Balje

Gemeinde im Landkreis Stade in Niedersachsen

Balje [ˈbaljə] ist eine Gemeinde im niedersächsischen Landkreis Stade und seit 1971 ein Teil der Samtgemeinde Nordkehdingen.

Wappen Deutschlandkarte
Balje
Deutschlandkarte, Position der Gemeinde Balje hervorgehoben
Basisdaten
Koordinaten: 53° 50′ N, 9° 8′ OKoordinaten: 53° 50′ N, 9° 8′ O
Bundesland: Niedersachsen
Landkreis: Stade
Samtgemeinde: Nordkehdingen
Höhe: 2 m ü. NHN
Fläche: 58,09 km2
Einwohner: 959 (31. Dez. 2022)[1]
Bevölkerungsdichte: 17 Einwohner je km2
Postleitzahl: 21730
Vorwahlen: 04752, 04753
Kfz-Kennzeichen: STD
Gemeindeschlüssel: 03 3 59 004
Gemeindegliederung: 23 Ortsteile
Adresse der
Gemeindeverwaltung:
Bahnhofstraße 28
21730 Balje
Website: www.nordkehdingen.de
Bürgermeister: Rike Feil (CDU)
Lage der Gemeinde Balje im Landkreis Stade
KarteBaljeKrummendeichFreiburg/ElbeOederquartWischhafenDrochtersenGroßenwördenEngelschoffHammahDüdenbüttelHimmelpfortenBurwegKranenburgEstorfOldendorfHeinbockelStadeDeinsteFredenbeckKutenholzJorkBuxtehudeApensenBeckdorfSauensiekAhlerstedtBrestBargstedtHarsefeldNottensdorfBliedersdorfHorneburgDollernAgathenburgLandkreis StadeNiedersachsenLandkreis CuxhavenLandkreis Rotenburg (Wümme)Landkreis HarburgHamburgSchleswig-HolsteinSchleswig-HolsteinGrünendeichMittelnkirchenNeuenkirchenGuderhandviertelSteinkirchenHollern-Twielenfleth
Karte

Geografie Bearbeiten

Balje befindet sich im Land Kehdingen an der Deutschen Fährstraße, zwischen Oste und Elbe – die Stadt Brunsbüttel befindet sich am gegenüberliegenden Elbufer. Die Landschaft ist geprägt durch den Elbdeich, der in die Abschnitte Hörner Außendeich (direkt an der Oste-Mündung) und Baljer Außendeich untergliedert ist, östlich schließen sich der Wechtern-Außendeich und der Stellenfleth-Außendeich an.

Durch das Ortsgebiet führt die Landesstraße 111, die Freiburg/Elbe mit Neuhaus (Oste) verbindet.

Das Kehdinger Land ist Moor- und Marsch-Gebiet und liegt zum Teil unter dem Meeresspiegel. Das Kulturland war daher früher regelmäßig überflutet. Erst umfassende Eindeichungen konnten das Gebiet am Südufer der Unterelbe dauerhaft gegen Sturmfluten sichern.

Da Balje bis heute weitgehend landwirtschaftlich geprägt ist, nehmen Ackerland, Marschwiesen und Obsthöfe einen großen Teil der Gemarkung ein. Die Ortsteile ziehen sich entsprechend an den Straßen entlang, die das Gebiet durchziehen. Wald ist im Ort kaum vorhanden.

Balje grenzt im Westen an Neuhaus (Oste) und Belum, im Süden an Geversdorf und im Osten an Oederquart und Krummendeich.

Neben dem eigentlichen Ort Balje gehören zur Gemeinde folgende Ortschaften:

  • Elbdeich
  • Hörne
  • Neuenhof
  • Altenwisch
  • Kukenbüttel
  • Mühlenwisch
  • Wisch
  • Feldhof
  • Faulenhofe
  • Außendeich
  • Wehlken
  • Baljerdorf
  • Rittershausen
  • Süderdeich-West
  • Süderdeich-Ost
  • Rosenkranz
  • Hünkenbüttel
  • Eggerkamp
  • Breitendeich
  • Wetterdeich
  • Vogelschutzgebiet Hullen
  • Eierdorf

Geschichte Bearbeiten

Das Wort Balje oder Balge bedeutet (schiffbare) Wasserrinne im Watt. Es steht für niederdeutsch balge „niedriger, sumpfiger Ort, Wasserlauf“, balje, balge „Graben oder Aushöhlung, darin noch etwas Wasser übrig bleibt, wenn gleich das andere abgelaufen“, niederdeutsch balge „Flußrinne, Arm eines größeren Flusses, tiefe Rinne zwischen Sandbänken an der Küste“, mittelniederdeutsch balge, ballige „Vertiefung im Watt, die auch bei der Ebbe voll Wasser bleibt“.[2]

Das Kehdinger Land stellte ursprünglich eine Insellandschaft der Niederelbe dar, die erst um die Zeitenwende allmählich verschlickte, wobei sich drei größere Inseln herausbildeten: die Baljer Insel, die Insel Wechten und die Hamelwördener Insel. Plinius, der mit einer römischen Flotte bis zur Elbe gelangte, berichtet, die Uferanier lebten überwiegend vom Fischfang, wobei Netze aus Schilf und Sumpfbinsen gedreht wurden.

Unter den Karolingern existierte vermutlich in Hamelwörden, also etwas östlich des heutigen Balje, eine Zollstation. Als Schifffahrtsweg diente allerdings nicht allein die Elbe selbst, sondern auch deren zahlreiche Seitenpriele, zumal die Landwege oft schlecht passierbar waren und Brücken, Stege und (später) Schleusen dafür sorgten, dass auch auf den Wasserwegen des Marschlandes Schiffsverkehr möglich war. Im Verlauf des Mittelalters bildete sich auf der ursprünglich nur aus Schlick bestehenden amphibischen Landschaft eine typische Ufervegetation, sodass das Gebiet als Wiesen nutzbar wurde, während es sich bei dem Moor um für die menschliche Nutzung eher ungeeignetes Hochmoor handelte.

Eine stärkere Besiedelung der Moore erfolgte erst nach Ende des Dreißigjährigen Krieges, als vor allem mittellose Tagelöhner das Gebiet als Siedlungsgebiet entdeckten, wobei sie in der Regel Land von den Marschbauern zugewiesen bekamen. Neben der landwirtschaftlichen Nutzung wurde der Abbau von Schwarztorf betrieben, der zur Produktion von Ziegeln benötigt wurde; die arbeitsintensive Gewinnung überstand allerdings die Industrialisierung nicht, da nunmehr kostengünstigere Konkurrenzprodukte aus anderen Gegenden zur Verfügung standen.

 
Bauernhaus an der Oste

Kirchlich unterstand die Gemeinde mit ihrer alten Kirche, die später niederbrannte, dem Bistum Bremen, dessen Landesherrschaft (Erzstift Bremen) es auch politisch unterstand. Wie andere Bauernschaften an der Nordsee auch, genossen allerdings auch die Kehdinger Bauern immer ein gewisses Maß an Autonomie. So wurden die Grafen und Hauptleute, die das Land im Namen des Bischofs verwalteten, vom Volk gewählt, und als Appellationsgericht diente das Landgericht in Stade. 1648 kam das Gebiet mit dem Westfälischen Frieden an Schweden. 1719 fiel es an das Kurfürstentum Hannover, mit dem es 1866 preußisch wurde. Im Zweiten Weltkrieg beherbergte Balje u. a. die Stabsbatterie einer Marineflak-Abteilung zum Schutz der auf der gegenüberliegenden Elbseite bei Brunsbüttel gelegenen Kanalschleusen. Seit 1947 ist Balje Teil des Landes Niedersachsen. Ursprünglich war es eine Gemeinde im Kreis Kehdingen, der 1932 in den Landkreis Stade integriert wurde.

 
Vordeichgelände und Vogelschutzgebiet

Einwohnerentwicklung Bearbeiten

Jahr 1987 1992 1997 2002 2007 2008 2009 2010 2011
Einwohner 1173 1221 1114 1107 1098 1068 1049 1051 1025

(jeweils zum 31. Dezember)[3]

Religion Bearbeiten

Die Bewohner der Gemeinde Balje sind überwiegend evangelisch-lutherisch. Die Kirche befindet sich im Ortsteil Balje.

Politik Bearbeiten

Gemeinderat Bearbeiten

Der Rat der Gemeinde Balje besteht aus neun Ratsfrauen und Ratsherren. Dies ist die festgelegte Anzahl für eine Mitgliedsgemeinde einer Samtgemeinde mit einer Einwohnerzahl zwischen 501 und 1.000 Einwohnern.[4] Die Ratsmitglieder werden durch eine Kommunalwahl für jeweils fünf Jahre gewählt.
Die vergangenen Gemeinderatswahlen ergaben folgende Sitzverteilungen:[5]

Wahljahr CDU SPD Gesamt
2021 6 3 9 Sitze
2016 5 4 9 Sitze

Bürgermeister Bearbeiten

Bürgermeisterin der Gemeinde Balje ist seit November 2023 Rike Feil (CDU).

Wappen Bearbeiten

Das Wappen von Balje, das am 26. April 1948 verliehen wurde, zeigt in Blau über silbernem Schildfuß mit Wellenschnitt schwebend eine goldene Glocke mit Klöppel.

Das Wappen erinnert damit an eine Sage, wonach die Baljer einst bei einer Überschwemmung die Glocken der Brunsbütteler Kirche entführt haben sollen. Daraufhin sollen die Glocken bei Westwind hinübergerufen haben: „Na Brunsbüttel!“ Dies soll so lange gedauert haben, bis eines Tages die Brunsbütteler bei einer Überschwemmung des Kehdinger Landes zu Hilfe kamen, die Glocke aber den Baljern überließen.

Kultur und Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

  • Das Natureum Niederelbe ist ein Natur- und Freilichtmuseum auf einer künstlichen Halbinsel zwischen Ostesee und Oste, das dem Besuche die Küstennatur mit ihrer typischen Pflanzen- und Tierwelt präsentiert.[6]
  • Die St.-Marien-Kirche wurde 1938 als Backsteinbau an der Stelle der 1936 niedergebrannten mittelalterlichen Kirche errichtet, die bereits Anfang des 14. Jahrhunderts erste Erwähnung fand.[7]
  • Mittelalterliches Dorf „Op de Horn“, im Ortsteil Hörne: Gutsgelände mit acht Gebäuden im mittelalterlichen Stil und einem historischen Garten.
  • Der 1903 errichtete Leuchtturm Balje ging am 1. Februar 1904 in Betrieb. Der massive Klinkerbau erzeugte sein Licht zunächst mit Petroleum, dann mit Flüssiggas und schließlich seit 1962 elektrisch. Das Leuchtfeuer wurde 1980 stillgelegt, nachdem in der Nähe das Ober- und das Unterfeuer Balje in Betrieb genommen wurden.
  • Das moderne, 1980 als moderner Betonturm in Betrieb genommene Oberfeuer steht in der Nähe des alten Leuchtturms und erreicht eine Höhe von 56,2 Metern.
  • Das von 1964 bis 1968 errichtete Ostesperrwerk besteht aus Massivbauteilen mit ca. 20.000 Kubikmeter Beton. Die Schifffahrtsöffnung in der Mitte misst 22 Meter und kann bei Sturmflut durch stählerne Stemmtore geschlossen werden. Damit Schiffe die Brücke des Sperrwerks passieren können, ist deren mittlere Teil als Klappbrücke ausgeführt.[8]

Wirtschaft und Infrastruktur Bearbeiten

 
Vordeichgelände und Vogelschutzgebiet

An Unternehmen bestehen im Ort Bankfilialen, eine Gaststätte, zwei Beherbergungsbetriebe, Betriebe für Yachtausrüstungen, Baggerarbeiten, Fensterbau, Holzbau, Klärtechnik, Heizung-Elektro-Sanitärbetrieb, Stahlbau, Schreinereien, ein Taxibetrieb sowie eine Reihe von Obstbauern und ein Dienstleister für landwirtschaftliche Betriebe.

Die Anbindung des Ortes erfolgt über die Straße Freiburg–Geversdorf–Neuhaus, dort Anschluss an die B 73. Es besteht eine Buslinie von Stade nach Itzwörden-Geversdorf. Nächster Bahnhof ist Cadenberge an der Strecke Cuxhaven-Hamburg.

Die Nordstrecke der schmalspurigen Kehdinger Kreisbahn, welche Balje mit Freiburg/Elbe und Itzwörden verband, wurde bereits 1933 stillgelegt und bis 1935 vollständig demontiert.

Söhne und Töchter Baljes Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Balje – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikivoyage: Balje – Reiseführer

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Landesamt für Statistik Niedersachsen, LSN-Online Regionaldatenbank, Tabelle A100001G: Fortschreibung des Bevölkerungsstandes, Stand 31. Dezember 2022 (Hilfe dazu).
  2. Jürgen Udolph (Recherche): Der „Ortsnamenforscher“. In: Webseite NDR 1 Niedersachsen. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 28. Dezember 2014; abgerufen am 3. August 2019.
  3. LSKN-Online
  4. Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG); § 46 – Zahl der Abgeordneten. 17. Dezember 2010, S. 29–31, abgerufen am 31. Mai 2023.
  5. Wahlen - Samtgemeinde Nordkehdingen. Abgerufen am 8. August 2022.
  6. Natureum Niederelbe. Abgerufen am 21. Januar 2020.
  7. Die Kirche St. Marien, auf organistenhaus-balje.de
  8. Oste-Sperrwerk (Memento vom 25. Januar 2021 im Internet Archive) auf wsa-cuxhaven.wsv.de, abgerufen am 21. Januar 2021.