, EU
Verwendung Lebensmittel, Pharmazie, Bioenergie

Leindotterfrucht mit Samen

Eigenschaften Bearbeiten

Das Öl wird aus den reifen Samen gewonnen und hat nach dem Absetzen der dunklen Farbpartikel eine satte gelbe bis gelbrote Farbe. Es ähnelt in Farbe dem Rapsöl. Bei Raumtemperatur ist es flüssig und trocknet recht schnell, die Erstarrungstemperatur liegt bei −11 bis −18 °C. Der Geruch wird als krautig oder „wie geschnittene Wiese“ beschrieben, der Geschmack ist leicht scharf und erinnert an Senföl. Neben einem reichen Fettsäurespektrum enthält das Öl sehr viele flüchtige Substanzen (verschiedene Alkohole, organische Säuren u. a.), Sterole und Tocopherole.

Nutzung Bearbeiten

Ernährung Bearbeiten

Leindotteröl ist eine von der EU geschützte „Garantiert traditionelle Spezialität“ (g. t. S.) – für die Ernährung ist es vor allem aufgrund des hohen Anteils an α-Linolensäure wertvoll, während der Anteil an Erucasäure unter 4 Prozent liegt. Im südösterreichischen Raum wird das Öl (Sprachgebrauch: "Dotteröl") häufig als Hausmittel genutzt. Oral eingenommen soll es die Immunabwehr stärken, eingerieben fördert es die Wundheilung und lindert arthrotische Beschwerden. In verschiedenen Studien an Hausschweinen und Menschen wurde zudem eine Cholesterinspiegel-senkende Eigenschaft des Leindotteröls festgestellt, die der von Raps- und Olivenöl vergleichbar ist. In der pharmazeutischen Industrie und im Bereich der Kosmetikherstellung wird wie bei der Ernährung vor allem die α-Linolensäure geschätzt. Dieser Anteil soll durch weitere Züchtungen noch erhöht werden. Auch bei der Herstellung von Lampenölen kann Leindotteröl verwendet werden.

Industrie Bearbeiten

Auch in der technischen Industrie ist Leindotteröl interessant. Aufgrund seiner schnell trocknenden Eigenschaften ist es ähnlich wie Leinöl in der Oleochemie für die Herstellung von Lacken, Farben und von ölbasierten Polymeren nutzbar. Durch Veresterung lassen sich aus dem Öl zudem langkettige und sehr langkettige Wachsester in hohen Ausbeuten von etwa 90 % gewinnen, die als Grundstoffe in der Pharmazie, Kosmetikherstellung und Spezial-Schmiermittel Verwendung finden können.

Leindotteröl ist zudem als Pflanzenölkraftstoff einsetzbar und hat bei niedrigeren Temperaturen bessere Eigenschaften im Startverhalten als etwa Rapsöl, die Nutzung ist allerdings nicht etabliert und entsprechende Aussagen nicht empirisch zu stützen. In Form von Plantanol DX 52 wird Leindotteröl auch als Additiv in Dieselkraftstoff verwendet. In einem Forschungsprojekt der Universität Rostock wurden die Eigenschaften von Leindotteröl beim Einsatz als Treibstoff für moderne Schlepper getestet. Dabei ergab sich, dass eine 30:70-Mischung aus kaltgepresstem Leindotter- und Rapsöl in pflanzenöltauglichen Motoren ohne größere Probleme eingesetzt werden kann, aufgrund einer größeren Verkokung der Düsen (Kokstrompetenbildung an den Injektoren) aber nicht angeraten wird.[6]

In der Luftfahrt werden Gemische aus herkömmlichen Kerosin und aus Leindotter gewonnenem Kraftstoff getestet. Am 20. Juni 2011 überquerte eine Boeing 747-8 den Atlantik als erste große Verkehrsmaschine mit einem Gemisch aus Kerosin (85 %) und Treibstoff aus Leindotteröl (15 %). Für den Versuch mussten keine Veränderungen am Flugzeug, den Triebwerken oder Betriebsabläufen vorgenommen werden.[7]

Am 21. August 2013 realisierte die chilenische Fluggesellschaft LATAM Airlines den ersten kommerziellen Flug mit einem Gemisch von 33 % Treibstoff aus Leindotteröl und 67 % herkömmlichem Kerosin. Der Flug wurde mit einem Airbus A320 zwischen den kolumbianischen Städten Bogotá und Cali durchgeführt.[8]

Analytik Bearbeiten

 
Allgemeine chemische Struktur von Pflanzenölen – wie Leindotteröl – (R1, R2 und R3 sind Alkyl- oder Alkenylreste mit einer meist ungeraden Anzahl von Kohlenstoffatomen): Triester des Glycerins.

Zur zuverlässigen qualitativen und quantitativen Bestimmung der Fettsäuren in den verschiedenen Lipidklassen und der Fettbegleitsubstanzen des Unverseifbaren wird die Gaschromatographie in Kopplung mit der Massenspektrometrie nach adäquater Probenvorbereitung eingesetzt.[9][10]

Literatur Bearbeiten

  • Petra Becker: Leindotter – Eigenschaften und Potenziale einer alten Kulturpflanze. In: Pflanzenöl. 3/2008, S. 20–21.
  • Ralf Pude, Barbara Wenig: Pflanzen für die Industrie. Pflanzen, Rohstoffe, Produkte. Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V., Gülzow 2005, S. 11. (PDF; 1,5 MB)
  • S. Krist, G. Buchbauer, C. Klausberger: Lexikon der pflanzlichen Fette und Öle. Springer Verlag, Wien 2008, ISBN 978-3-211-75606-5, S. 434–441.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d e f g h i S. Krist u. a.: Lexikon der pflanzlichen Fette und Öle. Springer Verlag, Wien 2008.
  2. a b c Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umwelfragen: Pflanzenölbetriebene Blockheizkraftwerke. Teil 2, 2002, online (PDF; 1,35 MB), lfu.bayern.de, abgerufen am 30. April 2017.
  3. Leindotteröl – ein altes Pflanzenöl mit neuer Zukunft? (PDF; 192 kB), auf em-chiemgau.de, abgerufen am 26. Oktober 2017.
  4. FNR: Biokraftstoffe Basisdaten Deutschland Oktober 2009 (PDF; 526 kB).
  5. Camelina Company España: Quality & quantity specifications Crude camelina oil. ITAKA Collaborative Project FP7 – 308807, 2013, online@1@2Vorlage:Toter Link/www.itaka-project.eu (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 781 kB), auf itaka-project.eu, abgerufen am 7. Mai 2017.
  6. Nutzung von Leindotteröl in Mischungen mit anderen Pflanzenölen als Sonderkraftstoff. Projektdatenbank der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe, FKZ 22009507.
  7. Boeing 747-8 Frachter kommt nach bahnbrechendem Biotreibstoffflug in Paris an@1@2Vorlage:Toter Link/www.airportzentrale.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2022. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. auf airportzentrale.de, 21. Juni 2011, abgerufen am 2. Mai 2017.
  8. LAN setzt auf Biosprit der zweiten Generation auf austrianwings.info, 28. August 2013, abgerufen am 2. Mai 2017.
  9. R. Hrastar, M. G. Petrisic, N. Ogrinc, I. J. Kosir: Fatty acid and stable carbon isotope characterization of Camelina sativa oil: implications for authentication. In: J. Agric. Food Chem. 57(2), 2009, S. 579–585. PMID 19123821
  10. M. P. Mansour, P. Shrestha, S. Belide, J. R. Petrie, P. D. Nichols, S. P. Singh: Characterization of oilseed lipids from "DHA-producing Camelina sativa": a new transformed land plant containing long-chain omega-3 oils. In: Nutrients. 6(2), 2014, S. 776–789. PMID 24566436