Dimethoat ist eine chemische Verbindung, die häufig als Insektizid eingesetzt wird. Sie gehört zu den Dithiophosphorsäureestern (sogenannte „Organophosphate“). Insektizide dieser Gruppe wirken als Kontaktgifte. Wie andere Phosphorsäureester hemmt Dimethoat Cholinesterasen, die eine essentielle Funktion im Nervensystem haben.

Strukturformel
Struktur von Dimethoat
Allgemeines
Name Dimethoat
Andere Namen

O,O-Dimethyl-S-methylcarbamoylmethyl-phosphordithioat Dithiophosphorsäure-O,O-dimethyl-S-(N-methylcarbamoylmethyl)-ester

Summenformel C5H12NO3PS2
Kurzbeschreibung

weißer Feststoff mit unangenehmem Geruch[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 60-51-5
EG-Nummer 200-480-3
ECHA-InfoCard 100.000.437
PubChem 3082
ChemSpider 2973
Wikidata Q421371
Eigenschaften
Molare Masse 229,2 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[1]

Dichte

1,28 g·cm−3 (bei 65 °C)[1]

Schmelzpunkt

52–52,5 °C[1]

Siedepunkt

107 °C (bei 6,6 Pa) (Zersetzung ab 60 °C)[1]

Dampfdruck
  • 1 mPa (25 °C)[1]
  • 2,90·10−6 mbar (20 °C)[2]
Löslichkeit

gering in Wasser (25 g·l−1 bei 25 °C)[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[3] ggf. erweitert[1]
Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301+311
P: 264​‐​270​‐​280​‐​301+310​‐​302+352+312​‐​361+364[1]
Toxikologische Daten

387 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[4]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Geschichte Bearbeiten

Dimethoat wurde 1962 für American Cyanamid in den USA zugelassen.[5][6]

Chemische Eigenschaften Bearbeiten

Dimethoat gehört in die Gruppe der Dithiophosphorsäureester. Es ist bei Raumtemperatur relativ stabil in Wasser und saurer Lösung, jedoch instabil in alkalischer Lösung. Bei Erhitzung wandelt es sich in O,S-Dimethylphosphordithioat um.[7]

Die Substanz wirkt als starkes Nervengift auf zahlreiche Organismen, darunter alle Insekten, alle Säugetiere und somit auch Menschen. Die Stärke der Wirkung ist von der Masse des Individuums abhängig, da sich Dimethoat im Körper verteilt. Dieses Nervengift wirkt immer dann gefährlich, wenn es zum Zeitpunkt der Aufnahme eine funktionsschädigende Konzentration erreicht. Für behandelte Pflanzen, die zum menschlichen Verzehr bestimmt sind, sind je nach Kultur unterschiedlich lange Wartezeiten vorgeschrieben.

Verwendung Bearbeiten

 

Dimethoat wird als Insektizid gegen Schädlinge wie zum Beispiel Blattläuse, Zikaden, Wanzen aber auch gegen Hausfliegen eingesetzt. Zudem wirkt es als Akarizid und Nematozid. Die Wirkung beruht auf der Hemmung der Acetylcholinesterase, wobei die eigentlich wirksame Substanz (das Sauerstoffanalogon) erst durch Metabolisierung entsteht.[8]

Der Stoff wird aufgrund seiner nervenschädigenden Wirkung als für den Menschen gesundheitsschädlich eingestuft.[1] Für die meisten Lebensmittel gilt daher ein Rückstandshöchstgehalt von 0,01 mg/kg Dimethoat.[9] Die Konzentration sinkt nach der Anwendung innerhalb von Tagen auf ein unbedenkliches Maß ab.

Um das Risiko einer versehentlichen Überdosierung beim Privatanwender zu vermeiden, wird die Abgabemenge pro Packungseinheit limitiert. Deutlich höhere Pack- und Konzentrationseinheiten sind für den landwirtschaftlichen Einsatz erhältlich.

Gelegentlich wird die Auswirkung von Dimethoat auf Nützlinge wie Bienen oder Ameisen diskutiert.[10] Es ist als bienengefährdend in die Gruppe B1 eingestuft[11] und darf nicht auf blühende oder von Bienen beflogene Pflanzen (auch Unkräuter) ausgebracht werden.[12] Das Nervengift ist bei direktem Kontakt (direktes Besprühen, Blütenbesuch unmittelbar nach der Behandlung) auch hier immer schädigend, wenn es die vom jeweiligen Individuum tolerierbare Menge übersteigt.[8] Andernfalls verlässt es den Insektenkörper über die Zeit ohne verhaltenswirksame Effekte. Die kontaminierende Menge der flüchtigen Substanz wird vom Individuum nicht in den Staatshaushalt eingebracht. Eine denkbare Langzeitwirkung auf staatenbildende Insekten ist daher unwahrscheinlich.

