Alfred Einhorn

deutscher Chemiker

Alfred Einhorn (* 27. Februar 1856 in Hamburg; † 21. März 1917 in München) war ein deutscher Chemiker.

Alfred Einhorn (1882)
Nachruf

Leben Bearbeiten

Einhorn war Sohn einer jüdischen Hamburger Kaufmannsfamilie. Nach dem frühen Tod seiner Eltern wuchs er bei Verwandten in Leipzig auf und besuchte in Berlin eine Realschule. Nach dem Studium der Chemie in Leipzig leistete er seinen Militärdienst in Mannheim ab.

Ab dem Wintersemester 1878/79 begann er seine Dissertation bei Lothar Meyer im Institut für Organische Chemie der Universität Tübingen. Mit seiner Dissertation über „Isopropylphenylketone“ erhielt er 1882 eine Habilitationsstelle bei Adolf von Baeyer in München. Seine Habilitationsschrift über „β-Lactone“ genügte offenbar in München nicht den Ansprüchen, 1885 nicht an der Technischen Hochschule zu Darmstadt,[1] aber 1886 an der Polytechnischen Schule Aachen. Hier wurde ihm der Titel eines Kgl. Preußischen Professors verliehen.

Im Jahr 1891 erhielt er eine Anstellung an der LMU München und heiratete kurz danach in München. Einhorn hatte 1904[2] das 1905 erstmals zur Durchführung einer Spinalanästhesie von Heinrich Braun verwendete örtliche Betäubungsmittel Procain (Novocain) synthetisiert.[3] Er starb nach schwerem Leiden im Alter von 61 Jahren.

Wirken Bearbeiten

 
Kokain

Sein Forschungsgebiet konzentrierte sich auf die Synthese nebenwirkungsfreier und Kokain-ähnlicher Lokalanästhetika.[4] Als hilfreiche Synthesemethoden wurden bekannt

Unter den ca. 100 neuen Substanzen finden sich

  • Orthoform (4-Amino-3-hydroxybenzoesäure-methylester), 1887, wirksam, aber wasserunlöslich
  • Nirvanin, wirksam, wasserlöslich, aber lokal reizend
  • Novocain (4-Aminobenzoesäure-β-diethylaminoethylester), 1905, wirksam, wasserlöslich und örtlich reizlos verträglich

Novocain wurde von den Chirurgen Heinrich Braun und Arthur Läwen medizinisch untersucht und ist für viele Jahrzehnte das Standard-Lokalanästhetikum geworden.[7] Es wurde damals von den Farbwerken vorm. Meister Lucius & Brüning AG übernommen und trägt heute den Internationalen Freinamen Procain.

Berühmte Mitarbeiter von Alfred Einhorn Bearbeiten

Bei Einhorn wurden unter anderem Arthur Eichengrün (1890 in Aachen) und Richard Willstätter (1894 in München) promoviert. Willstätter gelang die erste Identifizierung von stickstofffreien Spaltprodukten[8] des Cocains, dessen wahre Struktur erst 20 Jahre später von Willstätter aufgeklärt werden konnte.

Ehrungen Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. 1885 hat es Widersprüche zu seinen Forschungsergebnissen bei »Ueber einen Aldehyd der Chinolinreihe, welcher die Aldehydgruppe im Pyridinkern enthält« gegeben. Der Fehler wurde von Wilhelm von Miller und J. Spady, Techn. Hochschule München, nachgewiesen und Anfang 1886 in Ber. Dtsch. Chem. Ges. 19, 130–134 (1886) publiziert.
  2. H. Orth, I. Kis: Schmerzbekämpfung und Narkose. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 1–32, hier: S. 20 und 26.
  3. Michael Heck, Michael Fresenius: Repetitorium Anaesthesiologie. Vorbereitung auf die anästhesiologische Facharztprüfung und das Europäische Diplom für Anästhesiologie. 3., vollständig überarbeitete Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg/New York u. a. 2001, ISBN 3-540-67331-8, S. 803.
  4. Einhorns Suche nach Kokain-Ersatzstoffen
  5. Alfred Einhorn, Friedrich Hollandt, Mitgetheilt Von Alfred Einhorn: Ueber die Acylirung der Alkohole und Phenole in Pyridinlösung. In: Justus Liebig's Annalen der Chemie. 301, 1898, S. 95–115, doi:10.1002/jlac.18983010111.
  6. A. Einhorn: Über die N-Methylolverbindungen der Säureamide [Erste Abhandlung.] In: Justus Liebigs Ann. Chem. Band 343, 1905, S. 207–305 (1905), doi:10.1002/jlac.19053430207.
  7. Hans Loewe: Vom Cocain zum Novocain. In: Arzneimittelforschung 1956;6:43–50.
  8. Wilhelm Prandtl: Das Chemische Laboratorium der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München. In: Chymia 1949; 2:81-97.