Die Jeetzel ist ein rund 73 km langer linker südlicher Nebenfluss der Elbe im norddeutschen Tiefland in den Bundesländern Sachsen-Anhalt und Niedersachsen. In Sachsen-Anhalt heißt der Fluss Jeetze. Vom 13. bis in das 19. Jahrhundert war der Fluss ein wichtiger Handelsweg.

Jeetzel
In Sachsen-Anhalt: Jeetze

Karte

Daten
Gewässerkennzahl DE: 5934
Lage Deutschland, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen
Flusssystem Elbe
Abfluss über Elbe → Nordsee
Quelle Bei Altferchau (Stadt Klötze)
52° 35′ 47″ N, 11° 1′ 40″ O
Quellhöhe ca. 61 m ü. NN
Mündung Bei Hitzacker in die Elbe bei km 522,92[1]Koordinaten: 53° 9′ 26″ N, 11° 2′ 38″ O
53° 9′ 26″ N, 11° 2′ 38″ O
Mündungshöhe 10 m ü. NN
Höhenunterschied ca. 51 m
Sohlgefälle ca. 0,7 ‰
Länge 73 km
Einzugsgebiet 1928 km²
Abfluss am Pegel Lüchow[2]
AEo: 1300 km²
Lage: 26 km oberhalb der Mündung
NNQ (2. Juli 1992)
MNQ 1967–2014
MQ 1967–2014
Mq 1967–2014
MHQ 1967–2014
HHQ (13. März 1981)
321 l/s
1,29 m³/s
6,13 m³/s
4,7 l/(s km²)
30,7 m³/s
62,9 m³/s
Abfluss[3] an der Mündung
AEo: 1928 km²
MQ
Mq
9 m³/s
4,7 l/(s km²)
Linke Nebenflüsse Tangelnscher Bach, Hartau, Salzwedeler Dumme, Graue Laake, Wustrower Dumme, Prisserscher Bach, Harlinger Bach
Rechte Nebenflüsse Landgraben, Purnitz, Lüchower Landgraben, Dannenberger Landgraben, Luciekanal
Kleinstädte Salzwedel, Wustrow, Lüchow, Dannenberg, Hitzacker
Gemeinden Beetzendorf
Jeetzel am Unterlauf zwischen Seerau und Hitzacker bei Hochwasser

Jeetzel am Unterlauf zwischen Seerau und Hitzacker bei Hochwasser

Geographie Bearbeiten

Verlauf Bearbeiten

Das Fließgewässer entspringt als Jeetze in der südwestlichen Altmark im Norden Sachsen-Anhalts. Seine Quelle befindet sich nahe dem Dorf Altferchau im Endmoränen-Komplex des Südlichen Landrückens, nördlich des Drömlings. Von dort führt sein Lauf nach Norden, nimmt die Nebenflüsse Hartau und Tangelnscher Bach auf, durchquert die Grundmoränen der „Altmarkplatten“, passiert Salzwedel und gelangt kurz danach auf niedersächsisches Gebiet. Hier, im Wendland, wo der Fluss Jeetzel genannt wird, fließt er nun durch ehemals vermoorte Niederungsgebiete weiter nordwärts, parallel zum Drawehn-Höhenzug, durch die Städte Wustrow, Lüchow und Dannenberg, um bei Hitzacker in die Elbe zu münden (vergleiche auch: Naturräumliche Haupteinheitengruppe Wendland und Altmark).

820 m Mündungsstrecke zählen zu den sogenannten sonstigen Binnenwasserstraßen des Bundes,[1][4] für die das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Elbe zuständig ist.

Zuflüsse Bearbeiten

Zum Flusssystem der Jeetzel gehören neben der Jeetzel selbst 79 weitere benannte Fließgewässer. Der Fluss hat ein Einzugsgebiet von 1928 Quadratkilometern. Zu den 26 direkten Zuflüssen der Jeetzel gehören flussabwärts betrachtet:[5]

Name Bearbeiten

Der Flussname ist möglicherweise slawischen Ursprungs und würde sich in diesem Fall vom alt-slawischen jasenu herleiten, was so viel wie Eschenbach bedeutet (vergleiche tschechisch jasan oder polnisch jesion = deutsch Esche). Dies könnte daher rühren, dass die Flussränder von Eschen und Erlen-Eschen-Wäldern gesäumt waren. Eine alternative Erklärung ist die Ableitung aus dem germanischen geza (gären, wallen, in die Höhe gehen).

Flussregulierungen Bearbeiten

 
Jeetzelkanal
 
Alte Jeetzel
 
Jeetze in Salzwedel

Bei Hochwasser der Elbe kommt es zum charakteristischen Anstau der Jeetzel, die dann „rückwärts“ fließt. In früheren Jahrhunderten gab es deshalb regelmäßig weiträumige Überschwemmungen in den Niederungen des mittleren Wendlands (die Haupt-Moorniederung zwischen Lüchow und Dannenberg wird „die Lucie“ genannt). Seit den 1950er Jahren wurden in diesem schon zum Elbe-Urstromtal gehörenden Gebiet umfangreiche wasserbauliche Maßnahmen realisiert, in dem ein neuer mit Deichen eingefasster Kanal („Neue Jeetzel“, „Jeetzelkanal“) geschaffen wurde. Dieser größere, regulierbare Vorfluter ermöglicht eine weiträumige Entwässerung der vermoorten Niederung und die periodischen Überschwemmungen wurden eingedämmt. Die nunmehr „Alte Jeetzel“ verläuft weiterhin mäandrierend – allerdings nur noch mit einem Bruchteil der früheren Abflussmenge – parallel dazu, um schließlich hinter Dannenberg über ein Pumpwerk dem Jeetzelkanal zugeführt zu werden.

