Chinesischer Riesensalamander

Art der Gattung Andrias

Der Chinesische Riesensalamander (Andrias davidianus; chinesisch 大鯢 / 大鲵, Pinyin dàní – „Großer Salamander“ bzw. 娃娃鱼, wáwayú – „Babyfisch“) ist das größte rezente Amphibium der Welt und damit auch der größte heute vorkommende Schwanzlurch.

Chinesischer Riesensalamander

Chinesischer Riesensalamander im Aquarium in Shanghai

Systematik
ohne Rang: Amphibien (Lissamphibia)
Ordnung: Schwanzlurche (Caudata)
Überfamilie: Cryptobranchoidea
Familie: Riesensalamander (Cryptobranchidae)
Gattung: Asiatische Riesensalamander (Andrias)
Art: Chinesischer Riesensalamander
Wissenschaftlicher Name
Andrias davidianus
Blanchard, 1871

Vorkommen Bearbeiten

Andrias davidianus ist in China in kühlen bis kalten, sehr sauberen Fließgewässern im Einzugsgebiet des Jangtsekiang verbreitet.[1] Tagsüber verbirgt er sich unter Felsen, Gehölzen oder Unterspülungen.

Merkmale Bearbeiten

Chinesische Riesensalamander sind massiv gebaute Tiere mit stark abgeflachtem Körperbau und einem breiten seitlich abgeflachten Schwanz. Adulte Exemplare erreichen meist eine Gesamtlänge von etwa einem Meter und ein Gewicht von über 10 Kilogramm, es liegen aber Berichte über bis zu 180 Zentimeter lange Individuen mit einem Gewicht von über 60 kg vor.[2] Auf der dunkelbraunen bis schwarzen oder grünlichen Grundfärbung der Tiere liegen unregelmäßige Flecken, Punkte oder eine Marmorierung. Die Haut ist rau mit zahlreichen Poren, Falten und meist paarigen kleinen Knötchen.

 
Kopf eines etwa 30 Jahre alten Tieres. Staatliches Museum für Naturkunde Karlsruhe

Der Kopf ist stark abgeflacht und breit mit einem breiten Maul. Die kleinen runden Nasenöffnungen liegen nah beieinander und knapp über der Oberlippe an den Ecken der stumpfen Schnauze. Die Augen sind sehr klein, lidlos und sitzen an den oberen äußeren Kanten des Kopfes. Hinter ihnen liegt ein rundlicher Schläfenvorsprung. Das Maul weist eine dünne Unterlippenfalte auf, die etwa auf halber Höhe zwischen den Nasenöffnungen und den Augen beginnt und bis zu den Maulwinkeln verläuft. Im Maul liegt eine große Zunge; Zähne sitzen in einem großen Bogen am Zwischenkieferbein, Oberkiefer sowie in einem parallel verlaufenden Bogen am Pflugscharbein zwischen den Choanenöffnungen. Der Rumpf ist etwas weniger stark abgeflacht als der Kopf und hat etwa 15 Rippenfurchen und eine Furche entlang des Rückens. Vom Kopf bis zum Schwanz verläuft eine ausgeprägte, seitlich abstehende Hautfalte. Die Beine sind kurz und ebenfalls abgeflacht. Die Vorderbeine haben vier, die Hinterbeine fünf Zehen.[3] Der Schwanz macht etwa sechs Zehntel der Körperlänge aus und ist seitlich abgeflacht mit einem umlaufenden Flossensaum, der auf der Rückenseite schon auf dem Rumpf beginnt.[4][5]

Vom Japanischen Riesensalamander (Andrias japonicus) unterscheidet sich die chinesische Art durch die dunklere Färbung, eine weniger abgerundete Schnauze, einen etwas längeren Schwanz und durch die Anordnung der Hautknötchen, die bei ihr kleiner, weniger zahlreich und meist paarig sind. An der Kehle liegen beim chinesischen Riesensalamander sehr kleine Knötchen in Reihen, die parallel zum Unterkiefer verlaufen, während die größeren Hautknötchen der japanischen Art einzeln und unregelmäßig verteilt sind.[4]

Systematik Bearbeiten

 
Zeichnung von Andrias sligoi aus der Erstbeschreibung

DNA-Vergleiche von Chinesischen Riesensalamandern aus verschiedenen Flusssystemen zeigen, dass sich hinter der Bezeichnung Andrias davidianus drei,[1] fünf,[6] eventuell auch acht verschiedene kryptische Arten verbergen.[7] Da sie nicht an Land gehen, können sich die verschiedenen Populationen nicht miteinander fortpflanzen und sind genetisch voneinander isoliert. In einer im September 2019 veröffentlichten Studie wurde einer dieser Arten als Megalobatrachus sligoi identifiziert, die schon im Jahr 1924 durch den britischen Herpetologen Edward George Boulenger beschrieben wurde,[8] später aber mit Andrias davidianus synonymisiert wurde.[9] Die Art kommt in Südchina im Einzugsbereich des Perlflusses vor und hat jetzt den wissenschaftlichen Namen Andrias sligoi. Eine weitere sicher als eigenständige Art identifizierte Population kommt in den Gewässern des Huang-Shan-Gebirges vor und ist noch unbeschrieben. Die in China vorkommenden verschiedenen Arten der Riesensalamander haben sich vor 3,1 bis 2,4 Millionen Jahren evolutionär voneinander getrennt, als es in China zu einer verstärkten Gebirgsbildung kam.[1]

