Kaufkraft (Konsum)

in privaten Haushalten für Konsumzwecke verfügbares Einkommen

Als Kaufkraft (selten Einkaufskraft) der Verbraucherhaushalte wird das in privaten Haushalten für Konsumzwecke verfügbare Einkommen bezeichnet, also derjenige Betrag, der pro Haushalt vom Einkommen verbleibt, nachdem alle regelmäßig wiederkehrenden Zahlungsverpflichtungen (zum Beispiel Wohnungsmieten, Kreditraten, Versicherungsprämien) bedient wurden. Die Kaufkraft kann sich somit entweder auf das monatliche Einkommen oder auch auf das Jahreseinkommen einer Person oder eines Haushalts beziehen. Abhängig vom Zeitpunkt und Ort der Befragung gehört sie in verschiedenen Ländern zu den wichtigsten Sorgen der Bevölkerung.[1]

GfK Kaufkraftkarte Deutschland 2018 auf Kreisebene
Zusammenhang zum Lebensstandard: Entwicklung der Kaufkraft der Lohnminute in Deutschland von 1991 zu 2005

Begrifflichkeiten Bearbeiten

Die Kaufkraft eines Privathaushalts ist nicht allein an die Erwerbstätigkeit der Haushaltsmitglieder geknüpft, sondern unterliegt auch deutlichen regionalen Unterschieden. Diese Unterschiede sind von großer Bedeutung für die Konsumgüterindustrie, die ihr Angebot an die in einer bestimmten Region vorliegende Kaufkraft anpassen muss, um nicht an den Bedürfnissen des Marktes vorbei zu produzieren.

Die Kaufkrafttheorie ist ein Ansatz in der ökonomischen Theorie darüber, wie sich Lohnerhöhungen auswirken. Das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte stellt einen besonders aussagefähigen Indikator für den (monetären) Wohlstand der Bevölkerung dar und ist als der Betrag zu verstehen, der den in einer bestimmten Region lebenden Menschen für Konsumzwecke oder zur Ersparnisbildung zur Verfügung steht. Das verfügbare Einkommen ergibt sich aus den empfangenen Primäreinkommen nach Abzug der geleisteten laufenden Transferzahlungen und nach Hinzufügung der empfangenen laufenden Transfereinkommen. Allerdings sollte das verfügbare Einkommen nicht pauschal mit dem Begriff „Kaufkraft“ gleichgesetzt werden, da Kaufkraft neben dem nominellen Geldbetrag (Nominallohn) prinzipiell auch das Preisniveau berücksichtigen müsste (Reallohn), während das verfügbare Einkommen als reiner nominaler Geldbetrag grundsätzlich keine Preisunterschiede berücksichtigt.

Für den Einzelhandel spielt neben der Kaufkraft auch die Zentralität eine wichtige Rolle. Die Zentralitätskennziffer errechnet sich aus dem Verhältnis der Kaufkraftkennziffer (Kaufkraft im Vergleich zum Bundesdurchschnitt) zur Umsatzkennziffer (Einzelhandelsumsatz im Vergleich zum Bundesdurchschnitt).

Einzelhandelsrelevante Kaufkraft Bearbeiten

Die einzelhandelsrelevante Kaufkraft setzt sich aus dem verfügbaren Nettoeinkommen eines Privathaushalts zuzüglich der Entnahme aus Ersparnissen und der Aufnahme von Konsumkrediten, abzüglich der Bildung von Ersparnissen, der Tilgung von Krediten, der Kosten und Nebenkosten für Altersvorsorge, Reisen, Reparaturen, Versicherungsprämien, Wohnung und sonstigen Dienstleistungen zusammen.[2] Zum Nettoeinkommen gehören auch Transferzahlungen wie Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Ausbildungsförderung, Renten oder Sozialhilfe.

Kaufkraftindex Bearbeiten

Kaufkraftindex (auch: Kaufkraftzahl oder Kaufkraftkennziffer) einer Region (Bundesland, Bezirk, Gemeinde, Postleitzahlgebiet und so fort) gibt das Kaufkraftniveau dieser Region pro Einwohner oder Haushalt im Vergleich zum nationalen Durchschnitt an. Der nationale Durchschnitt hat dabei den Normwert 100. Beträgt der Kaufkraftindex je Einwohner einer Region zum Beispiel 84, so liegt er unterhalb des Durchschnitts – die Einwohner in dieser Region verfügen im Mittel nur über 84 Prozent der durchschnittlichen Kaufkraft. Neben Regionen eines Landes können auch Länder selbst bezüglich ihrer Kaufkraft verglichen werden.

Mit einem Kaufkraftindex von 203,8 im Jahr 2020 verfügt die Stadt Königstein im Taunus über den höchsten Wert in Deutschland.[3]

 
Pro-Einwohner-Kaufkraftindex in Europa (2010) auf Ebene der ersten administrativen Untergliederung der Staaten (ohne Russland)
Kaufkraftstärkste kreisfreie Städte und Landkreise in Deutschland (2021)[4]
Rang Gebietskörperschaft Land Kaufkraft in Euro
je Einwohner
Kaufkraftindex
1 Landkreis Starnberg Bayern  Bayern 33.363 141,1
2 Landkreis München Bayern  Bayern 32.031 135,5
3 Hochtaunuskreis Hessen  Hessen 31.873 134,8
4 Landeshauptstadt München Bayern  Bayern 31.385 132,8
5 Main-Taunus-Kreis Hessen  Hessen 30.605 129,5
6 Landkreis Ebersberg Bayern  Bayern 30.555 129,3
7 Landkreis Fürstenfeldbruck Bayern  Bayern 28.753 121,6
8 Landkreis Dachau Bayern  Bayern 28.701 121,4
9 Stadt Erlangen Bayern  Bayern 28.230 119,4
10 Landkreis Böblingen Baden-Württemberg  Baden-Württemberg 28.182 119,2
Kaufkraftdaten der deutschen Länder (2021)[4]
Rang Land Kaufkraft in Euro
je Einwohner
Kaufkraftindex
1 Bayern  Bayern 25.770 109,0
2 Hamburg  Hamburg 25.607 108,3
3 Baden-Württemberg  Baden-Württemberg 25.487 107,8
4 Hessen  Hessen 24.648 104,3
5 Schleswig-Holstein  Schleswig-Holstein 23.462 99,3
6 Nordrhein-Westfalen  Nordrhein-Westfalen 23.270 98,4
7 Rheinland-Pfalz  Rheinland-Pfalz 23.119 97,8
8 Niedersachsen  Niedersachsen 23.112 97,8
9 Saarland  Saarland 22.222 94,0
10 Brandenburg  Brandenburg 21.936 92,8
11 Berlin  Berlin 21.829 92,4
12 Bremen  Bremen 21.258 89,9
13 Sachsen  Sachsen 20.638 87,3
14 Thüringen  Thüringen 20.519 86,8
15 Sachsen-Anhalt  Sachsen-Anhalt 20.409 86,3
16 Mecklenburg-Vorpommern  Mecklenburg-Vorpommern 20.387 86,3
Kaufkraftdaten der bevölkerungsreichsten Städte in Deutschland (2021)[4]
Rang Stadt Land Kaufkraft in Euro
je Einwohner
Kaufkraftindex
1 München Bayern  Bayern 31.385 132,8
2 Düsseldorf Nordrhein-Westfalen  Nordrhein-Westfalen 27.416 116,0
3 Stuttgart Baden-Württemberg  Baden-Württemberg 26.592 112,5
4 Frankfurt am Main Hessen  Hessen 26.379 111,6
5 Hamburg Hamburg  Hamburg 25.607 108,3
6 Köln Nordrhein-Westfalen  Nordrhein-Westfalen 24.807 105,0
7 Essen Nordrhein-Westfalen  Nordrhein-Westfalen 22.551 95,4
8 Berlin Berlin  Berlin 21.829 92,4
9 Dresden Sachsen  Sachsen 21.733 91,9
10 Bremen Bremen  Bremen 21.678 91,7
Kaufkraftstärkste Staaten in Europa (2020)[5]
Rang Staat Kaufkraft in Euro
je Einwohner
Kaufkraftindex
1 Liechtenstein  Liechtenstein 64.240 462,4
2 Schweiz  Schweiz 41.998 302,3
3 Luxemburg  Luxemburg 34.119 245,6
4 Island  Island 28.155 202,6
5 Norwegen  Norwegen 27.893 185,0
6 Danemark  Dänemark 25.176 181,2
7 Osterreich  Österreich 23.585 169,7
8 Deutschland  Deutschland 22.388 161,1
9 Irland  Irland 21.030 151,4
10 Schweden  Schweden 20.882 150,3

Die Berechnung des Kaufkraftindex basiert im Wesentlichen auf Lohn- und Einkommensstatistiken, das heißt auf Daten der Finanzämter und auf Daten im Zusammenhang mit staatlichen Transferleistungen (Arbeitslosen- und Kindergeldzahlungen, Familienbeihilfe, Pensionen etc.). Erfasst werden alle Einkommen aus selbständiger und unselbständiger Arbeit, Einkommen aus Vermietung und Verpachtung, Zins- und Kapitaleinkommen. Abzugsseitig werden Steuern, Pflichtversicherungen, Ansparen sowie Kreditrückzahlungen berücksichtigt.

Siehe auch Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Wiktionary: Kaufkraft – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Karin Finkenzeller: Der Kapitän Ahab des Supermarktes. In: brand eins. Abgerufen am 23. Juli 2021.
  2. Willy Schneider/Alexander Hennig, Lexikon Kennzahlen für Marketing und Vertrieb, 2008, S. 114
  3. IHK-Bezirk Frankfurt in Zahlen 2019|2020. (PDF; 1,1 MB) In: frankfurt-main.ihk.de. Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main, April 2021, S. 9, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. Juni 2021; abgerufen am 22. Juni 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.frankfurt-main.ihk.de
  4. a b c Kaufkraft der Deutschen wird 2021 auf 23.637 Euro steigen. (PDF; 172 kB) GfK-Studie zur Kaufkraft Deutschland 2021. In: gfk.com. Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), 8. Dezember 2020, abgerufen am 16. April 2021.
  5. Europäern stehen 2020 rund 773 Euro weniger zur Verfügung. (PDF; 233 kB) COVID-19 beeinflusst Pro-Kopf-Kaufkraft in Europa. In: gfk.com. Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), 20. Oktober 2020, abgerufen am 16. April 2021.