Erich Hoepner

deutscher Offizier, Generaloberst im Zweiten Weltkrieg und Widerstandskämpfer

Erich Kurt Richard Hoepner (* 14. September 1886 in Frankfurt (Oder); † 8. August 1944 in Berlin-Plötzensee) war ein deutscher Heeresoffizier (seit 1940 Generaloberst) und früher Widerstandskämpfer, ab 1935 und bis einschließlich zum Umsturzversuch vom 20. Juli 1944.

Erich Hoepner, 1939

Leben Bearbeiten

Kaiserreich und Erster Weltkrieg Bearbeiten

Erich Hoepner war der Sohn des Arztes Kurt Hoepner und seiner Ehefrau Elisabeth geb. Kienast. 1890 siedelte seine Familie nach Berlin-Charlottenburg um. Ab 1893 besuchte er das Kaiserin-Augusta-Gymnasium,[1] wo er 1905 sein Abitur machte. Im Juni 1909 trat Hoepner als Fahnenjunker in das Schleswig-Holsteinische Dragoner-Regiment Nr. 13 (Festung Metz) ein. 1910 heiratete er Irma Gebauer, Tochter des Fabrikanten Julius Gebauer. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder hervor. Im Oktober 1913 wurde er an die Kriegsakademie in Berlin kommandiert.

Ab August 1914 war Hoepner Ordonnanzoffizier des XVI. Armee-Korps. Ab 1916 diente er an der Front. Im Verlauf des Ersten Weltkrieges wurde Hoepner zum Rittmeister befördert und mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit beiden Klassen des Eisernen Kreuzes, dem Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern sowie dem Ritterkreuz 2. Klasse mit Schwertern des Württembergischen Friedrichordens.[2]

Weimarer Republik Bearbeiten

1920 wurde Erich Hoepner Eskadronchef im Reiter-Regiment 2 (Allenstein in Ostpreußen). Dieser Aufgabe schloss sich ab 1921 der Dienst als Hauptmann im Generalstab der Inspektion der Kavallerie in Berlin an. Ab 1923 war er Generalstabsoffizier der 1. Kavallerie-Division in seiner Geburtsstadt Frankfurt (Oder). Hoepner wurde 1927 Major im Generalstab und Erster Generalstabsoffizier (Ia) des Wehrkreiskommandos I in Königsberg (Ostpreußen). Ab 1930 diente er als Bataillonskommandeur im Infanterie-Regiment Nr. 17 in Braunschweig. Im Jahre 1932 wurde Hoepner zum Oberstleutnant befördert. Er war zu dieser Zeit Kommandeur des Reiter-Regimentes Nr. 4 in Potsdam.

Zeit des Nationalsozialismus Bearbeiten

Vorkriegszeit Bearbeiten

Hoepner wurde 1933 zum Chef des Generalstabes des Wehrkreises I in Königsberg ernannt. 1933 erfolgte die Beförderung zum Oberst. Zu diesem Zeitpunkt war er Chef des Stabes des Gruppenkommandos I in Berlin. 1937 erfolgte die Ernennung zum Generalmajor. Erich Hoepner war Kommandeur der 1. Leichten Division in Wuppertal. Schon 1938 wurde er zum Generalleutnant befördert. In den letzten Monaten vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges diente Hoepner im Rang eines Generals der Kavallerie als Kommandierender General des XVI. Armeekorps in Berlin.

Zweiter Weltkrieg Bearbeiten

Beim Überfall auf Polen war Hoepner Kommandierender General des XVI. Armeekorps (mot.), das zwei Panzer- und zwei Infanterie-Divisionen umfasste und der 10. Armee angehörte. Ende August 1939 ließ Hoepner seine Truppen wissen, Ziel der Kriegsführung des Verbandes müsse die „erbarmungslose Vernichtung des Feindes“ sein.[3] Am 27. Oktober 1939 erhielt er das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes.[2] In gleicher Stellung war er in der Schlacht bei Hannut im Rahmen der Schlacht um Belgien während des Westfeldzuges Kommandierender General. Er wurde am 19. Juli 1940 zum Generaloberst befördert.

 
Hoepner (rechts) mit SS-Gruppenführer Walter Krüger in Russland (Oktober 1941), Aufnahme einer Propagandakompanie

Hoepner formulierte am 2. Mai 1941 in der „Aufmarsch- und Kampfanweisung Barbarossa“ seine Ansichten zum kommenden Krieg:

„Der Krieg gegen Rußland ist ein wesentlicher Abschnitt im Daseinskampf des deutschen Volkes. Es ist der alte Kampf der Germanen gegen das Slawentum, die Verteidigung europäischer Kultur gegen moskowitisch-asiatische Überschwemmung, die Abwehr des jüdischen Bolschewismus. Dieser Kampf muß die Zertrümmerung des heutigen Rußland zum Ziele haben und deshalb mit unerhörter Härte geführt werden. Jede Kampfhandlung muß in Anlage und Durchführung von dem eisernen Willen zur erbarmungslosen, völligen Vernichtung des Feindes geleitet sein. Insbesondere gibt es keine Schonung für die Träger des heutigen russisch-bolschewistischen Systems.“[4]

Das Korps wurde Anfang des Jahres 1941 in Panzergruppe 4 umbenannt. Als Befehlshaber unterstanden Hoepner zu Beginn des Russlandfeldzuges im Juni 1941 das XXXXI. Armeekorps und das LVI. Armeekorps (mot.) mit insgesamt sieben Divisionen. Mit seinen Truppen kämpfte er in der Doppelschlacht bei Wjasma und Brjansk. Schließlich wurde die Panzergruppe im Dezember 1941 zur 4. Panzerarmee aufgewertet. Dieser Großverband bestand nun aus fünf Armeekorps mit zwölf Divisionen. Hoepner galt zu dieser Zeit neben Heinz Guderian, Hermann Hoth, Ewald von Kleist und Erwin Rommel als einer der erfolgreichsten und bekanntesten Panzerführer.

Beim Angriff auf die Sowjetunion im Jahre 1941 ordnete Hoepner als Kommandeur des XXXXI. Armeekorps und des LVI. Armeekorps die „Erschießung russischer Kommissare in Uniform“ und zusätzlich auch „die gleiche Behandlung von Zivilkommissaren“ an. Dieser völkerrechtswidrige Befehl ging damit über den Kommissarbefehl hinaus, der die unterschiedslose Tötung der sowjetischen Partei- und Verwaltungsfunktionäre nicht verlangte.[5]

Widerstand Bearbeiten

Bereits ab 1935 knüpfte Hoepner durch seinen vorgesetzten Offizier Ludwig Beck Kontakte zum deutschen Widerstand. Im September 1938 während der Sudetenkrise stellte er sich und seine Division der Widerstandsgruppe um Beck und Franz Halder für einen geplanten Staatsstreich gegen Hitler zur Verfügung. Das Münchner Abkommen vereitelte die Pläne jedoch, und der Staatsstreich kam nicht zur Ausführung.[6]

Am 8. Januar 1942 wurde Erich Hoepner von Hitler wegen „Feigheit und Ungehorsams“ unehrenhaft aus der Wehrmacht entlassen, nachdem er in der sowjetischen Winteroffensive einen Durchhaltebefehl ignoriert und den taktischen Rückzug seiner Einheiten angeordnet hatte. Dies hatte den Verlust aller Orden und Ehrenzeichen zur Folge sowie die Aberkennung des Rechtes zum Tragen einer Uniform.[7][8] Hoepner begründete gegenüber Feldmarschall von Kluge seine Entscheidung: „Herr Generalfeldmarschall, ich habe Pflichten, die höher stehen als die Pflichten Ihnen gegenüber und die Pflichten gegenüber dem Führer. Das sind die Pflichten gegenüber der mir anvertrauten Truppe.“[9] Am 12. Januar kehrte er nach Berlin zurück, um sich gegen Hitlers Willkür zu wehren, denn Hitler hätte sich strenger formaljuristischer und beamtenrechtlicher Verfahren bedienen müssen, um Hoepner zu entlassen. Deshalb erließ der Großdeutsche Reichstag am 26. April 1942 einen Beschluss, wonach der „Führer“ ermächtigt wurde, auch ohne Einhaltung bestehender Rechtsvorschriften jeden Deutschen aus seinem Amte zu entfernen.[10]

