Belteleradyjokampanija

belarussische Rundfunkgesellschaft

Belteleradyjokampanija (belarussisch Белтэлерадыёкампанія Belteleradyjokampanija, russisch Белтелерадиокомпания Belteleradiokompanija) ist die staatliche Rundfunkanstalt in Belarus. Sie vereint unter ihrem Dach den staatlichen Rundfunk und das staatliche Fernsehen und besteht in der heutigen Form seit August 1994.

Belteleradyjokampanija (BTRK)
Белтэлерадыёкампанія (БРТК)

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Rechtsform staatlich
Gründung August 1994
Sitz Minsk, Belarus
Branche Rundfunk, Fernsehen, Medien
Website www.tvr.by

Das Unternehmen stützt die Präsidentschaft Aljaksandr Lukaschenkas und vertreibt Ansichten der politischen Führung, zu der insbesondere Propaganda in Belarus zählt.

Die Gesellschaft Bearbeiten

Die Gesellschaft verwendet als Eigenbezeichnung, zum Beispiel bei Copyrightvermerken, meist die Abkürzung Belteleradiokompanija häufig in der russischen Schreibweise. In der Langform heißt sie belarussisch Нацыянальная дзяржаўная тэлерадыёкампанія Рэспублікі Беларусь Nazyjanalnaja dsjarschaunaja teleradyjokampanija Respubliki Belarus, deutsch ‚Nationale Staatliche Fernseh- und Rundfunkgesellschaft der Republik Belarus‘ bzw. russisch Национальная государственная телерадиокомпания Республики Беларусь (НГТРК) Nazionalnaja gossudarstwennaja teleradiokompanija Respubliki Belarus (NGTRK).

Verwaltung der Gesellschaft und Sitz des Fernsehens befinden sich in Minsk in der Makajonok-Straße (uliza Makajonka; ул. Макаёнка, 9, Минск, 220114)[1] unweit des Parks Tscheljuskinzew. Der Rundfunk sitzt im Wesentlichen an der Krasnaja-Straße (uliza Krasnaja, ул. Красная, 4, Минск, 220114)[2] unweit des früheren Fernsehzentrums am Fuße Minsker Fernsehturms im Zentrum der Stadt. Lediglich Radius FM hat seinen Sitz an einem anderen Standort in der Nähe des Kultur-Instituts.

Zudem bestehen in Mahiljou, Homel, Wizebsk, Hrodna und Brest Belteleradyjokampanija nachgeordnete Rundfunk- und Fernsehgesellschaften, die eigene regionale Rundfunk- und Fernsehprogramme veranstalten.

Geschichte Bearbeiten

In ihren Ursprüngen geht die Belteleradyjokampanija auf die Anfänge des Hörfunks 1925 und des Fernsehens 1956 in Belarus zurück. So ist das Rundfunkprogramm 1. Kanal ein Nachfolger des ersten weißrussischen Rundfunksenders, der am 15. November 1925 um 18.30 Uhr Ortszeit in Minsk seinen Sendebetrieb aufnahm.[3] Das Fernsehprogramm Belarus 1 geht seinerseits auf den ersten belarussischen Fernsehsender zurück, der am 1. Januar 1956 als Belarussisches Fernsehen (Белорусское телевидение Belorusskoje telewidenije) auf Sendung ging.[4]

Seit Januar 1993 war der Vorgänger von Belteleradyjokampanija, Gosteleradio Mitglied der Europäischen Rundfunkunion (EBU). In dessen Rechtsnachfolge hat Belteleradyjokampanija diese Mitgliedschaft übernommen und führte sie bis 28. Mai 2021 fort.

Am 17. August 2020 gab es Proteste und Streiks gegen den Präsidenten infolge der Präsidentschaftswahl in Belarus 2020. Das Staatsfernsehen Belarus 1 wurde hierbei ebenfalls bestreikt, zeigte zunächst ein leeres Studio und später Wiederholungen älterer Programme.[5] Eine Journalistin von BTRK berichtete 2020, dass gut ausgebildete russische Mitarbeiter in zwei Maschinen eingeflogen worden waren, um als Streikbrecher den staatlichen Kanälen zu helfen. Präsident Lukaschenka bestätigte, dass er Russland „für alle Fälle um zwei, drei Gruppen von Journalisten gebeten“ habe, nachdem „einige Mitarbeiter“ der staatlichen Sender auf die Straße gegangen seien, um zu demonstrieren.[6]

Infolge der vom Staat betriebenen Propaganda entschlossen sich im Sommer und Herbst 2020 zahlreiche Journalisten, ihren Dienst in der Belteleradyjokampanija zu quittieren.[7] Im August verließ der Großteil des Personals des Radios „Staliza“.[8][9] Der Exodus setzte sich 2021 fort: im Januar gab es mehr als 100 freie Stellen bei Belteleradyjokampanija, während im Juni 160 Stellen von Belteleradyjokampanija gesucht wurden.[10]

Am 28. Mai 2021 gab die Europäische Rundfunkunion (EBU) bekannt, den Sender aufgrund der Situation in Belarus zu suspendieren.[11] Die Empörung der Anstalt wurde unter anderem durch politische Gefangenen, die auf Sendung gebracht wurden und unter sichtlichem Druck Reue zeigten, gerechtfertigt.[12] Am 30. Juni 2021 wurde Belteleradyjokampanija komplett von der EBU-Mitgliedschaft ausgeschlossen.[13]

Programme Bearbeiten

Die Belteleradyjokampanija veranstaltet fünf landesweite Fernsehprogramme, ein internationales Satellitenprogramm und mehrere regionale Fernsehprogramme sowie fünf landesweite Rundfunkprogramme. Gesendet wird in belarussischer, überwiegend aber in russischer Sprache.

Fernsehen Bearbeiten

  • Belarus 1: erstes landesweites Hauptprogramm mit Schwerpunkt Unterhaltung und Information
  • Belarus 2: zweites landesweites Hauptprogramm mit Schwerpunkt Familie und Unterhaltung für ein eher jüngeres Publikum
  • Belarus 3: landesweiter Kultur- und Dokumentationskanal
  • Belarus 4: gemeinsame Marke der Regionalprogramme aus Mahiljou, Homel, Wizebsk, Hrodna und Brest
  • Belarus 5: Sportkanal
  • Belarus 24: Satellitenkanal mit Schwerpunkt Information über Belarus
  • NTV-Belarus: Gemeinschaftsprojekt von Belteleradyjokampanija und dem russischen NTW

Hinzu kommt Belarus 5 Internet, der über das Internet empfangen werden kann und sich vor allem aufgrund lizenzrechtlicher Vorgaben vom eigentlichen Belarus 5 unterscheidet.

Hörfunk Bearbeiten

  • 1. Kanal
  • Radio Belarus
  • Kanal „Kultur“
  • Radio „Staliza“ (Radio „Hauptstadt“)
  • Radius FM

Zensur und Propaganda Bearbeiten

Internationale Experten und die belarussische Opposition bezeichnen das staatliche Fernsehen traditionell als eines der wichtigsten Propagandainstrumente des autoritären Regimes Aljaksandr Lukaschenkas. Es wird beschuldigt, Desinformation zu verbreiten, politische Repressionen zu befürworten, Wahlen zu manipulieren und Regimekritiker zu beschmutzen.[14][15]

Eine Journalistin der Fernsehnachrichtenagentur, die im August 2020 vor dem Hintergrund von Protesten nach der Präsidentschaftswahl zurückgetreten war, berichtete, dass am Arbeitsplatz eine ernsthafte Zensur herrschte.[16] Es gab zum Beispiel eine Liste von Personen, deren Namen in den Nachrichten nicht genannt werden dürfen, darunter auch Oppositionspolitiker, es gab eine schwarze Liste von Ökonomen und Politologen, von denen es unmöglich war, Kommentare abzugeben, die Verwendung der Wörter „Stalinismus“, „Personenkult“, „Gulag“ wurde verboten.[16] Die Existenz der Zensur wurde auch von Aljaksandr Lutschonak, einem gleichzeitig zurückgetretenen Journalisten der Abteilung für TV-Nachrichteneinheit des BTRK-Senders, bestätigt.[17]

Sanktionen Bearbeiten

Mitarbeiter und Top-Manager staatlicher Fernsehsender, einschließlich BTRK-Sender, wurden mehrfach in die Liste der belarussischen Beamten mit Einreiseverbot in die EU aufgenommen,[18][19][20][21] in die Liste von Specially Designated Nationals and Blocked Persons der USA, die Sanktionslisten des Vereinigten Königreichs,[22] der Schweiz gesetzt.[23][24]

2022 wurde BTRK auf die Sanktionslisten der Europäischen Union, Kanadas, der Schweiz und der Ukraine gesetzt.[25]

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Belteleradyjokampanija: Kontaktdaten (russisch), abgerufen am 12. März 2019
  2. Belteleradyjokampanija: Kontaktdaten (russisch), abgerufen am 12. März 2019
  3. Belteleradyjokampanija: 1. Kanal, Informationen zur Geschichte des Senders (russisch), abgerufen am 12. März 2019
  4. Belteleradyjokampanija: Fernsehen, Informationen zur Geschichte des Senders (russisch), abgerufen am 12. März 2019
  5. Staatsfernsehen in Belarus offenbar im Streik. In: zeit.de. 17. August 2020, abgerufen am 17. August 2020.
  6. Frank Nienhuysen: Massenmedien in Belarus. Abgerufen am 9. November 2021.
  7. Tatyana Nevedomskaya, Markian Ostaptschuk: Propaganda in Belarus: Warum Mitarbeiter staatlicher Medien kündigen. Deutsche Welle, 2. September 2020, abgerufen am 23. September 2020.
  8. В знак протеста увольняется коллектив радио «Сталіца». TUT.BY, 19. August 2020, archiviert vom Original am 9. Januar 2021; abgerufen am 1. Oktober 2020 (russisch, belarussisch).
  9. Денис Мартинович: Директор радио «Сталіца» уволился со своим коллективом. TUT.BY, 26. August 2020, archiviert vom Original am 9. Januar 2021; abgerufen am 1. Oktober 2020 (russisch).
  10. Сяргей Салаўёў: Трывога па ўсіх франтах. In: Nowy Tschas. Nr. 22 (730), 11. Juni 2021, S. 3 (belarussisch).
  11. European Broadcasting Union (EBU): EBU Executive Board agrees to suspension of Belarus Member BTRC. 28. Mai 2021, abgerufen am 28. Mai 2021 (englisch).
  12. Європейська мовна спілка призупинила членство Білорусі в організації. Детектор медіа, 28. Mai 2021, abgerufen am 28. Mai 2021 (ukrainisch).
  13. Белтэлерадыёкампанію выключылі з Еўрапейскага вяшчальнага саюза. Eurapejskaje Radyjo dlja Belarussi, 30. Juni 2021, abgerufen am 1. Juli 2021 (belarussisch).
  14. Сергій Лещенко: Посол Польщі Генрик Літвін: Втратити добрий час – це великий ризик для України. Ukrajinska Prawda, 8. November 2011, archiviert vom Original am 23. Oktober 2017; abgerufen am 5. Mai 2021 (ukrainisch): „Або подивіться на ситуацію в мас-медіа. У Білорусії існують тільки державні ЗМІ, крім інтернету. А так звані незалежні білоруські газети працюють в таких умовах, що можна сказати, що вони стали тільки орнаментом для системи. Телебачення в Білорусії є виключно державною пропагандою“
  15. Edward Lucas: Edward Lucas Podcast: Belarus propaganda. 20. Januar 2017, archiviert vom Original am 23. Oktober 2017; abgerufen am 5. Mai 2021 (englisch): „in Belarus the state television maintains Soviet levels of venom and mendacity“
  16. a b Татьяна Неведомская: Машина пропаганды в Беларуси: бывшие журналисты госСМИ о своей работе. Deutsche Welle, 29. August 2020, archiviert vom Original am 7. September 2020; abgerufen am 12. Oktober 2020 (russisch).
  17. Яна Ставская: В Беларуси журналист уволился с госТВ и объяснил, как работает пропаганда Лукашенко. UNIAN, 13. August 2020, archiviert vom Original am 27. August 2020; abgerufen am 12. Oktober 2020 (russisch).
  18. Поўны спіс 208 беларускіх чыноўнікаў, якім забаронены ўезд у ЕС. Nascha Niwa, 11. Oktober 2011, archiviert vom Original am 22. Oktober 2017; abgerufen am 5. Mai 2021 (belarussisch).
  19. Мария Садовская: Суровые и спорные. Белорусы и рынок, archiviert vom Original am 8. Dezember 2012; abgerufen am 28. Juli 2009 (russisch).
  20. МГ/АА: Евросоюз утвердил новый пакет санкций против представителей Беларуси. Кто в списке? Belsat TV, 21. Juni 2021, abgerufen am 27. Juni 2021 (russisch).
  21. Konsolidierter Text: Beschluss 2012/642/GASP des Rates vom 15. Oktober 2012 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Belarus, abgerufen am 5. August 2021. In: EUR-Lex.
  22. CONSOLIDATED LIST OF FINANCIAL SANCTIONS TARGETS IN THE UK. Office of Financial Sanctions Implementation HM Treasury, 25. Juni 2021; (englisch).
  23. Michael Shields, Liffey, Kevin: Swiss widen sanctions list against Belarus. Reuters, 7. Juli 2021, abgerufen am 10. Juli 2021 (englisch).
  24. Sanctions program: Belarus: Verordnung vom 11. Dezember 2020 über Maßnahmen gegenüber Belarus (SR 946.231.116.9), Anhang 1 Origin: EU Sanctions: Art. 2 Abs. 1 (Finanzsanktionen) und Art. 3 Abs. 1 (Ein- und Durchreiseverbot). Staatssekretariat für Wirtschaft, 7. Juli 2021, abgerufen am 10. Juli 2021 (englisch).
  25. Belteleradio Company. In: National Agency for Prevention of Corruption. (englisch).