Bernstorff & Eichwede

ehemalige Bildgießerei in Hannover

Das Unternehmen Bernstorff & Eichwede war eine Bildgießerei in Hannover, deren Geschichte bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht und deren Produkte noch heute zum Beispiel als Denkmäler in Hannover oder Berlin zu finden sind.[1] Standort der Hof-Bronzefabrik und Kunstgießerei C. Bernstorff & Eichwede[2] war das Gelände zwischen der seinerzeitigen Eichstraße 22[3] und der Bernstraße im heutigen hannoverschen Stadtteil Oststadt.[2]

Ernst-August-Denkmal vor dem Hauptbahnhof Hannover

Geschichte Bearbeiten

Von der Gürtlerei zur Bronzewarenfabrik Bearbeiten

 
„Zugführer, Immortellenkränze, Banner der Bernstorff & Eichwede'schen Fabrik“;
„[Bild-]Tafel II“ des Ernst August Albums von 1862 anlässlich des Festumzuges bei der Enthüllung des Ernst-August-Denkmals
 
Sachsenross vor der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Universität Hannover
 
Siegessäule in Berlin mit Reliefs von Bernstorff & Eichwede
 
Bernstorff & Eichwede prägte Waterloo-Medaillen ohne Stempelschneider-Gravur

1792 eröffnete Johann Friedrich Bernstorff (* 22. Juli 1766 in Hannover; † 16. Dezember 1809 ebenda) an der Osterstraße eine Gürtlerei. Sein Sohn Christian (* 24. Dezember 1794 in Hannover; † 7. April 1869 ebenda) sowie sein Enkel Christian Eduard Eichwede (* 20. April 1818 in Hannover; † 26. März 1890 ebenda) wandelten den Handwerksbetrieb mit der Zeit um in die Metallwarenfabrik und Bronzegießerei Bernstorff & Eichwede.

1844 und 1855 wurden die Produkte des Unternehmens mit einer Goldmedaille ausgezeichnet, insbesondere, da sie den Import von Argantanwaren überflüssig machten.[4]

Nach einer Ausweitung der Fabrikation entwickelte sich das Unternehmen zu einer bedeutenden Bronzegießerei, die ab 1852 das Qualitäts-Prädikat Hofbronzefabrik tragen durfte.[4]

Nach der Fertigung des Ernst-August-Denkmals nahmen die Arbeiter der Bronzegießerei und andere Baubeteiligte 1861 am Festzug zur Einweihung des Denkmals teil.[5] Das Ernst-August-Album enthält Darstellungen aus dem Gießerei-Inneren und der zum Festzug gekleideten Arbeiterschaft.[6]

Auf der Weltausstellung London 1862 präsentierte das Unternehmen einen der Löwen von Adolf Rosenthal und gewann damit eine Medaille. Dazu vermerkte der Amtliche Bericht über die Industrie- und Kunstausstellung zu London im Jahre 1862: „Dieser Guß war in jeder Hinsicht vortrefflich zu nennen.“[7][8][9]

1862 wurden zwei Straßen angelegt, die an das Werksgelände grenzten: Die Bernstraße und die Eichstraße erinnern an die Bronzegießerei.[2][10]

Nach der Annexion des Königreichs Hannover durch Preußen 1866 firmierte das Unternehmen im Adressbuch der Stadt Hannover 1867 als „Hoflieferant Sr. Majestät, Metallwaren- und Militäreffektenfabrik, Bildgießerei“.[4]

Hannoversche Gieß- und Walzwerke Bearbeiten

Nach der Gründung des Deutschen Kaiserreichs wurde der Betrieb 1873 von dem Unternehmen Hannoversche Gieß- und Walzwerke übernommen und nannte sich fortan Hannoversche Gieß- und Walzwerke vormals Bernstorff & Eichwede.[11] Nun wurde zusätzlich auch für den Eisenbahn- und den Kriegsbedarf produziert.[4]

Hannoversche Messing- und Eisenwerke Bearbeiten

Am 29. September 1882 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt unter der neuen Firma Hannoversche Messing- und Eisenwerke AG. Die Produktpalette gliederte sich in eine große Zahl sehr verschiedener, teils veralteter „Specialitäten“, darunter Messinglöffel, eiserne Kohlenkästen und Rahmen für Dachfenster, aber auch Dampfmaschinen. Mehrere erworbene Patente wie etwa das daraus hervorgegangene „Patent Lorenz-Lager“ oder die „Frictions-Kupplung, Patent Lorenz“ brachten einen zumindest vorübergehenden wirtschaftlichen Aufschwung. Vor allem die „Abteilung Maschinenfabrik“ drängte auf eine räumliche Erweiterung. Um aus der bereits bebauten Enge am bisherigen Standort herauszukommen, wurde das gesamte Werk im Jahr 1889 in das damalige Dorf Wülfel (zeitgenössisch „Wülfel vor Hannover“) verlegt,[12] wo es nach einer Spezialisierung auf Transmissionen unter den neuen Unternehmensleitern Carl Wundsch und Wilhelm Ellmenreich ab 1893 schließlich mit neuer Zielsetzung umbenannt wurde in Eisenwerk Wülfel.[13][14]

Werke Bearbeiten

Zu den Werken der Gießerei zählen:

Literatur Bearbeiten

  • Paul Hirschfeld: Die Hannoverschen Messing- und Eisenwerke in Wülfel vor Hannover. In ders.: Hannovers Grossindustrie und Grosshandel, mit Unterstützung des Königlichen Oberpräsidiums und der Provinzialbehörden der Provinz Hannover herausgegeben von der Deutschen Export-Bank, Berlin, Leipzig: Duncker u. Humblot, 1891, S. 76–77; Digitalisat über Bayerische Staatsbibliothek
  • Hermann Lüer, Max Creutz: Geschichte der Metallkunst. Band 1. Kunstgeschichte der unedlen Metalle. Schmiedeeisen, Gußeisen, Bronze, Zinn, Blei und Zink. Verlag von Ferdinand Enke, Stuttgart 1904, OCLC 163396403. (teildigitalisiert online)
  • Albert Lefèvre: Der Beitrag der hannoverschen Industrie zum technischen Fortschritt. In: Hannoversche Geschichtsblätter, Neue Folge, Band 24 (1970), S. 216 f.
  • Ludwig Hoerner: Agenten, Bader und Copisten. Hannoversches Gewerbe-ABC 1800–1900. (hrsg. von der Volksbank Hannover) Reichold, Hannover 1995, ISBN 3-930459-09-4, S. 66 f.

Quellen Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Bernstorff & Eichwede – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d Waldemar R. Röhrbein: Bernstorff, Johann Friedrich. In: Hannoversches Biographisches Lexikon.
  2. a b c Helmut Zimmermann: Die Straßennamen der Landeshauptstadt Hannover. Verlag der Hahn’schen Buchhandlung, Hannover 1992, ISBN 3-7752-6120-6, S. 39 (Bernstraße) und S. 69 (Eichstraße).
  3. Dampfmaschine und Gesamtantrieb. In: Paul Rademacher BDG, Dieter Baatz et al. (Fotos, Ill.): Durch Qualitätsarbeit zur Weltfirma. 75 Jahre Eisenwerk Wülfel. Hoppenstedt, Darmstadt 1957. (mit Abschnitts-Überschriften, aber ohne Seitennummerierung)
  4. a b c d Waldemar R. Röhrbein: Bernstorff & Eichwede. In: Stadtlexikon Hannover.
  5. Ernst-August-Album. Digitalisat des The Getty Research Institut über Internet Archive, S. 24.
  6. Ernst-August-Album. Digitalisat des The Getty Research Institut über Internet Archive, S. 94.
  7. Amtlicher Bericht über die Industrie- und Kunstausstellung zu London im Jahr 1862. Berlin 1864.
  8. Maike Buß: Uni-Löwen als EXPOnat. In: Universität Hannover intern, Jahrgang 2000, Heft 1, S. 8.
  9. Rita Seidel: Bilder, Figuren, Denkmäler. Das Welfenschloss. In: Sid Auffarth, Wolfgang Pietsch (Hrsg.): Die Universität Hannover. Ihre Bauten. Ihre Gärten. Ihre Planungsgeschichte. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2003, ISBN 3-935590-90-3.
  10. Nach Rita Seidel wurde 1862 das Gipsmodel für das bronzene sogenannte „Sachsenross“ jedoch zu der „Gießerei von Bernstorff und Eichwede in der Sedanstraße“ gebracht. – Rita Seidel: Bilder, Figuren, Denkmäler. Das Welfenschloss. In: Sid Auffarth, Wolfgang Pietsch (Hrsg.): Die Universität Hannover. Ihre Bauten. Ihre Gärten. Ihre Planungsgeschichte. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2003, ISBN 3-935590-90-3, S. 105 ff., hier S. 111.
  11. Dieter Brosius: 1873. In: Hannover Chronik. S. 133. (eingeschränkte Vorschau bei Google Bücher)
  12. Paul Rademacher BDG, Dieter Baatz u. a. (Fotos, Ill.): Dampfmaschine und Gesamtantrieb. In: Durch Qualitätsarbeit zur Weltfirma. 75 Jahre Eisenwerk Wülfel. Hoppenstedt, Darmstadt 1957. (nicht paginiert)
  13. Paul Rademacher BDG et al.: Zwei Männer mit neuem Ziel, sowie Wülfel-Transmissionen gewinnen Weltruf
  14. Waldemar R. Röhrbein: Eisenwerk Wülfel. In: Stadtlexikon Hannover. S. 157 f.
  15. siehe dieses Foto
  16. a b Hermann Lüer, Max Creutz: Geschichte der Metallkunst. Band 1, 1904.
  17. Alheidis von Rohr: Verdient und Erdient. Orden gestern und heute. (Begleitheft zur Ausstellung im Historischen Museum am Hohen Ufer) Hannover 1981, S. 14.
  18. Vergleiche die Dokumentation bei Commons (siehe unter dem Abschnitt Weblinks)
  19. Auktionsergebnis 2809

Koordinaten: 52° 22′ 41″ N, 9° 45′ 2,8″ O