 
Erich Hoepner vor dem Volksgerichtshof nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944

Im Sommer 1943 siedelte er mit der Familie zur Schwester nach Bredereiche (heute Fürstenberg/Havel) über. Im Herbst 1943 wurde er in die Pläne zum Attentat eingeweiht und um Unterstützung gebeten. Am 19. Juli 1944 kehrte Erich Hoepner nach Berlin zurück. Während des gescheiterten Attentats- und Umsturzversuchs des 20. Juli 1944 befand sich Hoepner, der bei Gelingen des Planes als „Oberbefehlshaber im Heimatkriegsgebiet“ vorgesehen war, im Bendlerblock. Dort wurde er in den frühen Morgenstunden des 21. Juli verhaftet.

Hoepner wurde im ersten Prozess am 7. und 8. August 1944 beim Volksgerichtshof wegen Verrats am Volke vor Gericht gestellt. Mitangeklagt war auch unter anderen Generalfeldmarschall Erwin von Witzleben, den Vorsitz führte während der Dauer der Prozesse der Präsident des Volksgerichtshofes, Roland Freisler, persönlich. Am 8. August verurteilte dieser Hoepner zum Tod. Das Urteil wurde noch am selben Tag in der Hinrichtungsstätte des Strafgefängnisses Berlin-Plötzensee auf ausdrücklichen Befehl Hitlers durch Hängen vollstreckt.[11]

Ehrungen Bearbeiten

 
Berliner Gedenktafel für Erich Hoepner und Henning von Tresckow (am Bundeshaus)
  • 1956: Umbenennung des „Gymnasium Charlottenburg“ – Nachfolgeeinrichtung des „Kaiserin-Augusta-Gymnasium“, der ehemaligen Schule Hoepners – in der Bayernallee (Berlin-Westend) durch einen BVV-Beschluss des Bezirks Charlottenburg von Berlin in „Erich-Hoepner-Oberschule“. 2006 wurde von der Schulleitung ein langwährender Prozess zur erneuten Umbenennung der Schule eingeleitet; seit dem 1. August 2008 heißt das Gymnasium nunmehr „Heinz-Berggruen-Gymnasium“.
  • 1969: Benennung einer Wuppertaler Kaserne in Generaloberst-Hoepner-Kaserne (inzwischen geschlossen).
     
    Straßenschild der Erich-Hoepner-Straße in Düsseldorf
  • Jeweils eine „Erich-Hoepner-Straße“ in Düsseldorf und Neuss sowie eine Hoepnerstraße in Leipzig und eine Straße „Erich-Hoepner-Ring“ in Wuppertal.
  • 1996: Die „Wilhelm-Florin-Straße“ in Leipzig wurde in „Hoepnerstraße“ rückbenannt: Diesen Namen trug sie bereits zwischen 1947 und 1965.
  •  
    Gedenktafel vor dem Haus Adolf-Vorwerk-Straße 29 in Wuppertal
    Eine Inschrift auf dem Grabstein seiner Frau Irma Hoepner geb. Gebauer auf dem Waldfriedhof Zehlendorf in Berlin erinnert an ihn.[12]
  • Gedenktafel vor dem Haus, Adolf-Vorwerk-Straße 29 in Wuppertal, wo Erich Hoepner 1937/38 lebte.[13]

