Die Münchner Brunnhäuser waren wasserkraftbetriebene Pumpwerke in München, die der Trinkwasserversorgung der Stadtbevölkerung und des Hofes dienten. Sie waren die früheste Form der Münchner Wasserwerke.

Brunnhaus an der Oberen Lände, Gemälde von Max Kühn, 1886

Geschichte Bearbeiten

Die zahlreichen Münchner Stadtbäche, die in dem niedriger gelegenen Ostteil der Münchner Altstadt flossen, dienten seit dem Mittelalter der Brauchwasserversorgung und der Energiegewinnung. Auch zum Füllen der Wassergräben der Münchner Stadtbefestigung und zum Entsorgen von Abfällen wurden die Bäche verwendet. Trinkwasser wurde dagegen über Zieh- und Pumpbrunnen aus dem Grundwasser gewonnen.

1422 begann man damit Quellen am rechten Isarhang in „Wasserstuben“ zu fassen. 1467 bis 1471 wurde die erste Rohrleitung aus durchbohrten Holzstangen von Thalkirchen aus in die Altstadt verlegt. Sie speiste dort einen Laufbrunnen auf dem Marienplatz, einen Vorgänger des heutigen Fischbrunnens.

 
Brunnhaus am Neuhauser Tor, Gemälde von Albert Emil Kirchner, 1840

Ab dem 16. Jahrhundert wurden in München Brunnhäuser errichtet, bei denen das Trinkwasser in Wassertürme hochgepumpt wurde, wo es zunächst in kupfernen Behältern gesammelt wurde, um dann über Röhren verteilt zu werden. Durch die Aufbewahrung oben in dem Turm bekam das Wasser den für die Verteilung notwendigen Druck. Es wurden teils neue Türme als Wassertürme errichtet, teils wurden bestehende Türme der Stadtmauer in Wassertürme umgebaut, z. B. der Heyturm und der Katzenturm. Die Energie zum Antrieb der Wasserpumpen wurde über Wasserräder gewonnen, die in Bäche eingehängt waren.

Bei dem ersten Münchner Brunnhaus, das 1511 am Isarberg errichtet wurde, stammte die Energie zum Pumpen des Wassers noch aus dem Quellwasser selbst. Dadurch war die Fördermenge relativ klein. Bei dem 1554 errichteten Brunnhaus am Neuhauser Tor wurde die Wasserkraft des Westlichen Stadtgrabenbachs als Energiequelle verwendet. Auch andere Stadtbäche wurden zum Betreiben von Brunnhäusern verwendet, z. B. der Glockenbach und der Katzenbach. Für andere Brunnhäuser wurden eigene Kanäle gebaut, z. B. der Hofbrunnwerkkanal für das Hofbrunnwerk.

Während die ersten Brunnhäuser von der Stadt errichtet worden waren, errichtete der Hof 1561 ein eigenes Brunnhaus am Lilienberg, das seine Energie wie das erste städtische Brunnhaus aus dem Quellwasser selbst gewann. 1562 folgte dann das Hofbrunnwerk am Nordrand des Hofgartens, zu dem von dem Westlichen Stadtgrabenbach aus ein eigener Kanal führte, 1597 das Brunnhaus am Neudeck in der Au zur Versorgung des dort liegenden Schlosses, und 1660 das Brunnhaus im Brunnthal bei Haidhausen, dessen Wasser zur Versorgung des Herzogshofs über die Röhrenbrücke und den Abrechen über die Isar geführt wurde. Während die Brunnwerke des Hofs zunächst nur der Trinkwasserversorgung des Hofs selber dienten, ging man mit der Zunahme der Kapazitäten dazu über, das Wasser auch an Münchner Bürger zu verkaufen. So entstanden zwei unabhängige Wasserleitungsnetze. Versuche, beide Wasserversorgungssysteme zusammenzufassen, blieben erfolglos. Daher teilte man schließlich das Stadtgebiet auf: Die Hofbrunnhäuser versorgten die nördliche Hälfte der Stadt, die Stadtbrunnhäuser die südliche.