Die wasserwirtschaftlichen Eingriffe zugunsten intensiver Landwirtschaft sowie Siedlungsschutz haben die urtümliche Naturlandschaft ökologisch weitgehend degradiert. Ein Großteil der Niedermoorflächen wurde entwässert und von saisonalen Hochwässern abgeschnitten. Daher fehlt nun auch dieser Retentionsraum für Hochwasserabflussspitzen. Staut sich die Jeetzel heute bei Elbehochwasser zurück, steigt sehr rasch der Wasserspiegel zwischen dem nun zu engen Deichkorsett an. Da es sich außerdem um technisch veraltete Sanddämme handelt, besteht latent die Gefahr von Deichbrüchen und plötzlichen Überflutungen des Hinterlandes zwischen Lüchow und Dannenberg.

Im elbnahen Mündungsbereich verstärkt der Rückstau der Jeetzel wie vor der Regulierung die Hochwasserauswirkungen unter anderem für die dort liegende Stadt Hitzacker. Die Altstadt wird dann nicht nur von der bisher unbedeichten Elbseite, sondern auch von anschwellenden Jeetzelarmen eingeschlossen und regelrecht in eine Insel („Stadtinsel“) verwandelt. Die bisher höchsten Hochwasser wurden im April 2006, im August 2002 und im Jahr 1895 gemessen und haben die Altstadt unter Wasser gesetzt.

Nach dem Hochwasser von 2006 wurde ein Absperrbauwerk errichtet, das es ermöglicht, die Jeetzel und Hitzacker komplett vom Elbhochwasser abzutrennen. Dazu gehört eine Mauer, die bei Bedarf mit Metallplatten erhöht werden kann, und ein Sieltor im Mündungsbereich der Jeetzel. Ein Schöpfwerk mit 60 m³/s Pumpleistung, das zufließendes Wasser von der Jeetzel in die Elbe pumpt, wurde 2008 in Betrieb genommen.[6] Außerdem wurden von Jameln aus flussabwärts an beiden Seiten der Jeetzel (ab Lüggau nur am rechten Ufer) Deichverteidigungswege betoniert, um Einsatzkräften des Jeetzeldeichverbandes ungehinderten Zugang zum Deich zu ermöglichen.

Naturschutz Bearbeiten

Teile des Einzugsgebietes der mittleren und unteren Jeetzel wurden 2004 vom Land Niedersachsen unter dem Namen „Gewässersystem der Jeetzel mit Quellwäldern“ als FFH-Gebiet im Rahmen des europäischen Schutzgebietskonzeptes Natura 2000 nachgemeldet. Neben dem Hauptverlauf sind auch Abschnitte der Nebengewässer (diverse aus dem Drawehn zufließende „Mühlenbäche“) darin einbezogen. Der mündungsnahe Unterlauf gehört zum FFH-Gebiet „Elbtalniederung zwischen Schnackenburg und Lauenburg“ sowie zum „Biosphärenreservat Niedersächsische Elbtalaue“.

Die Alte Jeetzel wird touristisch als Kanurevier genutzt.

Literatur Bearbeiten

  • M. Eckoldt (Hrsg.): Flüsse und Kanäle. Die Geschichte der deutschen Wasserstraßen. DSV-Verlag 1998

Weblinks Bearbeiten

Commons: Jeetzel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Längen (in km) der Hauptschifffahrtswege (Hauptstrecken und bestimmte Nebenstrecken) der Binnenwasserstraßen des Bundes (Memento des Originals vom 21. Januar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.wsv.de, Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
  2. Deutsches Gewässerkundliches Jahrbuch Elbegebiet, Teil III 2014. (PDF) In: dgj.de. Freie und Hansestadt Hamburg, Hamburg Port Authority, S. 137, abgerufen am 7. März 2021 (ISSN 0949-3654).
  3. Extrapolation des MQ-Wertes des Pegels Lüchow (Die den Gebietsabfluss regelnden Merkmale des Einzugsgebietes unterscheiden sich ober- und unterhalb des Pegels nur unwesentlich.)
  4. Verzeichnis F der Chronik (Memento des Originals vom 22. Juli 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.wsv.de, Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
  5. Michael Bergemann: Gesamtliste der Fließgewässer im Elbeeinzugsgebiet. Behörde für Umwelt und Energie, Hamburg 1. Juli 2015 (fgg-elbe.de [PDF; 802 kB; abgerufen am 29. November 2015]).
  6. Eintrag „Schöpfwerk“ im Wendlandlexikon Band 2 L–Z, ISBN 978-3-926322-45-6