Jenny Bossard-Biow

war eine der ersten Frauen in Deutschland, die Daguerreotypien herstellten

Jenny Bossard-Biow, eigentlich Johanna Louise Agnes Biow (* 30. April 1813 in Breslau; † nach 1858), war eine der ersten Frauen in Deutschland, die Daguerreotypien herstellten.

Familie am Kaffeetisch. Daguerreotypie von Jenny Bossard, 1849

Johanna Bossard-Biow kam als Tochter des Malers Raphael Biow und seiner Ehefrau Rahel, genannt Resel (Rosalie) Biow,[1] geb. Scholin[2] zur Welt. Sie war die Schwester des Malers und Daguerreotypisten Hermann Biow, der sie ab 1844 anlernte. Während seiner Abwesenheit übernahm sie die Leitung des Ateliers.[3][4] 1836 hatte ihr Vater Raphael Biow einen Gehilfen namens „Heinrich Boshardt“ eingestellt.[5] Nach dem Tode ihres Vaters hatte Heinrich Boshardt[6] das Geschäft übernommen und weitergeführt. Zu dieser Zeit hatten Johanna Biow und Heinrich Boshardt vermutlich geheiratet.

Aus der Ehe mit Bossard stammte der Sohn Raphael Bossard, der später den Namen „Schlegel“ trug und sich 1863 in Elberfeld als Fotograf niederließ.[7] Nach der Trennung der Ehe mit Bossard (1841) ist sie zeitweilig als Daguerreotypistin in Mecklenburg gereist. Sie lässt sich 1849 in Schwerin nachweisen.

Johanna Bossard-Biow heiratete im Juli 1850 den Fotografen Julius Schlegel.[8][9][10] Schlegel lässt sich bereits 1850 in Mannheim nachweisen.[11] Julius Schlegel hat 1858 in Reichenberg ein photographisches Atelier und Filialen in Zittau und Böhmisch-Leipa eröffnet.[12] mit dem sie auch eine Weile zusammenarbeitete. Was nach dem Tod ihres Bruders Hermann Biow im Februar 1850 mit dem Atelier geschah, ist nicht bekannt. Möglicherweise hat sie dort weiterhin daguerreotypiert. Die letzte Anzeige mit dem Hinweis auf „H. Biow“ und sein Atelier im „Neuerwall 52“ erschien am 14. Juni 1851 in den Hamburger Nachrichten. Der Sohn Raphael hat 1853 als 14-Jähriger in Hamburg daguerreotypiert.[7] 1853 zog der ehemalige Offizier der schleswig-holsteinischen Armee August Mencke in das Atelier und zeigte als Photographisches Institut an.[13][14]

Noch 1858 ist Johanna Bossard-Biow in Hamburg nachgewiesen.[15]

Literatur Bearbeiten

  • Jochen Schmidt-Liebich: Lexikon der Künstlerinnen 1700–1900. Deutschland, Österreich, Schweiz. Saur, München 2005, ISBN 3-598-11694-2, S. 58
  • Tilo Grabach: Bossard-Biow, Jenny. In: Allgemeines Künstler-Lexikon. Band 13, Saur, München und Leipzig 1996, ISBN 3-598-22753-1 (Band 13), ISBN 3-598-22740-X (Gesamtwerk), S. 200
  • Wilhelm Weimar: Die Daguerreotypie in Hamburg 1839–1860 (1. Beiheft zum Jahrbuch der Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten, XXXII, 1914,) Verlag Otto Meissner, Hamburg, 1915
  • Wolfgang Baier: Welch herrliches Helldunkel! Die Frühzeit der Photographie in Mecklenburg. Helms Verlag, Schwerin 2006, ISBN 3-935749-64-3, (Erwähnung als WPh in Schwerin 1849, S. 139)