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Erich Hoepner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Cauerstraße 36–37, heute Ludwig-Cauer-Grundschule
  2. a b Gerd F. Heuer: Die Generalobersten des Heeres Inhaber höchster deutscher Kommandostellen, Moewig Verlag, Rastatt 1988, ISBN 3-8118-1049-9, Seite 112–113
  3. Sönke Neitzel: Deutsche Krieger: Vom Kaiserreich zur Berliner Republik – eine Militärgeschichte. Propyläen, Berlin 2020, ISBN 978-3-54-907647-7, S. 217.
  4. Jürgen Förster: Das Unternehmen „Barbarossa“ als Eroberungs- und Vernichtungskrieg. In: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 4. Der Angriff auf die Sowjetunion. DVA, Stuttgart 1983, S. 413–447, hier S. 446; Gerd R. Ueberschär: Ausgewählte Dokumente. In: Derselbe und Wolfram Wette (Hrsg.): „Unternehmen Barbarossa.“ Der deutsche Überfall auf die Sowjetunion 1941. Schöningh, Paderborn 1984, S. 295–404, hier S. 305.
  5. Felix Römer: Kriegsverbrechen. Hitlers willfährige Truppe. In: einestages, 12. Dezember 2008, abgerufen am 2. Januar 2021; Felix Römer: Der Kommissarbefehl. Wehrmacht und NS-Verbrechen an der Ostfront 1941/42. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2008, ISBN 978-3-506-76595-6 (zugleich: Dissertation, Universität Kiel, 2007), S. 130f. u. S. 165f.
  6. Samuel W. Mitcham Jr., Gene Mueller: Generaloberst Erich Hoepner. In: Gerd R. Ueberschär: Hitlers militärische Elite. 68 Lebensläufe. Primus, Darmstadt 2011, S. 364–370, hier S. 364.
  7. Veit Scherzer: Die Ritterkreuzträger. Hauptband. 2. überarbeitete Auflage. Scherzers Militaer-Verlag, 2007, ISBN 3-938845-17-1, S. 86ff., S. 116.
  8. Dermot Bradley: Die Generale des Heeres 1921–1945. Bd. 6. Hochbaum–Klutmann. Biblio Verlag, Bissendorf 2002, ISBN 3-7648-2582-0, S. 40f.
  9. Janusz Piekalkiewicz: Der Zweite Weltkrieg. ECON Verlag, 1985, Teilband II, S. 570. „Hitler war aufgebracht, handelte es sich doch schon um den zweiten Fall dieser Art innerhalb weniger Tage, nachdem am 29. Dezember 1941 Gen. Sponeck auf der Krim den Führerbefehl ignorierte. Hitler will ein Exempel statuieren und entläßt Hoepner unehrenhaft aus der Wehrmacht.“
  10. Beschluß des Großdeutschen Reichstages vom 26. April 1942. abgedruckt und veröffentlicht im Reichsgesetzblatt vom 27. April 1942. Wortlaut auszugsweise: „[…] Der Führer muss daher – ohne an bestehende Rechtsvorschriften gebunden zu sein – jederzeit in der Lage sein, jeden Deutschen […] ohne Einleitung vorgeschriebener Verfahren aus seinem Amte […] zu entfernen.“ Samuel W. Mitcham Jr., Gene Mueller: Generaloberst Erich Hoepner. In: Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): Hitlers militärische Elite. 68 Lebensläufe. 2. Auflage. Primus Verlag, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-89678-727-9, S. 364–370, hier S. 367 f.
  11. Gerd R. Ueberschär: Stauffenberg. Der 20. Juli 1944. S. Fischer, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-10-086003-9, S. 156.
  12. [[Hans-Jürgen Mende (Historiker)<Hans-Jürgen Mende]]: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1, S. 634 (Foto des Grabs von Irma Hoepner@1@2Vorlage:Toter Link/www.berlin.friedparks.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2023. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. auf www.berlin.friedparks.de; Abruf am 10. März 2019).
  13. www.denkmal-wuppertal.de