Jenny Erpenbeck

deutsche Regisseurin und Schriftstellerin

Jenny Erpenbeck (* 12. März 1967 in Ost-Berlin) ist eine deutsche Schriftstellerin und Regisseurin.

Jenny Erpenbeck 2021 auf dem Erlanger Poetenfest

Leben Bearbeiten

Jenny Erpenbeck ist die Tochter des Physikers, Philosophen und Schriftstellers John Erpenbeck und der Arabisch-Übersetzerin Doris Kilias. Ihre Großeltern väterlicherseits sind die Autoren Fritz Erpenbeck und Hedda Zinner.

Erpenbeck besuchte die Erweiterte Oberschule in Ost-Berlin, an der sie 1985 ihr Abitur machte. Anschließend absolvierte sie eine zweijährige Lehre als Buchbinderin. Es folgte ein praktisches Jahr als Requisiteurin am Kleist-Theater in Frankfurt (Oder) und als Ankleiderin an der Staatsoper Berlin.

Von 1988 bis 1990 studierte sie Theaterwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin.

1990 wechselte sie zum Studium der Musiktheater-Regie (u. a. bei Ruth Berghaus und Peter Konwitschny) zur Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin. 1993 assistierte sie Heiner Müller bei der Produktion von Tristan und Isolde bei den Bayreuther Festspielen.

Nach dem erfolgreichen Abschluss des Studiums arbeitete sie ab 1997 als Regisseurin in Deutschland und Österreich. Parallel dazu schlug sie die schriftstellerische Laufbahn ein. 1999 erschien ihr Debüt „Geschichte vom alten Kind“. Es folgten u. a. die Romane „Heimsuchung“ (2008), „Aller Tage Abend“ (2012) und „Gehen, ging, gegangen“ (2015), für die sie zahlreiche Preise im In- und Ausland erhielt, darunter den Thomas-Mann-Preis und den Independent Foreign Fiction Prize (seit 2016 umbenannt in Man Booker International Prize).

Jenny Erpenbecks Werke wurden in 30 Sprachen übersetzt, darunter ins Englische, Französische, Spanische, Italienische, Schwedische, Türkische, Arabische, Hebräische, Dänische, Griechische, Niederländische, Norwegische, Slowenische, Ungarische, Japanische, Koreanische, Litauische, Polnische, Rumänische, Estnische und Finnische.

Jenny Erpenbeck ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung[1], der Akademie der Künste Berlin[2], der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz[3] sowie des PEN-Zentrum Deutschland.

2017 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt.[4]

Erpenbeck ist mit dem Dirigenten Wolfgang Bozic verheiratet. 2002 wurde der gemeinsame Sohn geboren. Erpenbeck lebt in Berlin.[5][6]

Ihr Roman Kairos (2021) sei „ganz sicher einer der aufrichtigsten und besten Romane über den Niedergang der DDR“, urteilte Peter Mohr in der Münchner Abendzeitung.[7] Der Roman spielt Ende der 1980er Jahre in Ostberlin und erzählt von der Liaison zwischen dem Schriftsteller Hans, Anfang 50 und verheiratet, und der 19-jährigen Katharina.[8] Das Werk wurde im Jahr 2022 mit dem Uwe-Johnson-Preis ausgezeichnet.[9]

Werke Bearbeiten

Prosa Bearbeiten

Als Herausgeberin Bearbeiten

  • Christine Lavant / Seit heute, aber für immer / Gedichte. Ausgewählt und mit einem Nachwort von Jenny Erpenbeck. Wallstein, Göttingen 2023 ISBN 978-3-8353-5158-5.

Dramatik Bearbeiten

Inszenierungen Bearbeiten

  • 1997 Gedichte aus der „Hauspostille“ (Brecht), Berliner Ensemble
  • 1998 „Hänsel und Gretel“ (Humperdinck), Opernhaus Graz
  • 2000 „Katzen haben siebel Leben“ (UA), Schauspielhaus Graz „Schauspieldirektor/Apotheker“ (Mozart/Haydn), Landestheater St. Pölten „Cabaret“ (Kander), Schauspielhaus Linz
  • 2001 „Erwartung/Herzog Blaubarts Burg“, (Schönberg/Bartòk), Opernhaus Graz
  • 2002 „L’Orfeo“, (Monteverdi). Theater Aachen
  • 2003 „Acis und Galathea“ (Händel), Staatsoper Berlin
  • 2004 „Orpheus in der Unterwelt“ (Offenbach/Hacks), Hans-Otto-Theater Potsdam
  • 2006 „Zaide“ (Mozart/Erpenbeck), Oper Nürnberg (Markgrafentheater Erlangen)

