Dimitris Christofias

zyprischer Politiker

Dimitris Christofias (griechisch Δημήτρης Χριστόφιας; * 29. August 1946 in Kato Dikomo, Zypern; † 21. Juni 2019) war ein zypriotischer Politiker. Vom 28. Februar 2008 bis zum 27. Februar 2013 war er Staatspräsident der Republik Zypern.

Christofias (2011)

Er war von 1989 bis 2009 Generalsekretär der einst marxistisch-leninistischen und heute eurokommunistischen Fortschrittspartei des werktätigen Volkes (AKEL).

Leben Bearbeiten

Christofias wurde als ältestes von insgesamt fünf Kindern einer Arbeiterfamilie 1946 in Kato Dikomo nahe der heute türkisch besetzten Hafenstadt Kyrenia geboren. Bereits früh begeisterte er sich für eine linksgerichtete Politik und trat 18-jährig in die AKEL ein. Nach einem fünfjährigen Studium am Institut für Sozialwissenschaften und der Akademie der Sozialwissenschaften in Moskau, wo er seine spätere Frau Elsie Chiratou kennenlernte, und der Promotion im Fach Philosophiegeschichte kehrte er 1974 nach Zypern zurück, um eine politische Laufbahn anzutreten.

Innerhalb seiner Partei gelang Christofias ein rascher Aufstieg. 1974 wurde er zunächst Hauptsekretär und 1977 Generalsekretär der EDON, einer Jugendorganisation von AKEL, ein Amt, das er bis 1987 bekleidete. Im April 1988 wurde der einst linientreue Kommunist nach dem Tod von Ezekias Papaioannou an die Spitze der AKEL gewählt, deren Generalsekretär er bis zum Jahre 2009 war. Im Jahre 2001 wurde er als erster AKEL-Politiker überhaupt zum Parlamentspräsidenten gewählt, einem eher repräsentativen Posten, und galt seitdem als aussichtsreichster Kandidat seiner Partei für das Amt des Präsidenten.

 
Christofias während eines Staatsbesuchs des russischen Präsidenten Dmitri Medwedew (2010)

Bei den Präsidentenwahlen am 17. Februar 2008 konnte Christofias 33,29 % der Stimmen auf sich vereinen und rangierte damit noch vor Amtsinhaber Tassos Papadopoulos an zweiter Stelle. In der Stichwahl am 24. Februar 2008 trat er gegen den erstplatzierten Ioannis Kasoulides von der konservativen Partei Dimokratikos Synagermos an und gewann mit 53 % der Stimmen.[1] Christofias verfügte über gute Beziehungen zum türkischen Teil Zyperns und galt im Bestreben einer Wiedervereinigung der beiden Inselteile als kompromissbereiter als sein Amtsvorgänger Papadopoulos. Unmittelbar nach seiner Wahl zum Präsidenten forderten ihn sowohl die Europäische Kommission als auch der nordzypriotische Präsident Mehmet Ali Talât zur schnellstmöglichen Aufnahme von Verhandlungen hierüber auf.[2] Ein erstes Treffen mit Talât erfolgte am 21. März 2008.[3] Die Veröffentlichung von Depeschen US-amerikanischer Botschaften durch WikiLeaks brachte Ende 2010 eine politisch sehr ungünstige Einschätzung seiner Person durch die amerikanische Botschaft zutage. In der Meldung nach Washington hieß es unter anderem, Christofias preise Iran und schmähe die NATO.[4]

Nach der schweren Munitionsexplosion auf der Marinebasis Evangelos Florakis am frühen Morgen des 11. Juli 2011 wurde ihm eine Mitschuld für das Ereignis gegeben. Einen Tag später versuchten Tausende von Demonstranten den Präsidentenpalast zu stürmen. Ihm wurde vorgeworfen, er habe die 2009 auf einem russischen Frachter beschlagnahmte Waffenlieferung für Syrien auf der Marinebasis unzureichend gelagert belassen und nicht für deren Vernichtung gesorgt. In der Folge ermittelte ein durch das Kabinett ernannter unabhängiger Anwalt mit Experten zu den Ursachen. In seinem Untersuchungsbericht am 2. Oktober 2011 gab er Christofias Mitverantwortung für den Unfall. Christofias erklärte die Vorwürfe für substanzlos und behielt sein Amt weiterhin.[5]

Am 1. Juli 2012 übernahm die Republik unter seiner Führung die EU-Ratspräsidentschaft.

Christofias starb im Juni 2019 im Alter von 72 Jahren.

Auszeichnungen Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Christiane Schlötzer: Demetris Christofias – Populärer Herausforderer des zyprischen Präsidenten, in: Süddeutsche Zeitung, 12. Juli 2007, S. 4.
  • Dimitris Christofias in: Internationales Biographisches Archiv 49/2012 vom 4. Dezember 2012, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)

Siehe auch Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Dimitris Christofias – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Εκλογές 2006: Αποτελέσματα. Innenministerium der Republik Zypern, archiviert vom Original am 2. November 2007; abgerufen am 17. Februar 2008 (englisch, Präsidentenwahl 2008: Ergebnisse).
  2. Cyprus leaders seek fresh talks. In: BBC News. 25. Februar 2008, abgerufen am 21. Dezember 2010 (englisch).
  3. Zypern: Geteilte Insel vor Schicksals-Treffen. In: DiePresse.com. 20. März 2008, abgerufen am 23. Juni 2019.
    Erfolg bei Gipfeltreffen: Verhandlungen über Wiedervereinigung Zyperns vereinbart. In: Spiegel Online. 21. März 2008, abgerufen am 23. Juni 2019.
  4. Dan Bilefsky: Cyprus to Take Over European Presidency. In: nytimes.com. 26. Juni 2012, abgerufen am 21. März 2013 (englisch).
  5. Cyprus: Inquiry Blames President for Explosion, Prompting Calls to Quit. In: nytimes.com. 3. Oktober 2011, abgerufen am 23. Juni 2019 (englisch).
    George Psyllides: Probe opens into deadly blast. In: Cyprus Mail. 26. Juli 2011, archiviert vom Original am 6. April 2012; abgerufen am 22. März 2013.
    Gerd Höhler: Munitionsexplosion schadet Zyperns Wirtschaft. In: Zeit Online. 13. Juli 2011, abgerufen am 21. März 2013.
  6. Bundeskanzler: Anfragebeantwortung von Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen … Nr. 10694/J … betreffend Orden und Ehrenzeichen an ehemalige in- und ausländische Regierungsmitglieder und sonstige Persönlichkeiten. (pdf, 6,6 MB) In: parlament.gv.at. 23. April 2012, S. 1818, abgerufen am 23. Juni 2019.