Blaukrabbe

Art der Gattung Callinectes

Die Blaukrabbe oder Blaue Schwimmkrabbe (Callinectes sapidus) gehört zur Gattung Callinectes in der Familie der Schwimmkrabben (Portunidae). Sie ist im westlichen Atlantik heimisch, im 20. Jahrhundert aber in europäische Gewässer eingeschleppt worden. Die wissenschaftliche Bezeichnung setzt sich aus altgriechisch κάλλος kállos „schön“, νήκτης nḗktēs „Schwimmer“ und lat. sapidus „schmackhaft“ zusammen.

Blaukrabbe

Blaukrabbe (Callinectes sapidus)

Systematik
Klasse: Höhere Krebse (Malacostraca)
Ordnung: Zehnfußkrebse (Decapoda)
Teilordnung: Krabben (Brachyura)
Familie: Schwimmkrabben (Portunidae)
Gattung: Callinectes
Art: Blaukrabbe
Wissenschaftlicher Name
Callinectes sapidus
Rathbun, 1896

Merkmale Bearbeiten

 
Männchen (oben) und Weibchen im Vergleich

Der Carapax (Rückenpanzer) der Blaukrabbe wird zwischen 17,8 und 20 Zentimeter breit und etwa 7,5 bis 10,2 Zentimeter lang. Männchen werden größer als Weibchen[1]. Das Gewicht adulter Tiere liegt zwischen 0,45 und 0,90 Kilogramm. Der Rückenpanzer weist eine dunkelbraune, gräuliche, grünliche oder bläulich-grüne Färbung auf und besitzt auf jeder Seite orangefarbene Stacheln oder Dornen mit einer Breite von bis zu 8 Zentimetern. Die unteren Beine und das Abdomen sind weißlich gefärbt.

Die Scheren weisen je nach Geschlecht unterschiedliche Farbschattierungen auf. Die Scherenspitzen der Männchen sind bläulich und die der Weibchen rötlich gefärbt. Die Geschlechter können auch anhand der Bauchklappe oder Schürze unterschieden werden. Unter der Bauchklappe sind bei beiden Geschlechtern die Geschlechtsorgane verborgen. Beim Männchen ist die Klappe (Pleon) unter dem Bauch nicht zum Eiertragen geeignet und deshalb schmäler und hat die Form eines umgekehrten T.

Die Blaukrabbe besitzt wie alle Zehnfußkrebse fünf Beinpaare. Das vorderste Beinpaar wurde im Lauf der Evolution zu zwei kräftigen Scheren umgebildet. Die beiden Scheren sind unterschiedlich groß. Die größere Schere dient zum Aufbrechen von Beutetieren während mit der kleineren Schere die Nahrung zum Maul befördert wird. Das fünfte Beinpaar ist wie ein Paddel geformt und dient dem Schwimmen. Blaukrabben sind wie viele Zehnfußkrebse zur Autotomie fähig. Verlorene Gliedmaßen kann die Blaukrabbe regenerieren.

Die kurz gestielten Facettenaugen liegen direkt unter dem vorderen Rand des Carapax am Kopf. Zwischen den Augen befinden sich zwei kurze und dünne Fühler.

Ihren Trivialnamen verdankt diese Art der blauen Färbung der Beine, die auch weiße Flecken aufweisen können.

Eine Blaukrabbe wird rund zwei bis vier Jahre alt.

Verbreitung Bearbeiten

Die ursprüngliche Heimat der Blaukrabbe ist die Atlantikküste von Nordamerika und Südamerika von Nova Scotia bis Uruguay und im Golf von Mexiko. Heute ist sie als Neozoon in japanischen Gewässern, der Ostsee, Nordsee, dem Mittelmeer, der Adria und im Schwarzen Meer anzutreffen. Wahrscheinlich ist die Krabbe mit Ballastwasser eingeschleppt worden. In Europa wurde die Krabbe erstmals 1901 in Rochefort (Frankreich) beobachtet.[2]

Die Blaukrabbe lebt überwiegend in Mündungsgebieten von Flüssen und in flachen Küstengewässern bis in eine Tiefe von etwa 36 Metern, im Winter auch tiefer. Sie bevorzugt schlammige und sandige Böden.

Die Jungtiere benötigen eine Wassertemperatur von 15 bis 30 Grad Celsius. Die adulten Tiere können Wassertemperaturen von bis zu 10 Grad Celsius ertragen. Die Larven reagieren, im Gegensatz zu Jungtieren und adulten Tieren, empfindlich auf mittlere Salzkonzentrationen im Wasser, die unter 20 PSU liegen.

Lebensweise Bearbeiten

 
Porträt

Nach der Paarung kehren die Weibchen in die flachen salzigen Küstengewässer zurück, während die Männchen sich in Flussmündungen aufhalten.

Die Krabbe gräbt sich im Schlamm ein oder versteckt sich in Seegräsern, um so ihrer Beute aufzulauern oder sich vor Feinden zu schützen. Die Blaukrabbe ist gegenüber anderen Arten ziemlich aggressiv.

Sie zählt nicht zu den bedrohten Tierarten, aber wasserverunreinigende Stoffe von Bauernhöfen, Kläranlagen und Chemikalien können schwerwiegende Folgen für die Blaukrabbe haben, da diese Schadstoffe einen niedrigen Sauerstoffgehalt verursachen, unter dem sie sehr zu leiden hat.

Ernährung Bearbeiten

Die Blaukrabbe konkurriert mit anderen Krebstieren (Crustacea) bei der Nahrungssuche und -aufnahme. Sie ist ein Allesfresser. Ihr Nahrungsspektrum umfasst dünnschalige Muscheln (Bivalvia) wie z. B. Miesmuscheln (Mytilidae), junge Krebstiere, Fische, Würmer sowie Pflanzen. Sie scheut aber auch nicht vor verwesendem Aas zurück. Bei Nahrungsknappheit neigt sie zu Kannibalismus.

Prädatoren Bearbeiten

 
Fangquoten 1950–2007
 
Gekochte Blaukrabben

Zu den natürlichen Feinden zählen der Rote Umberfisch (Sciaenops ocellatus), der Atlantische Umberfisch (Micropogonias undulatus), die Amerikanische Silbermöwe (Larus argentatus smithsonianus), verschiedene Reiher-Arten (Ardeidae) sowie Meeresschildkröten (Cheloniidae).

Der Mensch hat die Blaukrabbe als Delikatesse für sich entdeckt. Unter anderem wird sie in Griechenland kommerziell gefischt.[2] Der jährliche Fang liegt zwischen 3,16 und 5,3 Millionen Kilogramm im Wert von 1.928.000 bis 4.474.000 US$.

Parasiten Bearbeiten

Wichtiger Parasit der Blaukrabbe ist Hematodinium perezi, ein Dinoflagellat[3]. Auch die zu den Microsporidia gehörende Ameson michaelis und die Amöbe Paramoeba perniciosa können zu hoher Mortalität führen[4]. Der im Nervengewebe parasitierende Saugwurm Microphallus basodactylophallus und andere Microphallus-Arten, für die die Blaukrabbe Zwischenwirt ist[5] verursachen normalerweise nur geringe Schäden. Ist der Saugwurm von dem Hyperparasiten Urosporidium crescens befallen, kann dies nach dem Fang der Krabbe zu unappetitlichen schwarzen Verfärbungen führen, die ihren Handelswert mindern.[6]

Der die Kiemen besiedelnde Ciliat Lagenophrys callinectes schädigt die Blaukrabbe bei geringen Dichten kaum, kann aber bei Massenauftreten zum Ersticken führen.

Fortpflanzung Bearbeiten

 
Weibliche Blaukrabbe mit Eiern

Die Blaukrabbe wird mit 12 bis 18 Monaten geschlechtsreif. Die Weibchen paaren sich nur einmal, unmittelbar nach der letzten Häutung, während die Männchen sich öfter paaren. Wie alle Schalentiere muss sich auch die Blaukrabbe in regelmäßigen Abständen häuten weil ihre Schale nicht mitwächst.

Nach der Häutung ist die Schale des Weibchens für kurze Zeit weich. Diese Zeit nutzt das Männchen um sich mit dem Weibchen zu paaren. Das Weibchen verfügt über die Fähigkeit das Sperma des Männchens über längere Zeit unter ihrer Schale zu lagern.

Das Weibchen laicht etwa nach zwei bis neun Monaten nach der Paarung. Der Laich besteht aus bis zu zwei Millionen Eiern. Die Laichzeit beginnt im Dezember und endet im Oktober, wobei der Höhepunkt im Frühling und Sommer ist. Nachdem das Weibchen abgelaicht hat werden die Eier mit dem gelagerten Sperma befruchtet und auf die winzigen Haaranhängsel, die sich auf ihren Bauch befinden, gelegt.

Die Inkubationszeit beträgt etwa 14 Tage. Innerhalb von zwei Monaten durchlaufen die Larven acht Stadien, bevor sie beginnen wie Krabben auszusehen.

Unterarten Bearbeiten

Tiere aus dem südlichen Teil des Verbreitungsgebiets, von Florida an südwärts, wurden nach brasilianischen Tieren von der Erstbeschreiberin der Art, der Meeresbiologin Mary J. Rathbun als Unterart Callinectes sapidus acutidens beschrieben. Da beide Formen durch Übergänge miteinander verbunden sind und teilweise im selben Habitat nebeneinander leben, wird die Unterart heute in der Regel nicht mehr anerkannt.[7][8]

Wirtschaftliche Bedeutung Bearbeiten

Blaukrabben gehören im gesamten Bereich der US-Ostküste, aber insbesondere im Bereich der Chesapeake Bay, spätestens seit dem Beginn der europäischen Besiedlung dieser Region zu den wichtigen Arten für die Fischerei.[9]

Die Ausbreitung der Blaukrabbe und ihr Fraß von Venus- und Miesmuscheln führt zunehmend zu einer wirtschaftlichen Bedrohung der Fischerei und Muschelzucht in der nördlichen Adria.[10]

Literatur Bearbeiten

  • Diverse: Grzimeks Tierleben. Niedere Tiere. 1. Bd. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München Oktober 1993.
  • Hans-Echhard Gruner, Hans-Joachim Hannemann und Gerhard Hartwich, Urania Tierreich, 7 Bde., Wirbellose Tiere, Urania, Freiburg 1994.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Blaukrabbe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Blaukrabbe – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Species Fact Sheets: Callinectes sapidus (Rathbun, 1896) auf der Website der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen
  2. a b A. Brockerhoff, C. McLay (2011): Human-mediated spread of alien crabs. In: Bella S. Galil, Paul F. Clark, James T. Carlton: In the Wrong Place – Alien Marine Crustaceans: Distribution, Biology and Impacts. Invading Nature, 6. Springer, Berlin/Heidelberg 2011. S. 27–106., Callinectes sapidus: S. 55f. ISBN 978-94-007-0590-6.
  3. Gretchen A. Messick & Jeffrey D. Shields (2000): Epizootiology of the parasitic dinoflagellate Hematodinium sp. in the American blue crab Callinectes sapidus. Diseases of Aquatic Organisms 43: 139–152.
  4. Gretchen A. Messick & Carl J. Sindermann: Synopsis of principal diseases of the blue crab, Callinectes sapidus. NOAA technical memorandum NMFS-F/NEC 88. NOAA National Oceanic and Atmospheric Administration, January 1992.
  5. J.F. Bridgman (1969): Life cycles of Carneophallus choanophallus n. sp. and C. basodactylophallus n. sp. (Trematoda: Microphallidae). Tulane Studies in Zoology and Botany 15: 81–104.
  6. Holly A. Rogers: Prevalence of Blue Crab (Callinectes sapidus) Diseases, Parasites, and Symbionts in Louisiana (Memento vom 29. März 2017 im Internet Archive; PDF; 2,23 MB). Louisiana State University, 2014
  7. Mark R. Millikin & Austin B. Williams: Synopsis of Biological Data on the Blue Crab, Callinectes sapidus Rathbun. NOAA Technical Report NMFS 1. NOAA National Oceanic and Atmospheric Administration, March 1984. PDF
  8. Callinectes sapidus acutidens Rathbun, 1896 bei WoRMS World Register of Marine Species
  9. Warner, William W.: Beautiful swimmers : watermen, crabs, and the Chesapeake Bay. First Back Bay edition Auflage. Boston 1994, ISBN 0-316-92335-4.
  10. „Killer der Meere“: Italiens verzweifelter Kampf gegen die Blaukrabben - WELT. 25. August 2023, abgerufen am 25. Oktober 2023.