Der Stadtplan des Topographischen Bureaus von 1806 führt für die Wasserversorgung Münchens fünf Brunnhäuser der Stadt und sieben des Hofs auf, das Brunnhaus am Neudeck diente nur zur Versorgung der rechts der Isar gelegenen Vorstadt Au. Die Brunnhäuser von Schloss Nymphenburg dienten der Trinkwasserversorgung des Schlosses Nymphenburg und seiner Nebengebäude, der Wasserversorgung der Gärten und dem Betrieb der Springbrunnen im Schlosspark Nymphenburg. Im 19. Jahrhundert kamen weitere Brunnhäuser dazu, u. a. 1836 das städtische Brunnhaus auf der Kalkofeninsel zwischen Kleiner Isar und Auer Mühlbach, später Muffatbrunnwerk genannt, 1856 das Hofbrunnhaus am Pfisterbach. Beide erhielten später eine Dampfmaschine zur Erhöhung der Förderleistung. 1864 bis 1866 wurde das Pettenkoferbrunnhaus am Dreimühlenbach errichtet, das Trinkwasser besserer Qualität als die Brunnhäuser in der Altstadt lieferte. Trotz der steigenden Fördermenge waren noch 1885 weniger als die Hälfte der Einwohner Münchens an das Leitungsnetz angeschlossen, die anderen bezogen ihr Wasser weiter aus Brunnen.

Nach der Erschließung des Mangfalltals für die Trinkwasserversorgung Münchens verloren die Brunnhäuser ihre Bedeutung. Die meisten wurden Anfang der 1890er Jahre abgerissen. Nur das Pettenkoferbrunnhaus diente weiter der Wasserversorgung und belieferte den Schlachthof. Das Muffatbrunnhaus, das Brunnhaus am Katzenbach und das Brunnhaus am Jungfernturm wurden zu Kraftwerken umgebaut. Das Hofbrunnhaus speiste bis 1968 noch die Brunnen im Hofgarten und wurde dann stillgelegt, 1991 wurde es restauriert und erneut in Betrieb genommen. Die Pumpwerke im Grünen Brunnhaus und Johannisbrunnhaus betreiben heute noch die Fontänen im Schlosspark Nymphenburg und sind europaweit die ältesten technischen Anlagen mit seit ihrer Erbauung ständig arbeitenden Maschinen.

Brunnhäuser Bearbeiten

Bild Name Besitzer Lage angetrieben von Baujahr Betrieb bis Abriss Anmerkung
Brunnhaus hinter dem Bruderhaus Stadt Altstadt
(Standort)
Westlicher Stadtgrabenbach 1554?
  Brunnhaus im Brunnthal Hof Haidhausen, unterhalb des Maximilianeums
(Standort)
Quellwasser 1660 1856 1859 versorgte über die Röhrenbrücke und den Abrechen die Residenz
 
Brunnhaus am Glockenbach Stadt Altstadt, An der Hauptfeuerwache
(Standort)
Glockenbach 1617 mit dem Heyturm als Wasserturm
  Grünes Brunnhaus Hof Nymphenburg, Dörfchen im Schlosspark
(Standort)
Nymphenburger Kanal 1720 heute - betreibt die Fontäne im Gartenparterre des Schlossparks Nymphenburg
  Herzog-Max-Brunnhaus Hof Altstadt
(Standort)
Westlicher Stadtgrabenbach vor 1716
  Hirschgartenbrunnhaus Hof Nymphenburg, Dörfchen im Schlosspark
(Standort)
Nymphenburger Kanal 1817/18 heute - diente der Wasserversorgung von Schloss Nymphenburg und des königlichen Hirschgartens
  Brunnhaus am Hofgarten, Brunnhaus auf dem Plachfeld Hof Altstadt, Nordseite des Hofgartens
(Standort)
Hofbrunnwerkkanal 1562 heute -
 
