Als EMD 567 wird eine Familie von Dieselmotoren für Lokomotiven des zu General Motors (GM) gehörigen US-amerikanischen Lokomotivbauers Electro-Motive Division (EMD) bezeichnet. Diese Motoren wurden in mehrere tausend Lokomotiven eingebaut. Die ersten Motoren wurden im Jahr 1938 hergestellt, 1965 erfolgte nach einer Bauzeit von 27 Jahren die Ablösung durch den Nachfolgetyp EMD 645.

General Motors Electro-Motive Division
Eine EMD F7 unter dem Schneidbrenner, deutlich ist der Motor, ein EMD 16-567B, zu erkennen
Eine EMD F7 unter dem Schneidbrenner, deutlich ist der Motor, ein EMD 16-567B, zu erkennen

Eine EMD F7 unter dem Schneidbrenner, deutlich ist der Motor, ein EMD 16-567B, zu erkennen

EMD 567
Produktionszeitraum: 1938–1965
Hersteller: General Motors Electro-Motive Division
Funktionsprinzip: Diesel (Zweitakt)
Motorenbauform: 45°-V-Motor
Bohrung: 216 mm
Hub: 254 mm
Gemischaufbereitung: Pumpe-Düse-Direkteinspritzung
Motoraufladung: Rootsgebläse
Vorgängermodell: Winton 201A
Nachfolgemodell: EMD 645

Technik Bearbeiten

Wirkungsweise Bearbeiten

siehe auch: Prinzip des Dieselmotors

Die Motoren der Familie EMD 567 arbeiten nach dem von Rudolf Diesel entwickelten Dieselprinzip, das heißt in den Zylindern wird die Verbrennungsluft so stark adiabatisch komprimiert und damit erhitzt, dass sich der eingespritzte Kraftstoff selbst entzünden kann. Alle Motortypen der Familie 567 arbeiten nach dem Zweitaktverfahren, wobei die Frischluft im Bereich des unteren Totpunktes in den Zylinder eingeblasen wird und in der Folge verdichtet wird (1. Takt, auch Verdichtungstakt genannt). Kurz vor Erreichen des oberen Totpunktes wird der Kraftstoff eingespritzt, welcher sich in der Folge selbst entzündet. Die Verbrennungsgase dehnen sich aus und treiben den Kolben wieder in Richtung unterer Totpunkt (2. Takt, auch Arbeitstakt genannt).

Technische Daten Bearbeiten

Allen EMD 567 gemein war der Zylinderdurchmesser von 8½ Zoll (216 mm) und ein Hub von 10 Zoll (254 mm), was zu einem Hubraum von 567 Kubikzoll pro Zylinder, entsprechend 9.292 cm³, führte. Aus diesem Wert leitet sich die Bezeichnung der Baureihe ab. Abhängig von der Zylinderzahl und Ausführung ergeben sich für die einzelnen Bauarten folgende Merkmale[1]:

Ausführung Höchstdrehzahl Aufladung Bauzeitraum Verdichtung Leistung (kW)
6 Zyl. 8 Zyl. 12 Zyl. 16 Zyl.
567 800 Roots-Gebläse 10/38-3/43 16:1 450 750 1000
567A 800 Roots-Gebläse 5/43-9/53 16:1 450 750,900 1000
567B 800 Roots-Gebläse 7/45-3/54 16:1 450 600 750,840,900 970,1120
567AC 800 Roots-Gebläse 8/53-6/61 16:1 450 750
567BC 800 Roots-Gebläse 9/53-10/63 16:1 840,900 1120
567C 800,835 Roots-Gebläse 3/53-2/66 16:1 450 670 840,900 1120,1300
567D1 835 Roots-Gebläse 12/59-11/65 20:1 985 1340
567D2 835 Turbolader 11/59-4/62 14.5:1 1490
567D3 835 Turbolader 5/59-11/63 14.5:1 1680,1790
567D3A 900 Turbolader 9/63-1/66 14.5:1 1860
567E 835 Roots-Gebläse 2/66-4/66 16:1 900
567CR 835 Roots-Gebläse 10/56-11/65 16:1 670

Geschichte Bearbeiten

Mit der Übernahme des Motorenherstellers Winton Corporation stand der Electro-Motive Corporation (EMC, spätere EMD)[2] das Wissen zur erfolgreichen Eigenkonstruktion von Dieselmotoren zur Verfügung. In die Streamliner und die ersten Großdiesellokomotiven der E-Serie von EMD wurden noch 650 kW starke Winton 201A-Motoren eingebaut. Im Jahr 1938 standen die ersten Exemplare des selbst entwickelten Typs EMD 567 zur Verfügung.

