Jan-Carl Raspe

deutscher Terrorist, Autor und Mitglied der Rote Armee Fraktion

Jan-Carl Raspe (* 24. Juli 1944 in Seefeld in Tirol; † 18. Oktober 1977 in Stuttgart-Mitte[1]) war ein deutscher Terrorist und eines der führenden Mitglieder der ersten Generation der Rote Armee Fraktion (RAF). Er war an fünf Bombenanschlägen mit vier Todesopfern beteiligt, wurde 1972 verhaftet und starb 1977 durch Suizid in der Haft.

Leben Bearbeiten

Jugend und Studentenzeit Bearbeiten

Jan-Carl Raspe wurde als Sohn eines Fabrikanten geboren; sein Vater starb bereits 1944. Als Kind lebte er in Ost-Berlin, nach 1961 bei Verwandten in West-Berlin. 1963 bestand er das Abitur und studierte anschließend an der Freien Universität zunächst Chemie, später Soziologie.

1967 trat Raspe dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund bei und wurde Mitbegründer der Kommune 2.[2] Später schloss er sein Studium mit dem Diplom ab und zog mit seiner Freundin Marianne Herzog zusammen, die mit Ulrike Meinhof befreundet war.

RAF-Aktivitäten Bearbeiten

1970 wurde ihre Wohnung zunächst zu einem Zufluchtsort der Gruppe, bald nahmen sie jedoch auch an Aktionen der Rote Armee Fraktion teil. Raspe hatte Fähigkeiten auf technischem Gebiet.[3] Mutmaßlich fertigte er die Bomben für die Mai-Offensive 1972. In jenem Jahr war Raspe an fünf Sprengstoffanschlägen beteiligt, durch die vier Menschen getötet[4] und über 50 verletzt wurden. Außerdem war er an mindestens einem Banküberfall in Berlin und einem Einbruch zum Dokumentendiebstahl in Stuttgart beteiligt.

Haft, Verhandlung und Tod Bearbeiten

 
Grabstätte Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe auf dem Dornhaldenfriedhof in Stuttgart-Degerloch

Raspe wurde am 1. Juni 1972 zusammen mit Andreas Baader und Holger Meins in Frankfurt am Main verhaftet.[5] Nach seiner Festnahme 1972 war er zunächst in Köln-Ossendorf inhaftiert und wurde schließlich im Herbst 1974 in die JVA Stuttgart-Stammheim verlegt. Raspe wurde am Morgen des 18. Oktober 1977 nach der Todesnacht von Stammheim schwer verletzt in seiner Zelle aufgefunden, nachdem er sich mit einer Pistole in den Kopf geschossen hatte. Er erlag am selben Tag seinen Verletzungen im Krankenhaus[6]. Andreas Baader und Gudrun Ensslin töteten sich ebenfalls selbst.[7]

Der damalige Oberbürgermeister Manfred Rommel ließ Baader, Ensslin und Raspe trotz Protesten in einem gemeinsamen Grab auf dem Dornhaldenfriedhof in Stuttgart bestatten. Die Trauerfeier am 27. Oktober 1977 wurde von Bruno Streibel, damals Pfarrer der evangelischen Rosenbergkirche in Stuttgart-West, geleitet. Die Holzsärge der drei Toten wurden erst kurz vor dem Begräbnis auf den Friedhof gebracht, wobei niemandem mitgeteilt wurde, in welchem Sarg welche Leiche lag.[8]

Schriften Bearbeiten

  • 1. Berliner Landfriedensbruchbuch. Oberbaumpresse Berlin, (vermutlich Berlin 1967).
  • Zur Sozialisation proletarischer Kinder. Verlag Roter Stern, Frankfurt am Main, 1972, ISBN 978-3-87877-037-4.
  • Mit Christl Bookhagen, Eike Hemmer, Eberhard Schultz, Marion Stergar: Kommune 2. Versuch der Revolutionierung des bürgerlichen Individuums. Kollektives Leben mit politischer Arbeit verbinden. Oberbaumpresse, Berlin 1969.

Siehe auch Bearbeiten

Film Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

(Chronologisch)

  • Ulf G. Stuberger (Hg.): In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u. a. – Dokumente aus dem Prozess. Syndikat Buchgesellschaft, Frankfurt am Main 1977. 2. Auflage 2007: Europäische Verlagsanstalt, Hamburg, ISBN 978-3-434-50607-2.
  • Pieter Bakker Schut: Stammheim. Der Prozeß gegen die Rote Armee Fraktion. Die notwendige Korrektur der herrschenden Meinung. (2. Auflage). Pahl-Rugenstein, Bonn 1997, ISBN 3-89144-247-5.
  • Stefan Aust: Der Baader-Meinhof Komplex. Goldmann, München 1998, ISBN 3-442-12953-2.
  • Ulf G. Stuberger: Die Tage in Stammheim – Als Augenzeuge beim RAF-Prozess. Herbig Verlag, München 2007, ISBN 978-3-7766-2528-8.
  • Ulf G. Stuberger: Die Akte RAF – Taten und Motive. Täter und Opfer. Herbig-Verlag, München 2008, ISBN 978-3-7766-2554-7.
  • Florian Jeßberger, Inga Schuchmann: Baader, Andreas, Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin, Holger Meins, Jan-Carl Raspe, in: Lexikon der Politischen Strafprozesse, Januar 2018 (online)

Weblinks Bearbeiten

Commons: Jan-Carl Raspe – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Laut der nachfolgenden Quelle starb Raspe im Katharinenhospital . Das liegt in Stuttgart.Mitte. https://www.oepb.at/allerlei/18-10-1977-dreimal-suizid-in-stuttgart-stammheim.html
  2. Alexander Holmig: Die aktionistischen Wurzeln der Studentenbewegung: Subversive Aktion, Kommune I und die Neudefinition des Politischen. In: Martin Klimke, Joachim Scharloth (Hrsg.): 1968: Handbuch zur Kultur- und Mediengeschichte der Studentenbewegung. Metzler, Stuttgart, Weimar 2007, ISBN 978-3-476-02066-6, S. 107–118, hier S. 109; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  3. Der Bastler - Politik-Nachrichten - Reutlinger General-Anzeiger. Abgerufen am 21. Juli 2023.
  4. https://www.stammheim-prozess.de/urteil/
  5. Matthias Trautsch: Festnahme der RAF-Terroristen Baader, Meins und Raspe vor 50 Jahren. In: FAZ.NET. 1. Juni 2022, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 21. Juli 2023]).
  6. https://www.oepb.at/allerlei/18-10-1977-dreimal-suizid-in-stuttgart-stammheim.html
  7. Jasmin Lörchner: RAF-Häftlinge in JVA Stuttgart: Die Todesnacht in Stammheim. In: Der Spiegel. 16. Oktober 2017, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 7. Januar 2023]).
  8. Frank Buchmeier: Deutscher Herbst 1977: Endstation Dornhaldenfriedhof. In: Stuttgarter Zeitung, 30. Oktober 2012.
  9. Jan-Carl Raspe bei IMDb