Brunnhaus auf dem Isarberg, Brunnhaus am Gasteig Stadt Au, am Gasteig
(Standort)
Quellwasser 1511 1859 1859 erstes Brunnhaus der Stadt
  Johannisbrunnhaus Hof Nymphenburg, Nordflügel des Schlosses
(Standort)
Nymphenburger Kanal 1807/08 heute - betreibt die Fontäne vor Schloss Nymphenburg
  Brunnhaus am Jungfernturm Hof Altstadt
(Koordinaten fehlen! Hilf mit.)
Westlicher Stadtgrabenbach 1684
 
Brunnhaus am Katzenbach Stadt Altstadt, südlich der Einmündung Radlsteg / Westenrieder Straße
(Standort)
Katzenbach (München) 1614 mit dem Katzenturm als Wasserturm, nach der Stilllegung der Brunnhäuser als Kraftwerk genutzt
Brunnhaus am Lilienberg Hof Au, am Lilienberg
(Standort)
Quellwasser 1561 erstes Brunnhaus des Hofs
  Muffatbrunnhaus, Brunnwerk auf der Kalkofeninsel Stadt Haidhausen
(Standort)
Muffatbrunnhauskanal 1836 1883 - ab 1860 durch eine Dampfmaschine betrieben, nach der Stilllegung der Brunnhäuser als Kraftwerk genutzt
  Brunnhaus am Neudeck Hof Au, am Neudeck
(Standort)
Auer Mühlbach 1597 lieferte Wasser vorwiegend für die Au
 
Brunnhaus am Neuhauser Tor (bzw. am Karlstor) Stadt bis 1600 anschließend Hof Tausch gegen Brunnhaus hinter dem Bruderhaus Altstadt
(Standort)
Westlicher Stadtgrabenbach 1554?
  Brunnhaus an der Oberen Lände Stadt Isarvorstadt, seitlich der Oberen Lände
(Standort)
Mahlmühlbach 1707 1885 1885
 
Pettenkofer-Brunnhaus Stadt Thalkirchen
(Standort)
Pettenkofer-Brunnhauskanal 1864–66 1921 ≈1958 versorgte nach allgemeiner Stilllegung der Brunnhäuser noch den Schlachthof
 
Brunnhaus am Pfisterbach Hof Altstadt
(Standort)
Pfisterbach 1856 ab 1873 durch eine Dampfmaschine betrieben
Residenz-Brunnhaus Hof Altstadt, Nordseite der Münchner Residenz
(Standort)
Westlicher Stadtgrabenbach vor 1716 1845 1845 1716 erstmals als Brunnhaus am Jägerbichl in der Residenz erwähnt
  Schlachthof-Brunnhaus Stadt Isarvorstadt
(Koordinaten fehlen! Hilf mit.)
Dreimühlenbach 1877

Literatur Bearbeiten

  • Christine Rädlinger: Geschichte der Münchner Stadtbäche. Hrsg.: Stadtarchiv München. Franz Schiermeier Verlag, München 2004, ISBN 3-9809147-2-0.
  • Münchner Stadtmuseum, Stadtarchiv München (Hrsg.): Stadtatlas München digital. 850 Jahre Stadtgeschichte in Karten, Luftbildern und Modellen. Franz Schiermeier Verlag, München 2008, ISBN 978-3-9811425-3-2.
  • Franz Schiermeier: Münchner Stadtbäche. Reiseführer zu den Lebensadern einer Stadt. Franz Schiermeier Verlag, München 2010, ISBN 978-3-9813190-9-5.
  • Arnold Zenetti: Der Vieh- und Schlacht-Hof in München. Franz, München 1880.
  • Sammlung von Rissen von hauptsächlich in München ausgeführten Privat-u. Gemeinde-Gebäuden. 8. Heft: Grösstes städtische Brunnhaus der königlichen Haupt- und Residenzstadt München auf der Kalkofen-Insel vor dem Isartor. Cotta, München 1843.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Münchner Brunnhäuser – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien