Doron Rabinovici

israelisch-österreichischer Historiker und Schriftsteller

Doron Rabinovici [sprich: Rabinowitsch, gemäß Aussprache des rumänischen Namens] (geboren 2. Dezember 1961 in Tel Aviv) ist ein österreichischer Schriftsteller und Historiker, der seit 1964 in Wien lebt. Seine literarische Arbeit umfasst Kurzgeschichten, Romane, Essays und Theaterstücke.

2010 in Frankfurt am Main

Leben Bearbeiten

 
Doron Rabinovici (2009)

Doron Rabinovicis Familie übersiedelte 1964 von Israel nach Wien. Rabinovici studierte an der Universität Wien und promovierte im Jahre 2000 mit der historischen Arbeit Instanzen der Ohnmacht. Die Wiener jüdische Gemeindeleitung 1938 bis 1945 und ihre Reaktion auf die nationalsozialistische Verfolgung und Vernichtung. Im Jüdischen Verlag bei Suhrkamp wurde die Dissertation unter dem Titel Instanzen der Ohnmacht: Wien 1938–1945. Der Weg zum Judenrat publiziert.[1]

Doron Rabinovici schreibt nicht nur literarische Texte wie die Kurzgeschichtensammlung Papirnik (1994) oder die Romane Suche nach M (1999), Ohnehin (2004), Andernorts (2010), Die Außerirdischen (2017) und Die Einstellung (2022), sondern auch nicht-fiktionale Texte, in denen er zu Entwicklungen in Österreich und zur Politik Stellung bezieht. Er gibt darin auch Auskunft zur jüdischen Identität, doch ebenso zu poetologischen Überlegungen, etwa zu seiner Schreibintention oder zur Rolle der Literatur.

Bereits Rabinovicis erster Roman Suche nach M aus dem Jahr 1997 handelt von der Nachwirkung der Vernichtung. Auch seine anderen Romane thematisieren immer wieder den Umgang mit Erinnerung, NS-Vergangenheit, Fremdheit, Migration, Rechtsextremismus in Österreich, jüdisches Leben in Wien.

In den Jahren 2013 und 2014 initiierte und konzipierte er gemeinsam mit Matthias Hartmann die Zeitzeugenproduktion Die letzten Zeugen am Burgtheater. Er stellte dabei das Textbuch zur Aufführung zusammen; die Produktion bezog sich auf die Novemberpogrome 1938, die sich 2013 zum 75. Male jährten, erlangte hohe Wertschätzung seitens Publikum und Presse und wurde zum Berliner Theatertreffen 2014 eingeladen:

„Das ist in Wien sehr behutsam in Szene gesetzt, verzichtet auf theaterwirksame Garnierung, ist im besten Sinne erzählend – und hat deshalb nichts von pflichtschuldiger Erinnerungsverrenkung mit Betroffenheitsautomatik. „Die letzten Zeugen“ ist ein eindringliches, aber auch fragiles (Theater-)Dokument.“

Jury des Berliner Theatertreffens[2]

Im Jahr 2018 stellte Doron Rabinovici nach einer Idee von Florian Klenk die Dramacollage „Alles kann passieren!“ Ein Polittheater zusammen, ein Mosaik aus Reden und Statements rassistisch populistischer Regierungspolitiker Europas, das das Wesen und die Absichten dieser Politik offen zutage treten lässt. Die Lesung ist bloß durch einzelne Zitate von Hannah Arendt, Viktor Klemperer und Erich Kästner kommentiert und ist von wenigen Sätzen umrahmt, die von Rabinovici stammen. Alles kann passieren! wurde mehrere Male im Burgtheater aufgeführt.

Doron Rabinovici ist Mitglied im Vorstand der Grazer Autorinnen Autorenversammlung. Seit 1986 ist er ein Sprecher im Republikanischen Club – Neues Österreich gegen Antisemitismus, Rassismus, Homophobie und Rechtspopulismus. Als engagierter Intellektueller rief Rabinovici im Jahre 2000 aus Protest gegen eine Regierungsbeteiligung der FPÖ zur Großdemonstration „Nein zur Koalition mit dem Rassismus“ auf. Seit 2018 ist er außerordentliches Mitglied der Mainzer Akademie der Wissenschaften und Literatur.

Familie Bearbeiten

Doron Rabinovicis Mutter, Schoschana Rabinovici, stammt aus Wilna, der Hauptstadt Litauens (damals Polen). Sie überlebte das Ghetto, Konzentrationslager und den Todesmarsch und kam in den 1950er Jahren nach Israel. Die Geschichte ihres Überlebens schilderte Schoschana Rabinovici in ihrem Buch Dank meiner Mutter.[3] Sein Vater, David Rabinovici, flüchtete 1944 aus Rumänien nach Palästina.

Werke Bearbeiten

 
Autograph

Bücher Bearbeiten

Theaterstücke Bearbeiten

Hörspiel Bearbeiten

Auszeichnungen Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Matthias Beilein: 86 und die Folgen. Robert Schindel, Robert Menasse und Doron Rabinovici im literarischen Feld Österreichs, Erich Schmidt Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-503-09855-2.
  • Andreas Kilcher: Rabinovici, Doron. In: Andreas B. Kilcher (Hrsg.): Metzler Lexikon der deutsch-jüdischen Literatur. Jüdische Autorinnen und Autoren deutscher Sprache von der Aufklärung bis zur Gegenwart. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Metzler, Stuttgart/Weimar 2012, ISBN 978-3-476-02457-2, S. 413–415.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Doron Rabinovici – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Instanzen der Ohnmacht. Wien 1938-1945. Der Weg zum Judenrat. Historische Studie, Jüdischer Verlag, Frankfurt 2000, ISBN 3-633-54162-4.
  2. 10er Auswahl: Die letzten Zeugen, abgerufen am 16. April 2019.
  3. Schoschana Rabinovici: Dank meiner Mutter. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-596-80571-6.
  4. Nina Apin: Roman „Die Außerirdischen“: Der kosmische Frieden und sein Preis. In: Die Tageszeitung: taz. 22. Oktober 2017, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 31. März 2024]).
  5. Alexandra Föderl-Schmid: Doron Rabinovicis Roman „Die Einstellung“. Rezension. Abgerufen am 22. März 2022.
  6. Doron Rabinovici: Auf den Granaten der Vergangenheit, Rede anlässlich der Preisverleihung, in: Tageszeitung Der Standard, Wien, 17. September 2011, Beilage Album, S. A 11.
  7. orf.at - Ehrenpreis des Buchhandels an Rabinovici. Artikel vom 9. Oktober 2015, abgerufen am 9. Oktober 2015.
  8. adwmainz.de – Dankesrede von Rabinovici zur Verleihung des Ehrenkreuzes Akademie der Wissenschaften und der Literatur Artikel vom 17. November 2022, abgerufen am 6. Januar 2024