Heinrich Ehmsen

deutscher Maler und Grafiker

Heinrich Ehmsen (* 9. August 1886 in Kiel; † 6. Mai 1964 in Ost-Berlin) war ein deutscher Maler und Grafiker.

Grab von Heinrich Ehmsen auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin

Leben Bearbeiten

Lehre, Kunstgewerbeschule Bearbeiten

Heinrich Ehmsen – Sohn eines Korbmachermeisters und dessen Frau – ging nach der Volksschulzeit 1901 in eine vierjährige Lehre als Stubenmaler. Parallel besuchte er in Kiel die Städtische Gewerbeschule, wo er – zeitweise gemeinsam mit Friedrich Peter Drömmer, Werner Lange und Karl Peter Röhl – eine kunsthandwerkliche Ausbildung bei Gerd Zimmermann hatte.[1]

Mithilfe eines Stipendiums konnte sich Heinrich Ehmsen von 1906 bis 1909 an der Kunstgewerbeschule Düsseldorf bei Peter Behrens, Fritz Helmuth Ehmcke und J.L.M. Lauweriks zum Dekorationsmaler ausbilden lassen. 1909 gestaltete Ehmsen zusammen mit Lauweriks einen Raum für die Düsseldorfer Ausstellung Christliche Kunst.

Paris, Académie Colarossi und Café du Dôme Bearbeiten

Bei einem Aufenthalt in Paris von 1910 bis 1911 studierte Ehmsen an der Académie Colarossi, und er hatte im Café du Dôme Kontakte zu Ernesto de Fiori, Jules Pascin und Alfred Flechtheim.[1]

München Bearbeiten

1911 siedelte Ehmsen nach München über, wo er von den Malern der Neuen Künstlervereinigung München und des Blauen Reiter beeinflusst wurde. Insbesondere mit Marianne von Werefkin und Alexej Jawlensky pflegte er Kontakt.

Erster Weltkrieg Bearbeiten

Von 1914 bis 1918 war Ehmsen als Soldat im Ersten Weltkrieg in Frankreich, Rumänien und Flandern stationiert. Seine Eindrücke aus den Jahren 1918 bis 1919 bei den Auseinandersetzungen und dem Zerfall der Münchner Räterepublik spiegeln sich in vielen seiner Werke wider.

1920er Jahre Bearbeiten

1919 schloss Ehmsen sich der Novembergruppe an. 1920 beantragte er im Fremdenamt bei der Polizeidirektion München eine Aufenthaltsgenehmigung[2] für Werefkin, Jawlensky, Helene Nesnakomoff und Andreas Jawlensky[3], die ihnen die Möglichkeit gab, ihre Münchener Wohnung aufzulösen. Am 24. März 1921 trug sich Ehmsen als Maler mit Wohnsitz in München, in Wiesbaden ins Gästebuch von Heinrich Kirchhoff ein. Im Sommer 1921 mietete Jawlensky die Wohnung von Ehmsen in München und besuchte von dort aus sicherlich Paul Klee, der damals in Possenhofen am Starnberger See wohnte.[4] Nach einer ausgedehnten Reise 1928 nach Martigues in Südfrankreich[5] siedelte Ehmsen 1929 nach Berlin über.

1930er Jahre Bearbeiten

1930 wurde er Mitglied im Kampfkomitee der Künstler und Geistesarbeiter zur Unterstützung der KPD bei den Reichstagswahlen. Von 1932 bis 1933 hielt er sich in der UdSSR auf, wo er eine Ausstellung in Moskau hatte und seine Werke von Museen angekauft wurden.

Bis zur Verhaftung durch die Gestapo am 18. Oktober 1933 war Ehmsen künstlerischer Mitarbeiter bei den Junkers-Werken. Die Tätigkeit hatte ihm Friedrich Peter Drömmers vermittelt. Während seiner Haft im Columbiahaus in Berlin wurden seine Werke aus allen deutschen Museen entfernt. Obwohl acht Werke 1937 in der Ausstellung „Entartete Kunst“ gezeigt wurden,[6] kam es 1939 zur Aufnahme in die Reichskulturkammer.[7]

1940er Jahre Bearbeiten

Von 1940 bis 1944 war er Soldat der Wehrmacht. Er war in der Propagandaabteilung des Militärbefehlshaber Frankreich (MBF) eingesetzt, die ihre Weisungen vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda und vom MBF gemeinsam erhielt. Leutnant Ehmsen, zuständig für Bildende Kunst, war „Kamerad“ des in der Abteilung Schrifttum für die Verlagszensur zuständigen Leutnants Gerhard Heller[8] und organisierte mit ihm die Reise französischer Schriftsteller zum Weimarer Dichtertreffen 1941. Er organisierte 1941 eine Reise französischer Maler und Bildhauer nach Deutschland, unter diesen André Derain und Maurice de Vlaminck. Die Breker-Ausstellung in Paris wurde allerdings nicht von Ehmsen, sondern von Karl Epting und dem Deutschen Institut durchgeführt.[9]

Nach dem Zweiten Weltkrieg Bearbeiten

1945 gehörte Ehmsen – gemeinsam mit Karl Hofer – zu den Mitbegründern der Hochschule für bildende Künste in Berlin-Charlottenburg, deren stellvertretender Direktor sowie Leiter der Abteilung Freie Kunst er war. Wegen einer Solidaritätserklärung für den Pariser Congrès mondial des partisans pour la paix (Weltfriedensbewegung) wurde er 1949 entlassen. 1950 wurde Ehmsen Ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie der Künste in Ost-Berlin und übernahm die Meisterklasse für Malerei. Er hatte in der Ostzone bzw. der DDR eine bedeutende Zahl von Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen, u. a. 1946 auf der Allgemeinen Deutschen Kunstausstellung und 1962/1963 auf der V. Deutschen Kunstausstellung in Dresden.

Heinrich Ehmsen war verheiratet mit der Malerin Lis Bertram, die er u. a. 1932 in einem Tafelbild darstellte.[10]

Seine Grabstätte befindet sich auf dem Berliner Dorotheenstädtischen Friedhof. Der Lyriker Jens Gerlach widmete ihm in „Dorotheenstädtische Monologe“ ein Gedicht.[11]

Nachlass Bearbeiten

Sein Nachlass wird heute bei der Akademie der Künste Berlin verwahrt, darunter befinden sich sieben Gemälde.[12]

Auszeichnung Bearbeiten

Darstellung Ehmsens in der bildenden Kunst Bearbeiten

  • Bert Heller: Porträt Prof. H. Ehmsen (Öl, 99 × 70 cm, 1957)
  • Jenny Wiegmann: Heinrich Ehmsen (Porträtplastik, Bronze, 1963; Nationalgalerie Berlin)

Werke (Auswahl) Bearbeiten

  • Mahi Scheffer in Kornfeld (Öl auf Holz, 1909)[13]
  • Erschießung, 1919
  • Meine Kinder (Öl auf Leinwand, 1922; Nationalgalerie Berlin)[14]
  • Radierungen zu Gerhart Hauptmanns Roman Der Narr in Christo Emanuel Quint, 1927
  • Selbstbildnis (Öl auf Leinwand, 1929; Nationalgalerie Berlin)[15]
  • Der Angler von Cassis, 1930
  • Alter Russe vor Kathedralen (Öl auf Leinwand, 1932; Nationalgalerie Berlin)[16]
  • Erschießung des Matrosen Engelhofer (Triptychon, Öl; 1932–1933)
  • Harlekine des Krieges, 1945
  • Auschwitz (Öl auf Holz, 1948; Nationalgalerie Berlin)[17]

Ausstellungen Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Knut Nievers (Hrsg.): Kunstwende. Der Kieler Impuls des Expressionismus 1915–1922. Wachholtz, Neumünster 1992, ISBN 3-529-02728-6.
  • Kurzbiografie zu: Ehmsen, Heinrich. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Ulrich Schulte-Wülwer: Heinrich Ehmsen. In: ders.: Kieler Künstler. Band 3: In der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus 1918-1945, Heide: Boyens 2019 (Sonderveröffentlichungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte; 88), ISBN 978-3-8042-1493-4, S. 167–183.
  • Ehmsen, Heinrich. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Band 2: E–J. E. A. Seemann, Leipzig 1955, S. 18 (Textarchiv – Internet Archive – Leseprobe).
  • Ehmsen, Heinrich. In: Dietmar Eisold (Hrsg.): Lexikon Künstler in der DDR. Verlag Neues Leben, Berlin, 2010. ISBN 978-3-355-01761-9, S. 178
  • Jutta Lahmann: Heinrich Ehmsen (1886–1964). Ein Malerleben inmitten künstlerischer und politischer Umwälzungen. Mit Werkverzeichnis der Gemälde. Wissenschaftlicher Verlag Berlin, Berlin 2020, ISBN 978-3-96138-240-8.
  • Stephanie Weber: Heinrich Ehmsen. In: Karin Althaus u. a. (Hrsg.): Kunst und Leben. 1918 bis 1955. Lenbachhaus, München / Deutscher Kunstverlag, Berlin 2022, ISBN 978-3-88645-210-1, S. 92–95.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Heinrich Ehmsen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Knut Nievers (Hrsg.): Kunstwende. Der Kieler Impuls des Expressionismus 1915 – 1922. Wachholtz, Neumünster 1992, S. 203.
  2. Katja Förster, Stefan Frey: „In inniger Freundschaft“, Alexej Jawlensky, Paul und Lily Klee, Marianne Werefkin. Zürich 2013, S. 260
  3. Bernd Fäthke: Alexej Jawlensky, Zeichnung – Graphik – Dokumente. Ausst. Kat.: Museum Wiesbaden 1983, Kat: Nr. 92, S. 54.
  4. Katja Förster, Stefan Frey: „In inniger Freundschaft“, Alexej Jawlensky, Paul und Lily Klee, Marianne Werefkin. Zürich 2013, S. 264.
  5. Reinhold Heller, Heinrich Ehmsen, in Ausst. Kat.: Vom Expressionismus zum Widerstand Kunst in Deutschland 1909–1936. Die Sammlung Marvin und Janet Fischmann. Schirn Kunsthalle Frankfurt 1991, S. 170.
  6. Armin Zweite: Fritz Hofmann und die Städtische Galerie 1937 – Eine nationalsozialistische Museumskarriere, ihre Vorgeschichte und Konsequenzen. In: Ausst. Kat.: Die „Kunststadt“ München, Nationalsozialismus und „Entartete Kunst“. Staatsgalerie moderner Kunst, München 1987, S. 262, 278
  7. a b Knut Nievers (Hrsg.): Kunstwende. Der Kieler Impuls des Expressionismus 1915–1922. Wachholtz, Neumünster 1992, S. 204.
  8. Katrin Engel: Deutsche Kulturpolitik im besetzten Paris 1940–1944: Film und Theater. Oldenbourg, München 2003, S. 131.
  9. Katrin Engel: Deutsche Kulturpolitik im besetzten Paris 1940–1944: Film und Theater. Oldenbourg, München 2003, S. 257.
  10. Bildnis Lis Bertram | Heinrich Ehmsen | Bildindex der Kunst & Architektur - Bildindex der Kunst & Architektur - Startseite Bildindex. Abgerufen am 23. Juni 2022.
  11. Jens Gerlach: Dorotheenstädtische Monologe. Aufbau Verlag, Berlin, 1972, S. 46–49
  12. Kunstsammlung: Heinrich Ehmsen, bei Akademie der Künste
  13. Heinrich Ehmsen: Mahi Scheffer im Kornfeld (Eifel). 1909, abgerufen am 16. November 2022.
  14. Heinrich Ehmsen: Meine Kinder. 1922, abgerufen am 16. November 2022.
  15. Heinrich Ehmsen: Selbstbildnis. 1929, abgerufen am 16. November 2022.
  16. Heinrich Ehmsen: Alter Russe vor Kathedralen (Kathedrale mit Pope). 1932, abgerufen am 16. November 2022.
  17. https://www.deutschefotothek.de/documents/obj/71068802/df_c_0187625
  18. Ingeborg Michailoff: Heinrich Ehmsen 1888–1964. Gemälde. Gedächnisausstellung aus dem Nachlaß des Künstlers. Staatliches Museum, Schwerin 1968.