Winton 201A Bearbeiten

Mit der Baureihe 201 entwickelte die Winton Corporation erstmals einen eigenen Zweitakt-Dieselmotor. Der Vorteil dieses Typs im Vergleich zum Viertaktmotor ist ein höheres Leistungs-/Gewichtsverhältnis. Hierdurch wurde dieser Motortyp für den Schiffs- und Lokomotivbau interessant. Als im Jahr 1932 der windschnittig gestaltete, dieselelektrische Schnelltriebwagen DR 877 aus Deutschland weltweit Aufmerksamkeit erregte und als erstes Fahrzeug eine Reisegeschwindigkeit von 124 km/h auf der Strecke Berlin-Hamburg erreichte, kam es in der Folge auch in den USA zur Entwicklung stromlinienförmiger Triebzüge. Bekannte Vertreter von EMD waren der Streamliner und der Burlington Zephyr, letzterer erstmals mit einem Dieselmotor Winton 201A.

Bis 1938 baute GM in die Reisezugloks der E-Serie noch je zwei Zwölfzylindermotoren des Typs Winton 12-201 bzw. 12-201A ein.[2] Die Wintonmaschinen wiesen jedoch einige Mängel auf, sodass ihnen ein längerfristiger Erfolg versagt blieb. Ursprünglich für den Einsatz in U-Booten entwickelt, erwiesen sich die Motoren den Belastungen des Eisenbahnbetriebs mit häufigen Lastwechseln nur bedingt gewachsen. Dies führte relativ häufig zu Kolbenschäden. Ein weiterer Nachteil der Wintonmotoren war die fehlende Austauschbarkeit der Teile. So bot Winton die Aggregate mit unterschiedlicher Zylinderzahl in verschiedenen Leistungsklassen an. Jedoch unterschieden sich wesentliche Teile, wie Kolben, Wasserpumpen, Dichtungen und Zylinderköpfe von Typ zu Typ. Den Eisenbahngesellschaften war somit eine umständliche Ersatzteilhaltung aufgezwungen.[3]

EMD 567 Bearbeiten

 
EMD 567B im North Carolina Transportation Museum

1936 stellte EMC einen Dieselmotor mit sechs V-förmig im Winkel von 45° angeordneten Zylindern vor. Aus diesem wurden Antriebsaggregate mit acht, zwölf und sechzehn Zylindern entwickelt. Der als 567 bezeichnete Motortyp wurde von 1938 bis 1966 in sehr großen Stückszahlen hergestellt. Die nach 1938 gebauten Loks der E-Serie erhielten pro Einheit zwei Zwölfzylindermotoren, die der EMD F-Serie jeweils einen mit sechzehn Zylindern.[2]

Die ersten Lokomotiven mit dem neuen Typ 567 wurden im Frühjahr 1939 ausgeliefert. Ab November 1939 begann die Auslieferung der Lokomotivbaureihe FT. Diese Maschinen sollten innerhalb weniger Jahre die Dampflokomotiven aus dem Güterzugdienst der US-amerikanischen Hauptbahnen verdrängen. Bedingt durch den japanischen Angriff auf Pearl Harbor und den nachfolgenden Kriegseintritt der USA ergab sich die Notwendigkeit der Umstellung der Wirtschaft auf die Belange der Kriegsführung. Da EMD bisher nur Brennkraftlokomotiven herstellte, war es der Firma durch das War Production Board als einzigem Hersteller gestattet, während des Zweiten Weltkrieges Streckendiesellokomotiven zu produzieren. In dieser Zeit wurden fast ausschließlich die Güterzugmaschinen der Baureihe FT hergestellt. Hierdurch erreichte EMD einen Entwicklungsvorsprung, der zu einer langjährigen Monopolstellung des Unternehmens führte.

Literatur Bearbeiten

  • Pinkepank, Jerry A.: The Second Diesel Spotters Guide; Kalmbach Publishing Co. Milwaukee; 4. Auflage 1980; ISBN 0-89024-026-4
  • Solomon, Brian: EMD F-unit Locomotives; speciality press North Branch; 1. Auflage 2005; ISBN 1-58007-083-3
  • Solomon, Brian: EMD Locomotives; MBI Publishing Company St. Paul, MN; 1. Auflage 2006; ISBN 0-7603-2396-8

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. nach Pinkepank;Second Diesel Spotters Guide, S. 26
  2. a b c Die Urahnen: Lokomotiven der F-Reihe von GM-EMD in: NOHABs (Eisenbahn Journal Sonderausgabe 4/2003), S. 12 ff.
  3. Solomon, EMD Locomotives, S. 35ff.