Einzelnachweise und Anmerkungen Bearbeiten

  1. Aron Heppner: Zur Jahrhundertfeier der Storch-Synagoge am 23. April (20. Nissan) 1929. In: Breslauer Jüdisches Gemeindeblatt. Amtliches Blatt der Synagogengemeinde zu Breslau, Jg. 6 (1929), Nr. 5 (April), S. 59–61 (Web-Ressource).
  2. Vgl. die Angaben des bei FamilySearch ausgewerteten Sterbeeintrags ihrer Schwester Bluma Biow (1804–1870), späteren Berta Maria Elisabeth Zimmerlich (Web-Ressource, nach Anmeldung entgeltfrei zugänglich).
  3. Wilhelm Weimar: Die Daguerreotypie in Hamburg 1839–1860, S. 21
  4. Im Hamburger Adressbuch sind in den Personen- und Straßenverzeichnissen Einträge für „H. Biow, Porträtmaler, Neuer Wall 52“ (bis 1844 Nr. 24) von 1844 bis 1850 einschließlich zu finden.
  5. Günther Meinert: Heinrich Boshardt, ein Maler des 19. Jahrhunderts, in: Kunst- und Denkmalpflege in Schlesien. Niederschlesien. Flemmings Verlag, Breslau-Lissa 1939, S. 174–182, Digitalisat
  6. Andere Schreibweise: Bossard.
  7. a b R. Schlegel (Nekrolog), in Photographische Chronik, 14. Jg., 1907, S. 471http://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3Dbub_gb_Y7UaAAAAYAAJ~MDZ%3D%0A~SZ%3Dn484~doppelseitig%3D~LT%3DS.%20471~PUR%3D. (Dessen Sohn Raphael Arthur Schlegel wurde ebenso Fotograf. Er übernahm 1898 das eingeführte Geschäft von August Adler in Dresden.)
  8. 23.07.1850 Wandsb., siehe Peter Dörling, Norderstedt / Germany, 2004, Genealogie Stormarn, Namenindex Frauen Buchstabe Bi - Bo, (Digitalisat). Abweichend dazu: „... Frau Bossard, die sich im Jahre 1849 zum zweiten Male mit Julius Schlegel verheiratete, ...“, Wilhelm Weimar: Die Daguerreotypie in Hamburg 1839–1860, S. 22.
  9. Heirath–Anzeige. In: Hamburger Nachrichten. 26. Juli 1850, S. [4], Digitalisat
  10. In Hamburg lässt sich ein „Carl Julius Schlegel“ nachweisen, der am 1. Februar 1850 Hamburger Bürger wurde (Hamburger Nachrichten. 4. Februar 1850, S. 2) und ab 1851 im Personenverzeichnis der Hamburger Adressbüchern Einträge als Commis und anschließend als Waaren-Makler (für Coffee etc.) von 1855 bis 1857 hatte. Am 6. Februar 1857 starb der Makler Carl Julius Schlegel im Alter von 38 Jahren.
  11. Schlegel, Julius. In: www.deutschefotothek.de. Sächsische Landesbibliothek-Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, abgerufen am 18. März 2024. Der Eintrag der Deutsche Fotothek enthält den Hinweis auf die Tätigkeit Schlegels als Wanderfotograf in den Niederlanden. Die Anzeige mit Hinweis auf ein Daguerreotyp-Atelier im Dagblad van 's Gravenhage vom 12. November 1851 und 13. Oktober 1851 ist unterzeichnet mit „Carl Julius Schlegel“ aus Hamburg.
  12. Amtlicher Catalog der Ausstellung der im Reichsrathe Vertretenen Koenigreiche und Länder Oesterreichs. Gruppe XII, Section V. Photographien, Verlag der General-Direction, Wien 1873, S. 353, (153 Schlegel Juliushttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DFVtbAAAAcAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA353~doppelseitig%3D~LT%3D%27%27153%20Schlegel%20Julius%27%27~PUR%3D). Es sind Revers mit Adresse Gotha, Auguststraße 3 und „Hofphotograph seiner Hoheit des Kronprinzen von Sachsen“ bekannt.
  13. Wilhelm Weimar: Die Daguerreotypie in Hamburg 1839–1860, S. 44.
  14. Ob Johanna Bossard-Biow mit ihren umfassenden Kenntnissen noch für einige Jahre im Atelier gearbeitet hat, ist denkbar, aber nicht nachgewiesen.
  15. Diese Annahme geht davon aus, dass sie die Versteigerung des Ateliernachlasses ihres Bruders Hermann Biow am 4. März 1858 erlebt, bzw. initiiert hatte: Fritz Kempe: Daguerreotypie in Deutschland. Vom Charme der frühen Fotografie, Seebruck am Chiemsee, Heering, 1979, S. 110–111.

Weblinks Bearbeiten