Bourbaki-Panorama

Museumsgebäude in der Stadt Luzern, Schweiz

Das Bourbaki-Panorama, eigentlich L'Entrée de l'armée française aux Verrières (Der Einzug der französischen Armee in Les Verrières)[1], ist ein Panorama-Rundbild und Historiengemälde von Edouard Castres, sowie ein danach benanntes Museum und Kulturzentrum in Luzern. Es ist ein europäisches Kulturdenkmal.

Bourbaki-Soldaten erhalten erste Hilfe
Ausschnitt aus dem Panorama: Krankenwagen des Roten Kreuzes
Die französischen Soldaten geben an der Grenze ihre Waffen ab

Gemälde Bearbeiten

Beschreibung Bearbeiten

Das Bourbaki-Panorama Luzern zeugt als eines der wenigen noch weltweit erhaltenen Riesenrundgemälde von der Mediengeschichte des 19. Jahrhunderts. Das Gemälde ist eine Anklage des Krieges und ein Zeugnis der ersten humanitären Aktionen des Roten Kreuzes. Es hatte ursprünglich eine Grösse von 1500 m², davon sind 1000 m² erhalten.[1]

In einem Rundbau befindet sich das Riesenrundgemälde von Edouard Castres aus dem Jahre 1881. Es ist 112 Meter lang und 10 Meter hoch und zeigt die französische Ostarmee des Generals Charles Denis Sauter Bourbaki bei ihrem Übertritt in die Schweiz nach dem Vertrag von Les Verrières am Ende des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71. Dem Gemälde vorgelagert ist ein plastisch gestaltetes Gelände, das die ganze Szenerie in einer dreidimensionalen Wirkung zur Geltung bringt. Gemälde und Vorgelände erzeugen zusammen eine Illusion, die Besucher an einen anderen Ort und in eine andere Zeit entführen soll. So soll der Betrachter miterleben, wie ein Teil der 87'000 Mann starken Ostarmee bei Les Verrières über die Grenze tritt, entwaffnet wird und von der Zivilbevölkerung umsorgt wird.

Nachwirkung Bearbeiten

Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das Bourbaki-Panorama ein Publikumserfolg.[2] Die Erinnerung an die Bourbaki-Internierung wurde zu einer Erzählung und Teil des kollektiven Gedächtnisses.[3] Insbesondere in der Bildung des Mythos der humanitären Tradition der Schweiz nahm das Bourbaki-Panorama eine wichtige Rolle ein.[4]

Die eindrückliche Darstellung der geschlagenen Bourbaki-Armee dürfte ganz wesentlich dazu beigetragen haben, dass der Begriff Bourbaki in der Militärsprache der Schweizer Milizarmee bis heute ein Synonym für Unordnung, Desorganisation etc. ist. Besonders häufig wird der Begriff verwendet, um nicht reglementskonformes Tragen der Uniform zu rügen.

Sonstiges Bearbeiten

Zu dem Team der Maler gehörte auch Ferdinand Hodler, der ebenso wie Edouard Castres im Panorama porträtiert ist: Castres als Rotkreuzhelfer, Hodler als Berner Soldat.

Gebäude Bearbeiten

1889 zieht das Bourbaki-Panorama in das sechszehneckige Gebäude ein, welches extra für diesen Zweck erstellt wurde. Das Bild selbst war seit 1881 bereits in Genf zu sehen. Mit Aufkommen des Kinos in den 1920er Jahren war der Betrieb des Rundgemäldes nicht mehr finanzierbar. 1926 wurde die Liegenschaft verkauft. Es entstand mit einem Drehkranz der Firma Schindler im Erdgeschoss das erste mechanisierte Parkhaus von Kontinentaleuropa.

Ab 1985 benutzten kulturelle Institutionen die ehemaligen Räumlichkeiten der Garage. Beim grossen Umbau in den Jahren 1996 bis 2000 wurde dem Gebäude ein gläserner Mantelbau hinzugefügt.[5] Das Gebäude selbst steht auf der Liste der Kulturgüter in Luzern in der Kategorie A (national bedeutend).

Kulturzentrum Bearbeiten

Das Bourbaki-Panorama ist im International Panorama Council vertreten.

 
Das Gebäude des Bourbaki-Panoramas

Museum Bearbeiten

Als Ergänzung zum Gemälde und Rundbild existiert ein Museum mit Informationen zu historischen und medialen Hintergründen.

Haus für Medien, Begegnung und Kultur Bearbeiten

Das Bourbaki-Panorama Luzern hat sich in den letzten Jahren zu einem besonderen Haus für Medien, Begegnung und Kultur entwickelt. Seit dem Umbau beherbergt es neben dem Museum mit Rundbild die Stadtbibliothek Luzern, die städtische Umweltberatungsstelle und Umweltbibliothek öko-forum, fünf Kinos mit einer Kinobar (mit funktionstüchtigem Drehkranz), ein Restaurant und Shops. Die Mischnutzung des Hauses ermöglicht den Betrieb von Museum und Gebäude. Die Trägerstiftung Bourbaki-Panorama als Betreiberin des Museums und Besitzerin des Gebäudes erhält keine Betriebskostenbeiträge der öffentlichen Hand. Sie finanziert sich allein über die Mieteinnahmen.

Literatur Bearbeiten

  • Andreas Bürgi: Eine touristische Bilderfabrik. Kommerz, Vergnügen und Belehrung am Luzerner Löwenplatz, 1850–1914. Chronos Verlag, Zürich 2016, ISBN 978-3-0340-1296-6.
  • Heinz Dieter Finck, Michael T. Ganz: Bourbaki-Panorama. Werd-Verlag, Zürich 2000, ISBN 3-85932-308-3.
  • Patrick Deicher: Die Internierung der Bourbaki-Armee 1871. Bewältigung einer humanitären Herausforderung als Beitrag zur Bildung der nationalen Identität, 3. überarbeitete Auflage, Selbstverlag, Luzern 2009.
  • Bernhard von Arx: Konfrontation – Die Wahrheit über die Bourbaki-Legende. Verlag NZZ, Zürich 2010, ISBN 3-03823-618-7.
  • Das Panorama. In: Zeitschrift für schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, Bd. 42, 1985, S. 241–344 (doi:10.5169/seals-168629#257).

Weblinks Bearbeiten

Commons: Bourbaki-Panorama – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b William Hauptman: Edouard Castres. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 23. August 2005, abgerufen am 1. Januar 2020.
  2. Andreas Bürgi: Eine touristische Bilderfabrik. Kommerz, Vergnügen und Belehrung am Luzerner Löwenplatz, 1850–1914. Chronos Verlag, Zürich 2016, ISBN 978-3-0340-1296-6, S. 60.
  3. Georg Kreis: Schweizer Erinnerungsorte. Aus dem Speicher der Swissness. Zürich, S. 117.
  4. Geschichte | Bourbaki-Panorama – Bourbaki Panorama Luzern. Abgerufen am 17. April 2020.
  5. https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/stadt-luzern-als-man-noch-mit-dem-auto-ins-bourbaki-fahren-konnte-ld.98728

Koordinaten: 47° 3′ 25,1″ N, 8° 18′ 40,4″ O; CH1903: 666295 / 212140