Joe der Klempner

US-amerikanischer Handwerker, politischer Aktivist und Kommentator

Joe der Klempner (in Österreich Joe der Installateur, englisch Joe the Plumber, echter Name Samuel Joseph Wurzelbacher, * 3. Dezember 1973 in Holland, Ohio; † 27. August 2023 in Campbellsport, Wisconsin) war ein US-amerikanischer Installateur, später konservativer politischer Aktivist und Kommentator. Bekannt wurde er durch das dritte Fernsehduell zwischen dem Republikaner John McCain und dem Demokraten Barack Obama am 15. Oktober 2008 im Vorfeld der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten 2008. In diesem Zusammenhang wurde auch der Spitzname zum ersten Mal verwendet. Sowohl McCain als auch Obama nutzten „Joe den Klempner“ als Beispiel, um die Effekte der Steuerpolitik auf die Mittelschicht zu demonstrieren. Nach dem Fernsehduell wurde in vielen US-amerikanischen und ausländischen Medien über ihn berichtet.

Samuel Joseph Wurzelbacher alias „Joe der Klempner“ (2008)

Leben Bearbeiten

Samuel Joseph Wurzelbacher trat nach der High School in die U.S. Air Force ein, in der er zum Utility Systems Specialist im Bereich Anlagentechnik/Installateurwesen ausgebildet wurde. In seiner Dienstzeit war er u. a. in Alaska und North Dakota stationiert. 1996 verließ er die Luftwaffe und arbeitete als Installateurgehilfe. In seinen späteren Jahren arbeitete er für das Telekommunikationsunternehmen Global Crossing. Wurzelbacher war in zweiter Ehe verheiratet und hatte vier Kinder.[1] Er starb im August 2023 im Alter von 49 Jahren[1] an den Folgen von Bauchspeicheldrüsenkrebs, der 2022 diagnostiziert worden war.

Politische Auftritte und Meinungen Bearbeiten

Gespräch mit Obama Bearbeiten

Am 11. Oktober 2008 traf Obama Anwohner in Wurzelbachers Nachbarschaft, so auch Joe Wurzelbacher selbst, der an diesem Tag mit seinem Sohn Football im Vorgarten gespielt hatte. Das Gespräch Wurzelbachers mit Obama über dessen Steuerpläne wurde von dem amerikanischen Fernsehsender ABC aufgezeichnet.[2] Wurzelbacher hielt Obamas Steuerpläne für nicht vereinbar mit dem American Dream und sagte, dass er ein neues Unternehmen gründen wolle, das Erlöse von etwa 250.000 bis 280.000 Dollar im Jahr erziele, woraufhin er die Frage anschloss: „Ihr neuer Steuerplan wird mich mehr besteuern, oder?“ (original: „Your new tax plan’s going to tax me more, isn’t it?“). Obama antwortete, dass Wurzelbacher zunächst eine Steuergutschrift von 50 Prozent erhalte und somit für seine Gesundheitspflege eine Steuervergünstigung erhalte. Bei einem Betriebseinkommen von unter 250.000 würden die Steuern gleich bleiben, bei über 250.000 würden die Steuern aber tatsächlich steigen, nämlich von 36 auf 39 Prozent, so wie es unter Bill Clinton gewesen sei.

Außerdem fragte Wurzelbacher, ob Obama einen Plan zur Einführung einer Einheitssteuer unterstützen würde, woraufhin dieser antwortete, dass er solchen Plänen generell offen gegenüberstehe, das jedoch dann einer Umsatzsteuer von 40 Prozent entsprechen müsse. Später sagte er auch, dass er nicht Wurzelbachers Erfolg schaden wolle, dass er jedoch sicherstellen wolle, dass andere auch eine Chance auf Erfolg haben. Hierbei sagte Obama „Und ich glaube, dass es gut für jeden ist, wenn wir den Wohlstand verteilen.“ (original: „And I think that when we spread the wealth around, it’s good for everybody.“) Genau dies zitierte McCains Kampagne und verglich Obamas Politik mit dem Sozialismus.

Bezug von Wurzelbachers Frage zur Realität Bearbeiten

Wurzelbacher war einer von zwei Angestellten in einem Installationsbetrieb, der jedoch keineswegs 250.000 Dollar Umsatz hatte. Das Einkommen nach Steuern würde sogar unter 100.000 Dollar liegen. Außerdem hatte Wurzelbacher keine abgeschlossene Ausbildung zum Installateur und somit auch keine Lizenz, einen eigenen Betrieb zu eröffnen.[3][4] Er hatte seine Eigentumssteuern nicht bezahlt, weshalb eine Pfändung gegen ihn möglich war; andererseits ist es wahrscheinlich, dass er nichts von diesem Pfandrecht in Bezug auf ihn selbst wusste.

Wurzelbacher war zunächst ein eingetragener Republikaner, trat später aber wieder aus der Partei aus.[5] Im März 2012 wurde er dann von den Republikanern als Kandidat für die Kongresswahlen 2012 im neunten Wahlbezirk von Ohio nominiert. Er galt in dem demokratisch geprägten Distrikt allerdings als klarer Außenseiter gegenüber Amtsinhaberin Marcy Kaptur.[6] Wurzelbacher erhielt 26,37 % der Stimmen, Kaptur 70,89 %.[7]

Das Fernsehduell und Reaktionen Bearbeiten

Während des Fernsehduells zwischen den beiden Präsidentschaftskandidaten am 15. Oktober 2008 wurde schließlich wiederholt Bezug auf Wurzelbacher als „Joe der Klempner“ genommen. McCain brachte Wurzelbacher immer wieder ins Gespräch, woraufhin beide Kandidaten sich in ihren Aussagen direkt an Wurzelbacher richteten.[8] Hierdurch wurden die Medien auf Wurzelbacher aufmerksam. Wurzelbacher stellte sich nach der Debatte nicht direkt auf die Seite eines Kandidaten, obwohl er die Sorge äußerte, dass Obamas Steuerpläne „eine Stufe näher am Sozialismus“ (orig.: „one step closer to socialism“) seien. Schon am Tage des TV-Duells trat er bei dem Fernsehsender CBS auf. Er sagte, dass er zwar gerade kein Unternehmen mit 250.000 Dollar Betriebseinkommen plane, also kein momentanes Problem mit Obamas Steuersatz habe, dass er jedoch befürchte, dass die Grenze auch leicht weiter heruntergesetzt werde und er nicht finde, dass Reichtum mit 250.000 oder gar nur 100.000 Dollar anfange.

Joe Biden, Obamas Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten, äußerte, dass fast alle kleineren Unternehmen kleiner als das von Wurzelbacher genannte seien. Am 18. Oktober erklärte McCain, dass er am Vortag Wurzelbacher angerufen habe. Er bezeichnete hierbei Wurzelbacher als einen „tollen Kerl“, der stolz auf seinen Großvater ist, der im Marine Corps gedient habe. Außerdem äußerte McCain, dass er für ihn kämpfen wolle, um die 16 Millionen US-amerikanischen Arbeitsplätze zu sichern, die Obamas Pläne vernichten würden, anstatt neue zu schaffen, wie McCains eigene Pläne es vorsehen würden.[9] Wurzelbacher wurde auch in einer Fernsehwerbung von McCains Kampagne genutzt, wo verschiedene Menschen sagen: „Ich bin Joe der Klempner“ („I’m Joe the Plumber“).

Tätigkeit für die Tea Party-Bewegung Bearbeiten

2010 engagierte er sich als Redner für die Tea-Party-Bewegung der Republikanischen Partei.[10]

Kommentar zum Holocaust Bearbeiten

Im Juni 2012 wurde von Wurzelbachers Wahlkampfteam ein Video veröffentlicht, in dem er einen Zusammenhang zwischen dem Recht auf Waffenbesitz und dem Holocaust herstellte. 1939 hätte das Deutsche Reich das Recht auf Waffenbesitz eingeschränkt, was dazu geführt habe, dass sich sechs Millionen Juden und sieben Millionen weitere Personen nicht gegen die Verfolgung durch die Nazis hätten wehren können.[11][12][13][14][15] Der National Jewish Democratic Council (NJDC) und der Vorsitzende der Ohio Democratic Party, Chris Redfern, kritisierten das Video scharf.[15][16]