Essay Bearbeiten

Preise und Würdigungen Bearbeiten

Hörbücher Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Heike Bartel, Elizabeth Boa (Hrsg.): Pushing at Boundaries. Approaches to Contemporary German Women Writers from Karen Duve to Jenny Erpenbeck. Amsterdam 2006, ISBN 978-90-420-2051-1 (englisch).
  • Maria Behre: ‘Give us a place‘ – Politischwerden auf dem Oranienplatz. Jenny Erpenbecks Roman ‚Gehen, ging, gegangen‘ (2015), gelesen mit Hannah Arendts politischer Philosophie. In: Zeitschrift für Didaktik der Philosophie und Ethik (ZDPE), Jg. 39, 2017, Heft 1 – Markus Tiedemann (Hrsg.): Hannah Arendt, S. 58–65.
  • Miranda Chorus: Biographische Bezüge in Jenny Erpenbecks Dramatik, Magisterarbeit Univ. Nijmegen, 2016.
  • Wiebke Eden: Sich mit Worten auszudrücken, war immer das Nächste. In: Keine Angst vor großen Gefühlen. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-596-15474-X, S. 13–32 (Interview).
  • Katharina Grabbe: Zu uns. Reflexionen des Nationalen und Europäischen in deutschsprachiger Gegenwartsliteratur zu Flucht und Geflüchteten: Jenny Erpenbecks Gehen, ging, gegangen und Elfriede Jelineks Die Schutzbefohlenen. In: Olaf Briese und Richard Faber (Hrsg.), Heimatland – Vaterland – Abendland. Über alte und neue Populismen, Würzburg 2018, S. 239–254. ISBN 978-3-8260-6456-2
  • „Wahrheit und Täuschung“ – Beiträge zum Werk Jenny Erpenbecks, herausgegeben von Friedhelm Marx und Julia Schöll (Hrsg.), Wallstein Verlag, Göttingen 2014, ISBN 978-3-8353-1562-4
  • Elisabeth Krimmer: „The Representation of Wartime Rape in Julia Franck´s Die Mittagsfrau and Jenny Erpenbeck´s Heimsuchung“; Nancy Nobile „The Legacy of Romanticism in Jenny Erpenbeck´s Heimsuchung“, in: Gegenwartsliteratur, ein germanistisches Jahrbuch, 14/2015 – herausgegeben von Paul Michael Lützeler, Erin McGlothlin, Jennifer Kapczynski, Stauffenburg Verlag, Tübingen 2015, ISBN 978-3-95809-641-7.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Jenny Erpenbeck – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung – Akademie – Mitglieder – Jenny Erpenbeck. Abgerufen am 4. Dezember 2019.
  2. 16. Akademie der Künste, Journal der Künste 04, Nov.2017 ISSN 2510-5221
  3. Mitgliedseintrag von Jenny Erpenbeck bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, abgerufen am 11. Oktober 2017
  4. www.bundespraesident.de: Der Bundespräsident / Reisen und Termine / Ordensverleihung zum Tag der Deutschen Einheit. Abgerufen am 4. Dezember 2019.
  5. Porträt bei literaturport.de, abgerufen am 17. Juni 2016
  6. Jan Brandt, Interview mit Jenny Erpenbeck: In der Verjüngungsmaschine. Der Spiegel, 6. März 2005.
  7. Peter Mohr: Jenny Erpenbecks „Kairos“: Untergang ohne Schadenfreude, in: AZ, 5. Oktober 2021.
  8. Peter Mohr: Jenny Erpenbecks „Kairos“: Untergang ohne Schadenfreude, in: AZ, 5. Oktober 2021; Maike Albath: Abgesang auf die DDR, in: Deutschlandfunk, 27. August 2021.
  9. Uwe-Johnson-Preis. Abgerufen am 20. Juli 2022.
  10. Rezension, literarischealtersbilder.uni-koeln.de
  11. FAZ vom 4. April 2017
  12. Ingeborg-Bachmann-Preis: Die AutorInnen bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur 2001. In: ORF Kärnten. 2. Juli 2001, abgerufen am 28. Mai 2009.
  13. Alumni bis 2018 – Schloss Wiepersdorf. Schloss Wiepersdorf, abgerufen am 19. Dezember 2022.
  14. Inselschreiber: Jenny Erpenbeck: Preisträger 2006. In: Kunstraum-Sylt Quelle. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. Oktober 2007; abgerufen am 10. Juli 2008.
  15. Hertha Koenig-Literaturpreis an Jenny Erpenbeck. Geest-Verlag, 5. September 2008, abgerufen am 19. Dezember 2022.
  16. ArcelorMittal Eisenhüttenstadt GmbH – 1. November 2010 – Verleihung Stahl-Literaturpreis 2010
  17. Pressemitteilung der Stadt Aalen vom 4. Dez. 2012 (Memento vom 5. Januar 2013 im Webarchiv archive.today), abgerufen am 17. April 2018
  18. Joseph-Breitbach-Preis
  19. Heinrich-Heine-Gastdozentur der Lüneburger Leuphana Universität (Memento vom 25. Februar 2015 im Internet Archive)
  20. Shortlist 2015. In: deutscher-buchpreis.de. Abgerufen am 19. Dezember 2022.
  21. Jenny Erpenbeck's The End of the Days wins Independent Foreign Fiction Prize. irishtimes.com, May 27,2015
  22. Walter-Hasenclever-Literaturpreis (Pressemitteilung am 1. März 2016, Verleihung am 6. November 2016)
  23. Jenny Erpenbeck mit Thomas-Mann-Preis ausgezeichnet (Memento vom 18. September 2016 im Internet Archive), in Kieler Nachrichten vom 18. September 2016
  24. Pressemitteilung: Bundespräsident Steinmeier verleiht 30 Verdienstorden zum Tag der Deutschen Einheit. Der Bundespräsident, 27. September 2017, abgerufen am 19. Dezember 2022.
  25. Jenny Erpenbeck mit Lee-Hochul-Literaturpreis für den Frieden ausgezeichnet, boersenblatt.net, 3. Dezember 2021, abgerufen am 4. Dezember 2021
  26. Jenny Erpenbeck erhält Stefan-Heym-Preis. 19. Januar 2023, abgerufen am 19. Januar 2023.
  27. Kairos by Jenny Erpenbeck. 10. April 2024, abgerufen am 10. April 2024 (englisch).