Hüttenrode

Stadtteil von Blankenburg (Harz)

Hüttenrode ist ein Ortsteil der Stadt Blankenburg (Harz) im Landkreis Harz in Sachsen-Anhalt.

Hüttenrode
Wappen von Hüttenrode
Koordinaten: 51° 46′ N, 10° 54′ OKoordinaten: 51° 46′ 0″ N, 10° 54′ 0″ O
Höhe: 478 m ü. NHN
Fläche: 18,63 km²
Einwohner: 901 (31. Dez. 2023)[1]
Bevölkerungsdichte: 48 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 2010
Postleitzahl: 38889
Vorwahl: 03944

Geografische Lage Bearbeiten

 
Lage Hüttenrodes (mittlere Ebene), vom Verkehrslandeplatz Ballenstedt (EDCB) aus in Richtung Brocken gesehen.

Hüttenrode liegt, von Mischwald und Weideflächen umrahmt, auf der mittleren nordrandnahen Hochfläche des vulkanitreichen Neuwerker Sattels im Elbingeröder Komplex des Bruchschollengebirges Harz, dem Westwind von der nahen Nordsee her nahezu ungeschützt an mehr als 300 Tagen im Jahr ausgesetzt.

Durch Hüttenrode führt die von Blankenburg kommende Bundesstraße 27, von der vom Ortsausgang in Richtung Rübeland die Landesstraße L 94 abzweigt, die den Ort mit der Bundesstraße 81 bei Almsfeld verbindet. Bis kurz nach der Jahrtausendwende hatte der Ort auch eine Bahnstation an der Rübelandbahn, die für den Transport von Erzen, Kalk, Zement und Holz seit 1885 von großer Bedeutung war. Öffentlich angebunden ist Hüttenrode heute nur noch über einen regelmäßigen Busverkehr.

Geschichte Bearbeiten

Die Ersterwähnung von Hüttenrode erfolgte am 22. Juli 1133, als Bischof Otto von Halberstadt dem Stift St. Johann in Halberstadt dreieinhalb Hufen in Halberstadt und vier Hufen in Hiddenroht (ursprünglich: Hindenroht) schenkte, die sein Vorgänger, Bischof Reinhard, vom Pfalzgrafen Friedrich von Sommerschenburg erworben hatte.[2]

Eine Besiedlung seit mindestens dem 4. Jahrhundert ist nicht unwahrscheinlich, da Bergbau auf Eisenerz wegen der vielen Funde von Verhüttungsschlacken aus Rennfeuern aus dem 2. bis 4. Jahrhundert des typischen Roteisenerzes aus dem Elbingeröder Komplex im Mittelharz betrieben wurde.

Im Jahr 1277 erwähnt eine Reinstein’sche Urkunde für Hüttenrode den Inhaber des Guts Hesselinus de Hiddenroth. Es muss davon ausgegangen werden, dass ein anderer Teil der Bewohner sich aufgrund der kargen, steinreichen Böden weitgehend mit Viehzucht auf dem Gut beschäftigt hat. Nach Pastor Stübner (1791) sollen die ersten Siedler Schwaben gewesen sein, wonach wahrscheinlich auch ein Stollen im Braunesumpf-Revier benannt worden ist.

In den Raub- und Feldzügen des 14. Jahrhunderts dürfte Hüttenrode betroffen gewesen sein, worüber allerdings keine Informationen vorliegen. Während andere, in der Nähe liegende Dorfschaften wie Dovenrode (Totenrode), Ewingerode, Hordeshusen, Ricbertingerode, Albrechtsfeld und Hordeshusen zugrunde gingen, ist überliefert, dass die Bewohner der angeführten Siedlungen nach Hüttenrode zogen. Der Verfall dieser Dörfer ist sicher auch auf das häufige Auftreten der Pest und der vielen Fehden zurückzuführen. In dieser Zeit gab es im Ort nachweislich zwei adlige Güter; 1448[3] wird Hiddenrode in einem gräflichen Teilungsrezess erwähnt. Der Ort musste damals Lebensmittel in die gräfliche Küche nach Blankenburg (Harz) liefern. Einige Jahre vorher, 1442, wurde eine Steuer in Höhe von 2½ Mark erwähnt, die aus Hüttenrode gezahlt werden musste. Im Jahr 1469 wurde ein Sühnetermin zwischen streitenden Parteien im Dorfe gehalten. Für das Jahr 1451 ist durch eine kirchliche Urkunde der Stadt Wernigerode etwas über die kirchliche Zugehörigkeit von Hüttenrode zu erfahren. Die Zeit der Bauernaufstände ging nahezu spurlos am Ort vorüber, obwohl in dieser Zeit Allrode, Kloster Michaelstein und Kloster Walkenried verwüstet wurden. Das lag sicher wegen der Bergbaugeschichte auch an der damaligen Zuwegung; der Ort war damals nahezu vollständig von Wald umschlossen und von Blankenburg aus nur über die alte, in 2 km Entfernung vorbeiführende und durch den Wald führende Heerstraße nach Elbingerode erreichbar.

Der Dreißigjährige Krieg traf auch Hüttenrode schwer. Die Bewohner flüchteten in die Wälder. Viele Gebäude im Ort waren verwüstet und verfallen. Die Gutsgebäude waren, wie auch die Felder, bis auf den Grund verwüstet. Die Bergwerke verfielen, und die Bevölkerung litt große Not. Steuern kamen nicht mehr ein. Dazu kam die Pest, die auch hier viele Opfer forderte. Am 4. Juli 1626 wurde eine Abteilung Wallenstein’scher Soldaten, wahrscheinlich waren es Kroaten, nach Hüttenrode geschickt, um dort Heu zu requirieren. Diese Abteilung kam aber in Hüttenrode nicht an – und auch nicht nach Blankenburg zurück. Erst nach langer Zeit wurden ihre Leichen allesamt in den „Eisenkuhlen“ (40 m tiefer Erztagebau) gefunden.[4] Nachforschungen über die Täter blieben erfolglos. Mehr und mehr griff man zur Selbsthilfe: Man verbarrikadierte Hohlwege, warf Schützengräben auf, um heranrückenden Truppen den Weg zu versperren, und wahrscheinlich war auch ein großer Zulauf zu den Harzschützen zu verzeichnen.

Nach Kriegsende normalisierte sich das Leben ab ca. 1650 wieder, allerdings unter strengen Verfügungen aus Blankenburg und Wolfenbüttel: Die Einrichtung einer ständigen Pfarrstelle, Unterrichtspflicht für Kinder im Lesen, Schreiben, Christenlehre, Gottesfurcht u. a. und die Selbstversorgung der Einwohner waren oberstes Gebot. Auch Aktivitäten im Schieferabbau sind zu verzeichnen, die etwa 300 Jahre anhielten. Um 1690 sollen etwa 500 Menschen in Hüttenrode gelebt haben. Im Jahr 1707 wurde die Grafschaft Blankenburg zum selbständigen Reichsfürstentum, und Herzog Ludwig Rudolf aus Wolfenbüttel setzte entscheidende wirtschaftliche Maßnahmen durch. Unter ihm erlebte das kleine Fürstentum seine glanzvollste Zeit. Vorwiegend der Bergbau finanzierte die aufwändige Hofhaltung, weil im Rahmen der Rohstoffsuche beinah jede Kleinstlagerstätte ausgebeutet wurde. Gruben wurden vom Talgrund her durch Stollen angefahren, Schießpulver wurde eingesetzt, der Abtransport erfolgte zunehmend auf Gleisen – diese und viele andere Maßnahmen steigerten die Einnahmen. In Hüttenrode wurde 1702 ein neues Schulhaus errichtet, im April 1704 gab es einen kalten Blitzeinschlag in den Kirchturm, 1711 einen Gemeindebäcker und 1717 zwei Gasthöfe, 1749 wurde der Kirchenneubau mit Orgel fertiggestellt und 1800 gab es 743 Einwohner.[5] Im Zusammenhang mit dem Kirchenneubau erscheint erstmals das Wort „Kalkbrennen“. Es kann davon ausgegangen werden, dass aufgrund der reichhaltigen Kalksteinvorkommen in der Umgebung die Herstellung von Baukalk ab dieser Zeit einen großen Aufschwung nahm.

Eine schlimme Zeit erlebte Hüttenrode auch 1806, als nach der Schlacht bei Jena und Auerstedt fliehende Truppenteile der preußischen Armee, die auch über den Harz zogen, von den Franzosen verfolgt wurden. Haus für Haus wurde geplündert, auch aus der Kirche gingen wertvolle Gegenstände verloren. Die Niederlage Preußens machte den Weg frei für weitgreifende Reformen im Kirchen-, Gemeinde- und Gewerberecht sowie im Agrar-, Militär- und Bildungswesen. Diese trugen dazu bei, dass Preußen 1813 in der Lage war, gegen Napoleon zu kämpfen und nach dem Wiener Kongress 1815 zu einer Großmacht zu werden. Trotz allem war der Niedergang des Berg- und Hüttenwesens aufgrund der völlig veralteten Produktionsprozesse nicht aufzuhalten, viele Gruben mussten schließen. Dennoch wurde in Hüttenrode 1857 das Schulhaus erweitert und 1883 eine Wasserleitung für die nun knapp 1300 Einwohner in Betrieb genommen. Mit dem Verkauf aller Berg- und Hüttenaktivitäten des Herzogshauses an die Kölner Bankgruppe Elzbacher begann 1869 ein starker Aufschwung des Eisenerzbergbaus. Sie fasste alle Aktivitäten in der neugegründeten AG Harzer Werke zu Rübeland und Zorge zusammen. Das 1873 in Betrieb gegangene Hochofenwerk in Blankenburg machte den Bau einer Erzstufen- / Schurrenbahn aus dem Hüttenröder Revier erforderlich. Nachdem 1873 Blankenburg einen Eisenbahnanschluss an die Halberstadt-Blankenburger Eisenbahn bekommen hatte, erreichte 1885 auch die Harzbahn als vollspurige Bahn Hüttenrode und machte Hüttenrode später (bis etwa 1990) zu einem der wichtigsten Umschlagsplätze für Erze, Kalk, Zement, Holz, Koks und Kohle im Ostharz. Der Bau der Rübelandbahn als innovative Infrastrukturmaßnahme sorgte für die rasante Entwicklung der Kalkindustrie entlang dieser Trasse bis Königshütte. In und um Hüttenrode wurden 1895 und 1906 spezielle Etagen- bzw. Ringöfen errichtet, viele Einwohner fanden in dieser Kalkindustrie Beschäftigung, hier herrschte Arbeitskräftemangel. Auch als ab 1893 viele Schmelzöfen in den Nachbarorten stillgelegt wurden und der Bergbau nahezu zum Erliegen kam, nahmen die Kalkwerke viel freigesetztes Personal aus dem Bergbau auf. Dennoch beförderte ab 1906 die kaiserliche Flottenrüstung und später der Erste Weltkrieg den wieder aufgenommenen Bergbau. Die Erzgewinnung stieg schnell auf über das Dreifache und endete erst mit der Stilllegung im Jahre 1925. 1909 erfolgte die vollständige gesetzliche Trennung der Dorf- und Kirchengemeinde. Dazu Pfarrer Nümann: „… ein unendlich trauriges Symbol dafür, daß die Einheit von Volkstum und Christentum zerstört war.“ Am 25. Juli 1917 mussten zwei Kirchturm-Glocken aus dem 16. Jh. zu Kriegszwecken abgeliefert werden. Mitten in der Inflationszeit gelang es aber der Gemeinde, für 110.688 Mk. zwei neue Bronzeglocken gießen zu lassen. Sie wurden am 10. Dezember 1922 feierlich eingeweiht. 54 Menschenleben forderte der Erste Weltkrieg. Zu Ehren der Opfer wurde 1925 das Kriegerdenkmal eingeweiht.[6] Der in diesem Jahr eingestellte Erzbergbau schien der Anfang einer großen Arbeitslosigkeit zu werden. Jedoch, vielleicht auch geprägt durch die Politik der Weimarer Republik, wie der Durchbruch der Massenkultur Rundfunk, Kino, Unterhaltungsmusik, avantgardistischen Strömungen in den Künsten u. a. sowie der Durchsetzung vieler infrastruktureller Maßnahmen und günstige Rahmenbedingungen für Investitionen, hielt sich die Arbeitslosigkeit in Grenzen. So wurden ab 1925 eine Vielzahl neuer Wohngebiete erschlossen und gebaut. Auch durch den Bau einer neuen Trassenführung der Rübelandbahn 1930/31, der mit einer verminderten Gleis-Neigung von 1:16 auf 1:37, zwei neuen Tunneln (430 m) und einer dazwischenliegenden 165 m langen Brücke in nur knapp 14 Monaten für einen größeren Transportdurchsatz (460 t statt 180 t) von Rübeland nach Hüttenrode sorgte[7], verbesserte sich die wirtschaftliche Lage vieler Einwohner. 1928 erfolgte der Abschluss der Elektrifizierung, 1929 der Bau der neuen Wasserleitung, 1932 erfolgte die Weihe des neuen Gemeindefriedhofes am Ortsrand und 1935 die Eröffnung des Freibades Gütte. Durch die vermehrte Bautätigkeit im Ort und in der Umgebung hat sich die Einwohnerzahl von Hüttenrode von 1400 um 1910 auf 1678 im Juli 1933 (zur 800-Jahrfeier) erhöht.

Von 1970 bis 1993 befand sich auf dem ehemaligen Bergbau-Gelände Braunesumpf die Außenstelle der Betriebsberufsschule Reinhold Julius des Datenverarbeitungszentrums Magdeburg. Hier fand die theoretische Ausbildung auch von Lehrlingen anderer Datenverarbeitungszentren der DDR statt.

Am 1. Januar 2010 wurde die bis dahin selbstständige Gemeinde Hüttenrode im Rahmen der Gebietsreform als Ortsteil neben Heimburg, Cattenstedt, Wienrode, Timmenrode und Derenburg nach Blankenburg (Harz) eingemeindet.[8]

Wappen und Flagge Bearbeiten

 
Das Wappen von Hüttenrode

Das Wappen wurde am 26. Juni 2008 durch den Landkreis genehmigt.

Blasonierung: „Durch Göpelschnitt geteilt, vorn in Gold eine aufrechte nach links gebogene rechte rote Hirschstange, hinten in Grün eine goldene Getreidegarbe, unten in Silber ein schwarzes Bergmannsgezähe.“[9]

Die Farben des Ortsteils sind Grün-Gelb.

Das Wappen wurde vom Magdeburger Kommunalheraldiker Jörg Mantzsch gestaltet.

Die Flagge ist grün-gelb (1:1) gestreift (Querform: Streifen waagerecht verlaufend, Längsform: Streifen senkrecht verlaufend) und mittig mit dem Gemeindewappen belegt.

Kultur und Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

 
Blick zur Kirchenruine (2023)

Gedenkstätten Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Hüttenrode – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellenangaben Bearbeiten

  1. Amtsblatt 1/24
  2. Urkundenbuch des Hochstift Halberstadt I, Nr. 169
  3. Johann Christoph Stübner: Merkwürdigkeiten des Harzes und des Fürstenthums Blankenburg. In: Chronik. Erster Theil. Buchhandlung der Groß’schen Erben, Halberstadt 1791.
  4. Gustav Adolph Leibrock: Chronik der Stadt und des Fürstenthums Blankenburg. In: Chronik. Band II. Verlag der Hof-Buchhandlung von A. Brüggemann, Blankenburg 1865.
  5. Johann Christoph Stübner, von 1782 bis 1800 Pastor in Hüttenrode
  6. Nümann, Friedrich, Pfarrer in Hüttenrode v. 1926 bis 1934: Geschichte des Dorfes Hüttenrode – mit besonderer Berücksichtigung der wirtschaftlichen Entwicklung, 1933.
  7. Steinke, Werner: Die Rübelandbahn im Harz, Transpress 1994.
  8. StBA: Gebietsänderungen vom 01. Januar bis 31. Dezember 2010
  9. Amtsblatt des Landkreis Nr. 7/2008 Seite 18 (Memento des Originals vom 8. Januar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kreis-hz.de