Lebensweise Bearbeiten

Der Chinesische Riesensalamander ernährt sich von Fischen, anderen Amphibien, Krebsen, Garnelen und auch von Aas. Zur Fortpflanzung setzen Weibchen zwei Eistränge mit jeweils rund 500 Eiern ab. Die Befruchtung erfolgt äußerlich. Erst nach zwei bis zweieinhalb Monaten schlüpfen aus den von den Männchen bewachten Eiern etwa drei Zentimeter lange Larven. Die Geschlechtsreife tritt frühestens im fünften Lebensjahr ein. In zoologischen Gärten erreichen Chinesische Riesensalamander Lebensalter von über 60 Jahren.

Riesensalamander und Mensch Bearbeiten

Der Chinesische Riesensalamander und der Japanische Riesensalamander (Andrias japonicus) sind die letzten rezenten Arten dieser Gattung. Beide stehen unter strengstem internationalen Schutz und dürfen nicht gehandelt werden (Washingtoner Artenschutzübereinkommen, Anhang I). Neben der Zerstörung der natürlichen Lebensräume besteht die größte Bedrohung direkt durch den Menschen. Riesensalamander gelten in China als Delikatesse und ihre Körperteile spielen eine wichtige Rolle in der traditionellen Chinesischen Medizin bei der Behandlung von Anämie.[10] Die Art ist in der Volksrepublik China offiziell geschützt (in Zhangjiajie im Norden der Provinz Hunan wurde ein staatliches Naturschutzgebiet für den Chinesischen Riesensalamander eingerichtet, daneben gibt es mehrere weitere auf anderen Verwaltungsebenen). Heute ist der Chinesische Riesensalamander akut vom Aussterben bedroht.[11]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Samuel T. Turvey, Melissa M. Marr, Ian Barnes, Selina Brace, Benjamin Tapley, Robert W. Murphy, Ermi Zhao and Andrew A. Cunningham. 2019. Historical Museum Collections Clarify the Evolutionary History of Cryptic Species Radiation in the World's Largest Amphibians. Ecology and Evolution. doi:10.1002/ece3.5257
  2. Cihai („Meer der Wörter“), Shanghai cishu chubanshe, Shanghai 2002, ISBN 7-5326-0839-5, S. 272.
  3. Dai Qiang, Wang Yuezhao, Liang Gang: Conservation Status of Chinese Giant Salamander (Andrias davidianus). Hrsg.: Chinese Academy of Sciences. (englisch, Volltext bei Critical Ecosystems Partnership Fond [PDF; 2,6 MB]). Volltext bei Critical Ecosystems Partnership Fond (Memento des Originals vom 13. September 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cepf.net
  4. a b Beschreibung bei Amphibiaweb
  5. Beschreibung bei Edgeofexistence
  6. Zhi-Qiang Liang, Wei-Tao Chen, Deng-Qiang Wang, Shu-Huan Zhang, Chong-Rui Wang, Shun-Ping He, Yuan-An Wu, Ping He, Jiang Xie, Chuan-Wu Li, Juha Merilä, Qi-Wei Wei (2019). Phylogeographic patterns and conservation implications of the endangered Chinese giant salamander. Ecology and Evolution, 9(7): 3879- 3890. doi: 10.1002/ece3.5014
  7. Fang Yan, Jingcai Lü, Baolin Zhang, Zhiyong Yuan, Haipeng Zhao, Song Huang, Gang Wei, Xue Mi, Dahu Zou, Wei Xu, Shu Chen, Jie Wang, Feng Xie, Minyao Wu, Hanbin Xiao, Zhiqiang Liang, Jieqiong Jin, Shifang Wu, CunShuan Xu, Benjamin Tapley, Samuel T. Turvey, Theodore J. Papenfuss, Andrew A. Cunningham, Robert W. Murphy, Yaping Zhang, Jing Che. The Chinese giant salamander exemplifies the hidden extinction of cryptic species. Current Biology, 2018; 28 (10): R590 doi:10.1016/j.cub.2018.04.004
  8. Boulenger, E. G. (1924). On a new giant salamander, living in the Society’s gardens. Proceedings of the Zoological Society of London, 1924, 173–174.
  9. Thorn, R. (1968). Les salamanders d'Europe, Asie et d'Afrique du Nord. Paris, France: Paul Lechevalier.
  10. Andrias davidianus (Blanchard, 1871). In: Salamanders of China LifeDesk. Abgerufen am 26. Juli 2014 (englisch).
  11. Samuel T. Turvey, Shu Chen, Benjamin Tapley, Gang Wei, Feng Xie, Fang Yan, Jian Yang, Zhiqiang Liang, Haifeng Tian, Minyao Wu, Sumio Okada, Jie Wang, Jingcai Lü, Feng Zhou, Sarah K. Papworth, Jay Redbond, Thomas Brown, Jing Che, Andrew A. Cunningham. Imminent extinction in the wild of the world’s largest amphibian. Current Biology, 2018; 28 (10): R592 doi:10.1016/j.cub.2018.04.005

Weblinks Bearbeiten

Commons: Chinesischer Riesensalamander – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien