Exzellenzcluster Integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer

Das Exzellenzcluster Integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer ist ein interdisziplinäres Forschungsprojekt der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen zusammengeschlossen im Kompetenzzentrum Aachen House of Integrative Production Technology. Im Exzellenzcluster forschen mehr als 25 Institute und Forschungseinrichtungen der Werkstoff- und Fertigungstechnik gemeinsam mit der Fraunhofer-Gesellschaft und namhaften Unternehmen aus der produzierenden Industrie an Grundlagen für eine nachhaltige Produktionsstrategie.

Cluster of Excellence - Integrative Production Technology for High-Wage Countries
Gründung Oktober 2006
Ort Aachen
Bundesland Nordrhein-Westfalen Nordrhein-Westfalen
Land Deutschland Deutschland
Leitung Christian Brecher (Sprecher),

Matthias Brockmann (Geschäftsführer)

Website www.production-research.de

Das Exzellenzcluster wurde im Oktober 2006 im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder gegründet und erhielt am 15. Juni 2012 erneut seine Bestätigung in der Exzellenzinitiative. Das Cluster arbeitet eng mit dem Kompetenznetzwerk PROTECA zusammen und stellt derzeit eines der größten Projekte in Industrie 4.0 dar. Mit dem Exzellenzcluster Internet of Production (IoP) der RWTH Aachen steht seit dem 1. Januar 2019 die Suche nach anwendungsorientierten und innovativen Lösungen im Bereich der Produktionstechnik als Nachfolgeprojekt im Rahmen der Exzellenzstrategie auf dem Programm.

Ziele Bearbeiten

Ziel ist es, die Produktion in Hochlohnländern unter Berücksichtigung der weltweit dynamischen Rahmenbedingungen infolge der Globalisierung zu gewährleisten.

Im Rahmen des Exzellenzclusters sollen daher Beiträge zu einer grundlegend weiterentwickelten Theorie der Produktionswissenschaft erarbeitet werden, die organisatorische und technische Aspekte ganzheitlich verbindet und der produzierenden Industrie die notwendigen Methoden und Werkzeuge zur Umsetzung einer wettbewerbsfähigen Produktion in globalen Märkten bereitstellt. Somit ist die Aufgabe der Aachener Wissenschaftler wesentliche Beiträge für eine zukunftsfähige, nachhaltige Produktionstechnik zu entwickeln, um zur Lösung der Standortfrage beizutragen.

Das Exzellenzcluster „Integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer“ verfolgt das langfristige Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produktionstechnik zu steigern.

Forschungsgebiete Bearbeiten

Basierend auf wissenschaftlichen Analysen des Polylemmas der Produktionstechnik wurden die Individualisierung, die Virtualisierung, die Hybridisierung und die Selbstoptimierung der Produktion als wesentliche Forschungsgebiete identifiziert.

Diese Forschungsgebiete werden in Integrative Cluster Domains (ICD) unterteilt.

Die übergeordnete Lösungshypothese liegt in der nächsthöheren Stufe der Integrativität der Produktionstechnik. Die Industrie der Hochlohnländer hat ihre Vorteile in reifen Märkten in der Individualisierung von Produkten gefunden, die trotz effizienter Einzelprozesse zum Verlust an Skaleneffekten in der gesamten Wertkette führen. Durch Modularität und Konfigurationslogiken für Produkte und Produktionssysteme sowie geeignete Produktionstechnologien kann diese erste Dichotomie zwischen Scale und Scope aufgelöst werden.

Für einige Produkte und Prozesse ist der Lösungsansatz der Dichotomie wert- vs. planungsorientiert das hybride Produktionssystem, das verschiedene Fertigungsverfahren und -prozesse sowie Werkstoffe kombiniert. Weitere Hypothesen zur Auflösung dieser Dichotomie sind selbstoptimierende Produktionssysteme, die gerade mit dem qualifizierten technischen Personal der Hochlohnländer entwickelt und international wettbewerbsfähig betrieben werden können.

Die durchgängige Auslegung eines Produktionssystems erfordert bei hoher Variantenvielfalt hohe Planungsaufwendungen. Die Hypothese ist hier die durchgängige Virtualisierung der Produktionsprozesse sowie die Integration von virtueller und realer Welt, die beide Dichotomien durch Verringern der Planungsaufwendungen bei gleichzeitigem Erhöhen der Anzahl an Lösungsalternativen als auch durch Verringern der Vorbereitungsanteile bei gleichzeitigem first-time-right löst.

Grundlage für alle vier Lösungshypothesen ist die Entwicklung einer produktionstechnischen Theorie, die ganzheitliche Beschreibungs-, Erklärungs- und Gestaltungsmodelle für Produktionssysteme umfasst und eine effiziente Nutzung der Produktionsfaktoren sicherstellt.

ICD A: Individualisierte Produktion Bearbeiten

Die individualisierte Produktion erfordert einen hohen Grad an Produktvariabilität und -dynamik zu Kosten einer Massenproduktion. Hierzu sind umfassende Konzepte zur Gestaltung aller Elemente eines Produktionssystems, wie beispielsweise dem Produktprogramm, den Produktionsprozessen und der Ressourcenstruktur notwendig. Dabei wird die Realisierung des One-Piece-Flows angestrebt, bei dem kundenindividuelle Produkte einzeln durch die Produktentwicklung und Fertigung fließen.

Die ICD A „Individualisierte Produktion“ sucht daher nach Antworten, wie zum einen die optimale Kombination und Konfiguration der Elemente eines Produktionssystems identifiziert werden kann. Zum anderen stellt sich die Frage nach den geeigneten Produktionsprozessen und -technologien, mit denen sich ein One-Piece-Flow zu Kosten einer Massenproduktion umsetzen lässt.

ICD B: Virtuelle Produktionssysteme Bearbeiten

Eine Flexibilisierung der Produktion geht einher mit einer Steigerung der vorbereitenden, planenden Tätigkeiten. Die Auflösung des oben skizzierten Polylemmas erfordert jedoch eine Reduzierung der Planung. Daher werden innerhalb der ICD B „Virtuelle Produktionssysteme“ angestrebt, um eine hohe Qualität der Planung bei gleichzeitiger Reduzierung der Planungsaufwände zu erreichen. Hierzu bedarf es zum einen der Verkürzung virtueller Prozessketten durch z. B. Integration einzelner Prozessschritte und der dazugehörigen Werkzeuge, zum anderen ist eine tiefgreifende Integration von virtueller und realer Welt notwendig, um die Umsetzung der Planungsergebnisse im realen Produktionssystem sicherzustellen.

ICD C: Hybride Produktionssysteme Bearbeiten

Auf der Ebene der realen Produktionssysteme müssen Wege gefunden werden, wie Prozessketten verkürzt und im Sinne des One-Piece-Flow gestaltet werden können. Dieser Herausforderung kann mit hybriden Produktionsprozessen begegnet werden. Die ICD C „Hybride Produktionssysteme“ adressiert daher die Fragestellung, inwieweit formalisierte, auf wissenschaftlichen Methoden basierende Ansätze zur systematischen Hybridisierung von Prozessketten möglich sind. Darüber hinaus werden hybride Schlüsseltechnologien identifiziert und technologisch vorangetrieben.

ICD D: Selbstoptimierende Produktionssysteme Bearbeiten

Zur Auflösung des Polylemmas der Produktionstechnik ist weiterhin die Fähigkeit der Selbstoptimierung notwendig. Selbstoptimierung ermöglicht eine Optimierung realer Produktionsprozesse ohne gleichzeitig vorgelagerte Planungsaufwände zu erhöhen. Daher zielt die ICD D „Selbstoptimierende Produktionssysteme“ auf Methoden und Technologien zur Steigerung der kognitiven Fähigkeiten von Produktionssystemen ab.

Industrie 4.0 Bearbeiten

Im Rahmen des Exzellenzclusters ist u. a. das Forschungs- und Entwicklungsprojekt „ProSense“ entstanden. Ziel des Projektes ist die Entwicklung einer hochauflösenden, adaptiven Produktionssteuerung auf Basis kybernetischer Unterstützungssysteme und intelligenter Sensorik.[1]

Forschungspartner Bearbeiten

Im Exzellenzcluster für integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer sind mehr als 25 Institute, Forschungseinrichtungen sowie internationale Wirtschaftsunternehmen involviert.

Institute Bearbeiten

Institut Leitung
ACCESS e.V. Andreas Bührig-Polaczek
Forschungsinstitut für Rationalisierung (FIR) Günther Schuh
GI Gießerei-Institut Andreas Bührig-Polaczek
IOT Institut für Oberflächentechnik Kirsten Bobzin
IBF Institut für Bildsame Formgebung Gerhard Hirt
IKV Institut für Kunststoffverarbeitung Christian Hopmann
IEHK Institut für Eisenhüttenkunde Wolfgang Bleck
IAW Institut für Arbeitswissenschaft Verena Nitsch
ISF Institut für Schweißtechnik und Fügetechnik Uwe Reisgen
ITA Institut für Textiltechnik Thomas Gries
CATS Lehrstuhl für Computergestützte Analyse Technischer Systeme Marek Behr
IGM Institut für Getriebetechnik und Maschinendynamik Burkhard Corves
Institut für Allgemeine Konstruktionstechnik des Maschinenbaus Jörg Feldhusen
IMA/ZLW Lehrstuhl für Informationsmanagement im Maschinenbau / Zentrum für Lern- und Wissensmanagement Sabina Jeschke
Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen Christian Brecher et al.
IPT Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie Fritz Klocke et al.
ILT Fraunhofer-Institut für Lasertechnik Reinhart Poprawe
LFK Lehr- und Forschungsgebiet Kautschuktechnologie Edmund Haberstroh
LLT Lehrstuhl für Lasertechnik Reinhart Poprawe
TOS Lehrstuhl für Technologie Optischer Systeme Peter Loosen
Rechen- und Kommunikationszentrum der RWTH Aachen Matthias Müller
IRT Institut für Regelungstechnik Dirk Abel
WIN Lehrstuhl Wirtschaftswissenschaften für Ingenieure und Naturwissenschaftler Malte Brettel
IGPM Institut für Geometrie und praktische Mathematik Wolfgang Dahmen
TIM Lehrstuhl für Technologie- und Innovationsmanagement Frank Piller
HCIC Human-Computer Interaktion Center Martina Ziefle et al.
WZLforum gGmbH an der RWTH Aachen Kirstin Marso-Walbeck

Industriepartner Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Brecher, Christian, Özdemir, Denis (Hrsg.): Integrative Production Technology - Theory and Applications, Springer Verlag, 2017
  • Brecher, Christian (Hrsg.): Integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer, 1. Auflage, Springer Verlag, 2011

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. ProSense. FIR e. V. an der RWTH Aachen, abgerufen am 4. April 2019.