Kommentar zum Recht auf Waffenbesitz Bearbeiten

Im Zusammenhang mit einem Protestschreiben eines Vaters, dessen Sohn bei einem Amoklauf 2014 (sogenannte Isla Vista killings) erschossen worden war, antwortete Wurzelbacher, dass dessen erschossener Sohn sein Recht auf Waffenbesitz nicht berühre (Your Dead Kids Don’t Trump My Constitutional Rights). Damit unterstrich er erneut seine Haltung zum Waffenbesitz.[17]

Kommentar zu Donald Trump Bearbeiten

Während der Vorwahlen zur Präsidentschaftswahl 2016 sprach er sich für den republikanischen Kandidaten Donald Trump wegen seiner hübschen Frauen aus.[18]

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b B. N. O. News: Joe Wurzelbacher, known as ‘Joe the Plumber’ in 2008 election, dies at 49. In: BNO News. 27. August 2023, abgerufen am 28. August 2023 (amerikanisches Englisch).
  2. Bericht über Obamas Treffen mit Joe the Plumber auf abc.com (Memento vom 16. Oktober 2008 im Internet Archive) 11. Oktober 2008
  3. Michael Hörz: US-Wahlkampf – Die Wurzelbacher-Verschwörung (Memento vom 16. November 2012 im Internet Archive) Der Tagesspiegel, 16. Oktober 2008
  4. ‘Joe the Plumber’ says he has no plumbing license. (Memento vom 9. Mai 2016 im Internet Archive) Associated Press, 16. Oktober 2008
  5. Artikel aus dem Magazin Time mit Erwähnung von Wurzelbachers Parteiaustritt (engl.), S. 4
  6. Ohio’s ‘Joe the Plumber’ Gets GOP Nod for Congress (Memento vom 7. März 2012 im Internet Archive). ABC News, 7. März 2012
  7. Wahlergebnisse Wurzelbacher (engl.) (Memento vom 8. Juni 2013 im Internet Archive), cleveland.com, 7. November 2012
  8. Bericht von welt.de über das Gespräch Obamas mit Wurzelbacher und die Fernsehdebatte zwischen Obama und McCain
  9. Bericht über das Telefonat von McCain mit Wurzelbacher (Memento vom 19. Oktober 2008 im Internet Archive)
  10. Wahl-Ikone "Joe the Plumber": Rückkehr des falschen Klempners, Spiegel Online, 21. Februar 2010
  11. Jewish Dems slam candidate ‘Joe the Plumber’ for Holocaust remarks (Memento vom 23. Juni 2012 im Internet Archive), Jewish Telegraphic Agency (JTA), 19. Juni 2012 (engl.).
  12. ‘Joe the Plumber’ links gun control to Holocaust (Memento vom 20. Juni 2012 im Internet Archive) von Brian Montopoli, CBS News, 19. Juni 2012 (engl.).
  13. Luke Johnson: ‘Joe The Plumber’ Claims Gun Control Caused The Holocaust. In: Huffington Post. 19. Juni 2012, abgerufen am 23. September 2013. (engl.)
  14. ‘Joe the Plumber’ campaign video blames Holocaust on gun control by Cameron Joseph, The Hill, 19. Juni 2012 (engl.).
  15. a b ‘Joe The Plumber’ Links Holocaust With Gun Control (Memento vom 2. März 2014 im Internet Archive), CBS Cleveland, 20. Juni 2012.
  16. Wurzelbacher video blames Holocaust on gun control by Ignazio Messina, Toledo Blade (Toledoblade.com), 19. Juni 2012 (engl.)
  17. Joe The Plumber: 'Your Dead Kids Don't Trump My Constitutional Rights' To Have Guns, Huffington Post, 27. Mai 2014
  18. ‘Joe the Plumber’ praises Trump, cites his ‘beautiful women’, reuters.com, 4. März 2016