Im Handel sind verschiedene Darreichungsformen ohne weiteres erhältlich, darunter Lösungen, Aerosol-Darreichungen oder leicht handhabbare Sprays. Die bei weitem häufigste Anwendung für Privatpersonen erfolgt als wässrige Lösung zur Anwendung gegen „beißende und saugende Insekten“, darunter Blattläuse. Darüber hinaus sind Darreichungen erhältlich, die in geringerer Konzentration und in wechselnder Kombination gegen jeweils bestimmte Organismen eingesetzt werden können.

Regulierung Bearbeiten

Frankreich verbot im Februar 2016 alle dimethoathaltigen PSM aufgrund von Gesundheitsbedenken, ebenso sind dort keine Importe von mit Dimethoat behandelten Kirschen mehr zulässig. Das französische Landwirtschaftsministerium setzt sich für ein Verbot von Dimethoat in der gesamten EU ein. Dieser Vorstoß wird von Italien und Spanien unterstützt, jedoch spricht sich die EU-Kommission gegen ein sofortiges Verbot durch eine Notfallmaßnahme aus.

Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) teilte mit, dass Gesundheitsrisiken von Dimethoat mit den derzeit verfügbaren Daten nicht ausgeschlossen werden können.[13]

Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln (PSM) mit dem Wirkstoff Dimethoat ist in den Staaten der EU im Juli 2019 ausgelaufen. Auch in der Schweiz sind keine Dimethoat-haltigen Pflanzenschutzmittel mehr erhältlich.[14]

Handelsnamen Bearbeiten

  • Perfekthion
  • Bi 58
  • ROXION
  • Rogor 40 l
  • Danadim Progress
  • Lizetan

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d e f g h i j Eintrag zu Dimethoat in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 20. Januar 2022. (JavaScript erforderlich)
  2. Kröhl, T.; Kästel, R.; König, W.; Ziegler, H.; Köhle, H.; Parg, A.: Methods for Determining the Vapour Pressure of Active Ingredients Used in Crop Protection. Part V: Thermogravimetry Combined with Solid Phase MicroExtraction (SPME) in Pestic. Sci. 53 (1998) 300–310.
  3. Eintrag zu Dimethoate im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  4. Eintrag zu Dimethoat. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 1. Oktober 2014.
  5. Revised Interim Reregistration Eligibility Decisions for Dimethoate. (PDF 1,3 MB) United States Environmental Protection Agency, OFFICE OF PREVENTION, PESTICIDES AND TOXIC SUBSTANCES, 30. Oktober 2008, S. 53, archiviert vom Original am 30. Juli 2013; abgerufen am 20. Juni 2019 (englisch).
  6. Gary W. Barrett, Rezneat M. Darnell: Effects of Dimethoate on Small Mammal Populations. In: American Midland Naturalist. 77, 1967, S. 164, doi:10.2307/2423436.
  7. Environmental Health Criteria (EHC) für Dimethoate, abgerufen am 19. November 2014.
  8. a b WHO/FAO Data Sheet on Pesticides (PDS) für Dimethoate (Memento vom 2. Juli 2014 im Internet Archive)
  9. EU Pesticides Database. Abgerufen am 26. Januar 2023.
  10. Redaktion bienen&natur: Was heißt bienenungefährlich wirklich? In: bienen&natur. 1. August 2012, abgerufen am 3. Juni 2019.
  11. BUND: Biologische und chemische Untersuchungen an Bienen (Memento vom 5. Dezember 2014 im Internet Archive) (PDF; 552 kB).
  12. Bundestag: Deutscher Bundestag. Drucksache 17/6206 vom 15. Juni 2011. Die Antwort der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 10. Juni 2011 übermittelt auf die Kleine Anfrage zur Zulassung von dimethoathaltigen Pestiziden zur Bekämpfung von Kirschfruchtfliegen und Konsequenzen für den Umwelt- und Verbraucherschutz. (PDF; 168 kB).
  13. France says to ban imports of cherries treated with dimethoate. Reuters, 15. April 2016.
  14. Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission: Eintrag zu Dimethoate in der EU-Pestiziddatenbank; Eintrag in den nationalen Pflanzenschutzmittelverzeichnissen der Schweiz, Österreichs und Deutschlands, abgerufen am 6. April 2023.