Johann Jakob Wettstein

Schweizer Theologe und Vorreiter der Textkritik des Neuen Testaments

Johann Jakob Wettstein (auch Wetstein; * 5. März 1693 in Basel; † 23. März 1754 in Amsterdam) war ein Schweizer Theologe und Vorreiter der Textkritik des Neuen Testaments.

Leben Bearbeiten

Der Sohn des Hauptpastors an der Leonhardkirche Johann Rudolph Wettstein und dessen Frau Sara Sarasin, hatte im Elternhaus seine ersten geistigen Anregungen erhalten und 1706 an der Universität Basel seine Studien der Theologie, besonders der biblischen Philologie, Kritik und Altertumskunde, absolviert. In Basel hatte er sich 1709 den akademischen Grad eines Magisters erworben. Schon als Student widmete sich Wettstein den griechischen Handschriften des Neuen Testaments, zu denen er durch einen Verwandten, der an der Universitätsbibliothek in Basel arbeitete, Zugang hatte. 1713 verteidigte er seine Dissertation mit dem Titel De variis Novi Testamenti lectionibus, in der er zu zeigen versuchte, dass die Existenz verschiedener Lesarten nicht die Autorität der Bibel in Frage stelle.

Wettstein auf einer Bildungsreise durch die Schweiz, Frankreich und England lernte er 1716 Richard Bentley von der Universität Cambridge kennen. Durch diesen berühmten Philologen erweiterte Wettstein wesentlich seine Sprachkenntnisse. Bentley wurde sein Förderer und überredete ihn, eine Ausgabe des Codex Ephraemi in Paris zu bearbeiten. Während jener Zeit lernte er auch den Schweizerischen Brigadier v. Chambrier kennen, der ihm bei dessen Regiment, das damals in Rochester lag, eine Predigerstelle verschaffte. Als dieses Regiment später nach ’s-Hertogenbosch in Holland ging, folgte Wettstein demselben innerhalb drei Monaten nach, indem er vorher mit Bewilligung seines Chefs nach Paris gereist war, um in der dortigen Königlichen Bibliothek, die neutestamentliche Abschrift des Syrers Ephraem zu vergleichen.

Kurze Zeit, nur noch ein halbes Jahr, bekleidete Wettstein seine Predigerstelle in ’s-Hertogenbosch. Zurückgerufen in seine Vaterstadt Basel, war er dort 1717 Diakon an der Leonhardkirche. Jenes Amt hatte er mehrere Jahre inne und setzte in jener Zeit seine kritischen Untersuchungen fort. 1729 aber drohte ihm ein Wechsel seiner bisherigen Verhältnisse. Wegen verschiedener, von dem Glauben der reformierten Kirche abweichender Lehrsätze, die er in seinen Predigten und Privatvorlesungen vorgetragen haben soll, war er zur Verantwortung gezogen und in eine Untersuchung verwickelt, die für ihn 1730 den Verlust seiner Predigerstelle zur Folge hatte. Holland bot ihm damals einen Zufluchtsort. Doch ging er wieder nach Basel zurück und predigte dort 1732 und 1733. Um diese Zeit folgte er einem Ruf nach Amsterdam. Am dortigen Kollegium der Remonstranten war er zunächst Adjunkt des schwächlichen Johannes Clericus (auch le Clerck, 1657–1736) und erhielt nach dessen Tod 1736 die von demselben bisher bekleidete Professur der Philosophie und Kirchengeschichte. Seitdem setzte er seine Studien bis zu seinem Tode fort.

Wirken Bearbeiten

Allgemein anerkannt ist seine 1751 bis 1752 herausgegebene Ausgabe des Griechischen Neuen Testaments. Er fügte diesem Werk meistens erläuternde Anmerkungen hinzu, die besonders für seine gründliche Kenntnis der jüdischen Schriftsteller und Profanskribenten sprachen und als wichtige Beiträge zur Textkritik angesehen werden. Für manchen neutestamentlichen Kritiker war dieses Werk ein brauchbares Hilfsmittel.

Seine 1730 herausgegebene Prolegomena, wurde von Johann Salomo Semler 1764 mit Anmerkungen und einem weiteren Anhang erneut aufgelegt. Zudem hatte er aus seinem handschriftlichen Kodex des Neuen Testaments 1752 in syrischer Sprache zwei Briefe des Clemens von Rom herausgegeben, der nach der Überlieferung des Origenes ein Jünger des heiligen Petrus gewesen sein soll und dessen dritter Nachfolger.

