Armalcolit

Mineral aus der Gruppe der Oxide

Armalcolit (auch Kennedyit, IMA-Symbol Arm[2]) ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ mit der chemischen Zusammensetzung (Mg,Fe2+)Ti2O5[1] und damit chemisch gesehen ein Magnesium-Eisen-Titan-Oxid. Die in den runden Klammern angegebenen Elemente können sich dabei in der Formel jeweils gegenseitig vertreten (Substitution, Diadochie). Der Anteil an Magnesium muss dabei allerdings immer über 50 % betragen und beide zusammen stehen immer im selben Mengenverhältnis zu den anderen Bestandteilen des Minerals.

Armalcolit
Armalcolitkorn aus der „Wat Lu Mine“, Mogok, Sagaing District, Mandalay, Myanmar (Burma)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1970-006[1]

IMA-Symbol

Arm[2]

Andere Namen
  • Kennedyit
Chemische Formel
  • (Mg,Fe2+)Ti2O5[1]
  • (Mg,Fe,Al)(Ti4+,Fe3+)2O5[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/C.11
IV/C.24-010

4.CB.15
07.07.01.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-dipyramidal; 2/m2/m2/m[4]
Raumgruppe Bbmm (Nr. 63, Stellung 5)Vorlage:Raumgruppe/63.5[3]
Gitterparameter a = 9,74 Å; b = 10,02 Å; c = 3,74 Å[3]
Formeleinheiten Z = 4[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte < 5
Dichte (g/cm3) 4,94
Spaltbarkeit nicht definiert
Farbe grau, bräunlich
Strichfarbe Bitte ergänzen!
Transparenz undurchsichtig
Glanz Metallglanz

Armalcolit kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem und entwickelt nur hypidiomorphe Kristallite bis etwa 300 μm Größe oder körnige Massen von grauer bis bräunlicher Farbe. Das Mineral ist undurchsichtig und zeigt auf den Oberflächen einen metallischen Glanz.

Etymologie und Geschichte Bearbeiten

Aufgrund der Tatsache, dass das Mineral zuerst in Mondgestein gefunden wurde, benannten es die Erstbeschreiber A. T. Anderson, T. E. Bunch, E. N. Cameron, S. E. Haggerty, F. R. Boyd, L. W. Finger, O. B. James, K. Keil, M. Prinz, Paul Ramdohr und A. El Goresy 1970 nach den Anfangssilben der Nachnamen der drei Astronauten der Apollo-11-Mission Armstrong, Aldrin und Collins. Die ersten Fundproben entstammen dieser Mondmission. Die Typlokalität von Armalcolit ist entsprechend das Mare Tranquillitatis. Das Mineral wurde später auch auf der Erde entdeckt.

Das Typmaterial von Armalcolit (HT/CT) wird im Lunar and Planetary Institute (LPI, ehemals Lunar Science Institute LSIH) der NASA in Houston (Texas) in den USA aufbewahrt.[5][6]

Klassifikation Bearbeiten

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Armalcolit zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung der Oxide mit der Formel „M2O3- und verwandte Verbindungen“, wo er zusammen mit Pseudobrookit und im Anhang mit Freudenbergit die „Pseudobrookit-Reihe“ mit der System-Nr. IV/C.11 bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. IV/C.24-10. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Abteilung „Oxide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 2 : 3 (M2O3 und verwandte Verbindungen)“, wo Armalcolit zusammen mit Kleberit, Pseudobrookit, Pseudorutil und Tietaiyangit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.[7]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[8] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Armalcolit ebenfalls in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“, dort allerdings in die neu definierte Abteilung der „Oxide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 2 : 3, 3 : 5 und vergleichbare“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit mittelgroßen Kationen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Mongshanit und Pseudobrookit die „Pseudobrookitgruppe“ mit der System-Nr. 4.CB.15 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Armalcolit in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung der „Mehrfachen Oxide“ ein. Hier ist er zusammen mit Pseudobrookit und einem Mineral, das bisher nur unter der Bezeichnung IMA 2000-016 bekannt ist, in der unbenannten Gruppe 07.07.01 innerhalb der Unterabteilung „Mehrfachen Oxide mit verschiedenen Formeln“ zu finden.

Kristallstruktur Bearbeiten

 
Kristallstruktur von Armalcolit

Armalcolit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Bbmm (Raumgruppen-Nr. 63, Stellung 5)Vorlage:Raumgruppe/63.5 mit den Gitterparametern a = 9,74 Å, b = 10,02 Å und c = 3,74 Å sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle[3].

Bildung und Fundorte Bearbeiten

Armalcolit bildet sich bei niedrigen Drucken und hohen Temperaturen in titanreichen Basalten und Mikrobrekzien, seltener in granitischen Pegmatiten, ultramafischen Gesteinen, Lamproiten oder Kimberliten. Auf der Erde wurde das Mineral auch in Einschlagskratern oder als Einschlüsse in kohligen Chondriten gefunden.

Bisher wurde Armalcolit neben dem Mare Tranquillitatis auf dem Mond nur an 26 Fundstellen auf der Erde nachgewiesen: Auf den subantarktischen Kerguelen; am Nördlinger Ries/Bayern in Deutschland; bei Qeqertarsuaq in Grönland; bei El Toro im Bundesstaat San Luis Potosí in Mexiko; im Altaigebirge der Mongolei; bei Gătaia in Rumänien; in den russischen Regionen um Sacha und Chatanga; in Brusno/Okres Banská Bystrica in der Slowakei; in den spanischen Regionen Albacete und Murcia; in den südafrikanischen Minen von Jagersfontein und Kimberley; bei Liberec/Böhmen in Tschechien; sowie in den Countys Garfield (Vulkangestein des Smoky Butte), Uvalde, Piute und Sweetwater in den USA.[9]

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Armalcolite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 57 kB; abgerufen am 1. Februar 2023]).
  • Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 521 (Erstausgabe: 1891).

Weblinks Bearbeiten

Commons: Armalcolite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 1. Februar 2023 (englisch).
  2. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 1. Februar 2023]).
  3. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 194 (englisch).
  4. David Barthelmy: Armalcolite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 5. Oktober 2022 (englisch).
  5. Catalogue of Type Mineral Specimens – A. (PDF 357 kB) Commission on Museums (IMA), 9. Februar 2021, abgerufen am 6. Oktober 2022.
  6. Catalogue of Type Mineral Specimens – Depositories. (PDF 311 kB) Commission on Museums (IMA), 18. Dezember 2010, abgerufen am 6. Oktober 2022.
  7. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  8. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 1. Februar 2023 (englisch).
  9. Fundortliste für Armalcolit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 1. Februar 2023.