Werke Bearbeiten

  • [Dissertatio De Variis Lectionibus Novi Testamenti]: Dissertatio De Variis Lectionibus Novi Testamenti. Quam … Sub Praesidio D. J. Ludovici Frey SS. Theol. Doctor. & Profess. Extraord. Historiar. Ordinarii Celeberr. Publicè defendet Jo. Jacobus Wetstenius, A. L. M. Auctor. Die 17. Martii MDCCXIII. Typis Friderici Lüdii, Academ. Typogr, Basileae 1713. (doi:10.3931/e-rara-81601) (Freiburger historische Bestände – digital).
  • als Hrsg.: Außzug [Auszug] geistlicher Lieder zum Lobe Gottes und des Herren Jesu. Gedruckt bey Johann Heinrich Decker, Basel 1728, (urn:nbn:de:gbv:9-g-5088570).
  • Prolegomena ad Novi Testamenti graeci editionem accuratissimam e vetustissimis codicibus MS. denuo procurandam; in quibus agitur de Codicibus MS. Novi Testamenti, scriptoribus graecis, qui Novo Testamento usi sunt, versionibus veteribus, editonibus prioribus et claris interpretibus, et proponuntur animadversiones et cautiones ad examen variarum lectionum Novi Testamenti necessariae. Wetsten & Smith, Amsterdam 1730. (doi:10.3931/e-rara-49178) Semler gab dieses Werk 1764 neu heraus:
Semler gab dieses Werk mehrfach heraus:
  • Christliche Predigt wider die zauberischen und abergläubischen Künste, über Esa. 8, 19-22; gehalten in der Pfarrkirche bei St. Leonhard in Basel, den 31. August 1732, auf hochobrigkeitl. Verordnung bei öffentlicher Vorstellung einer ärgerlichen Person. Pistorius, Basel 1732. (Digitalisat)
  • J. R. Wetstenii, Ecclesiae Basiliensis Pastoris, (patris editoris) ad reformatas Helvetiae atque foederatarum civitatum Ecclesias, Epistola. Wetsten & Smith, Amsterdam 1733.
  • Io. Iacobi Wetstenii Basiliensis orthodoxia a falsis criminationibus ... Io. Ludovici Frey theologiae in Academia Basiliensi professoris extraordinarii aliorumque vindicata Orthodoxia a falsis criminationibus J. L. Frey vindicata. Wetsten & Smith, Amsterdam 1733.[1]
  • Oratio funebris in obitum viri celeberrimi Joannis Clerici, philosophiæ & historiæ ecclesiasticæ inter remonstrantrantes professoris, habita a. d. viii Calend. Martii MDCCXXXVI. Apud J. Wetstenium & G. Smith, Amstelaedami 1736, (Volltext in der Google-Buchsuche ).
  • Jo. Jacobi Wetstenii Sermo in funere viri plurimum venerandi Joannis Driebergii, theologiae inter remonstrantes professoris, habitus a. d. XI. Kal. Iunii MDCCXLVI. apud Adrianum Slaats, Amstelaedami 1746, (Volltext in der Google-Buchsuche ).
  • Ἡ Καινὴ Διαθήκη [Hē Kainē Diathēkē], Novum Testamentum Graecum, editionis receptae, cum lectionibus variantibus, codicum mss., editionum aliarum, versionum et patrum, nec non commentario pleniore scriptoribus veteribus Hebraeis, Graecis et Latinis […]. Ex officina Dommeriana [Dommer], Amstelaedami [Amsterdam], 1751–1752.
    • Tomus I. Continens quatuor Evangelia. 1751, (Digitalisat Tomus I – Internet Archive).
    • Tomus II. Continens Epistolas Pauli, Acta Apostolorum, Epistolas Canonicas et Apocalypsin. 1752, Digitalisat Tomus II – Internet Archive.
    • teilw daran angebunden: Papst Clemens von Rom: [Epistolae duae ad Corinthios] Duae Epistolae S. Clementis Romani, Discipuli Petri Apostoli, Quas Ex Codice Manuscripto Novi Testamenti Syriaci Nunc Primum Erutas, Cum Versione Latina Apposita, Edidit Jo. Jacobus Wetstenius. Typis Eliae Luzac, Jun. [Elie Luzac], Lugduni Batavorum [Leiden], 1752, (Text altsyrisch und lateinisch), (Digitalisat – Internet Archive).
  • Jo. Jacobi Wetstenii Epistola Ad Virum Plurimum Venerandum H. Venema; De Duabus Clementis Romani Ad Virgines Epistolis, Ex Codice Syriaco Nuper Editis. Apud Adrianum Slaats, Bibliopolam, Amstelaedami 1754, (Lateinisch), (Volltext in der Google-Buchsuche ), (Digitalisat UB Tübingen).

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. siehe hierzu die Fußnoten in swisscovery: „Haller 2, 1623 SS. 1-32; alles war herausgekommen“ und: „Unvollständig: Nur Lagen A-D4 vorhanden; Rest gemäss Eintrag im Buch "nie gedruckt; s. Hulbert-Powell, J.J. Wettstein", gemäss Notiz AK war aber "alles herauskommen."“ – Gottlieb Emanuel von Hallers Bibliothek der Schweizer Geschichte und aller Theile,[...] Zweyter Theil: Nummer 1623 auf e|rara.